Bauhütte
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Bauhütte bezeichnet heute zumeist das Bauhüttenwesen des gotischen Kathedralenbaus. Organisierte Bau-Kooperationen existierten aber schon viel früher.
Zitat aus dem Buch „Die Bauhütten“ von Dr. Ferd. Janner erschienen im E.A.Seemann-Verlag Leipzig 1876:
„Wenn wir unter Bauhütte eine Vereinigung von Werkleuten verstehen, die unter Oberleitung eines Werk- oder Baumeisters zum Behufe der Errichtung eines größeren Baues sich versammelt haben, so ist es sicher, daß wir den Bauhütten ein Alter zuschreiben müssen weit zurückreichend in die vorchristliche Zeit (…..) Darum ist es nach dieser Seite hin richtig, wenn man das Alter der Bauhütten hinaufrückt in die Zeit des Cheops und Salomon“.
Viele Legenden ranken sich um die Bauhütten. Geschichten voller Abenteuer, von Freimaurern, über die Tempelritter bis hin zum heiligen Gral. So spannend sie auch sein mögen, ihr Wahrheitsgehalt ist bestenfalls mit Indizien belegbar.
[Bearbeiten] Bauhütten des Altertums
Vom Wesen der antiken Bauhütten gibt es wenig bis gar keine Dokumente und Belege. Es ist anzunehmen, dass in den Zeiten der ägyptischen Pyramiden und Griechischen Tempeln das Wissen um die Kunst des Bauens in den Händen von Priesterkasten lag (wie noch bis in die Zeit der Romanik). Von der Art, wie sich die ausführenden Handwerker organisierten, von ihren Verhältnissen nach innen und außen ist nichts überliefert.
Allein von den römischen Baucollegia gibt es Berichte. Ihre Mitglieder nannten sich gegenseitig collegae und waren besonders in der römischen Kaiserzeit von manchen bürgerlichen Lasten befreit. Ihre inneren Verhältnisse wurden durch eigene Gesetze und Gerichtsbarkeit geleitet. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Handwerkern, die bei den Römern keine besondere Achtung erfuhren, bekamen diese „collegia“, im laufe der Zeit teilweise beachtliche Macht und Einfluss, ähnlich den mittelalterlichen Zünften. Dies war wohl auch der Grund, warum sie immer wieder angegriffen und verboten wurden. Mit der Ausdehnung des Römischen Reiches und seiner Kolonien bildeten sich auch Ableger dieser Collegia in Gallien und Britannien.
Eine Verbindung der Collegia mit den Bauhütten des Mittelalters ist nicht nachzuweisen.
[Bearbeiten] Bauhütten der Romanik
Wo nicht gebaut wird, gibt es auch keine Bauhütten und Europa in der Zeit zwischen dem 4. – 8. Jahrhundert war nicht dazu angetan, eine den Bauhütten entsprechende Organisation zu erhalten.
Erst als in Mitteleuropa das Christentum festen Fuß gefasst hatte ging man daran, seinen Machtanspruch durch Kirchenbau nach außen zu dokumentieren. In der Zeit, als das Römische Reich gänzlich zerfallen war und die städtische Struktur des Mittelalters sich noch nicht herausgebildet hatte, lag alles Wissen in den Händen des Klerus. Besonders die Benediktiner taten sich durch eine Förderung der Bildung hervor und sie waren es auch, die in besonderer Weise die Kunst des romanischen Kirchenbaus förderten. Dieser lag zunächst völlig in der Hand der Mönche. Erwähnenswert ist hier wohl vor allem das Wirken des Abtes Wilhelm von Hirsau, der ab 1070 n. Chr. ein ganzes Netzwerk von klösterlichen Bauschulen förderte. Zu diesem Zwecke führt er als erster in Deutschland sogenannte Conversi ein. Das waren Laienbrüder, die nicht das Mönchgelübde abgelegt hatten, aber in den Klöstern lebten und dort in die handwerklichen Künste eingewiesen wurden und diese auch ausübten. Wurde ein Kirchen- oder Klosterbau, bisweilen auch eine Brücke oder dergleichen in Arbeit genommen, zogen ganze Trupps von Mönchen und Conversi, gut ausgerüstet und bewaffnet, durch die Lande, um die Arbeit zu unterstützen. Die auf dem Wege liegenden Klöster und Stifte waren verpflichtet, sie zu beherbergen und zu verpflegen, worin sich wiederum besonders die Benediktiner hervortaten.
