Vollzeitpflege
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Die Vollzeitpflege gehört zu den lebensfeldersetzenden Hilfen zur Erziehung (§§ 27 u. 33 KJHG). Sie bedeutet die zeitweise oder dauerhafte Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie oder Erziehungsstelle. Beide Formen der Fremdunterbringung ermöglichen das Aufwachsen des Kindes in einem Familiensystem. Vollzeitpflege gibt es unter anderer Grundlage auch in der Alten-, bzw. in der Krankenpflege.
Die Unterbringung eines Kindes in Vollzeitpflege kann verschiedene Gründe haben:
Auf der einen Seite stehen entweder der Bedarf eines familiären Systems, ein Kind herauszulösen oder die Einschätzung eines Jugendamtes bzw. des Familiengerichtes, dass eine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt (vgl. § 1666 BGB oder § 43 KJHG).
Auf der anderen Seite geht man heute verstärkt dazu über statt ein Kind zur Adoption freizugeben, eher von der Möglichkeit von einer Vollzeitpflege Gebrauch zumachen. Dahinter steht das Erkennen der Wichtigkeit für Kinder, die leiblichen Eltern zu kennen, auch wenn sie nicht die Möglichkeit haben, bei ihnen aufzuwachsen.
Die Gründe, ein Kind in Pflege geben zu wollen, sind vielschichtig. Meist ist das Herkunftssystem chronisch überlastet, so dass sich die Vorstellung entwickeln kann, es sei erleichternd, nicht mehr für das Kind sorgen zu müssen. Stressoren können sein: Partnerprobleme, Drogenproblematik, nicht ausreichende Möglichkeiten, ausgleichende Ressourcen zu erschließen (z.B. Babysitter, Familienhilfe), Krankheit u.v.m.
Erziehungsstellen sind eine relativ neue Form der Hilfe nach § 33 KJHG Vollzeitpflege. Die regelmäßigen Hauptunterschiede zu Pflegefamilien sind:
- Erziehungsstellen werden von den freien Trägern der Jugendhilfe angeboten. Sie sorgen anstelle des Kinderpflegedienstes des Jugendamts für ein qualifiziertes Auswahlverfahren.
- Voraussetzung für eine Erziehungsstelle ist eine pädagogische Ausbildung.
- Die Erziehungsstelle wird regelmäßig und intensiv von dem sogenannten "Berater" betreut. Diese Beratung kann sowohl Züge von Supervision als auch von kollegialer Beratung aufweisen.
Alle Hilfen zur Erziehung haben die Rückführung in das Herkunftssystem zum Ziel. Nur wenn wesentliche Gründe gegen eine Rückkehr sprechen, sollen andere Lebensperspektiven erarbeitet werden (vgl. § 37 KJHG).
Lebensfeldersetzende Maßnahmen bedeuten für die betroffenen Kinder eine große Belastung, insbesondere durch das Herauslösen aus dem gewohnten sozialen Umfeld, die Trennung von den bisherigen Bezugspersonen und die unklare Rückführungsintention in das Herkunftssystem.
Eine schwierige Besonderheit ist die Problematik, dass ein Kind sich in seiner Umgebung sozialisiert und - in Abhängigkeit von Alter und vorhandenen Bindungen an Bezugspersonen - sich an die neuen Bezugspersonen bindet. Die Auflösung einer Vollzeitpflege ist nach einer (individuell unterschiedlichen) Zeitspanne ohne Schädigung des Kindes dann nicht mehr möglich (in der Wissenschaft wird dafür durchschnittlich das Lebensalter des Kindes bei Unterbringung als Obergrenze für einen reversiblen Unterbringungszeitraum genannt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur in Ausnahmefällen gegen den Willen älterer Kinder entschieden wird) - zum Schutze des Kindeswohls in solchen Fällen wurde die Verbleibensanordnung (§ 1632 Abs.4) eingeführt, die ein Tätigwerden des Gerichts von Amts wegen beinhaltet. Eine sorgfältige Planung und Erarbeitung realistischer Zukunftsperspektiven ist daher für das Wohl der Kinder unverzichtbar und bei Vollzeitpflege über das Jugendamt im Hilfeplan vorgeschrieben.
Siehe auch: Pflegeverhältnis, Pflegekind, Pflegeeltern
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