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Gewöhnlicher Strandhafer - Wikipedia

Gewöhnlicher Strandhafer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Gewöhnlicher Strandhafer
Gewöhnlicher Strandhafer (Ammophila arenaria)
Gewöhnlicher Strandhafer (Ammophila arenaria)
Systematik
Klasse: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Unterklasse: Commelinaähnliche (Commelinidae)
Ordnung: Poales
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Gattung: Strandhafer (Ammophila)
Art: Gewöhnlicher Strandhafer
Wissenschaftlicher Name
Ammophila arenaria
(L.) Link
Illustration des Gewöhnlichen Strandhafers, im Bild links
Illustration des Gewöhnlichen Strandhafers, im Bild links
Abbruchkante einer Weißdüne mit freigelegtem Wurzelwerk
Abbruchkante einer Weißdüne mit freigelegtem Wurzelwerk
Mit dem gewöhnlichen Strandhafer bewachsene Weißdüne
Mit dem gewöhnlichen Strandhafer bewachsene Weißdüne

Der Gewöhnliche Strandhafer (Ammophila arenaria) - auch als Gemeiner Strandhafer, Sandrohr, Sandhalm oder Helm (niederdeutsch) bezeichnet - ist eine zur Familie der Süßgräser (Poaceae) gehörige Pionierpflanze.

An den nordwesteuropäischen Küsten kommt dem Gras eine besondere Rolle für den Aufbau und die Stabilität von Dünen zu. Es ist maßgeblich an der Bildung der bis zu 25 Meter hohen Weißdünen der Inseln beteiligt. Ferner wird der Gewöhnliche Strandhafer aufgrund seines ausgedehnten Wurzelwerkes im Rahmen von Küstenschutzmaßnahmen zur Befestigung von Randdünen, heute seltener auch auf Binnendünen und Flugsandfeldern, angepflanzt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Verbreitung und Unterarten

Der Gewöhnliche Strandhafer ist eine ursprünglich europäische Art. Er kommt hier an allen Küsten vor. Es werden zwei Unterarten, A. arenaria subsp. arenaria und A. arenaria subsp. australis unterschieden. Erstere dominiert die Küsten Nordwesteuropas, letztere den Mittelmeerraum. Die nordamerikanische A. breviligulata hat im Gegensatz zu A. arenaria eine kürzere, gestutzte Ligula (Blatthäutchen) und ist ansonsten in den Merkmalen identisch und wird daher von manchen Autoren als Unterart zum Gewöhnlichen Strandhafer namentlich A. arenaria subsp. breviligutula angesehen.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Strandhafer nach Australien, Neuseeland, Nordamerika (1868, San Francisco) und Japan zum Zweck von Dünenbefestigungen eingeführt und gepflanzt. Ferner wächst der Strandhafer, häufig infolge der Besiedlung britischer Kolonien in Südafrika, auf den Falklandinseln, Argentinien und Chile. Die Pflanze breitet sich fast überall selbständig aus und gilt als invasiver Neophyt. Er wird vielerorts aufgrund seiner hohen Ausbreitungs- und Konkurrenzkraft zunehmend zum Problem, da er die heimische Flora verdrängt und die bestehenden Ökosysteme verändert.

[Bearbeiten] Etymologie

Der wissenschaftliche Name des Strandhafers meint übersetzt „Sandiger Sandfreund“. Der Gattungsname Ammophila entstammt dem Griechischen und bedeutet Sandfreund von ámos = Sand und philos = Freund. Das Epitheton arenaria ist Latein und meint „sandig“.

[Bearbeiten] Biologische Merkmale

Der Gewöhnliche Strandhafer ist ein überwinternd grünes, kräftiges, aufrecht wachsendes Gras, das Wuchshöhen bis zu 120 cm erreicht. Er ist ein Rhizomgeophyt und bildet Horste, die ihrerseits durch reich verzweigte unterirdische Triebe dichte Rasen entwickeln können. Die bis zu 60 cm langen, steifen, blaugrünen Blätter sind meist eingerollt und dann im Durchmesser etwa 1 bis 3 mm. Ausgebreitet sind sie 4 bis 6 mm breit. Sie sind zugespitzt, glatt, kahl aber auf der Oberseite entlang der Blattnerven fein behaart. Die Unterseite ist ebenso glatt und kahl. Die Ränder der glatten Blattscheiden sind überlappend. Die Blatthäutchen (Ligulae) sind mit bis zu 25 bis 35 mm Länge auffallend groß. Sie sind von der Spitze bis zum Grund gespalten.

