Fanny Hill
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Fanny Hill (im englischen Original Memoirs of a Woman of Pleasure) ist ein erotischer Briefroman von John Cleland, der zuerst 1749 in London erschien.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Entstehung und Zensurgeschichte
Cleland schrieb das Buch im Londoner Schuldnergefängnis. Nach seiner Veröffentlichung brach ein breiter öffentlicher Aufruhr los, die anglikanische Kirche forderte »die weitere Verbreitung dieses abscheulichen Buches zu beenden, das eine offene Beleidigung der Religion und guten Sitten darstellt« (to stop the progress of this vile Book, which is an open insult upon Religion and good manners). Das Buch wurde verboten und Cleland, mittlerweile aus dem Schuldnergefängnis entlassen, daraufhin wieder unter Arrest gestellt.
Es kam auch zu heimlichen Veröffentlichungen in den USA, jedoch wurde Fanny Hill 1821 wegen Obszönität verboten. Erst 1966 hob der Oberste Gerichtshof der USA dieses Verbot wieder auf. In Australien dagegen darf das Buch bis heute nicht verkauft werden.
Die erste deutsche Übersetzung erfolgte 1906, zahlreiche weitere Ausgaben folgten, die jedoch alle auf dem Index kamen und als unzüchtig beschlagnahmt wurden. Die Indizierung wurde noch 1968 von einem Münchener Gericht bestätigt. Erst am 23. Juli 1969 entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, »dass Fanny Hill zwar ein Werk der erotischen Literatur, aber keine unzüchtige Schrift sei«. Seitdem darf das Werk in Deutschland frei verkauft werden und erlebt nahezu jedes Jahr eine Neuauflage, inzwischen auch als Hörbuch.
[Bearbeiten] Handlung
Der Roman besteht aus zwei langen Briefen, in denen Fanny Hill, nun glückliche Ehefrau eines geliebten Gatten, einer Freundin rückblickend ihren Lebensweg schildert. Sie hebt dabei immer wieder hervor, dass sie alle erotischen Erlebnisse und Leiden nicht zur Erregung, sondern zum Lob der Tugend schildere, da nur eine Heirat aus Liebe Glück sowie wirkliche körperliche und geistige Erfüllung bedeute.
Fanny schildert, wie sie als Waisenkind mit fünfzehn Jahren nach London kommt, wo sie von einer Kupplerin aufgenommen wird, die Fanny zur Prostituierten machen will. Fanny wird allerdings von dem jungen Gentleman Charles aus dem Bordell gerettet und mit der wirklichen – körperlichen und seelischen – Liebe bekannt gemacht. Als Charles jedoch von seinem Vater in Geschäftsdingen nach Übersee entsandt wird, steht Fanny wieder alleine da und wird nun tatsächlich zur Prostituierten, um zu überleben. Vorübergehend kommt sie als Mätresse eines reichen Mannes unter, wird von diesem jedoch davongejagt, als er sie dabei ertappt, wie sie ihn mit seinem Laufburschen betrügt. Längere Zeit kommt sie im Etablissement einer Mrs. Cole unter, die ein als Putzmacherladen getarntes Edelbordell betreibt. Obwohl Fanny hier beträchtliche erotische Künste entwickelt, auf diese Weise zahlreiche, besonders ältere Kunden erfreut und auch selbst durchaus an ihrer Arbeit Gefallen findet, vergisst sie nie ihren geliebten Charles. Endlich hinterlässt ihr ein älterer Kunde und Junggeselle sein beträchtliches Vermögen sowie die Einsicht, dass geistige Genüsse noch höher einzustufen seien als körperliche. Nach Charles' Rückkehr heiratet er Fanny und sie kann das Bordell verlassen.
[Bearbeiten] Stil
Stilistisch gelingt es Cleland, die Schwülstigkeit vieler späterer erotischer Romane durch eleganten Stil, treffende Ausdrucksweise und Anspielungen auf Bildungsgut zu vermeiden; dies passt allerdings nicht ganz zur angeblichen Verfasserschaft der eher ungebildeten Fanny Hill. Auch inhaltlich wird die Fiktion nicht durchgehalten: die erotischen Szenen werden deutlich aus männlicher Perspektive geschildert, indem eine starke Betonung auf den ‚weiblichen Reizen‘ liegt, während die männlichen Protagonisten weithin blass bleiben. Wo sie doch geschildert werden, wird meist lediglich ihre enorme Manneskraft betont, was ebenfalls eher zum klassischen penisfixierten maskulinen Selbstbild passt als zu einer authentischen weiblichen Sicht der Erotik.
[Bearbeiten] Literaturgeschichtliche Einordnung
Die moralisierende Rahmenhandlung, aber auch die abwechslungsreiche Erzählweise und ein gewisser Humor bewahren den Roman davor, in bloße Pornographie abzurutschen. Cleland betont immer wieder, dass echte Erotik auch der geistigen Liebe bedarf. Nur dadurch entsteht seiner Meinung nach das vollkommene Glück. Dieses Weltbild passt in das philosophische Selbstverständnis der Aufklärung, welches die größtmögliche Glückseligkeit der Menschen als Ideal sah.
[Bearbeiten] Verfilmungen
Das berühmt-berüchtigte Buch wurde vielfach verfilmt. Einige der bekanntesten Adaptionen sind:
- Fanny Hill (USA/Deutschland 1964), mit Letícia Román, Miriam Hopkins, Ulli Lommel und Chris Howland; Regie: Russ Meyer, Albert Zugsmith (ungenannt)
- Fanny Hill (Schweden 1968), mit Diana Kjær, Hans Ernback, Keve Hjelm und Oscar Ljung; Regie: Mac Ahlberg
- Fanny Hill (Deutschland/Großbritannien 1983), mit Lisa Foster, Oliver Reed, Wilfrid Hyde-White und Shelley Winters; Regie: Gerry O’Hara
- Paprika (Italien 1991), mit Deborah Caprioglio, Stéphane Bonnet, Stéphane Ferrara, Luigi Laezza, Rossana Gavinel, Martine Brochard und John Steiner; Regie: Tinto Brass
- Fanny Hill (USA 1995), Regie: Valentine Palmer
Andrew Davies bereitet derzeit (2006) eine neue Adaption für die BBC vor. [1]
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Ausgaben (Auswahl)
- Cleland, John: Fanny Hill, Memoiren eines Freudenmädchens. Albatros, Düsseldorf 2005; ISBN 3-491-96158-0
- Cleland, John: Fanny Hill, or, Memoirs of a woman of pleasure. Modern Library, New York 2001; ISBN 0375758089 (englisch)
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Wilfried Dittmar: Artikel Memoirs of a woman of pleasure, in: Kindlers Neues Literaturlexikon, hg. von Walter Jens. Bd. 4, Kindler, München 1988, S. 44f.
- P. Naumann: Keyhole and candle. John Cleland’s ‘Memoirs of af a Woman of Pleasure’, Heidelberg 1976.
- C. Rembar: The end of obscenity. The trials of ‘Lady Chatterley’, ‘Tropic of Chancer’ and ‘Fanny Hill’, New York 1968.
[Bearbeiten] Weblinks
- John Cleland: Fanny Hill … or, Memoires of a Woman of Pleasure. Text in Englisch, nach Kapiteln geteilt in mehrere Dokumente.
- John Cleland: Fanny Hill … or, Memoires of a Woman of Pleasure. (zipped PDF, 442 KB, engl.) Der Text als PDF-Buch in einem Gesamtdokument.