Weh dem, der lügt!
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Weh dem, der lügt! ist der Titel einer Komödie von Franz Grillparzer, die 1838 im Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde. Grillparzer entnahm dem Stoff der Historia Francorum von Gregor von Tours. Das Stück löste nach der Aufführung einen Skandal aus, der Grillparzer bewog, sich von der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Bei Weh dem, der lügt handelt es sich um ein Lustspiel, welches in der Zeit der Merowinger spielt. Die komische Handlung basiert auf dem Versprechen des Küchenjungen Leon, die Rettung des von den Germanen gefangenen Neffen des Bischofs Gregor von Chalons durchzuführen, ohne ein einziges Mal zu lügen. Es erinnert an die Ausstrahlung des österreichischen Volkstheaters und an die Tradition des Barock. Das Stück wurde zuerst falsch verstanden, weil Leon sagen darf, was er will. Durch seine kecke Art wird er nicht ernst genommen, auch wenn er die Wahrheit spricht.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Beurteilung
Vordergründig geht es bei diesem Stück hauptsächlich um Lüge und Wahrheit. Doch es wird nicht nur das Zusammentreffen zweier Kulturen behandelt, die sich miteinander im Krieg befinden (Germanen und Merowinger) und nicht zur Eintracht finden können, sondern auch der Sieg einer praktischen Vernunft (Leons, Edritas) über eine weltfremde Anschauung (Gregors). Die Komödie zeigt auch den Sieg einer Rebellion von gesellschaftlich Benachteiligten (Küchenjunge, junge Frau ohne Recht auf Selbstbestimmung) gegen die verkrustete Ordnung von Adel und Kirche.
[Bearbeiten] Personen
- Gregor: Bischof von Chalons, Onkel des Atalus. Hält an der Wahrheit fest, verabscheut die Lüge, denn ohne Lüge gäbe es keine Sünde. Spart an seinem eigenen Essen, damit er Geld zur Seite legen kann, um seinen Neffen von der Geiselnahme zu befreien. Das gehäufte Geld der Kirche von den Steuern und Spenden rührt er nicht an, weil es nicht sein privates ist.
- Atalus: Gregors Neffe, wurde als Geisel ausgezahlt, um Frieden im Land zu schließen. Allerdings wurde man betrogen, der Frieden nur erlogen, Atalus wird nach Ablauf der Jahresfrist trotzdem weiter behalten. Man verlangt für ihn hundert Pfund, was unglaublich viel für seinen Onkel ist, aufzubringen. Er arbeitet als Pferdeknecht und betrachtet diese Arbeit höhergestellt, als die eines Küchengehilfen, weil er so wenigstens mit ritterlich edlen Tieren zu tun hat. Verliebt ist er in Edrita, von welcher er glaubt, sie würde seine Gefühle erwidern. Er ist aber nur ein bisschen tölpelhaft, wehrt sich nicht und fühlt sich trotz allem zu etwas Besserem geboren.
- Leon: Küchengehilfe im Hause Gregors, mutiert aber zum Koch, damit Gregor sich nur jemanden leisten muss. Ist clever und geschickt und hat immer eine Antwort parat, was ihn sehr spitzfindig und wortgewandt macht. Er kann nicht mit ansehen wie geizig sein Herr mit dem Geld umgeht, zumal er früher dem König im Heer hätte dienen wollen. Nachdem er aber diese hohe, müde, zerbrechliche Gestalt des Bischofs gesehen hatte, fand er seine Berufung diese Person zu unterstützen. Findet später sehr wohl Gefallen an Edrita, die ihm nicht abgeneigt ist.
- Edrita: Ist die Tochter des Grafen Kattwalds, ebenfalls nicht auf den Mund gefallen. Sie wollte mehr von den Lehren des einen Gottes hören, weil bei ihr zu Lande die germanischen Göt-ter noch weit bekannt sind. Allerdings wurde es ihr verwehrt, weshalb sie Interesse an Leon findet. Sie weiß sich zu wehren und ihre Meinung durchzusetzen, was für damalige Zeit wohl nicht üblich war. Schnell fühlt sie sich zu Leon, der gleichermaßen agiert wie sie, hingezogen. Sie verhilft den beiden zur Flucht.