Der Blütenstände des Gewöhnlichen Strandhafers sind kompakte, fuchsschwanzähnliche Rispen. Sie werden bis zu 15 cm lang, sind allseitswendig und stets zusammengezogen. Die Ährchen sind einblütig und bis 16 mm lang. Die zwei Hüllspelzen sind lanzettlich zugespitzt, die untere ist einnervig, die obere drei- bis fünfnervig. Die Deckspelzen sind ebenfalls lanzettlich zugespitzt und haben eine doppelte Spitze. Sie tragen an der Basis 3 bis 5 mm lange Haare. Der Strandhafer blüht von Juni bis Juli. Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch den Wind. Die Frucht ist eine Karyopse, eine Sonderform der Nussfrucht.

Die Art bildet sowohl horizontale als auch vertikale Rhizome aus. Die jungen markigen Rhizome sind weißlich und weisen gelblich weiße Schuppenblätter auf. Alternde Rhizome verfärben sich gelb bis braun. Sie sind hohl und die Schuppenblätter sind abgestorben. Die jungen Wurzeln sind ebenfalls weiß und fleischig, während sie mit zunehmendem Alter verholzen und braun werden. Sie weisen viele ruhende Knoten auf. An jedem dieser Knoten bilden sich vier Wurzeln, die sich anschließend reich verzweigen können.

[Bearbeiten] Ökologie und Lebensraum

Der Strandhafer ist eine Pionierpflanze. Er ist auf bewegten Sand angewiesen und durch sein Wurzelwerk maßgeblich an der Bildung der bis zu 25 Meter hohen Weißdünen beteiligt ist. Die Blätter und Halme brechen die Kraft des Windes und zwingen den verwehten Sand zum Absetzen. Er ist die Kennart der Pflanzengesellschaft Elymo-Ammophiletum Br.-Bl. et De L. 1936 (Strandroggen-Strandhafer-Rasen) und in dieser mit dem Gewöhnlichen Strandroggen (Leymus arenarius) vergesellschaftet.

[Bearbeiten] Standortansprüche

Der Gewöhnliche Strandhafer kann nur auf Substraten wachsen, die weniger als 1 Prozent Seesalz aufweisen. Untersuchungen zeigten, dass die Pflanze bereits bei Konzentrationen von 1,5 % abstirbt. Deshalb wächst er nur dort, wo sein Wuchsort nicht vom Seewasser erreicht wird. Er ist eine Volllichtpflanze und wächst ausschließlich auf voll besonnten Standorten, die mäßig stickstoffversorgt sind. Er ist auf eine regelmäßige Übersandung angewiesen. Ohne diese stetige Sandzufuhr stirbt der Strandhafer ab. Der angewehte Sand wird durch Niederschläge entsalzt und hat einen Düngeeffekt. Er beliefert die Pflanze mit Phosphor (P), Kalium (K) und Calciumcarbonat (CaCO3). Verrottendes organisches Material stellt eine zusätzliche Stickstoffquelle dar. Bleibt die regelmäßig Zufuhr aus, tritt ein Nährstoffmangel ein. Die Pflanze fehlt auf nassen sowie auf öfter austrocknenden Böden ebenso wie auf stark sauren Böden. Sein ökologischer Schwerpunkt liegt in pH-Bereichen zwischen fünf und neun. Sein ökologisches Verhalten lässt sich anhand der Zeigerwerte nach Ellenberg folgendermaßen klassifizieren: L-9, T-6, K-3, F-4, R-7, N-5, S-1.

[Bearbeiten] Ausbreitungsmechanismen

Durch die fortwährende Übersandung ist der Gewöhnliche Strandhafer gezwungen immer weiter in die Höhe zu wachsen.
Durch die fortwährende Übersandung ist der Gewöhnliche Strandhafer gezwungen immer weiter in die Höhe zu wachsen.

Der Ausbreitung der Früchte kommt nur eine untergeordnete Rolle zu (Wind- und Klettausbreitung). Die Ausbreitung des Strandhafers erfolgt in erster Linie vegetativ. Wird er nach Stürmen vom Sand, der sich zwischen seinen Halmen fängt, verschüttet, durchwächst er den Sand schnell und bildet zusätzliche Wurzelausläufer in der neuen Sandschicht. Stockwerk um Stockwerk baut er so die bis zu 25 m hohen Weißdünen auf. Der Hauptwurzelhorizont liegt etwa einen Meter unter der Oberfläche, zuweilen bis zu zwei Meter. Das Wurzelnetz einer Pflanze kann einen Radius von fünf Metern in mehreren Etagen durchwurzeln und erreicht einschließlich der Feinwurzeln mehrere Kilometer Länge. Die vertikale Ausbreitung erfolgt entlang des Vertikalrhizoms, an welchem sich die büschelartig zusammenstehenden oberirdischen Triebe bilden. Selbst im Winter stellt der Strandhafer sein Wachstum nicht völlig ein. Die Pflanze ist ferner in der Lage, sich aus Rhizomfragmenten zu entwickeln und zu regenerieren. Die Keimlinge können sich allerdings nur in sehr geschützten Bereichen etablieren. Bereits eine Sandauflage von nur 1 cm kann die Keimung der Karyopsen verhindern.

