Abtei Fontevrault
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Die Abbaye Royale de Fontevraud (die alte Schreibweise ist "Fontevrault"), eine königliche Abtei, war ein gemischtes Kloster, das im Jahr 1101 von Robert von Arbrissel gegründet wurde. Sie liegt im Anjou in Frankreich, nahe der Städte Saumur und Chinon und ist Grablege der Plantagenets.
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[Bearbeiten] Das Kloster
Die Abtei von Fontevraud, auch unter dem Namen "Klosterstadt" bekannt, gilt als größtes klösterliches Gebäude Europas. Das außergewöhnliche architektonische Gesamtwerk wurde auf einem Gelände von 14 Hektar erbaut.
Die Konzeption als gemischtes Kloster bestand zunächst unter Vorrangstellung der Frauen. Später existierten zwei getrennte Klöster nebeneinander, dann schließlich vier:
- "Le Grand Moutier" war für die Chorschwestern, die sich ganz dem Gebet weihten, und für das Hospital "Saint Benoit bestimmt,
- "La Madeleine" für die Laienschwestern, die sich ausschließlich der Abtei widmeten,
- "Saint-Lazare" für die Nonnen, die Lepröse (Lepra-Kranke) pflegten und
- "Saint Jean de l'Habit" für Männer, Brüder und Priester, die abseits des Frauenklosters lebten.
Während die Frauen sich innerhalb einer strengen Klausur ausschließlich dem Gebet widmen sollten, waren die notwendigen Arbeiten Sache der Männer; bei ihnen lebten Kleriker und Laien ohne Trennung zusammen. R., der auch jetzt den Abts-Titel ablehnte, stand zunächst der gesamten Gemeinschaft als Magister vor. Er ging stets barfuß und trug Kleider aus grobem Tuch. Die Gemeinschaft von Fontevraud erhielt gewaltigen Zulauf aus allen Volksschichten; vor allem aber suchten verstoßene Ehefrauen, Prostituierte und sogar Aussätzige Zuflucht bei R.Von 1115 an und für sieben Jahrhunderte sollten nun dem Willen des Gründers entsprechend an der Spitze des Ordens 36 Äbtissinnen aufeinander folgen.
Das Kloster hatte von Anfang an eine starke Verbindung zum Haus Plantagenet, denn diese waren die Grafen des Anjou: sie förderten dieses Kloster besonders und bestimmten es zu ihrer königlichen Grablege. Eleonore von Aquitanien zog sich im Alter in dieses Kloster zurück und liegt auch dort begraben. Das Kloster beherbergt ebenfalls die Gräber von Heinrich II. von England, seinem Sohn Richard Löwenherz und der Ehefrau seines jüngsten Sohnes Johann Ohneland, Isabella von Angoulême.
Die ehemaligen Klostergebäude sind weitestgehend erhalten, auch wenn sie durch die Jahrhunderte in veränderten Stilrichtungen neu erbaut wurden. Besonders hervorzuheben sind hier das romanische Küchengebäude sowie der auch der Kreuzgang im Stil der Renaissance aus dem Jahr 1522 mit dem Kapitelssaal und dem Refektorium.
[Bearbeiten] Abteikirche
Die Abteikirche besteht aus Chor, Langhaus und Kreuzschiff mit Vierungsturm und einer Westfassade mit zwei kleineren, nicht begehbarhen Türmen. Im Zuge der Restaurierung der Aussenmauern hat man die romanischen Steinmetzarbeiten, hauptsächlich bestehend aus Kapitellen und Friesen, an besonders stark verwitterten Stellen durch Neuanfertigungen im romanischen Stil ersetzt, ohne jedoch die alte Substanz vollkommen zu ersetzen.
Auch der heutige Zustand des Innenraumes ist das Ergebnis einer gründlichen Restaurierung. Bereits während der Französischen Revolution ist es zu Beschädigungen an dem Kirchengebäude gekommen. Später unter Napoleon wurde das Kloster zu einem Gefängnis, dies blieb es kurioserweise bis 1963. In die Kirche wurden ab 1821 vier Decken eingezogen und Werkstätten und Schlafsälen eingerichtet; diese Arbeiten haben zur Zerstörung der Kuppeln und der Vergrößerung der Glasfenster im Norden geführt, was im Zuge der Restaurierung rückgängig gemacht wurde. Der Chor wurde im romanischen Stil zwischen 1106 und 1117 erbaut, die Weihe wurde 1119 durch Papst Calixtus II. vorgenommen. Im Chor befindet sich noch der - allerdings leere - Sarkophag des Klostergründers Robert von Arbrissel. Der Chor weist die traditionelle Schlichtheit der romanischen Kirchen der Loiregegend auf und ist Ausdruck des asketischen Geistes des Robert von Arbrissel. Der Chor hat mit seinem Säulenumgang deutliche Parallelen zu der Kirche Notre Dame la Grande in Poitiers.
Im Zuge der Erbrauung der Kirche änderte man den ursprünglichen Bauplan. Das Langhaus wurde ab 1125 anstelle der üblichen Dreischiffigkeit als ein ungeteilte Halle konzipiert, die mit einer Folge von vier Kuppeln überwölbt ist. Diese ist wie mehrere ähnliche Kirchen in Südwestfrankreich byzantinischen Ursprungs. Die Kirche zerfällt durch diese Baumaßnahme überdeutlich in die zwei unterschiedlichen Teile Langhaus und Chor. Das Langhaus wurde 1160 vollendet.
