Glukokortikoide
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Glukokortikoide (engl.: Glucocorticoide) zählen zu den Kortikoiden, einer Klasse von Steroid-Hormonen aus der Nebenniere. Die wichtigsten Vertreter der Glucocorticoide sind Kortison, Kortisol und Kortikosteron. Alle Kortikoide sind Derivate des Progesterons (Δ4-Pregnen-3,20-dion).
Die Glukokortikoide haben vielfältige physiologische Wirkungen. Sie beeinflussen den Stoffwechsel, den Wasser- und Elektrolythaushalt, das Herz-Kreislaufsystem und das Nervensystem. Ferner wirken sie entzündungshemmend und immunsuppressiv.
Sie werden wegen ihrer Möglichkeit, den Kohlenhydratstoffwechsel zu beeinflussen, gelegentlich auch als „Zuckerhormone“ bezeichnet. Der Begriff „Zuckerhormon“ ist jedoch unklar und in der Medizin unüblich; in der Laienpresse werden auch Insulin und Glucagon so bezeichnet.
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[Bearbeiten] Biosynthese
Die Biosynthese der Glukokortikoide startet wie bei allen Steroiden entweder beim mit der Nahrung aufgenommenen Cholesterin, oder (dies ist der wichtigere Weg) beim Isopren, einem C5-Lipid, welches aus Acetyl-CoA gebildet wird. Sechs Isopren-Moleküle können zu der typischen Ringstruktur der Steroide polymerisiert und zyklisiert werden. Es gibt einen ausgeprägten Tagesrhythmus mit einem Minimum um Mitternacht, einem Maximum bei 6:00 Uhr morgens.
Die natürlichen Glukokortikoide sind: Kortisol, Kortison, Kortikosteron und 11-Dehydrokortikosteron.
[Bearbeiten] Abbau
Wie andere Kortikoide werden die Glukokortikoide in der Leber inaktiviert und vorwiegend über die Gallenflüssigkeit, zu 10 % auch über den Urin in Form von inaktiven Konjugaten ausgeschieden.
[Bearbeiten] Stoffwechselwirkungen
[Bearbeiten] physiologisch
Glukokortikoide fördern in natürlicher Konzentration die Gluconeogenese, also die Neubildung von Kohlenhydraten aus Proteinen und Fetten. Protein- und Lipiddepots werden abgebaut und zur Energiegewinnung eingesetzt. Dies äußert sich in erhöhter Blutkonzentration von Glukose, Aminosäuren, und Fettsäuren sowie derer Abbauprodukte. Chronische Überproduktion der Hormone erzeugt eine als Cushing-Syndrom bekannte Erkrankung.
Genauer gesagt, haben sie eine verstärkende Wirkung auf die Glukagon-induzierte Expression der Gluconeogenese-Enzyme. Die komplizierten Mechanismen können hier nur exemplarisch an einem der Enzyme, der Phosphoenolpyruvatcarboxykinase (PEPCK), erläutert werden. PEPCK katalysiert die Bildung von Phosphoenolpyruvat aus Oxalacetat. PEPCK ist dabei ein Schlüsselenzym der Gluconeogenese, die im Hungerzustand bei niedrigem Blutzucker abläuft. Mehr PEPCK entsteht mittels verstärkter Transkription von Gene, die für dieses Enzym PEPCK codieren. Der Ablauf dieser Signaltransduktion:
Das Hormon Glukagon bindet an seinen Glukagon-Rezeptor auf der Zellmembran. Hierdurch löst sich die GDP-bindende α-Untereinheit von den β- und γ-Untereinheiten des heterotrimeren membrangebundenen Gs-Proteins und dissoziiert zum Rezeptor, wo ein Austausch von GDP gegen GTP stattfindet. Die so aktivierte α-Untereinheit aktiviert die Adenylatcyclase, mehrere Moleküle ATP zu cAMP umzusetzen. Ein hoher cAMP-Spiegel aktiviert die Proteinkinase A, die ihrerseits das cAMP-responsible-Element-Bindeprotein (CREB) phosphoryliert, das an CRE, einem regulatorischen Bereich des PEPCK-Promotors, gebunden ist, so dass das PEPCK-Gen exprimiert wird.
