Wechselkurssystem
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Ein Wechselkurssystem (auch Wechselkursregime, Währungssystem) ist das System, nach dem sich der Wechselkurs, also die Tauschrelation zwischen zwei Währungen, bildet. Im Prinzip kann sich der Preis entweder frei bilden (flexibler Wechselkurs) oder von einer Zentralbank festgelegt werden (fixer Wechselkurs). Daneben existieren zahlreiche Zwischen- und Sonderformen. In der Regel sollten die Wechselkurse umso fixer sein, je enger zwei Volkswirtschaften realwirtschaftlich miteinander verzahnt sind.
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[Bearbeiten] Flexibler Wechselkurs
Flexible Wechselkurse bilden sich alleine durch Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt, ohne dass der Staat in diesen Prozess eingreift. Damit ein Wechselkurs flexibel ist, darf natürlich keine der beiden beteiligten Notenbanken intervenieren. Vollkommen flexibel sind heute kaum Wechselkurse, selbst im Euro-Dollar-Handel haben Fed und EZB im September 2000 interveniert.
[Bearbeiten] Fixer Wechselkurs
Notenbanken sind verpflichtet ausländische Währungen zu einem festen Kurs aufzukaufen. Es besteht die Verpflichtung den vereinbarten Kurs zu halten. (System fester Wechselkurse)
Die Zentralbank bestimmt den Kurs der Währung gegenüber
- anderen Währungen
- einem Währungskorb
- IWF-Sonderziehungsrechten oder
- Gold
Arten von fixen Wechselkursen:
(1) Wechselkurssicherung durch Interventionen der Zentralbank am Devisenmarkt: Gerät die eigene Währung unter Abwertungsdruck, muss die Notenbank die eigene Währung gegen Abgabe fremder Währungen aufkaufen und so den Kurs stabilisieren (Herstellung einer künstlichen Währungsverknappung). Bei Aufwertungsdruck muss die Notenbank eigene Währung abgeben und fremde Währungen aufkaufen.
(2) Currency Board (Währungsrat): Hierbei wird die Aufgabe der Wechselkurssteuerung einer exogenen Institution (dem Currency Board) übertragen. Die Zentralbank wird somit zum bloßen Ausführungsgehilfen des Currency Boards degradiert. Ziel ist es, eine von der nationalen Regierung völlig unabhängige Notenbank zu schaffen, um die Währungsstabilität gegen die währungspolitischen Pläne der einheimischen Politiker verteidigen zu können.
(3) Wechselkurssicherung ohne Interventionen: Die Gewährleistung des fixierten Wechselkurses kann zumindest theoretisch auch ohne Intervention sondern lediglich per Gesetz erfolgen. Dies schränkt jedoch de facto die Konvertibilität der unter Abwertungsdruck stehenden Währung ein und führt zum Schwarztausch. Ein Beispiel für eine solche Wechselkursbindung ist der frühere Wechselkurs zwischen DDR-Mark und D-Mark. Besagter Wechselkurs wurde von der DDR gesetzlich bei 1 fixiert. Die Folge war ein horrender Schwarzhandel bei vom offiziellen Kurs stark abweichenden Preisen, dabei wurden durchschnittlich 5-6 DDR-Mark für eine D-Mark gezahlt, ein Kurs von 20:1 war in manchen Jahren erreichbar.
(4) Währungsunion: Der Extremfall einer festen Wechselkursbindung ist die Währungsunion. Hierbei handelt es sich um die am schwersten rückgängig machbare Wechselkursfixierung.
(5) Übernahme einer fremden Währung: Statt einer (gleichberechtigten) Währungsunion kann auch ein kleines Land die Währung eines großen übernehmen. Häufig wird aber nur eine in der Realität schon vollzogene Wandlung legalisiert. So hat Ecuador seine Währung Sucre im Jahre 2000 gegen den US-Dollar getauscht, der schon seit Jahren im Gebrauch dominierende Währung war. Ähnlich sah es in einigen südosteuropäischen Staaten Anfang der 90er Jahre aus, in denen langfristige Verträge nur in einer sicheren (=fremden) Währung abzuschließen waren.
[Bearbeiten] Zwischenlösungen
In der Praxis haben sich innerhalb des durch fixe und flexible Wechselkurse abgesteckten Spektrums eine Reihe weiterer Wechselkursarrangements herausgebildet, so zum Beispiel:
(1) Crawling Peg: Wechselkursbindung mit regelmäßigen, vorher bekannt gegebenen Auf- bzw. Abwertungen.
(2) Adjusted Peg: Wechselkursbindung mit unregelmäßigen, vorher bekannt gegebenen Auf- bzw. Abwertungen.