Je weiter die Kunstfertigkeit des romanischen Klerikalbaus gedieh, desto mehr überstieg die Arbeit die physischen Kräfte der Klöster und um so wichtiger wurde die Rolle der Laienbrüder. Möglicherweise spielten diese „Laien“ auch eine Rolle bei der Entstehung des gotischen Hüttenwesens.
[Bearbeiten] Die gotischen Bauhütten
Das Geheimnis der Gotik liegt in der Ordnung der inneren Verhältnisse. Das gilt für den Baustil genauso wie für die Bauhütten.
Doch wo man bei den gotischen Kathedralen die räumlichen Verhältnisse einfach nachmessen kann, um dann staunend die vielfältigen Bezüge in den Proportionen zu erkennen, ist man bei den Bauhütten auf Hinweise und Indizien angewiesen. Doch was diese zu erkennen geben, ist erstaunlich genug.
- Sicher ist, dass die Bauhütte der Gotik, eine von den Zünften und der katholischen Kirche unabhängige, mit Monopolen und Sonderrechten ausgestattete Organisation war, deren Arbeitsfeld ausschließlich im Klerikalbau lag.
- Sie hatten eigene Gesetze, eine eigene Rechtsprechung und einen, in seinen Grundzügen demokratischen Aufbau.
- Die gotische Bauhütte hatte einen ´Bruderschaft´ genannten ideellen Überbau, der die Organisation unabhängig von religiösen und politischen Veränderungen trug.
In den diesem Aufsatz zu Grunde liegenden Dokumenten ist stets nur von Steinmetzen der Bauhütten die Rede. Natürlich bedarf es weit mehrerer Gewerke, eine Kathedrale zu bauen, doch geht aus den Steimetzordnungen hervor, dass diese nur angestellt wurden und nicht zur Bauhütte gehörten:
„Were es auch, das man den Murer bedürffte, Es were Stein zu hauwen oder zu muren, dazu sie dauwelig sind: die mag ein Meister wol fürdern, umb das die hern nit gefumet werdent an ihrem Werk; und die, die also gefürdert werdent: die sollent unbekümbert sin mit dieser ordenung; sie wellent es den mit guttem Willen tun“.
[Bearbeiten] Alter der gotischen Bauhütten
An fast allen gotischen Kathedralen gibt es Dokumente, die die Existenz einer Bauhütte, von Beginn der Bautätigkeit an, belegen. Doch sind diese nur Verwaltungs- und Wirtschaftsbelege. Hinweise auf eine überregionale Struktur und ideelle Ordnung finden sich erst im mittelenglischen Regius-Manuskript aus dem 14. Jahrhundert.
In der Straßburger Steinmetzordnung von 1495 finden sich deutliche Hinweise, dass diese nur die Reformation einer weit älteren, schon lange bestehenden Ordnung war. Beispielsweise finden wir in der Einleitung derselben:
„(….)umb nutz und Nothdurfft willen aller Meister und Gesellen des ganzen Hantwercks des Steynwercks und Steinmetzen in dütschen Landen, und besonder zu versehen zwüschent denselben des Hantwercks künftige Zweytrachten, Mysshelle, Kumber, Costen und Schaden, die den ettlicher unordentlicher Handelunge halb under ettlichen Meistern schedelich gelitten und schwerlich gewesen sind wider soliche gutte Gewohnheit und alt herkommen, so ihr altfordern und liebhaber des Hantwercks vor alte zitten in guter meynunge gehenthabt und herbrocht habent,(….)“
Und dann etwas weiter:
(….) im namen und anstatt unser und aller ander Meister und Gesellen unsers gantzen gemeinen Hantwercks obgemeldet, Solich alt Harkumen ernüwert und geluttert, und Uns dieser Ordnung und Brüderschaft gietlich und freyntlich vereynt; (….)
