Volkswerft
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Die Volkswerft GmbH in der Hansestadt Stralsund ist eine Werft, die sich seit 1995 auf den Bau von Containerschiffen und Versorgern für den Offshore-Bereich spezialisiert hat. Sie gehört zur Unternehmensgruppe A. P. Møller-Mærsk.
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[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Gründung
1945 wurde die Ingenieurbau Ges.m.b.H. als Nachfolgerin der enteigneten Kröger-Werft neu gegründet. Mit 90 % der Anteile war die Hansestadt Stralsund Hauptgesellschafterin.
Unter diesem Namen noch wurde am 25. April 1948 das erste Fischereischiff ausgeliefert. Am 7. Juni 1948 ordnete die SMAD im Befehl Nr. 103 den Bau einer Werft in Stralsund an. Am 15. Juni 1948 wurde diese als Volkseigener Betrieb VEB Volkswerft Stralsund in das Handelsregister eingetragen. Am 1. Juli 1948 wurde die Volkswerft der Vereinigung Volkseigener Werften (VVW) unterstellt.
[Bearbeiten] Reparationslieferungen
In ihren Anfangsjahren wurden überwiegend Fischkutter als Reparationsleistung für Ansprüche aus dem Zweiten Weltkrieg an die Sowjetunion geliefert. 18 Kutter, 138 Logger und 160 Rettungsboote wurden bis zum 31. Dezember 1953, der offiziellen Beendigung der Reparationslieferungen, an die Sowjetunion übergeben. Auf der Preisbasis von 1954 hatten diese Lieferungen einen Wert von 175 Millionen DM.
[Bearbeiten] Innerbetrieblicher Aufbau
Am 1. Juli 1948 wurde eine Lehrwerkstatt aufgebaut, aus der am 17. Oktober 1949 das Lehrkombinat der Werft entstand. Damit erfolgte die Ausbildung des dringend benötigten Nachwuchses fast komplett auf der Werft selbst. Am 27. September 1948 wurde die Betriebssportgemeinschaft "Motor" gegründet. Am 2. Juli 1952 wurde die Betriebspoliklinik eröffnet, die die medizinische Betreuung der Werftmitarbeiter sicherstellte. Am 8. Juni 1954 erfolgte zur Sicherung der Versorgung der Werftarbeiter mit Wohnungen der Aufbau der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft (AWG) Volkswerft (1996 verfügte diese über 3.975 Wohnungen). Am 1. Januar 1958 wurde der bisher eigenständige VEB Schiffbau- und Reparaturwerft Stralsund der Volkswerft als Bereich Schiffsreparaturen angegliedert. Weitere Angliederungen von Betrieben erfolgten am 1. Januar 1968 mit dem Maschinen- und Apparatebau Stralsund, am 1. Januar 1971 Fischbearbeitungsautomat Trassenheide, Boots- und Reparaturwerft Greifswald und Metallbearbeitung Greifswald. Am 1. Januar 1979 wurde die Volkswerft dem Kombinat Schiffbau Rostock unterstellt.
1962 wird eine 3.000-Tonnen-Hebe- und Absenkanlage in Betrieb genommen, 1973 eine 32 Meter hohe, 148 Meter lange und 78 Meter breite Montagehalle fertiggestellt, die eine witterungsgeschützte Montage ermöglichte. 1985 erfolgte erstmals der Einsatz eines Schweißroboters.
Mit der "Wende" brach 1990 der Absatzmarkt im Osten komplett ein. Die Volkswerft sollte nach dem letzten Regierungsabkommen der DDR und der Sowjetunion vom 24. Januar 1990 bis 1995 noch 45 Trawler für die Sowjetunion produzieren. Am 1. Juni 1990 wird die Volkswerft in eine GmbH umgewandelt, eine Tochter der Deutschen Maschinen- und Schiffbau AG Rostock. Sie ist zu 100 % im Besitz der Treuhandanstalt. 1991 meldete der Auftraggeber für die sieben fertigen Fabriktrawler seine Zahlungsunfähigkeit an; ein Fertigungsstopp für die an Russland zu liefernden Schiffe wurde beschlossen. 1993 erfolgte die erste Privatisierung der Volkswerft unter Federführung der Bremer Vulkan-Gruppe. Am 21. Februar 1996 stellte die Vulkan-Gruppe einen Insolvenzantrag. In der Folge wurde bekannt, dass Millionenbeträge an für die ostdeutschen Betriebe der Vulkan-Gruppe bestimmten Fördermitteln zweckwidrig an die westdeutschen Betriebe der Vulkan-Gruppe umgeleitet worden waren. Die Werft wird in die Ostseebeteiligungsgesellschaft ausgegliedert, deren Hauptgesellschafter die BvS ist.
Am 5. Juli 1997 erfolgte die offizielle Inbetriebnahme der neuen Schiffbaumontagehalle: Mit einer Höhe von 74 Metern, einer Länge von 300 Metern und einer Breite von 108 Metern ist sie zum damaligen Zeitpunkt die größte Schiffbauhalle der Welt. Gleichzeitig wird die neue Schiffslift übergeben, die mit 21.735 Tonnen Tragkraft ebenfalls weitaus die größte der Welt ist. Am 31. Januar 1998 erfolgt die zweite Privatisierung der Werft. Der dänische Konzern A. P. Møller-Mærsk übernimmt die Mehrheitsanteile für 25 Millionen DM.
Für die Gestaltung der Schiffbauhalle erhielt die Volkswerft am 23. September 1999 den European Structural Steel Award verliehen.
