Wildhans von Breitenlandenberg
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Wildhans von Breitenlandenberg - auch «Wildhans von Landenberg» genannt - (* 1410 in Turbenthal, † 28. Mai 1444 in Nänikon) ist während des Alten Zürichkriegs als "heldenhafter" Verteidiger von Greifensee und prominentestes adliges Opfer des Mordes von Greifensee in die Schweizer Geschichte, in Volkssagen und in die Literatur eingegangen.
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[Bearbeiten] Historische Gestalt des Wildhans von Breitenlandenberg
Geboren wurde Wildhans von Breitenlandenberg um 1410 vermutlich in Turbenthal, als Sohn von (Junker) Hermann IV. (oder V.). - genannt Schöch von Breitenlandenberg - und Ursula Truchsess von Diessenhofen. Sein Bruder Hermann (* 1410-† 1474) war 1466-1474 Bischof von Konstanz, zudem ein wichtiger Vermittler zwischen den Eidgenossen und Habsburg und starb kurz vor Abschluss der von ihm mitbeeinflussten «Ewige Richtung». Der Bruder Kaspar war 1442-1463 Abt von Kloster St. Gallen. Anna wird als Schwester in einer anderen Quelle genannt - sie soll mit Konrad Schwend (möglich wären aber auch Johannes oder Heinrich Schwend), Bürgermeister von Zürich, verheiratet gewesen sein.
Historisch ist über das Leben von Wildhans von Breitenlandenberg ansonsten wenig bekannt, im Zusammenhang mit einer Fehde im Hegau gegen 32 süddeutsche Reichsstädte zumindest aber ein weiteres Mal sein Name belegt.
[Bearbeiten] Belagerung von Städtchen und Schloss Greifensee - Mord von Greifensee
Im Alten Zürichkrieg wurde er 1444 Hauptmann von Greifensee, dem letzten befestigten Zürcher Flecken ausserhalb der Stadt Zürich, den er vom 1. bis zum 27. Mai 1444 mit rund 70 grösstenteils bäuerlichen Mitstreitern gegen das Zürcher Hinterland verwüstende Innerschweizer Heerhaufen verteidigte.
Zusammen mit 62 (oder nach anderen Quellen 64) Mann Besatzung von Schloss Greifensee wurde er am 28. Mai 1444 in Nänikon - nach Kapitulation der mehrheitlich bäuerlichen Verteidiger - mit dem Schwert enthauptet, ein Massaker das als Mord von Greifensee Zeitgenossen und die Nachwelt zutiefst erschütterte.
Es heisst, Wildhans von Breitenlandenberg wurde auf sein Verlangen hin als erster enthauptet, damit seine Schicksalsgenossen nicht glauben mussten, dass er als Adliger nachträglich von den Innerschweizern geschont worden wäre.
Die Leichen von Hauptmann Wildhans von Breitenlandenberg und seiner beiden Stadtknechte wurden am 30. Mai 1444 nach Turbenthal, in die Heimat der Freiherren von Landenberg, gebracht und dort begraben. Seine zumeist bäuerlichen Mitstreiter fanden ihre letzte Ruhestätte in Uster.
Die ausführlichsten Beschreibungen der Belagerung von Greifensee und Hinrichtung der Zürcher Besatzung stammen von Hans Fründ - Chronist und Landschreiber von Schwyz und auf Seite der Innerschweizer Augenzeuge der Belagerung - und Gerold Edlibach (geb. 1454!) - Chronist, Zürcher Ratsherr und 1504-1506 Landvogt von Greifensee.
«Die Grosse Freiburger Chronik» (1567/1568) von Franz Rudella geht ebenfalls kurz auf die Ereignisse im Mai 1444 ein und ist eine weitere Quelle über die historische Gestalt des Wildhans von Breitenlandenberg: «Das ward uffgeben und Wildhans von der Breyten Landenberg, deren von Zürich houptman, unnd mitt im einundsechzig man, so darinn lagend, gfangen und alle enthouptet am donstag vor pfingsten».