Auch im weiteren wird immer wieder von alten Gebrauch und überlieferter Ordnung gesprochen. Desgleichen finden wir in der Rochlitzer Ordnung von 1462 und in der Erneuerung des Bruderbuchs von 1563.
Es wäre den Bauhütten mit Sicherheit nicht gelungen, den Begehrlichkeiten und Vereinnahmungsversuchen der Zünfte zu widerstehen, wenn hinter den einzelnen Bauhütten nicht eine starke geschlossene Organisation gestanden hätte. Die Zünfte hätten sich dieses lukrative Betätigungsfeld nur zu gerne gesichert, haben dies wohl des öfteren auch versucht und letztendlich auch geschafft.
Zudem ist es kaum anzunehmen, dass die Bauhüttenordnung des gotischen Kathedralbaus erst zu einem Zeitpunkt einsetzt, als der gotische Baustil seinen Zenit schon längst überschritten hatte.
Dass es vor dem Regius-Manuskript keine urkundliche Erwähnung des Hüttenwesens gibt, ist weiter nicht verwunderlich. Unterlagen doch die Gebräuche der Bauhütte der Geheimhaltung und durften nur von Steinmetz zu Steinmetz mündlich weitergegeben werden. So wurde das Regius-Manuskript in Versen gedichtet, um ein Auswendiglernen zu erleichtern. Erst mit dem drohenden Zerfall und nachdem das Handwerk „under ettlichen Meistern schedelich gelitten“, entschloss man sich, die Statuten der Bauhütte schriftlich zu verfassen.
Es ist nur eine Mutmaßung, dass die Organisation der gotischen Bauhütte zusammen mit dem gotischen Baustil entstand, doch ist diese These so naheliegend, dass sie hier zumindest erwähnt werden soll. Dokumente über ein genaues Alter der Bauhüttenorganisation sind nicht bekannt.
[Bearbeiten] Die Steinmetzen der gotischen Bauhütten
Wir finden in den Statuten der Bauhütte folgenden Werdegang geregelt:
[Bearbeiten] Der Hüttendiener (Lehrling)
Er musste mindestens 14 Jahre alt sein, getauft und seine Eltern mussten miteinander verheiratet gewesen sein. Bei seiner Aufnahme war eine Bürgschaft von 20 Gulden zu hinterlegen. Bei Abschluss der fünfjährigen Ausbildung wurde das Geld zurückgezahlt und zudem eine Vergütung von weiteren 10 Gulden. Wurde die Lehre abgebrochen, verfiel das Geld an die Hütte. Hatte ein „Diener“ bereits bei der Maurerzunft eine Lehre abgeschlossen, wurde seine Lehrzeit auf drei Jahre verkürzt.
[Bearbeiten] Der Geselle
Mit der Ledigsprechung bekam der junge Steinmetz sein Steinmetzzeichen zugeteilt und wurde in die Bruderschaft aufgenommen. Er bekam das geheime Zureiseritual beigebracht, mit dem er sich auf allen Bauhütten als zur Bauhütte zugehörig ausweisen konnte. Von diesem Zeitpunkt an hatte er Mitspracherecht bei organisatorischen Entscheidungen und in der Rechtsprechung. Es war ihm freigestellt, ob er in einer Hütte um Förderung (Arbeit) suchen wollte, scheiden und wandern oder als Kunstdiener weiterlernen wollte.
[Bearbeiten] Der Wandergeselle
Die reisenden Gesellen bildeten das Bindeglied zwischen den einzelnen Bauhütten. Es stand jedem Gesellen frei zum Lohnabend oder des Samstag seinen Abschied zu nehmen: „Wen es nicht gefallet, do ist niemand zu dem andern gebunden“.