(3) Wechselkursbandbreiten: Um den Investoren und Außenhändlern zumindest in einem bestimmten Bereich Wechselkurssicherheit zu gewährleisten, können Wechselkurse auch innerhalb von Bandbreiten fixiert werden.
(4) Dirty Floating (Schmutziges Floaten) oder auch Managed Floating: Hierunter versteht man ein System offiziell flexibler Wechselkurse, in dem jedoch die Zentralbank von Zeit zu Zeit interveniert, um ihre Wechselkursziele zu erreichen.
[Bearbeiten] Bewertung
Flexible Wechselkurse haben mehrere Vorteile:
- autonome Geldpolitik: Die Zentralbank kann in der Zinspolitik frei entscheiden
- Spekulationen unmöglich zu machen
- (theoretisch) mittelfristig Unter- und Überbewertungen zu vermeiden, also optimale Allokation zu ermöglichen
- Schutz gegen importierte Inflation
- Führen zum Ausgleich von durch unterschiedliche Geld- und Wirtschaftspolitik entstehende Störungen
Nachteile sind unter anderem
- starke Volatilität, die nach Ansicht vieler Ökonomen kaum durch Fundamentaldaten zu rechtfertigen ist
- Transaktionskosten, bedingt durch die Unsicherheit (etwa Währungsabsicherungsgeschäfte)
Auch fixe Wechselkurse haben Vorteile:
- keine Transaktionskosten
- Sicherheit für Anleger aus dem Ausland
Nachteile sind unter anderem
- Verlust der Autonomie in der Geldpolitik: Die Geldpolitik der Zentralbank der Ankerwährung wird übernommen
- Verlust der Autonomie in der Wirtschafts- und Finanzpolitik: Politiken müssen koordiniert werden, um Spannungen zu vermeiden
- Bei relativ zum Ankerwährungs-Land höherer Inflation kommt es zu einer realen Überbewertung
- Sicherungskosten: Direkte Interventionskosten (Devisenverluste) bei Kauf und indirekte (Inflation) bei Verkauf der eigenen Währung
- Anfälligkeit für Spekulationen
- Anfälligkeit für importierte Inflation
[Bearbeiten] Übersicht
Die wichtigsten Regimetypen, sortiert von fix nach flexibel.
Regimetyp | Besonderheiten | Beispiel | Spezifische Vorteile |
---|---|---|---|
Währungsunion | zwei Länder schaffen eine gemeinsame, unter Umständen neue Währung | Euro, DDR und BRD | |
Fremdwährung | Übernahme einer fremden Währung, „einseitige Währungsunion“, „Dollarisierung“, „Euroisierung“ | Ecuador seit 2000 | |
Currency Board | institutionalisierte Kopplung mit fester Deckung | Argentinien von 1991 bis 2002, Hong-Kong seit 1983 | schafft durch Institutionalisierung großes Vertrauen |
fixer Wechselkurs zu Ankerwährung | fixierter Kurs zu einer andere Währung, den die Zentralbank durch Interventionen sichert | sinnvoll bei Abhängigkeit von einem großen Handelspartner | |
fixer Wechselkurs zu Währungskorb | fixierter Kurs zu einem Korb von Währungen, den die Zentralbank durch Interventionen sichert | sinnvoll bei Abhängigkeit von mehreren großen Handelspartnern | |
Bandbreite | fixierter Kurs mit Schwankungsbandbreite | Bretton Woods, EWS | Übergangslösung bei Wechsel zwischen flexibel und fix |
Crawling Peg | fester Kurs, regelmäßige und angekündigte Ab-/Aufwertung | Polen von 1991 bis 2000 | Vertrauen durch Berechenbarkeit, reale Überbewertung durch Inflation kann vermieden werden. |
Adjusted Peg | fester Kurs, unregelmäßige und angekündigte Ab-/Aufwertung | ||
Managed Floating | offiziell freier Kurs, jedoch regelmäßig unangekündigte Interventionen | ||
Dirty Floating | offiziell freier Kurs, jedoch seltene, unangekündigte Interventionen zur (groben) Erreichung eines Zielkurses | zahlreiche Südostasiatische Länder, Iran, $-€-Kurs | es muss kein offizieller Kurs verteidigt werden, deswegen weniger anfällig für Schocks und Spekulation |
flexibler Kurs | nur durch privates Angebot und Nachfrage bestimmt | Kurs zwischen DKK und ARS (für beide Zentralbanken irrelevant) |
[Bearbeiten] Entwicklung
In den letzten Jahren geht die Tendenz hin zu den "Ecklösungen" Fixe oder Flexible Kurse, während Mischformen seltener werden.