Zwangseinweisung
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Eine Zwangseinweisung ist die behördlich angeordnete und angewiesene Unterbringung eines Hilfsbedürftigen in eine psychiatrische Anstalt.
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[Bearbeiten] Gründe für Zwangseinweisungen
Es gibt Gesetze, die festlegen, wann und wie ein Kranker auch gegen seinen Willen in ein psychiatrisches Krankenhaus oder in die geschlossene Abteilung einer entsprechenden Anstalt eingewiesen werden kann. In Deutschland regeln das in den meisten Bundesländern die sogenannten Psychisch-Kranken-Gesetze (PsychKG). Nach § 1906 Abs. 1 BGB darf nur derjenige durch einen Betreuer untergebracht werden, der sich selbst lebensbedrohlich gefährdet oder dringend medizinisch behandlungsbedürftig ist.
[Bearbeiten] Selbstgefährdung
Einige Krankheitsbilder sind eng mit einer Selbstgefährdung verbunden.
- So ist die Suizidrate bei Schizophrenieerkrankten sehr hoch und Erkrankte werden, soweit die Gefahr der Selbsttötung besteht, zwangseingewiesen.
- Schwere Depressionen führen mitunter zu Verstümmelungen und Suizid. Um den Patienten zu schützen, erfolgt die Zwangseinweisung.
- Anorexie ist zwar nicht akut, aber bei chronischem Verlauf und ausreichend niedrigem BMI lebensgefährlich und macht einen nicht geringen Anteil der Zwangseinweisungen aus.
[Bearbeiten] Fremdgefährdung
Zwangseinweisungen erfolgen auch, falls der Verdacht auf Gefährdung Unbeteiligter besteht.
- Zwangseinweisung durch Fremdgefährdung gibt es sehr oft bei Straftätern, die nicht vollzugsfähig sind und in der Justizvollzugsanstalt Mitgefangene bedrohen oder gefährden.
- Zwangseinweisung erfolgt auch, wenn die einzuweisende Person eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.
- Seltener kommt es zu einer Fremdgefährdung durch eine psychische Krankheit, weshalb dieser Grund nur selten angewendet wird.
[Bearbeiten] Verfahren
Die Einweisung setzt eine amtsärztliche Untersuchung und ein ärztliches Zeugnis der Ordnungsbehörde (Gesundheitsamt) voraus. Außerhalb der Bürozeiten besteht nach dem jeweiigem PsychKG/Unterbringungsgesetz die Möglichkeit der vorläufigen Einweisung. Hier handelt es sich, je nach Bundesland, um unterschiedliche Regelungen.
Zwangseinweisungen werden vom Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) auf Rechtmäßigkeit überprüft. Die Unterbringung des Kranken ist seitens eines Richters spätestens am Tag nach der Aufnahme ins Krankenhaus zu genehmigen (Art. 104 GG). Das Krankenhauspersonal hat das Recht, den Patienten solange gegen seinen Willen festzuhalten, sofern die Voraussetzungen Unterbringung (nach § 1906 BGB oder dem Psychisch-Kranken-Gesetz des jeweiligen Bundeslandes) gegeben sind.
Bei einer Zwangseinweisung ist das zuständige Gesundheitsamt und der Verwahrrichter zu benachrichtigen. Der Transport findet durch einen Rettungsdienst statt, der situativ durch eine Polizeistreife bis zur Übernahme durch die Einrichtung begleitet wird.
[Bearbeiten] Folgen für Angehörige
Meist werden Zwangseingewiesene in psychiatrischen Kliniken, z.B. Landeskrankenhäusern untergebracht. Teilweise (je nach Grund der Einweisung) wird auch in Pflegeheime, Altenheime oder allgemeine Krankenhäuser eingewiesen. Das Einverständnis der Patienten ist nur in den seltensten Fällen gegeben. Sie glauben oft an eine Verschwörung oder mutwillige Maßnahme seitens der eigenen Familie, so diese die Zwangseinweisung betrieben hat oder ihr zustimmte. Diese Haltung und der oft erbitterte Widerstand des Patienten löst in der Familie des Betroffenen wiederum oft Schuldgefühle aus. Das Umfeld des Betroffenen muss sich darüber im Klaren sein, dass in vielen Fällen keine andere Lösung in Frage kommt.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Unterbringung, Unterbringungsgesetz, Unterbringungsverfahren, Maßregelvollzug, Zwangsbehandlung
- Schweiz: Fürsorgerischer Freiheitsentzug
- Österreich Unterbringung (Österreich)
[Bearbeiten] Literatur
- Karl-Ernst Brill, Rolf Marschner: Psychisch Kranke im Recht - Ein Wegweiser ISBN 3-88414-395-6
- Bohnert: Unterbringungsrecht, ISBN 3-406-47174-9
- Coeppicus: Sachfragen des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, ISBN 3-170-16333-7
- Deinert/Jegust: Das Recht der psychisch Kranken (Textsammlung), 2. Aufl, ISBN 3-887-84993-0
- Kopetzki: Grundriss des Unterbringungsrechts (f. Österreich), ISBN 3-211-82890-7
- Probst: Betreuungs- und Unterbringungsverfahren; Berlin 2005, ISBN 3503087451
- Winzen: Zwang. Was tun gegen Betreuung und Unterbringung? ISBN 3-928-31608-7
- Literaturübersicht zum Psychischkrankenrecht
[Bearbeiten] Weblinks
- Thema Zwangsbehandlung im Online-Lexikon Betreuungsrecht
- Psychiatrienetz - Dauerbrenner Gewalt
- Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V.
- Bund.arb.gemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. - Unterbringung und Zwangsbehandlung
- www.psychiatrie-erfahrene.de
- www.manic-depressive.de
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