Nur wenn ein Geselle den Winter über bei einem Meister in Arbeit stand, sollte er auch bis Johanni bleiben. „es were denn sach, daß den Gesellen hefftige Sachen zu dem meister hette, das Im an seinem Handwerck schatte“.
Wenn ein Wandergeselle auf einer „Hütte“ zureiste, wurde er mit dem sogenannten Gruß und Handschenk, der rituellen Begrüßung der Bauhütte, empfangen. Fand ein Geselle in einer Bauhütte keine Förderung, so sollten ihm der Meister und alle arbeitenden Gesellen ein „ebeglichen schenken, wie die vorgeschriebenen Stücke von des grusses und geschenke wegen“,
Ein Geselle der nicht „gewandelt“ war, also auf verschiedenen Bauhütten gearbeitet hatte, durfte kein Parlier werden.
[Bearbeiten] Der Kunstdiener
Wollte ein Steinmetz der Bauhütten einmal Parlier werden, musste er auf Wanderschaft gewesen sein und sich noch einmal zwei Jahre als Kunstdiener verpflichten. Um Kunstdiener zu werden, musste er seine Lehre abgeschlossen haben. Zudem musste er dazu in der Bruderschaft sein. Als Kunstdiener wurde der Steinmetz in die höheren Kunstfertigkeiten eingeführt, z. B. Konstruktion, Bildhauerei, Proportionslehre usw. Er konnte vom Meister als Parlier eingesetzt werden „Alsofern er es verhegen kann, das die gebeude bewaret sindt“. Für seine gefertigte Arbeit musste der Meister dem Kunstdiener „den vollen leisten“, d. h. er hatte ihn voll zu bezahlen.
[Bearbeiten] Der Parlier
Noch heute wird der Vorarbeiter auf dem Bau „Polier“ genannt. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Name vom französischen Wort „parler“, zu deutsch „sprechen“ kommt. Der Parlier stand zwischen dem Meister und den Gesellen. Er hatte Anweisungen weiterzugeben und die Arbeit zu überwachen, musste morgens als erster da sein und abends als letzter gehen, er vertrat den Meister beim Ausschenken (Begrüßen) zugereister Wandergesellen und gegenüber dem Auftraggeber.
Alles in allem war dies damals wohl schon ein genauso beschwerlicher und undankbarer Job wie heute, dessen Reiz, neben einer höheren finanziellen Vergütung, wohl vor allem in der Möglichkeit lag, Erfahrung zu sammeln und sich einen Namen zu machen.
[Bearbeiten] Der Meister
In den Zünften war der Meisterstand oft an Besitzstände gebunden und wurde meist vom Vater an den Sohn/Schwiegersohn weitergegeben und dieser Anspruch eifersüchtig bewacht und verteidigt.
Die Meisterschaft in den Bauhütten war vom gutem Ruf und Können abhängig. Sie wurde nämlich erst einmal dem „Markt“, also dem Auftraggeber (Fürsten, Städte, Stifte, Klöster usw.) überlassen:
„So mag ein jeglich Werkmann oder ein Meister, der sich des Steinwerks verstott und dam Werk genüg thun kann und dazu Dauwelich ist, nach einem solich Werk wol ston und werben, uff daß die Herrn, die solich Werk und Beue Inhends hant und verwaltend, wieder versorget werdent noch des Steinwerks Notdurft. Desgleichen mag ein Geselle auch tun, der sich umb solich Steinwerk verstott“.