Das Glucocorticoid bindet an seinen nukleären Rezeptor, der gebunden am Hitzeschockprotein 90 (HSP90) inaktiv im Cytosol lokalisiert ist. Durch Bindung des Liganden dissoziiert HSP90 ab und der Glucocorticoidrezeptor homodimerisiert (aktiver Zustand) und transloziert als Rezeptor-Ligand-Komplex in den Zellkern, wo der Komplex als Transkriptionsfaktor an eine palindromische Sequenz bindet, dem Glucocorticoid-responsiven-Element, das einen weiteren regulatorischen Bereich im PEPCK-Promotor darstellt. Die Wirkung von CRE/CREB-P wird somit potenziert.
[Bearbeiten] pharmakologisch
In vielfach höherer Dosis, wie sie nur nach Anwendung von Medikamenten erzielt wird, treten weitere Wirkungen auf: Die Eiweiß-Synthese wird gehemmt, die Antikörperproduktion des Immunsystems vermindert und Entzündungsvorgänge werden unterdrückt. Noch höhere Dosen, die nur hochwirksame künstliche Glukokortikoide wie Dexamethason erreichen, wirken dem Kreislaufschock bei lebensgefährlichen Erkrankungen und Verletzungen entgegen.
[Bearbeiten] Therapeutischer Einsatz
Glucocorticoid-Präparate, etwa Cortison, haben entzündungshemmende Wirkung. Sie werden zur Therapie u.a. sowohl bei allergischem Schnupfen als auch bei Asthma bronchiale verwendet. Hochwirksame Varianten werden bei akuten Notfällen (Anaphylaxie, Sepsis, Schock) eingesetzt. Andere Präparate können topisch (örtlich) eingesetzt werden, z. B. auf der Haut oder in der Nase. Heute sind zahlreiche topische Steroide verfügbar, wie z. B. Budesonid, Fluticasonpropionat.
Wirkungen: An der Bronchialschleimhaut Entzündungshemmung und Abschwellung - die Hyperreaktivität der Bronchialschleimhaut wird vermindert - sowie an der Bronchialmuskulatur Krampflösung. Beide Wirkungen treten frühestens 30 Minuten nach der Zufuhr des Medikamentes auf.
Nebenwirkungen bei langdauerndem und systemischem (d. h. nicht örtlichem) Einsatz: Wasserspeicherung im Gewebe (Ödem) und Gewichtszunahme, Schwächung der Immunabwehr, Förderung der Entstehung von Magengeschwüren, Förderung der Entstehung und Verstärkung einer bestehenden Diabetes, Förderung und Verstärkung eines bestehenden Knochenschwundes (Osteoporose)- deshalb Prophylaxe mit anbieten, bei inhalativer Gabe Heiserkeit. Die kurzdauernde Stoßtherapie bei akuten Erkrankungen ist praktisch nebenwirkungsfrei.
Generischer Name | Handelsname | Biologische Halbwertzeit | Äquivalenzdosis |
---|---|---|---|
Cortison | sehr kurz | 25 | |
Cortisol | sehr kurz | 20 | |
Cloprednol | Synthestan® | ? | 2,5 -5 |
Prednison | Decortin® | kurz | 5 |
Prednisolon | Decortin H® | kurz | 5 |
Methylprednisolon | Urbason® | kurz | 4 |
Deflazacort | Calcort® | ? | 7 - 9 |
Fluocortolon | Ultralan® | mittel | 5 |
Triamcinolon | Volon® | mittel | 4 |
Dexamethason | Fortecortin® | lang | 0,75 - 1 |
Betamethason | Celestan® solubile | lang | 0,75 |
[Bearbeiten] Literatur
Hans J. Hatz: Glucocorticoide, Stuttgart 1998, ISBN 3-8047-1486-2
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