[Bearbeiten] Weitere Anpassungen

An die physiologische Trockenheit ihrer Wuchsorte durch Wind und den für Niederschläge stark durchlässigen Sandboden ist der Strandhafer mit harten Rollblättern - ähnlich wie die Dünen-Quecke (Elymus athericus) - und zusätzlich noch stark reflektierenden Blattunterseiten gut angepasst. Der sogenannte skleromorphe Bau der Blätter bietet einen größeren Widerstand gegen den Wasserverlust durch Transpiration. Die Blätter haben eine dicke Kutikula und Epidermis. Sie sind versteift und deshalb sehr hart. Dieses schützt die Pflanze außerdem gegen den Windschliff durch die verwehenden scharfkantigen Sandkörner.

[Bearbeiten] Fadenwürmer (Nematoden)

Im ruhenden Sand werden die Wurzeln des Strandhafers von Fadenwürmern (Nematoden) besonders Trigonotylus elyni angegriffen und gefressen. Dieses hat zur Folge, dass die Pflanzen gewissermaßen verhungern und verdursten. Im bewegten Sand entgeht der Strandhafer dagegen der schädlichen Wirkungen der Bodenorganismen. Das Gleichgewicht zwischen Sandanwehung, der Bildung von Biomasse und der Schwächung des Strandhafers durch Fadenwürmer bestimmen schließlich die Höhe der Weißdünen.

[Bearbeiten] Nutzung

Die besondere Bedeutung des Gewöhnlichen Strandhafers liegt heute vor allem in seiner Eigenschaft der Festlegung der seeseitigen Randdünen der Inseln und damit dem Schutz vor Sturmfluten. Aufgrund dieser Schutzfunktion werden diese Dünen nach dem Niedersächsischen Deichgesetz auch als „Schutzdünen“ bezeichnet und gezielt mit dem Strandhafer bepflanzt, der aus intakten und gesunden Beständen entnommen wird.

Im Binnenland wurden durch die Übernutzung viele Dünen zu Wanderdünen. Dieses führte zu einem Verlust von Ackerflächen und Siedlungen. Im 17. Jahrhundert wurden deshalb die ersten Pflanzungen von Strandhafer auch im Binnenland durchgeführt. Die meisten rezenten Bestände in Sandlebensräumen sind darauf zurückzuführen.

In früheren Jahrhunderten wurden die festen Blätter des Strandhafers zur Herstellung von Schnüren und Tauen, sogenannten Reepen, sowie Matten verwendet.

[Bearbeiten] Sonstiges

Der Gewöhnliche Strandhafer bildet durch Kreuzung mit dem Land-Reitgras (Calamagrostis epigeos) einen Gattungsbastard, den Baltischen Strandhafer (Calammophila baltica, Syn. Ammocalamagrostis baltica).

[Bearbeiten] Referenzen

  • Rainer Borcherding: Der Strandhafer. [1] PDF, Zugriff am 24. November 2006
  • H. Ellenberg, H. E. Weber, R. Düll, V. Wirth, W. Werner & D. Paulißen: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica 18, Verlag Erich Goltze, 1992. ISBN 3-88452-518-2
  • H. Haeupler & Th. Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Ulmer Verlag, Stuttgart, 2000. ISBN 3-8001-3364-4
  • C. E. Hubbart: Gräser - Beschreibung, Verbreitung, Verwendung. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1985. ISBN 3-8001-2537-4
  • E. Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1990. ISBN 3-8001-3454-3
  • R. Pott: Farbatlas Nordseeküste und Nordseeinseln. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1995. ISBN 3-8001-3350-4
  • K. Rieck: Vegetationsökologische Untersuchungen ausgewählter Dünenkomplexe auf den Ostfriesischen Inseln Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge. Universität Hannover, Dissertation, 2000. PDF

[Bearbeiten] Weiterführende Informationen

  • Dunes mobiles du cordon littoral à Ammophila arenaria (dunes blanches) PDF
  • Die Gattung Ammophila bei DELTA mit Abbildungen der typischen Rollblätter [2]

Verbreitungskarten

  • Karte zur weltweiten Verbreitung des Gewöhnlichen Strandhafers, Linnaeus Server [3]
  • Verbreitung des Gewöhnlichen Strandhafers in Deutschland Nach FloraWeb [4]

[Bearbeiten] Weblinks

commons:Hauptseite
Commons
Commons: Gewöhnlicher Strandhafer – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

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