In dem Langhaus sind auf jedem Wandpfeiler als Erleichterung auf drei Seiten Doppeldienste oder doppelte Halbsäulen vorgelegt, ganz wie man will. Diese eigenartigen Pfeiler scheinen nicht zu wissen, was sie eigentlich sein wollen, Stütze oder Wand. Sie sind beides. Die Kapitelle sind, sowohl in der Wahl ihrer Themen als auch in ihrem Stil, von der Kunst des Südwestens Frankreichs (Saintes, Angoulême) beeinflusst.
[Bearbeiten] Die Grabplastiken
An zentraler Stelle des Langhauses vor dem Eingang zum Chor liegen Heinrich II. von England und Eleonore von Aquitanien in der oberen Reihe, darunter Richard Löwenherz und Isabella von Angoulême, die Gemahlin von Johann Ohneland, deren Grabmal als einziges aus Holz geschnitzt wurde, begraben. Die anderen drei sind Plastiken aus Kalktuff, die ungefähr zu der Zeit gemeißelt wurden, als die Betreffenden gestorben sind, also zu Beginn des 13. Jhs. (zwischen 1200 und 1256). Es sind mit die frühesten Grabplastiken, bei denen die Verstorbenen auch tatsächlich als Liegende, als Gisants dargestellt sind.
Diese Grablege des englischen Königshauses der Plantagenet gehört zu den bedeutendsten der europäischen Geschichte und steht in einer Linie mit der der salischen Kaiser in Speyer, der staufischen Könige in der Capella Palatina in Palermo, der französischen Könige in St. Denis und der anderen englischen Könige in Westminster Abbey.
Die Grabgestalten sind sämtlich in idealisierter Form dargestellt. So ist beispielsweise die Eleonore von Aquitanien bei weitem nicht als 84jährige dargestellt, sondern in der Blüte ihrer Jahre. Im Gegensatz zur weißen Kühle der Kirche sind die Grabstatuen - was bemerkenswert ist - immer noch in den originalen, intensiven Farben gehalten. Diese Farbigkeit hatten früher auch die Kircheninnenräume. Die Statuen sind überlebensgroß, ihre Urheber sind unbekannt. Deutlich ist versucht worden, den majestätischen Charakter der Figuren auch in ihren Grabstatuen zu erhalten. Sie sind gekrönt und liegen auf einem Paradebett, wie es den königlichen Begräbnisriten entspricht.
Richard Löwenherz und Isabella von Angoulême: Die beiden Könige dieser Vierer-Gruppe sind mit einer Tunika bekleidet und halten in ihren behandschuhten Händen ein Zepter, das Symbol der königlichen Macht; an ihrer Seite liegt ein Ritterschwert.
Bei Eleonore von Aquitanien hat man Wert darauf gelegt, sie auch auf dem Todesbett als Lesende darzustellen. Dies unterstreicht die legendäre Gelehrtheit der Eleonore von Aquitanien, eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters.
[Bearbeiten] Romanische Küche
Als seltene Ausnahme ist in Fontevraud noch das Küchengebäude im romanischen Stil erhalten geblieben. Der Grundriss des Baues ist ein Achteck - wie bei den Baptisterien - und durch eine raffinierte Verschachtelung von geometrischen Figuren ist auch das Gewölbe der Küche achtseitig geworden. Nicht nur aus Gründen des Feuerschutzes hat man eine Küche aus Stein erbaut, sondern auch aus Gründen der Repräsentation. Die gleich hinter dem Refektorium gelegene Küche unterstrich mit ihren Kapitellen in Form von Kronen den Rang des ganzen Klosters als königliche Abtei.
Durch die Verschachtelung des Baus bilden sich Nischen in den Wänden, die als Feuerstellen Verwendung fanden. Den Blick direkt in das ungewöhnliche und hohe Gewölbe zeigt eine für Küche eine ziemlich komplizierte Konstruktion. Sogar in diesem scheinbar reinen Zweckbau hat man nicht nur auf saubere Verarbeitung, sondern auch auf Zahlensymbolik geachtet. In den hohen Gewölben befinden sich Abzüge für den Rauch der Feuerstellen sowie die Vrasen der zubereiteten Speisen. Das Dach ist ganz im Stil der angevinischen Romanik in Stein gemauert und wie ein Pinienzapfen geformt.
[Bearbeiten] Äbtissinnen von Fontevrault
- Hersende de Montsoreau (erste Priorin) 1101 - 1115
- Pétronille de Chemillé (erste Äbtissin) 18. Oktober 1115 - 1150
- 1150-1154 : Mathilde von Anjou, († 1154), Witwe (seit 1120) von Wilhelm Atheling, Tochter des Grafen Fulko V. von Anjou, Tante des englischen Königs Heinrich II.
- 1174-1190 : Marie von Blois, † 7. August wohl 1190, als Witwe von Odo II. (Eudes II.), 1143 Herzog von Burgund († 27. September 1162) 1162-1165 Regentin von Burgund, nach 1165 geistlich (Haus Blois)
- 1190-....... : Adelheid (Adélaide) von Blois, Tochter des Theobald V. der Gute (Thibaut V. le Bon), Graf von Blois (Haus Blois)
- 1304-1342 : Eleonore von Bretagne, † 1342, Tochter des Herzogs Johann II. von Bretagne (Haus Frankreich-Dreux)
- 1342-1349 : Isabella von Valois, † 11. November 1349, Tochter von Karl I. Graf von Valois
- 1477-1491 : Anna von Orléans, † 1491, Tochter des Herzogs Karl von Orléans
[Bearbeiten] Weblinks
- Abbaye Fontevraud
- Für ein Foto der Abtei lohnt sich ein Besuch auf der Seite des Projektes ROMANIK in FRANKREICH des Instituts für Romanistik der TU Dresden.
Koordinaten: 47° 10' Nord, 0° 4' Ost