Exil
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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Eine Beschreibung des gleichnamigen Films von Tony Gatlif findet sich unter Exil (Film). |
Der Begriff Exil (v. lat. exilium, exsul = in der Fremde weilend, verbannt) bezeichnet die Abwesenheit eines Menschen oder einer Volksgruppe aus der eigenen Heimat aufgrund dortiger Verbannung, Vertreibung, Ausbürgerung, religiöser oder politischer Verfolgung. Im Unterschied zur Emigration, die den Tatbestand jeglicher Auswanderung umfasst, geht die Erfahrung des Exils stets mit Einschränkungen und Beschneidungen des Individuums einher. Exil ist der unfreiwillige Verlust sprachlicher, sozialer und kultureller Wurzeln.
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[Bearbeiten] Freiwilliges Exil
Dennoch gibt es auch den Ausdruck freiwilliges Exil; worunter man das Verlassen des Landes, aus meist politischer Motivation oder aus Furcht – schwerer Strafen – zurückzukehren, verstehen kann. Es kann heute ebenfalls als ein Ausweg des schlechten Lebens und einer Suche nach Identität angesehen werden. Die Einwanderung ist in unseren Gesellschaften sehr gegenwärtig und kann auf die vorher erwähnten Faktoren zurückgeführt werden.
[Bearbeiten] Exilant / Exilierter
Ein Exilant bzw. Exilierter ist die allgemeine Bezeichnung eines Menschen, der sich im Exil befindet. Sie wird auch in Zusammenhang mit Nationalitätsbezeichnungen verwendet, z.B. Exiliraner, Exilrusse oder Exilkubaner. Für diese Emigranten bedeutet Exil gleichermaßen: Ausbürgerung, Entrechtung, Heimatlosigkeit, Orientierungslosigkeit, Existenzbedrohung, Geldmangel, Sprachprobleme und politische Unmündigkeit, verbunden mit Heimweh und der Sorge um das Wohlergehen daheimgebliebener Verwandter und Freunde.
[Bearbeiten] Geschichte
In der menschlichen Geschichte ist das Exil sehr früh benutzt worden und hat eine lange Tradition als Form der Sanktion/ Bestrafung. Im Altertum hatte der römische Senat die Macht, es auf Einzelpersonen, Familien (oder sogar ganze Gebiete) auszurufen.
In der Geschichte wurde mehrfach ehemaligen Regierungschefs (oft Diktatoren) Exil in einem anderen Land gewährt. Die Hintergründe hierfür sind recht unterschiedlich. Manchmal waren es Verbindungen mit Wirtschaft und Politik eines ausländischen Landes die ein Regierungschef hatte und wenn er sich nicht mehr halten konnte, wegen Revolutionen im Lande, dann ginge er (eher flüchtend) ins Exil. Manchmal wurde auch aus humanitären Gründen einem Diktator Exil angeboten, um einer weiteren Strafverfolgung (z.B. Menschenrechtsverletzung und Kriegsverbrechen) zu entgehen. Das ist zwar ein Widerspruch an Sich, hatte aber den Sinn einen internen Krieg schnell zu beenden. Man war in den meisten Fällen der Ansicht, dass es besser sei einen Regierungschef so fast ungeschoren davon kommen zu lassen, anstelle von vielen tausenden weiteren Menschenleben. Aus gleichen Gründen wurden auch ähnliche Angebote, von einer Folgeregierung im eigenen Land, ehemaligen Regierungschefs gemacht.
[Bearbeiten] Menschen/Aspekte im Exil
Ein früher Mensch im Exil war Ovid. Er wurde gezwungen Rom zu verlassen und nach Tomis am Schwarzen Meer zu ziehen, die Stadt, die sich zum heutigen Constanţa weiterentwickelt hat. Dort schrieb er sein berühmtes Werk Tristia über seine Empfindungen im Exil. Dies ist ein Aspekt des im Exil lebens, als eine oft grundlegende/bedeutende Periode des Lebens eines Mannes. Der Künstler im Exil wird im allgemeinen zutiefst durch die Erfahrung geprägt. Weitere berühmte Exilanten sind z.B. Du Fu und Dante Alighieri.
[Bearbeiten] Asyl
In vielen Ländern, so auch in Deutschland, können Exilanten unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag politisches Asyl bekommen, das heißt einen rechtlichen Status, der einer Aufenthaltserlaubnis entspricht und rechtlich davor schützt, in die Heimat abgeschoben und den obengenannten Fluchtgründen ausgeliefert zu werden. In Großbritannien sind Bürger aus Commonwealth-Ländern aufenthaltsrechtlich den Einheimischen (Briten) gleichgestellt, weshalb sich dort für Exilanten aus diesen Ländern ein politisches Asyl erübrigt.
[Bearbeiten] Erzwungenes Exil
Viele Juden mussten während der Nazidiktatur ins Exil gehen. Sie flohen vor dem in Deutschland zunehmenden Antisemitismus und der Verfolgung. Der Weg führte sie zunächst vorzugsweise in die Nachbarländer. Einen Ort, von dem man nicht wieder befreit wird, solange er nicht aufgehoben wird, nur wenn man ein wie oben angesprochenes politisches Asyl beantragt und dies auch bekommt, nennt man auch „Erzwungenes Exil“ oder „Zwangsexil“.
[Bearbeiten] Aquae et ignis interdictio
Aquae et ignis interdictio (lat. "Untersagung der Gemeinschaft von Feuer und Wasser") war im Römischen Reich eine Form der Landesverweisung, die damit verbunden war, dass der Betroffene für vogelfrei erklärt und sein Besitz konfisziert wurde (vgl. Ächtung).
[Bearbeiten] Siehe auch
- Babylonisches Exil
- Exilkubaner
- Exilliteratur
- Exilzeitschriften
- Exilregierung
- Liste bekannter deutschsprachiger Emigranten und Exilanten (1933–1945)
- Option in Südtirol
- Option in Jugoslawien
- Exulanten
[Bearbeiten] Literatur
- Claus-Dieter Krohn/Patrik von zur Mühlen/Gerhard Paul/Lutz Winckler (Hrsg.), Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933 - 1945, Darmstadt 1998
- jour fixe initiative berlin (Hg.): Fluchtlinien des Exils. Münster 2004, ISBN 3-89771-431-0
- Sandra Wiesinger-Stock, Erika Weinzierl, Konstantin Kaiser (Hg.): Vom Weggehen. Zum Exil von Kunst und Wissenschaft. Exilforschung heute Bd. 1. Wien 2006, ISBN 3-85476-182-1
- Hans Schafranek: Die Betrogenen. Österreicher als Opfer stalinistischen Terrors in der Sowjetunion, Wien 1991.
- Hans Schafranek: Kinderheim Nr.6. Österreichische und deutsche Kinder im sowjetischen Exil, Wien 1998.
- Hans Schafranek: Zwischen NKWD und Gestapo. Die Auslieferung deutscher und österreichischer Antifaschisten aus der Sowjetunion an Nazideutschland, Frankfurt am Main 1990.
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Österreicher im Exil. Sowjetunion 1934 - 1945. Einleitung, Auswahl und Bearbeitung: Barry McLoughlin/Hans Schafranek, Wien 1999.