Das Fräulein von Scuderi
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Fräulein von Scuderi ist eine Novelle von E.T.A. Hoffmann, erschienen 1819/21. Sie handelt von einer rätselhaften Mordserie im Paris des 17. Jahrhunderts, um deren Aufklärung sich die französische Schriftstellerin Madeleine de Scudéry (1607-1701) bemüht, und gilt als erste deutsche Kriminalnovelle.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Inhalt
Die Novelle spielt in Paris im Zeitalter Ludwigs des Vierzehnten. Paris wird von einer Räuberbande heimgesucht, die wohlhabende Bürger überfällt und deren Schmuck raubt. Einige Opfer sind nur mit einem gezielten Schlag auf den Kopf betäubt worden, doch die meisten haben einen gezielten Dolchstich in der Brust, der sie sofort tötete. Bei den Ermordeten handelt es sich meist um Liebhaber auf dem Weg zu ihren heimlichen Geliebten.
Die Polizei schreibt dem König einen Brief in dem sie sich als Liebhaber ausgaben mit der Bitte etwas zu ihrer Sicherheit zu unternehmen. Doch das Fräulein von Scuderi, das während dieser Bitte anwesend ist, entgegnet scherzhaft: „Ein Liebender, der die Diebe fürchtet, ist der Liebe nicht würdig.“, welche die Diebe indirekt in Schutz nimmt. Diese Worte gefallen dem König.
Eines Nachts bringt ein Mann dem Fräulein von Scuderi Schmuck und einen Brief in einer Schatulle. In diesem Brief bedankt sich die Mörderbande für die Worte, die die Scuderi gesagt hat. Das Fräulein ist verängstigt und bittet die Maitresse des Königs um Hilfe. Mit deren Unterstützung findet sie heraus, dass der Schmuck von René Cardillac, einem angesehenen Pariser Goldschmied stammt. Nach einigen Monaten wird ihr auf dem Pontneuf ein Zettel in ihre Glaskutsche geworfen. Auf diesem steht, dass sie den Schmuck bis zum übernächsten Tag zurück zu René Cardillac bringen soll, andernfalls sei ihr Leben in Gefahr, oder der Träger des Zettels würde sich vor ihren Augen ermorden.
Das Fräulein von Scuderi erscheint am Morgen des übernächsten Tages nach der Zettelübergabe bei Cardillac und wird nur noch Zeuge, wie René Cardillacs Leiche weggebracht wird. Cardillac ist durch einen Dolchstich mitten ins Herz ermordet worden. Cardillacs Lehrling Olivier Brusson, dessen Geliebte, Madelon, die Tochter Cardillacs ist, wird des Mordes beschuldigt und verhaftet.
Das Fräulein kümmert sich um Madelon, und nach einigen Gesprächen mit ihr glaubt sie, dass Olivier unschuldig sei. Dies sagt sie auch dem zuständigen Präsidenten des Gerichtshofes La Regnie, der sie allerdings vertröstet und ihren Ausführungen wenig Glauben schenkt. Doch als sie Olivier zum ersten Mal sieht, bemerkt sie, dass er derjenige war, der den Zettel und den Schmuck zuvor überbracht hatte. Olivier sagt in Gegenwart der Scuderi aus, dass Cardillac der alleinige Mörder sei und keine Mörderbande existiere. Er habe ihn einmal bei einem Mord beobachtet, habe aber der Polizei nichts gesagt, weil er Angst gehabt habe, Madelon so zu verlieren. Bei einem weiteren Mordversuch sei Cardillac von einem Offizier getötet worden. Dieser Offizier sei geflohen, da er nicht in die Morde verwickelt werden wollte. Er selbst habe die Leiche ins Haus gebracht und sei so des Mordes verdächtig worden.
Jener Offizier meldet sich bei Scuderi, die daraufhin beim König interveniert und ihn über die wahren Hintergründe des Mordes aufklärt. Daraufhin spricht der König Olivier frei, mit der Bedingung, dass dieser und seine Geliebte, Madelon, Paris verlassen.
[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte
E.T.A. Hoffmanns Novelle Das Fräulein von Scuderi gehört zu einer Sammlung von 19 Erzählungen, Novellen und Märchen, die 1819-21 in vier Bänden unter dem Titel Die Serapionsbrüder in Berlin erschienen. Am Tag des heiligen Serapion am 14. November 1818 trafen Hoffmann und seine Schriftstellerfreunde nach langjähriger Pause wieder zusammen (Adalbert von Chamisso war von einer dreijährigen Weltreise zurückgekehrt), dieses Ereignis inspirierte E.T.A.Hoffmann zum Titel und zur Fertigstellung seiner Sammlung. Die Serapionsbrüder tragen sich gegenseitig die Geschichten vor. Die Ereignisse um Das Fräulein von Scuderi gehen auf historische Vorgänge zurück, welche von Voltaire in seinem Siècle de Louis XIV. und von Johann Christoph Wagenseil in dessen Chronik der Stadt Nürnberg berichtet werden. Als Hintergrund dienten auch die Fälle der Marquise de Brinvilliers und der Catherine Monvoisin aus dem Pitaval, den Hoffmann als Jurist natürlich kannte. Die Erzählung erschien zuerst im Taschenbuch für das Jahr 1820. Der Liebe und Freundschaft gewidmet.
[Bearbeiten] Das Cardillac-Syndrom
Künstler müssen sich, um von ihren Werken leben zu können, von ihnen trennen, doch fällt ihnen das oftmals sehr schwer, da sie wichtige Teile ihrer Identität darstellen. Sie behelfen sich vielfach mit sorgfältigem Führen von Erwerberlisten, gelegentlich auch vertraglichen Rückkaufsrechten. Arnulf Rainer behielt sich das Recht vor, ein verkauftes Werk jederzeit aufsuchen und ändern zu dürfen. Psychologisierend spricht man in diesem Zusammenhang in Anlehnung an E.T.A. Hoffmanns Novelle vom Cardillac-Syndrom.
[Bearbeiten] Verfilmungen
- 1950 - Die tödlichen Träume - Regie: Paul Martin
- 1955 - Das Fräulein von Scuderi - Regie: Eugen York
- 1968 - Cardillac - Regie: Edgar Reitz
- 1976 - Das Fräulein von Scuderi - (als westdeutsche Fernsehfilm-Produktion) - Regie: Lutz Büscher
[Bearbeiten] Vertonung
- 1926 - Cardillac, Oper von Paul Hindemith
[Bearbeiten] Literatur
- Pfister, Wolfgang: E. T. A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 314). Hollfeld: Bange Verlag 2006. ISBN 978-3-8044-1767-0