Giudecca
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[Bearbeiten] Geographische Einordnung
Südlich von Venedig gelegene, aus ursprünglich sechs später aus drei Teilen zusammengewachsene Insel, die durch den gleichnamigen Kanal (Canale della Giudecca) von der Lagunenstadt getrennt ist. Ihre gleichmäßig verlaufende Entfernung beträgt zirka 300 Meter. Die Fahrt vom Markusplatz dauert mit einem öffentlichen Dieselmotorschiff (Vaporetto) kaum mehr als drei Minuten. Als größtes und nächstgelegenstes Eiland in der Lagune misst die Giudecca in westöstlicher Richtung nicht mehr als 2.000 Meter. Von Norden nach Süden ist sie nicht breiter als 300 Meter. Der östlichste Teil der Insel liegt dem Markusplatz und dem Dogenpalast gegenüber. Beide liegen am Ausgang des Canal Grande, jenem Wasserlauf, der die Lagunenstadt wie eine sich windende Schlange in westöstlicher Richtung durchzieht.
[Bearbeiten] Herkunft des Namens der Insel
Vermutet wird, dass im frühen Mittelalter das Eiland auch ‘‘Vigano‘‘ [1] genannt wurde. Auch zu dieser Zeit oder später bürgerte sich der Name ‘‘Spinalonga‘‘ (die erstarrte Form von Spina lunga, d.h. lange Fischgräte) ein, die Form des Eilandes aus der Vogelprseptkive an das biegsame Rückgrat eines Kiemenatmers erinnert.
Zur Herkunft des bis heute gültigen Namen "Giudecca" gibt es zwei scheinbar divergierende Hauptthesen. Nach der einen Lesart ihres Namens sei die Insel benannt worden nach den Juden (giudei), da ihnen anstatt in Venedig in der Insel vor der Stadt zu siedeln erlaubt worden sei. Quellen, die diese Annahme zweifellos belegen könnten, haben sich indessen noch nicht gefunden. Demnach würde Giudecca (– als Derivat von giudeo, der mittelital. Bezeichnung für Jude – im Unterschied zum heutigen Italienischen ebreo) konkret die 'Insel für Juden' nominieren. Von dem venezianischen Patrizier Giorgio Emo ist zudem bekannt, dass er dem Senat des Stadtstaates im Jahr 1515 vorgeschlagen hatte, die Juden der Stadt auf Dauer und ausschließlich auf der Giudecca anzusiedeln. Doch davon kam man ab, wohl auch weil Soldatenquartiere auf der Insel unerwünschte Unruhen hätten provozieren können.[2]
Ein Jahr später nimmt der Senat den Vorschlag Zaccaria Dolfins an, wonach sich die in Venedig anwesenden Juden im Ghetto niederlassen sollen, einer Insel am Rande in der Stadt, die man nächtens verschließt. Diese venezianische Judenstadt (in alter Zeit auch Gheto) ist das erste Ghetto überhaupt. Die Frage, ob im Namen der Insel Giudecca sozusagen der frühere Siedlungsraum dieses ersten jüdischen Ghettos Venedigs war, ist bis heute strittig.
Die andere Erklärung für die Herkunft des Inselnamens Giudecca knüpft an die wegen kleinerer Vergehen Verurteilten (ital. „giudicati“) an. Da Sträflinge in frühmittelalterlicher Zeit auf das von der Stadt abgegrenzte Eiland verbracht worden seien, könnte in diesem Falle allein der Gedanke für die Verbannungsinsel hier Pate gestanden haben.[3]
Michelangelo hatte zwischen 1529 und 1532 drei Jahre auf der Giudecca in einer Art freiwilligen Exils ein Haus gemietet.[4]
Auf Karten und Stichen des Stadtplans Venedigs, sind auf der Giudecca (auch Giudeca bzw. im altvenezianischen Dialekt Zueca) zahlreiche Adelspaläste mit riesigen Gärten eingezeichnet. Um die Wende zum 20. Jahrhundert war die Insel mit 3.000 Einwohnern hauptsächlich von Fischern bewohnt. Im frühen 20. Jahrhundert wurde die Giudecca zu einem Industriegebiet, vor allem in seinem westlichen Teilen) mit Werften und Fabriken. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verlor ein großer Teil der Industrieansiedlung auf der Insel seine frühere Bedeutung. Heute wird Giudecca mehr und mehr entdeckt als Wohngebiet, von dem geschätzt wird, das man hierhin gut zurückziehen und von dem größeren Touristentrubel Venedigs entspannen kann. Die Immobilien hier sind hier auch um einiges günstiger.
