Delta-Distribution
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Die Delta-Distribution (auch δ-Funktion; Dirac-Funktion, -Impuls, -Puls, -Stoß; Stoßfunktion; sowie Einheitsimpulsfunktion genannt) wird in der Naturwissenschaft durch ein kleines Delta δ dargestellt und symbolisiert eine spezielle Distribution, die in der Mathematik und Physik von grundlegender Bedeutung ist.
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[Bearbeiten] Anschauliche Definition
Die Delta-Distribution soll eine Funktion darstellen, die folgendermaßen definiert ist:
Diese Schreibweise erinnert an die Definition des Kronecker-Deltas, für die Delta-Distribution wird jedoch zusätzlich gefordert, dass:
Die Stammfunktion der δ-Funktion ist die Heaviside-Sprung-Funktion Θ(t).
Die δ-Funktion ist genau genommen gar keine Funktion, sondern eine Distribution, die nur über ihr Integral definiert ist. Die Integration über eine δ-Funktion liefert 1, Integration über eine δ-Funktion multipliziert mit einer Funktion f(x) liefert den Funktionswert von f an der Stelle 0.
[Bearbeiten] Exakte Definition
Man kann sich leicht überzeugen, dass es keine (reelle) Funktion gibt, die die obigen Bedingungen erfüllt. Deshalb ist eine exakte Definition nur im Rahmen der Theorie der Distributionen möglich. Eine Distribution ist ein stetiges lineares Funktional auf einer Menge der Testfunktionen, d.h. eine Distribution ordnet jeder Testfunktion eine Zahl zu. Die Delta-Distribution ist durch folgende Zuordnungsvorschrift gegeben:
Der Wert, den die Delta-Distribution nach Anwendung auf eine Testfunktion liefert, schreibt man auch als , bzw. in einer nicht ganz präzisen Art auch als . Diese Schreibweise ist nicht richtig, weil die Delta-Distribution eigentlich nicht integrierbar ist. Wenn man allerdings diese Integral-Schreibweise akzeptiert mit dem Wissen, dass es eigentlich nur den Wert δ(φ) bezeichnet, werden die obigen Formeln auch mathematisch richtig.
[Bearbeiten] Eigenschaften
- Faltungseigenschaft (Faltungssatz), auch Ausblendeigenschaft der Delta-Distribution genannt
speziell für den Fall der konstanten Funktion 1:
- Fouriertransformation: Sei die Fouriertransformation, dann gilt
- .
Anschaulich bedeutet das, dass in der Delta-Distribution alle Frequenzen enthalten sind.
- Laplace-Transformation: Sei die Laplace-Transformation, dann gilt
- .
- Hintereinanderausführung:
wobei xi die einfachen Nullstellen von g(x) sind (sofern g(x) nur endlich viele und nur einfache Nullstellen hat).
- Skalierung
D. h. die Delta-Distribution ist homogen vom Grad − 1.
- Rechenregel
- Dimension
Eine direkte Folgerung aus der Skalierungseigenschaft ist die Dimension bzw. Maßeinheit der Delta-Distribution. Sie entspricht genau der reziproken Dimension ihres Arguments. Hat x beispielsweise die Dimension einer Länge, so hat δ(x) die Dimension (1/Länge).
[Bearbeiten] Anschauliche Darstellung
Anschaulich stellt man sich die Delta-Distribution als eine beliebig hohe und beliebig schmale Funktion vor, deren Fläche den Grenzwert 1 besitzt. Am Ende dieses Gedankenexperiments erhält man einen Graphen, den man wegen der unendlichen Amplitude nicht mehr zeichnen kann. Der rote senkrechte Pfeil in der Abbildung deutet wie üblich an, dass sich die Linie in dieser Richtung unendlich fortsetzt.
Dieser Grenzwert, als Integral geschrieben, lautet (Diracsche Deltafunktion):
Es existieren auch mehrdimensionale Dirac-Distributionen, diese werden anschaulich zu mehrdimensionalen Keulen mit dem Volumen 1.
[Bearbeiten] Praktische Anwendung
Praktische Bedeutung hat der Dirac-Stoß bei der Ermittlung der Impulsantwort in der Akustik. So hat jeder Raum ein eigenes Schallverhalten. Mit einem Dirac-Impuls (angenähert durch ein Klatschen mit den Händen) kann dieses Verhalten (durch Messen des „Echos“, also der Systemantwort) ermittelt werden.
Typische, technisch realisierbare Dirac-Werte:
- Hochspannungstechnik ca. 1–100 ns Halbwertsbreite
- Hochfrequenztechnik ca. 10–100 ps Halbwertsbreite
- Laserpulstechnik ca. 10–100 fs Halbwertsbreite
[Bearbeiten] Darstellungen
Eine in der Physik wichtige Darstellung der Delta-Distribution ist
wobei das Gleichheitszeichen nur unter passender Faltung mit einer Testfunktion richtig wird. Sehr anschaulich ist zum Beispiel
vorstellbar als eine Folge von Gaußverteilungen, deren Schwerpunkt bei a liegt und deren Höhe mit der Wurzel der fallenden Halbwertsbreite wächst. Das Gleichheitszeichen gilt wieder nur bei Faltung mit einer Testfunktion und formeller Vertauschung von Grenzwert und Integration vor allen anderen Rechnungen. Weiterhin gibt es die Darstellung mit Hilfe von Lorentzkurven,
wobei für das Gleichheitszeichen dasselbe wie bei den Gaußverteilungen gilt. Eine weitere Darstellungsform ist die Fresnel-Darstellung
die man sich vorstellen kann als eine Linie, die auf einen Zylinder gewickelt ist, und deren Wicklungen durch das x2 immer enger werden; die Grundfläche (in x-y-Ausrichtung) des Zylinders wird aus dem Imaginär- und Realteil der Funktion gebildet, die Funktion entwickelt sich dann in z-Richtung. Ebenfalls eine gültige Darstellung der Delta-Funktion ist die Mesa-Darstellung
die man sich als zwei Heavisidesche Sprungfunktionen darstellen kann, die sich in einem Abstand von um den Punkt der Sprungfunktion befinden.