- Kattwald: Graf im Rheingau, hinter Trier. Besitzt genügend Geld um sich allerlei Hauspersonal zu leisten. Speist sehr gerne, weshalb ihm Leon gerade recht erscheint. Er meint alles in der Hand zu haben, weit im Lande ist er verhasst, doch gehorchen muss ihm ein jeder. Ein Codewort verbündet alle seine Mitarbeiter, Untertanen und Wachen, welches zum Zeichen seiner Treue verwendet wird, so dass ein Außenstehender sofort erkannt werden kann.
- Gregors Hausverwalter: Will zuerst Leon davon abhalten, sich beim Bischof zu beschweren, sowie seinen Dienst zu kündigen. Es scheint, als wisse er von dem Geld, das Gregor spart, zudem, weshalb und wo Atalus gefangen gehalten wird. Ist für den Hof Gregors zuständig.
- Galomir: Ist der Bräutigam von Edrita, welche sich aber schlicht weigert, diesen zu heiraten, obwohl er ihr nächster Blutverwandter ist. Er ist schwachsinnig und spricht nie in ganzen Sät-zen. Er wird ein leichtes von den dreien Flüchtigen überwältigt. Er besitzt auch keine richtige Aufgabe im Haus, er ist nur da, bis er geheiratet hat und Edrita auf seine Hube (kleines Landgut) mitnimmt.
- Schaffer: Grundbesitzer und Befehlshaber über Kattwalds Knechte. Dient als eine Art Kommandant der Wachen.
- Knechte: Müssen gehorchen und dienen als Wachen. Sie nehmen Atalus gefangen, bis er von seinen Landsbrüdern befreit wird.
- Fränkischer Anführer: hat Metz übernommen, wo vorher die anderen hausten. Nahm die gesamte Stadt über Nacht ein. Greift dazwischen, als die Knechte Leon erfassen.
- Fischer: besitzt am Fluss ein Boot, welches Passagiere auf die andere Seite transportieren soll. Ist dem Grafen Kattwald untertan, verachtet und hasst ihn jedoch auf Grund seiner Tyrannei. Will Edrita, Leon und Atalus im Flusse versenken, sobald sie genügend weit draußen sind. Edrita bat ihn nämlich, sie hinüberzubringen, mit bereits erwähntem Codewort.
- Knecht: Knecht des Fischers macht das Boot klar und erhält den Auftrag alle über Bord zu werfen. Glücklicherweise greift Leon dazwischen, der allerseits Lügen vermeidet und erklärt auf der Fluch zu sein. Erst danach bringt man sie sicher auf die andere Seite.
[Bearbeiten] Inhalt
[Bearbeiten] 1. Aufzug
Leon beschwert sich beim Hausverwalter, dass er nicht arbeiten kann, wenn er alles zurückgeben muss, was er so billig erstanden hat. Der gute, saftige Rindsbraten musste sogar mit Verlust weiterverkauft werden. Der Hausverwalter kann Leon nicht zurückhalten seine Wut bei Gregor abzulassen, da Leon den Bischof einen Silberling küssen sah. Zuerst erkennt ihn Gregor nicht, allerdings bemerkt er seine Wut. Er findet heraus was Leon so bedrückt, dass dieser kündigen will und erklärt ihm die Lage.
Er schickte seinen Neffen Atalus in den fernen Rheingau hinter Trier, als Handelsgut für einen erkauften Frieden. Allerdings ist die Geiselfrist abgelaufen, der Krieg aber von neuem ausgebrochen. So halten sie nun seinen geliebten Atalus immer noch gefangen. Für ihn verlangen sie 100 Pfund, wobei er bis jetzt schon 10 Pfund gespart hatte. Das Kirchengeld gehöre den Armen und Bedürftigen, deshalb spare er an allem was ihn selbst betreffe, so auch beim Essen. Leon erklärt sich bereit seinen Neffen zurückzubringen. Gregor ist dagegen, weil er dann gegen das Gebot der Lüge handeln würde. Nach einiger Überlegung verspricht Leon Atalus zurückzubringen, ohne die Sünde zu begehen und erhält die 10 Pfund, die der Bischof bereits gesammelt hatte.
[Bearbeiten] 2. Aufzug
Leon trifft auf einen Pilger, der auf dem Weg ins Rheingau ist. Er erhält Geld und geleitet ihn bis zum Schloss Kattwald. Da, weit von seinem Heimweg abgekommen, beklagt er sich der versprochenen Belohnung. Leon verkauft sich selbst als Sklaven, gleichzeitig als Spitzenkoch dem Grafen.