Die Belagerung von Greifensee und die grausige Enthauptung auf der «Blutmatte» in Nänikon sind im Artikel Mord von Greifensee - zuweilen auch als «Bluttat (oder Blutnacht) von Greifensee» erwähnt - anhand dieser Quellen ausführlich beschrieben.
[Bearbeiten] Der «sagenhafte Held von Greifensee» in der Literatur
Gottfried Keller verarbeitete den Stoff des «sagenhaften Helden von Greifensee» und seines Gegenspielers Ital Reding - Landammann von Schwyz und Anführer der Belagerer von Greifensee - in den «Züricher Novellen» im «Landvogt von Greifensee», nachstehend auszugsweise zur Person von Wildhans von Breitenlandenberg: «... sechzig dieser Männer, nachdem sie sich endlich ergeben, auf dem Platze hingerichtet worden seien, voran der treue Führer Wildhans von Landenberg. Vornehmlich aber verweilte er bei den Verhandlungen der Kriegsgemeinde, die auf der Matte zu Nänikon über Leben oder Tod der Getreuen stattfanden. Er schilderte die Fürsprache gerechter Männer, welche unerschrocken für Gnade und Milde eintraten und auf die ehrliche Pflichttreue der Gefangenen hinwiesen, sowie die wilden Reden der Rachsüchtigen, die jenen mit einschüchternder Verdächtigung entgegentreten, den leidenschaftlichen Dialog, der auf diese Weise im Angesichte der Todesopfer gehalten wurde und mit dem harten Bluturteil über alle endigte. Die geheimnisvolle Grausamkeit, mit welcher ein so großes Mehr bei der Abstimmung sich offenbarte, daß gar nicht gezählt wurde, das unmittelbar darauf erfolgende Vortreten des Scharfrichters, den die Schweizer in ihren Kriegen mitführten, wie jetzt etwa den Arzt oder Feldprediger, das Herbeieilen der um Gnade flehenden Greise, Weiber und Kinder, die starre Unbarmherzigkeit der Mehrheit und ihres Führers Itel Reding, alles dies stellte sich anschaulich dar. Dann hörten die Frauen mit stillem Grausen den Gang der Hinrichtung, wie der Hauptmann der Zürcher, um den Seinigen mit dem männlichen Beispiel in der Todesnot voranzugehen, zuerst das Haupt hinzulegen verlangte, damit keiner glaube, er hoffe etwa auf eine Sinnesänderung oder ein unvorhergesehenes Ereignis; wie dann der Scharfrichter erst von Haupt zu Haupt, dann je bei dem zehnten Mann innehielt und der Gnade gewärtig war, ja selbst um dieselbe flehte, allein stets zur Antwort erhielt: »Schweig und richte!« bis sechzig Unschuldige in ihrem Blute lagen, die letzten noch bei Fackelschein enthauptet. Nur ein paar unmündige Knaben und gebrochene Greise entgingen dem Gerichte, mehr aus Unachtsamkeit oder Müdigkeit des richtenden Volkes als aus dessen Barmherzigkeit ...»
[Bearbeiten] Kurzer und lückenhafter Abriss über das Geschlecht der Landenberger
Unklar scheint, ob Wildhans von Breitenlandenberg bereits vor seinem traurigen Ende am 28. Mai 1444 auf der «Blutmatte» in Nänikon eine Amtsfunktion in der Landvogtei Greifensee ausübte, nebst seiner tragischen Rolle als Hauptmann und Verteidiger von Greifensee.
Mehrfach urkundlich belegt ist aber, dass das Geschlecht der Landenberger grossen Einfluss in der Herrschaft Greifensee und weit darüber hinaus hatte: Am 7. Januar 1300 verpfändete die Gräfin Elisabeth von Rapperswil die damalige Burg, das Städtli, den Greifensee und weitere Güter an Ritter Hermann II. von Landenberg.