An bedeutenden Gebäuden findet man auf der Giudecca die Kirche Il Redentore,dem wohl schönsten und imposantesten Bauwerk Palladios, (errichtet 1576 als Votivkirche auf Anordnung des Senats anlässlich des Endes der Pest, die Kirche Sant'Eufemia (gegründet im 9. Jahrhundert) ist eine der ältesten Kirchen Venedigs und die Chiesa delle Zitelle. Die Kirche San Giorgio Maggiore liegt abseits der östlichen Spitze Giudeccas.
Am Westende der Insel liegt ein riesiger, in neugotischem Stil erbauter Ziegelbau, die Stucky-Mühle. Der Bau wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom Teigwarenfabrikanten Giovanni Stucky errichtet. Für verschiedene Erweiterungen wurde der hannoversche Architekt Ernst Wullekopf beauftragt, der der Mühle ihre heutige Gestalt gab. Der Molino Stucky war bis zu Beginn des zweiten Weltkrieges die größte Nudelfabrik Italiens. Nach Jahren der Leerstands und des Verfalls begann man Ende des 20.Jahrhunderts die Mühle teils zu einem Hotel, teils zu Kultur- und Ausstellungszwecken umzubauen. Diese Arbeiten wurden 2003 durch einen Großbrand unterbrochen. Außerdem gab es auf der Giudecca ein Filmstudio.
[Bearbeiten] Die Giudecca in der deutschsprachigen Literatur
1786 | Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832) |
Italienische Reise
|
Venedig, 29. September 1786 | |
1789 |
Friedrich Schiller
(1759-1805) |
Der Geisterseher.
Aus den Memoires des Grafen von O**. Fragment |
1. Buch: 4 5. Buch, 5. Brief, 1. Julius, a) 5. Buch, 5. Brief, 1. Julius, b) |
|
1819-1822 |
E.T.A Hoffmann
(1776-1822) |
Serapions-Brüder
|
Doge und Dogaresse, 344 | |
1847 | Fanny Lewald
(1811-1889) |
Italienisches Bilderbuch
|
Venedig (Tageslicht), 802 | |
1855 |
Jacob Burckhardt
(1818-1897) |
Der Cicerone
Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens
|
107b: Architektur von 1540-1580 (Kirche del Redentore, 1576) und Nonnenkloster delle Zitelle, 1586) 108b | |
1860-1863 |
Herman Grimm
(1828-1901) |
Das Leben Michelangelos
(1860-63)
|
Kapitel X,2 | |
1862 | Paul Heyse
(1830-1914) |
Andrea Dolfin. Eine venezianische Novelle
|
12 | |
1874 | Theodor Fontane
(1819-1898) |
Aus den Tagebüchern der Italienreise, Okt./Nov. 1874
|
1 | |
1887 | Conrad Ferdinand Meyer
(1825-1898) |
Die Versuchung der Pescara
|
4.Kapitel: 3 | |
1889 | Hugo von Hofmannsthal
(1874-1929) |
Der Abenteurer und die Sängerin
|
2.Kapitel: 2 |
[Bearbeiten] Erwähnung in der nichtdeutschsprachigen Belletristik
1790 | Giacomo Casanova
(1725-1798) |
Mémoires (dt. Erinnerungen'‘
|
2.Band: 32.Kapitel) |
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Otto Julius Bierbaum: Dumont Visuell. Venedig , Köln:DuMont Buchverlag 2000, 5. aktualisierte Auflage ISBN 3-7701-3200-9, S. 336.
- ↑ Bierbaum, S. 141
- ↑ Riccardo Calimani: Die Kaufleute von Venedig. Die Geschichte der Juden in der Löwenrepublik, München 1990, S. 11-15; Bierbaum, S. 140
- ↑ Herman Grimm: Das Leben Michelangelos. Vollständige Ausgabe. Mit 24 Bildtafeln. Eingeleitet und mit Anmerkungen von Dr. Karl Augst Laux, Leipzig: Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung 1940, S. 533 (Kap. X,2). Im Projekt Gutenberg findet sich Grimms Biographie Das Leben Michelangelos (1860-63) bereits in digitalisierter Form (auch wenn die elektronische Stellenangabe nicht mit dem des Originals übereinstimmt: richtig ist Kapitel X,2) Leben Michelangelos, Kapitel X,2
Koordinaten: 45° 25′ 30" N, 12° 19′ 20" O