Da eine Hochzeit, nämlich die von Edrita und Galomir bevorsteht, benötigt Graf Kattwald dringend einen Koch. Edrita, seine Tochter, erhielt den Auftrag ein bisschen von Leons Können abzuschauen. Allerdings bemerkt sie bereits, was Leon vorhat, denn er erkundigt sich nach seinem Landsmann Atalus.
Atalus weigert sich vorerst, als Küchengehilfen zu arbeiten. Kattwald, der das Werken Leons begutachten wollte, stellt fest, dass dieser sich auf der Wiese mit Atalus zu unterhalten scheint und eilt ebenfalls herbei. Mit gewitztem Trick schafft es Leon, dass Atalus doch als Küchengehilfe einspringen muss.
[Bearbeiten] 3. Aufzug
Abends kocht Leon einen saftigen, würzigen Braten, der die Gäste anregt, reichlich Wein zu trinken. Müde und trunken vergisst Kattwald den Schlüssel einer Tür abzuziehen, der auch die Tür ins Freie öffnet. Leider kommt Leon und Atalus ein Diener zuvor, der den Schlüssel abzieht. Leon hatte in Erfahrung gebracht, dass der Schlüssel sicher über dem Haupte Kattwalds an der Wand hängt, wo er ihn holen gehen wird. Atalus wird derweilen geheißen, einen Brückenpfeiler anzugraben, damit diese auf der Flucht beim Betreten der Verfolger zusammenbricht.
Während Atalus gräbt, schleicht sich Leon in Kattwalds Schlafgemach. Edrita tritt durch eine Hintertür ein und zieht den Schlüssel einer Seitentür ab. Doch Kattwald erwacht. Sofort schleudert Leon den Schlüssel von sich und tut so, als würde er den Schlüssel suchen. Da er nicht lügen darf erzählt er natürlich, er selbst hätte ihn gestohlen, was Kattwald als eine Witzelei auffasst. Edrita tritt währenddessen aus dem Schatten und tauscht den Schlüssel gegen den der Seitentür aus. Leon findet diesen und hängt ihn zurück, obwohl er bemerkt hatte, dass der Schlüssel leichter ist. Kattwald will nichts hören und schläft wieder ein.
Leon ist niedergeschmettert und will zu Atalus zurückkehren, der mit Graben fast fertig ist. Er sieht aber plötzlich den Schlüssel in der Tür stecken. Edrita gesteht, sie selbst habe den Schlüssel gesteckt. Atalus und Leon können fliehen, lassen aber die Tür offen. Galomir, der sofort die Verfolgung aufnehmen wollte, kracht in den Graben, woraufhin Edrita in auslacht. Kattwald droht seiner Tochter mit dem Tod, welche nun doch beschließt ebenfalls zu fliehen. Die Tür verschließt sie von außen.
[Bearbeiten] 4. Aufzug
Leon und Atalus streiten sich während ihrer Flucht bis plötzlich Edrita zu ihnen kommt. Sie hatte beschlossen, nicht mehr zurückzukehren, zumal ihr der Vater den Tod geschworen hatte. Galomir erscheint zu Pferd alleine. Edrita tut so, als müssten sie die Hochzeit üben und überlistet ihn. Zu dritt fesseln sie Galomir, der aber bald wieder frei kommt und mit dem Horn ruft.
Am Flusse angekommen nennt Edrita dem Fischer das Codewort „Abrogast“, damit er sie über den Fluss führt, da sie im Auftrag Kattwalds unterwegs seien. Auch hier überlistet Leon den zunächst feindlich eingestellten Fischer mit der Wahrheit.
[Bearbeiten] 5. Aufzug
In einer Scheune vor den Toren Metz hatten alle drei miteinander Rast gemacht, wo Leon nicht schlafen konnte und ins Freie tritt. Dort wird er überwältigt und beginnt zu beten. In diesem Moment öffnen sich die Tore und heraus tritt ein fränkischer Anführer. Die Franken hatten über Nacht Metz eingenommen, welches nun für Kattwald fremdes Territorium bedeutete.
Gregor naht, er schließt Atalus in die Arme. Statt ins Kloster zu treten, möchte nun Atalus Edrita heiraten. Sie ist schon im Begriff seine Hand zu nehmen, als Leon einige Missverständnisse während der Flucht aufklärt. Atalus erklärt sich bereit, Edrita Leon zu überlassen, weil dieser ihn nach langer Zeit der Geiselnahme endlich befreit hatte. Glücklich fallen sich alle in die Arme.