Geschäftsfähigkeit
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtlich bindende Willenserklärungen abzugeben, zum Beispiel Verträge zu schließen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschäftsfähigkeit nach deutschem Recht
Die Geschäftsfähigkeit ist ein Sonderfall der Handlungsfähigkeit.
[Bearbeiten] Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit
Die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit wird in der Regel mit Vollendung des 18. Lebensjahres (Volljährigkeit) erreicht.
[Bearbeiten] Beschränkte Geschäftsfähigkeit
Beschränkt geschäftsfähig sind Minderjährige vom vollendeten 7. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (BGB § 106). Die meisten Rechtsgeschäfte, die beschränkt Geschäftsfähige schließen, sind schwebend unwirksam, wenn sie nicht mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (in der Regel die Eltern) geschlossen werden. Die Eltern können dem Rechtsgeschäft jedoch auch nachträglich zustimmen, d.h. genehmigen.
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch einige Ausnahmen. So sind z.B. Willenserklärungen, die rechtlich lediglich vorteilhaft sind, wie beispielsweise die Annahme von bestimmten Schenkungen, auch ohne Zustimmung wirksam. Minderjährige können weiterhin wirksam Geschäfte eingehen, die sie mit Mitteln bewirken, die ihnen zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung vom gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung von Dritten überlassen worden sind ("Taschengeldparagraph").
Einseitige Willenserklärungen (zum Beispiel eine Kündigung), die ohne vorherige Zustimmung (= Einwilligung) des gesetzlichen Vertreters erklärt werden, sind immer unwirksam und können auch nicht durch Genehmigung wirksam werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Erklärung nur rechtliche Vorteile bringt, wie zum Beispiel die Mahnung, die als geschäftsähnliche Handlung den gleichen Regeln unterliegt. Eine weitere Ausnahme stellt die Teilgeschäftsfähigkeit dar.
Die Regeln über die beschränkte Geschäftsfähigkeit gelten auch für Volljährige unter Betreuung, soweit ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) angeordnet wurde.
[Bearbeiten] Teilgeschäftsfähigkeit
Teilgeschäftsfähig ist der beschränkt Geschäftsfähige, dem der gesetzliche Vertreter den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gestattet hat. Dies gilt jedoch nur für Rechtsgeschäfte, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Willenserklärungen des beschränkt Geschäftsfähigen sind insoweit wirksam. Wenn möglich sind jedoch sehr weitreichende Maßnahmen, wie zum Beispiel Prokuraerteilung. Die Ermächtigung zum Betrieb des Erwerbsgeschäfts durch den gesetzlichen Vertreter ist aber nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts möglich.
Die Ermächtigung ist auch für Dienst- und Arbeitsverhältnisse möglich. Willenserklärungen, die auf Eingehung, Aufhebung oder Durchführung eines solchen Verhältnisses gerichtet sind, sind dann wirksam.
Den Begriff der Teilgeschäftsfähigkeit kennt das Gesetz selbst nicht, er wurde durch die Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelt. Der Minderjährige ist insoweit für einen bestimmten Lebensbereich als voll geschäftsfähig anzusehen.
[Bearbeiten] Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähig sind Minderjährige unter 7 Jahren sowie Personen, die sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, der die freie Willensbestimmung ausschließt und seiner Natur nach nicht nur vorübergehend ist. Willenserklärungen geschäftsunfähiger Personen sind nichtig, also rechtlich unwirksam. Die Regelung findet sich in § 104 BGB. Wer geschäftsunfähig ist, hat nicht die rechtliche Macht, Willenserklärungen wirksam abzugeben oder selbständig Rechtsgeschäfte zu tätigen, zum Beispiel Verträge zu schließen oder zu kündigen. Er benötigt einen gesetzlichen Vertreter. Auch müssen Willenserklärungen Anderer, wie Kündigungen, an den gesetzlichen Vertreter des Geschäftsunfähigen zugehen, damit diese wirksam werden (§ 131 BGB).
Soweit noch kein gesetzlicher Vertreter besteht, wird dieser als Betreuer vom Vormundschaftsgericht bestellt. Bei der Ehefähigkeit (§ 1304 BGB) und der Testierunfähigkeit (§ 2229 Abs. 4 BGB) handelt es sich um Spezialfälle der Geschäftsunfähigkeit.
[Bearbeiten] Partielle Geschäftsunfähigkeit
In der Rechtsprechung wird die partielle - auf ein bestimmtes Gebiet bezogene - Geschäftsunfähigkeit allgemein anerkannt. Sie liegt dann vor, wenn eine psychische Störung sich auf einen bestimmten Bereich bezieht, in dem der Betroffene z.B. Wahnvorstellungen entwickelt hat, sich aber im Geschäftsleben ansonsten "normal" gebärden kann.
[Bearbeiten] Relative Geschäftsfähigkeit
Demgegenüber lehnte die Rechtslehre eine "relative Geschäftsfähigkeit" ab, die sich darauf bezieht, dass Rechtsgeschäfte unterschiedlich schwierig sein können (z.B. geringfügiger Barkauf ggü. Grundstückskauf) und sonst Geschäftsunfähigen einfachere Rechtsgeschäfte einsichtig sein können. Mit dem zum 1. August 2002 eingefügten § 105a BGB sind aber solche "einfachen" Geschäfte des täglichen Lebens nunmehr für wirksam erklärt worden.
Geschäftsunfähig sind häufig Personen mit folgenden geistigen Behinderungen oder psychischen Krankheiten:
- Senile Demenz (Alzheimersche Krankheit oder Vaskuläre Demenz)
- angeborene geistige Minderbegabung
- Schizophrenie
- Alkoholkrankheit (siehe: Korsakow-Syndrom)
- Manie
Die Geschäftsunfähigkeit ist für Außenstehende nicht immer erkennbar. Das Gesetz schützt nicht den guten Glauben an die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsgegners, da der Schutz eines nicht unbeschränkt Geschäftsfähigen Vorrang hat. Das bedeutet, dass abgeschlossene Verträge auch dann unwirksam sind, wenn die Geschäftsunfähigkeit des Vertragspartners nicht erkennbar war. Ob letztlich tatsächlich Geschäftsunfähigkeit vorlag, kann nur in einem Gerichtsverfahren verbindlich festgestellt werden. Hierzu werden regelmäßig Sachverständigengutachten zum Gesundheitszustand des Betroffenen zum Zeitpunkt des Rechtsgeschäftes eingeholt, z.B. auch aus Akten des Vormundschaftsgerichtes anlässlich einer Betreuerbestellung. Die Beweislast liegt bei dem, der Geschäftsunfähigkeit einwendet.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Rechtsfähigkeit, Betreuung, Einwilligungsvorbehalt
- Deliktsfähigkeit , Ehefähigkeit, Erbfähigkeit, Handlungsfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit
- Parteifähigkeit, Postulationsfähigkeit, Prozessfähigkeit, Rechtsfähigkeit, Schuldfähigkeit, Testierfähigkeit, Verfahrensfähigkeit
- Liste der Altersstufen im deutschen Recht
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Geschäftsfähigkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern. |
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Rechtsthemen! |