Deutscher Bauernverband
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Der Deutsche Bauernverband (DBV) ist der landwirtschaftliche Spitzenverband in der Bundesrepublik Deutschland. Trotz der zurückgehenden Bedeutung des Agrarsektors gilt er noch immer als einer der schlagkräftigsten Interessenverbände in Deutschland.
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[Bearbeiten] Organisation
Seine ordentlichen Mitglieder sind die 18 Landesbauernverbände sowie der Bund der Deutschen Landjugend, der Deutsche Raiffeisenverband und der Bundesverband landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen. Erheblich größer ist die Zahl der assoziierten Mitglieder; dies sind der Landwirtschaft nahe stehende Wirtschaftszweige (rund 40 Fachverbände).
Der DBV hat die Rechtsform eines eingetragenen Vereins mit Sitz in Berlin. Weitere Büros befinden sich in Bonn und Brüssel. Der Verein hat drei Organe: die Mitgliederversammlung, das Präsidium und den Präsidenten. Seine Jugend- und Nachwuchsorganisation ist der "Bund der Deutschen Landjugend".
Es gibt im DBV keine individuelle Mitgliedschaft. Die einzelnen Landwirte sind in den Landesbauernverbänden organisiert. Diese erreichen einen sehr hohen Organisationsgrad (im Durchschnitt über 90 % aller rund 400.000 landwirtschaftlichen Betriebe). Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass viele Bauern aktiv an der Verbandspolitik beteiligt sind. Es gibt vielmehr eine Positionselite aus ertragsstarken Vollerwerbslandwirten, die parteipolitisch eng mit der CDU/CSU kooperiert.
Besonders über die Kreisgeschäftsstellen bietet der Bauernverband seinen Mitgliedern aber ein Dienstleistungsangebot, das auch für kleinere Landwirte attraktiv ist: z. B. Beratungen in Fragen der Sozialversicherung sowie bei Steuerangelegenheiten und Rechtsproblemen.
[Bearbeiten] Verbandstätigkeit
Einmal jährlich gibt der DBV den „Situationsbericht zur Lage der Landwirtschaft“ heraus. Er weist repräsentativ die wirtschaftliche Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe aus. Der Analyse zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Landwirtschaft liegen weit über 20.000 Jahresabschlüsse von landwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben sowie Personengesellschaften und Agrargenossenschaften zu Grunde.
[Bearbeiten] Preispolitik
Der Deutsche Bauernverband vertritt in der Öffentlichkeit offensiv die Ansicht, dass es aus Gründen der Qualitätssicherung landwirtschaftlicher Produkte und des Verbraucherschutzes zwingend erforderlich sei, dass bäuerliche Produkte zu gewissen Mindestpreisen verkauft werden.
Nachdem etwa der Discounter Real im März 2005 im Rahmen einer Werbeaktion einen Liter Milch für 33 Cent anbot, rief Verbandschef Gerd Sonnleitner in Berlin die Milchbauern zu Protesten vor den mehr als 280 Märkten der Kette auf.
[Bearbeiten] Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes seit 1946
An der Spitze des DBV steht der Präsident. Seit 1946 hatten folgende Personen dieses Amt inne:
1946–1954 | Dr. phil. Andreas Hermes |
1954–1959 | ein dreiköpfiges geschäftsführendes Präsidentenkollegium:
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1959–1969 | Edmund Rehwinkel |
1969–1997 | Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck |
seit 1997 | Gerd Alfons Jakob Sonnleitner |
[Bearbeiten] Kritik am Deutschen Bauernverband
Von anderen agrarpolitischen Verbänden wie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dem Agrarbündnis oder der Interessengemeinschaft Nachbau wird dem Bauernverband vorgeworfen, dass er zu stark mit der Agrarindustrie, den Raiffeisen-Großgenossenschaften und dem Agrobusiness verflochten sei und in vielen Politikfeldern die Interessen vieler Bauern gar nicht oder falsch vertrete, z. B. in Fragen einer offensiven Erhöhung der Erzeugerpreise, der Verbraucher-Orientierung, der ländlichen Entwicklung, der Förderung der Arbeitsleistung auch kleinerer und mittlerer Höfe, der „grünen Gentechnik“, des Rechts der Bauern auf Neuaussaat ihrer geernteten Sorten (Kartoffelsorte „Linda“) sowie insgesamt einer umweltverträglichen, tierartgerechten und sozial gerechten Agrarpolitik (siehe Literatur: Unabhängige Bauernstimme)
[Bearbeiten] Literatur
- P. Ackermann: Der Deutsche Bauernverband im politischen Kräftespiel der Bundesrepublik, Tübingen: Mohr 1970.
- Rolf G. Heinze: Verbandspolitik zwischen Partikularinteressen und Gemeinwohl - Der Deutsche Bauernverband. Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 1992.
- Eckehard Niemann: Das Interessengeflecht des Agrobusiness. In: Thomas Leif/Rudolf Speth (Hrsg.): Die stille Macht. Lobbyismus in Deutschland. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-531-14132-5.
- Jasper, Ulrich/ Schmidt, Götz: Agrarwende oder die Zukunft unserer Ernährung. Verlag C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47570-1.
- Unabhängige Bauernstimme, Zeitung der AbL/Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft): Die Macht des Bauernverbands - Macht der Bauern oder Macht des Agrobusiness?. Nachgedruckt in: Der kritische Agrarbericht 2002 (herausgegeben vom AgrarBündnis), ABL-Verlag, Hamm 2001, ISBN 3-930413-21-3.
- Dieter Wolf: Deutscher Bauernverband: Einfluss und Rechtsbefolgung. In: Annette Zimmer, Bernhard Weßels (Hrsg.): Verbände und Demokratie in Deutschland. Bürgerschaftliches Engagement und Nonprofit-Sektor, Bd. 5. Verlag Leske+Budrich 2001, ISBN 3-8100-2957-2.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Agrarpolitik
- Bauernstand
- Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH
- Deutscher Bauernbund
- Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft
- Landbund (Deutschland)
- LAND-DATA
- Landvolk
[Bearbeiten] Weblinks
- Offizielle Webseite
- Situationsbericht des Deutschen Bauernverbands
- Artikel Deutscher Bauernverband von Rolf G. Heinze aus: Uwe Andersen, Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 2000.
- Initiative der Imker, Landwirte und Verbraucher e. V.