Der neue Besitzer nannte sich fortan von Landenberg-Greifensee und erlebte in den Diensten von König Albrecht I. als Secretarius (Verwaltungssekretär) und Marschall einen bemerkenswerten gesellschaftlichen und politischen Aufstieg - urkundlich erwähnt wird sein Name in Herzog Albrechts Diensten in der sogenannten «Güssinger Fehde» um 1281 - bevor er meist ausserhalb seiner Heimat 1306 in Böhmen als treuer Gefolgsmann von Habsburg-Österreich verstarb.
Um 1330-1340 liess sein Sohn, Hermann von Landenberg IV. (oder III.), der jüngere Marschall, die Befestigung von Burg und Städtchen Greifensee errichten und stiftete die Gallus-Kapelle. 1369 verkauften die Landenberger Greifensee aus Geldnot an die Toggenburger, die es wiederum 1402 an Zürich verpfändeten. Das als Landenberghaus bekannte Gemeindezentrum von Greifensee, das um 1250 vermutlich für die "Burgherrschaft" erbaut wurde, erinnert auch heute noch an diese Epoche.
Die Freiherren von Landenberg gehörten im Mittelalter zu den mächtigsten und weitverzweigtesten adeligen Ritter Familien der Schweiz, mehrheitlich wohl treue Anhänger der Habsburger. Der Name Landenberg soll abgeleitet sein von der Berg des Landes, verkürzt auf Landoald, Landolt, Landbert, Namen die 745-826 erstmals in Urkunden erwähnt sein sollen. Nebenlinien sind u.a. Hohen-Landenberg, Landenberg-Greifensee und Breitenlandenberg oder auch in der Schreibweise Breyten Landenberg.
Burgen der verschiedenen Seitenlinien der Landenberger waren u.a. bei Bauma die Ruine Alt-Landenberg, Ruine Hohenlandenberg bei Wila, Ruine Breitenlandenberg, Stammburg der Breitenlandenberger in Turbenthal, allesamt im heutigen Zürcher Oberländer Tösstal sowie unweit von Turbenthal Ruine Alt-Bichelsee. Und wie erwähnt natürlich Burg und Städtchen Greifensee samt See und dazugehörigen Gütern, im Zürcher Unterland zeitweise u.a. Ruine Altburg - Stammburg der Freiherren von Regensberg - Ruine Alt-Regensberg sowie eine grössere Zahl, von anderen Adelsgeschlechtern erworbene Besitzungen in der Umgebung von Dällikon, Grüningen, Winterthur und einige mehr.
Diese Aufstellung ist aber höchst unvollständig, die Landenberger und ihre Nebenlinien sind auch in weiteren Gebieten der Schweiz und im Süddeutschen Raum belegt.
[Bearbeiten] Quellen
- «Chronik des Alten Zürichkriegs» von Hans Fründ (Druck 1875)
- «Die Grosse Freiburger Chronik des Franz Rudella» (1567/1568), Edition nach dem Exemplar des Staatsarchivs Freiburg/Fribourg, Freiburg/Fribourg, 2005
- «Das Heldentum des Wildhans von Breitenlandenberg», A. Heer, 1915
- «Die Breitenlandenberger in Turbenthal», K. Hürlimann, 1400-1600, Liz. Zürich, 2001, 23 f.
- «Historisches Lexikon der Schweiz»
- «Urkundenregesten des Staatsarchivs des Kantons Zürich 1431 – 1445»
- «Zürcher Chronik» (1485/1486) von Gerold Edlibach (Druck 1847)
[Bearbeiten] Weblinks
- Projekt Gutenberg - Gottfried Keller: «Züricher Novellen» - «Der Landvogt von Greifensee»
- Aebte des Klosters St. Gallen, Quelle: Duft, Johannes; «Die Abtei St.Gallen», St. Gallen 1986
Personendaten | |
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NAME | Breitenlandenberg (von), Wildhans |
ALTERNATIVNAMEN | Wildhans Landenberg |
GEBURTSDATUM | [[[1410]] |
GEBURTSORT | Türbenthal |
STERBEDATUM | 28. Mai 1444 |
STERBEORT | Nänikon |