Im Juni 2004 verlässt der 1.600ste Neubau die Werft in der Hansestadt Stralsund.
Im April 2005 wurde der bestehende Schiffslift um 40 Meter auf 275 Meter verlängert. Der Lift ist nunmehr in der Lage, auch 4000-TEU-Containerschiffe der Panamax-Klasse, die jetzt in der Werft gefertigt werden, bis zu elf Meter tief abzusenken. Der Ausbau der Anlage kostete annähernd zehn Millionen Euro. Diese Anlage ist einzigartig in der Welt. Die Neubauten werden in der Schiffbauhalle ebenerdig gebaut, dann aus der Halle hinausgezogen und auf den Schiffslift gerollt und dort ins Wasser abgesenkt.
Durch Aufträge der zum Eigner der Werft gehörigen Reederei Maersk Sealand ist die Auslastung der Werft bis 2008 gesichert.
[Bearbeiten] Schiffsproduktion
Die Volkswerft, bis 1990 in der Rechtsform eines Volkseigenen Betriebes tätig, entwickelte sich schnell zum Spezialbetrieb für Fischfangschiffe. Nahezu ausschließlich wurden Trawler hergestellt, die zumeist im Auftrag der sowjetischen Hochseefischfangflotte gebaut wurden. Besonders leistungsfähige Schiffe waren die Serien Atlantik-Supertrawler und Gefriertrawler Seiner. Pläne für eine in den 1950er Jahren angedachte Produktion von U-Booten für die NVA wurden aus finanziellen Gründen schnell wieder verworfen.
Von 1949 bis 1958 werden 594 Logger gebaut. Der erste Seitentrawler wird am 17. Mai 1952 an das Fischkombinat Rostock übergeben.
Nachdem 1954 der Außenhandel der DDR hauptsächlich auf die Sowjetunion ausgerichtet wird, präsentierte sich die Volkswerft im Mai 1956 erstmals im westlichen Ausland bei der Fischereimesse in Kopenhagen. Hier wird auch der 350. Logger ausgestellt. Am 31. Oktober 1957 wird das erste Schiff ins kapitalistische Ausland (nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet, NSW), nach Island exportiert.
Mit dem Schiff „Tropik“ (für die sowjetische Fischfangflotte) wird 1962 das erste Heckfangschiff gebaut, welches auch gleichzeitig unter Deck den Fang verarbeitet und einfriert. 1966 wird mit der Übergabe der „Atlantik“ ebenfalls an die Sowjetunion eine neue, sehr erfolgreiche Serie begonnen.
1973 wird die Volkswerft Stralsund vom Londoner Lloyd als Nummer Eins in der Welt beim Bau von Fischereischiffen geführt.
Nach der Wende wird die Produktion der Volkswerft völlig neu ausgerichtet, da mit der Sowjetunion der Hauptauftraggeber für Fischereischiffe weggefallen ist. Bis 1994 werden drei Passagier-Fracht-Schiffe (MS Kong Harald, MS Richard With, MS Nordlys) an die norwegische Postschifflinie Hurtigruten sowie ein Laderaumsaugbagger an Indonesien übergeben. Es folgen Fabriktrawler und Containerschiffe (auch der Panamax-Klasse), sowie Ankerziehversorgungsschiffe.
Im Jahre 1997 wird mit der Michaela S. ein Containerschiff des Standard-Typs SSW CV 2500 erstmals bei der Volkswerft gebaut. Bis heute ist der Typ CV 2500, in zum Teil weiterentwickelter Version, der meistgebaute Schiffstyp der Werft seit 1997.
2003 werden drei Containerschiffe der Olga Maersk-Klasse gebaut, mit einer Kapazität von 3028 TEU und einer Länge ü. a. von 237 Metern. Es waren die bis dahin größten jemals auf der Volkswerft gebauten Schiffe.
2004 und 2005 wurden weitere sechs Schiffe des 2500-TEU-Typs gebaut.
Im Sommer 2005 begannen die Arbeiten an einer neuen Serie von sieben 4200-TEU-Panamax-Containerschiffen, im Herbst 2005 wurde das erste auf Kiel gelegt. Im Mai 2006 wurde es als Maersk Boston abgeliefert als größtes in Deutschland gebautes Containerschiff der Werft seit dem Jahr 2000. Ausgestattet mit einem 12-Zylinder-Sulzer-Diesel mit 93.400 PS erreicht es eine Dienstgeschwindigkeit von 29,2 Knoten, und ist somit das schnellste Containerschiff der Welt. Es fährt unter britischer Flagge und wird im Transpazifikdienst eingesetzt.
[Bearbeiten] Mitarbeiter(innen)
Die Zahl der Mitarbeiter(innen) entwickelte sich analog der Produktionskapazität stetig. Waren es im Jahr 1945 noch 162, stieg diese Zahl schon im Jahr 1948 auf 1.462 an. Im Jahr 1984 waren 8.406 Menschen auf der Volkswerft beschäftigt. Die Volkswerft war somit der größte und bedeutendste Betrieb in Stralsund. Nach der Wende wurden die Beschäftigtenzahlen dramatisch reduziert. Durch Ausgliederungen und Entlassungen sank die Beschäftigtenzahl auf 1.236 im Jahr 1998.
[Bearbeiten] Bilder
Die Gorch Fock (noch als Towarisch, Товарищ) vor der Schiffbauhalle der Volkswerft |
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Schild auf der „Kong Harald“ (Hurtigruten) |
[Bearbeiten] Weblinks
Koordinaten: 54° 18' 3" N, 13° 6' 27" O