So es der erste, eigene Bau des Steinmetzen war, mussten zwei andere Meister für ihn bürgen. Diese Bürgen sollte man „fragen, von Ihren Eid, den sie der Ordnung gethan haben, Ob der Meyster das Werk verführen mag oder kann“. Hatte ein Steinmetz aber einen Bau übernommen und erwies sich als unfähig, so wurde er vor dem Handwerk zur Rechenschaft gezogen:
„Aber soll kein meister kein werck auffnemen, er könde denn das verhegen, were es sache, das es ime misserite, die Herren der gebeude haben Ine zu weren, darumb und wir werkleutten, Das muß er verpussen mit ein und zwantzig pfunt wachs und den Herrn den Schaden legen“.
Der Meister konnte wie jeder andere auch vor dem Handwerk angeklagt werden:
(….) sondern, hielt sich ein Meister, anderst, dann recht in einigen stucken, der soll fürgenommen werden vor dem Handtwerck, und deshalben ausspruch bestohn. (….)
Trotzdem hatte der Meister an seinem Werk die oberste Autorität. Gesellen und Parliere hatten ihm in der Arbeit gehorsam zu sein, auch hatte er das letzte Wort, wenn es galt, an der jeweiligen „Hütte“ einen Richtspruch zu fällen.
[Bearbeiten] Innere Verhältnisse der gotischen Bauhütte
[Bearbeiten] Die Bruderschaft
Die ideelle Grundlage des Bauhüttenwesens war die Bruderschaft. Die Hüttenordnungen berufen sich zwar des öfteren darauf, doch geben sie keinen Aufschluss darüber wie sich diese Bruderschaft darstellt.
In den heute noch existierenden Gesellenverbindungen, den sogenannten Schächten finden wir Hinweise darauf, dass die Bruderschaft der Bauhütten nach deren Auflösung nicht gänzlich verschwand.
Die zwei ältesten Vereinigungen, deren Existenz belegbar bis ins 17. Jahrhundert zurückzuverfolgen ist, nennen sich rechtschaffene fremde und einheimische Maurer und Steinhauer bzw. rechtschaffene fremde und einheimische Zimmerer und Schieferdeckergesellen. Doch während die Vereinigung der Maurer und Steinmetzen ein Ritual pflegt, dass sie „Bruderschaft“ nennen, ist ein solches bei der Zimmerervereinigung nicht vorhanden. Da die Bauhütten im 17. Jahrhundert von den Zünften „geschluckt“ wurden, ist es wahrscheinlich, dass die Gesellen der Bauhütten dieses, für sie entscheidende Ritual, mitnahmen und in der zur Zunft oppositionell stehenden Gesellenvereinigung einführten. Was dieses Ritual im einzelnen darstellt, wird von den betreffenden Gesellen heute noch geheimgehalten. Doch, dass es sich bei dieser Gesellenbruderschaft um ein Ritual handelt, über das die betreffenden Gesellen heute noch ihren Zusammenhalt manifestieren, wird von ihnen soweit bestätigt.
[Bearbeiten] Die Haupthütten
Diese waren in Zürich, später Wien, Köln und vor allem Straßburg. Sie werden in den Hüttenordnungen ausdrücklich als Haupthütten erwähnt. Wenn es Streitigkeiten gab, die auf den örtlichen Hütten nicht geklärt werden konnten oder wenn es galt, Entscheidungen zu treffen die das ganze Hüttenwesen betrafen oder es Zwiespalt zwischen verschiedenen Hütten gab, wurden sie als oberste Instanz angerufen. Ob die Festlegung auf diese drei Haupthütten schon länger bestand oder erst mit der Reformation der Hüttenordnung 1459 eingeführt wurde und es vorher vielleicht andere, eventuell wechselnde, Haupthütten gab, ist nicht bekannt.
[Bearbeiten] Die Hüttengeheimnisse
Dass die inneren Verhältnisse der Bauhütte nicht nach außen getragen werden durften, versteht sich eigentlich von selbst, mehrere Artikel der Hüttenordnung verbieten ausdrücklich die Weitergabe von Hüttengebräuchen an Außenstehende. Auch bei den Zünften war dies so. Doch das wesentliche Hüttengeheimnis war das Wissen um die Baukunst. Es gab ja in den Maurer- und Steinmetzzünfte, mit denen die Bauhütten in direkter Konkurrenz standen, keine schlechteren Handwerker (was in der technisch brillanten Ausführung vieler Profanbauten dieser Zeit unschwer zu erkennen ist), doch es fehlte den Zünftigen an dem Wissen um die proportionalen Verhältnisse, die die gotische Baukunst auszeichnen.
[Bearbeiten] Entscheidungsfindung und Rechtsprechung
Die Struktur der Entscheidungsfindung und Rechtsprechung erinnert an das Thing der germanischen Rechtsprechung. Den Zusammenkünften auf der „Hütte“ stand der Meister vor. Und ihm allein oblag es, das Urteil zu sprechen. Doch über Schuld oder Unschuld berieten alle anwesenden zur Bruderschaft gehörenden Werkleute gemeinsam.
„(….)So sind die meister einen oberrichter zu hissen, und die Pallirer und gesellen sollen Schepfen hissen zu dem Richter die sollen Richten nach clag und Anthwort auf die Eide, do sie auff vermant werden, ob sie sich in etzlichen sachen irgent erregten, so mögen die selbigen aber schidleute zu In ruffen, und sich besagen, das den Jedermeneglich recht geschihet“.
Oder:
„Es sol auch ein jeglicher Werkman, der hütten förderung hett, dem dieser ordenunge geschrifft und gewalt befohlen wurt, in jeglicher gegen alle Spenne und Sachen, die Steinwerks berieren sint, Gewalt und mach haben, fürzunemen und zu stroffen in siner Gebiet, und sollent Ime des alle Meister, Parliere und Diener Gehorsam sin“:
Die Ordnung, der sich die Werkleute zu unterwerfen hatten, wurde von allen gemeinsam erstellt:
§1 were, das etliche articula in diesem buch zu schwere oder zu hert, oder etliche zu leicht weren; da mögen die, so in unserer Ordnung seind, mit dem mehretheil solche articula miltern, mindern oder mehren, ihn nach der zeit und des landtes notturft und nach des leuffen.(…)
War ein Steinmetz mit seinem Urteil nicht einverstanden, konnte er sich an eine der Haupthütten wenden.
Um einen Steinmetzen aus der Bruderschaft auszuschließen, bedurfte es dreier Meister als Richter.
Die Werkleute der Hütte waren angehalten, alle Streitigkeiten untereinander vor den Hüttengerichten zu verhandeln und nicht etwa vor dem Stadtgericht oder dergleichen.
[Bearbeiten] Verfall und Niedergang der Bauhütten
Faktisch endet die Zeit der Bauhütten 1731 mit dem endgültigen Verbot durch Kaiser Karl VI. Schon 1707 wurde den Bauhütten die eigene Gerichtsbarkeit untersagt. Schon ab dem 16. Jahrhundert gibt es Dokumente, die eine Vereinnahmung der Bauhütten durch die Zünfte belegen. Es liegt nahe, dass diese Vereinnahmung auch von den Meistern der Bauhütten gefördert wurde, konnten sie dadurch ihre Macht und ihren Wohlstand doch erheblich ausbauen. Wahrscheinlich hatte der Verfall schon lange vor der Straßburger Ordnung begonnen. Es wird in dieser ja auch ausdrücklich auf Missstände hingewiesen.
Wer sich bedeutende Kathedralen aus der Anfangs- und Endzeit der Gotik ansieht, z. B. Chartre und Köln, wird erahnen, dass dort am Anfang etwas lebte, das zum Ende nur noch aufgeblähte Hülle war. Dies gilt für die Bauhütten genauso wie für den Baustil. Dass es die Bauhütten nötig hatten, ihren Zusammenhalt mit einem Regelwerk wie der Straßburger Ordnung zu beschwören, dass sie es nötig hatten ihren Zusammenhalt von oberster Stelle bestätigen zu lassen (Confirmationsurkunde von 1498 Maximilians I.), all das zeigt, dass die spirituelle Grundlage, welche die Bauhütten über Jahrhunderte getragen hatte, viele Werkleute nicht mehr erreichte.
Von Italien her kam die Renaissance und mit ihr die Aufklärung. Für tiefe mystische Gläubigkeit, man mag es auch Aberglaube nennen, ging die Zeit genauso zu Ende, wie für eine solidarische Brüderlichkeit in der jeder einzelne sein Können und Wissen einem großen gemeinsamen Ziel unterwarf und Name und Identität vieler großer Baumeister und Bildhauer hinter den Steinmetzzeichen der Bauhütten verborgen blieb.
[Bearbeiten] Sagen und Legenden der gotischen Bauhütte
Die Gotik ist fast über Nacht entstanden, nach dem Bau der Kathedrale von Saint-Denis (bei Paris) bis 1140 entstand ab 1194 die Kathedrale von Chartres, die als eine der vollkommsten ihrer Art gilt. Woher hatten die Baumeister das Wissen dazu? Die vielfältigen Bezüge in der Proportion, das vollkommen neue statische Prinzip, woher kam das alles? Wie und warum haben sich die Bauhütten gegründet? Warum ist es den mächtigen Zünften erst sehr spät gelungen, sich dieses ertragreiche Arbeitsfeld zu sichern? Warum bekamen die Bauhütten das Recht auf eine eigene, unabhängige Gerichtsbarkeit? Es gibt neben den deutschen Gesellenvereinigungen „rechtschaffen Fremde“ noch eine sehr alte Gesellenvereinigung in Europa, die französischen „Compagnons“. Diese beziehen ihre Tradition teilweise auf König Salomon, wobei der Ursprung dieser Tradition im Dunkeln liegt. Auch die Freimaurerei bezieht sich mit ihren Tempelarbeiten ideell auf den Tempel Salomos, der für sie den „Tempel der Humanität“ versinnbildlicht.
Zur gleichen Zeit wie die Gotik, bzw. kurz davor, entstand der Templerorden, der in den Ruinen des Tempel Salomons ihr Quartier bezogen hatte. Es gibt nun die Theorie, dass sie dort in den Ruinen des salomonischen Tempels auf etwas gestoßen sind, das sie dazu befähigte, in kürzester Zeit nicht nur ihr Gemeinwesen, sondern auch eine vollkommen neue Art des Bauens zu entwickeln. Natürlich legten sie beidem, die Traditionen ihrer Heimatkultur zu Grunde, nämlich einerseits die christlich-römische Tradition, der katholischen Kirche, andererseits aber auch die keltisch-germanische Tradition der französischen Fürstengeschlechter. Zusammen mit dem Templerorden blühte in Mitteleuropa die Gotik auf und verbreitete sich rasant. Das Tempo, in dem diese Verbreitung vonstatten ging, lässt darauf schließen, dass dies nicht willkürlich, sondern gewollt und gut organisiert geschah. Um dies zu bewerkstelligen, schufen die Templer mit Hilfe der Laiensteinmetzen der Romanik das Bauhüttenwesen der Gotik. Nach der Zerschlagung des Templerordens unterstellte der französische König die Bauhütten seiner Kontrolle. In Deutschland aber behielten die Bauhütten ihre Selbständigkeit und wurden von Kaiser, Königen und Fürsten noch lange geschützt.
[Bearbeiten] Quellen
- Die Bauhüttenordnung vom Jahre 1459
- Die Torgauer oder Rochlitzer Steinmetzordnung von 1462
- Die Erneuerung des Bruderbuches vom Jahre 1563
- Janner, Die Bauhütten, Leipzig 1876
- Heideloff, Die Bauhütten des Mittelalters, Nürnberg 1844
[Bearbeiten] Literatur
- Werner Jüttner: Ein Beitrag zur Geschichte der Bauhütte und des Bauwesens im Mittelalter. Köln 1935
- Binding: Baubetrieb im Mittelalter, Darmstadt 1993