Harnstoff
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Strukturformel | ||
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Allgemeines | ||
Name | Harnstoff | |
Andere Namen |
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Summenformel | CH4N2O | |
CAS-Nummer | 57-13-6 | |
Kurzbeschreibung | weiße Kristalle | |
Eigenschaften | ||
Molmasse | 60,06 g/mol | |
Aggregatzustand | fest | |
Dichte | 1,335 g/cm³ | |
Schmelzpunkt | 132,7 °C | |
Siedepunkt | (Zersetzung unterhalb des Siedepunktes) | |
Thermische Zersetzung | >132 °C | |
Dampfdruck | <0.1 hPa (20 °C) | |
Löslichkeit (20 °C) | Wasser ~1000 g/l; Ethanol 50 g/l; fast unlöslich in Ether und Chloroform | |
Sicherheitshinweise | ||
Gefahrensymbole | ||
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R- und S-Sätze |
R: keine |
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MAK | nicht festgelegt | |
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Harnstoff (kohlensäurediamid, lat. Urea Pura) – nicht zu verwechseln mit Harnsäure – ist eine organische Verbindung, die von vielen Tieren als ein Endprodukt des Stoffwechsels von Stickstoffverbindungen (z.B. Aminosäuren) im sogenannten Harnstoffzyklus produziert und anschließend im Urin ausgeschieden wird. Reiner Harnstoff ist ein weißer, kristalliner, geruchloser, ungiftiger und hygienisch unbedenklicher Feststoff.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Entdeckung
Harnstoff war die erste synthetisch hergestellte organische Verbindung. Sie wurde 1773 von Hilaire Rouelle als Substanz entdeckt und 1828 von Friedrich Wöhler erstmals durch Reaktion von Kaliumcyanat und Ammoniumsulfat künstlich synthetisiert. Dies widerlegte die damals verbreitete Vorstellung, dass organische Substanzen grundsätzlich nur von Lebewesen durch die so genannte „vis vitalis“ (Lebenskraft) hergestellt werden könnten, und ebnete den Weg für die organische Chemie.
[Bearbeiten] Anwendungen
Auf Grund seines hohen Stickstoffgehaltes von 46 % ist Harnstoff das weltweit bedeutendste Stickstoffdüngemittel. Harnstoff wird aufgrund seiner hohen Wasserbindungsfähigkeit darüber hinaus häufig als Feuchtigkeitsfaktor in Kosmetika eingesetzt. In der Pharmazie kennt man Harnstoff als Keratolytikum. Diese Eigenschaft macht man sich in verschiedenen Rezepturen zu nutze. Beispielsweise wirkt es hoch konzentriert (40 %) in Pasten zusammen mit einem Antimykotikum (Antipilzmittel) gegen Nagelpilz (Onychomykose), wobei der Harnstoff den Nagel so weich macht, dass man die infizierte Nagelsubstanz Stück für Stück abtragen kann. Weiter dient es als Feuchtigkeitsspender in Salben zur Bekämpfung von atopischen Ekzemen und Lichenerkrankungen.
Zigarettenhersteller mischen Harnstoff dem Tabak bei, damit das Nikotin durch Erhöhung des pH-Wertes besser aufgenommen werden kann. So werden aus vermeintlich leichten Zigaretten, die auf der Packung einen niedrigen Nikotinwert angegeben haben, starke Zigaretten.
Harnstoff kann auch als Streusalz-Ersatz eingesetzt werden; aus Kostengründen ist dies aber nicht rentabel.
In der Dieselmotorentechnik wird Harnstoff zur Reduktion von Stickoxyden im Abgas nach einem Russfilter in den heissen Abgasstrom eingespritzt. Der Verbrauch beträgt im Verhältnis zum Treibstoff etwa 2–3 %.
Es wird Lebensmitteln als Stabilisator zugesetzt. Es ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff der Bezeichnung E 927b ausschließlich für Kaugummi ohne Zuckerzusatz zugelassen.
[Bearbeiten] Eigenschaften
Harnstoff zerfällt beim Schmelzen unter Abspaltung von Ammoniak – NH3 – zu Biuret. Es ist schwach wassergefährdend und hat daher die Wassergefährdungsklasse 1. Harnstoff bildet farb- und geruchlose Kristalle.
[Bearbeiten] Industrielle Herstellung
Harnstoff wird in großen Mengen industriell hergestellt (2004: 127 Mio t weltweit) und dient z. B. als Stickstoffdünger oder als NOx-Reduktionsmittel beim SNCR-Verfahren. In Ländern mit großen Erdgasvorkommen, die früher oft einfach abgefackelt wurden, wird Erdgas heute in Harnstoff umgewandelt. Dazu dienen große Anlagen, die aus Erdgas, Luft und Wasser in den Prozessschritten Wasserstoffherstellung -> Ammoniakherstellung -> Harnstoffsynthese schließlich Harnstoff herstellen. Dabei wird das bei der Wasserstoffherstellung anfallende CO2 als Harnstoff gebunden und nicht in die Atmosphäre freigesetzt. Der zunächst in Lösung anfallende Harnstoff wird in Granulat umgewandelt und in Säcken oder auch lose vertrieben. Die größten Anlagen der Welt produzieren ca. 4.000 t Harnstoff am Tag.
Reaktionsgleichungen:
2 NH3 + CO2 ---> [H2N-CO-O]NH4 (Ammoniumcarbamat)
[H2N-CO-O]NH4 ---> H2N-CO-NH2 + H2O
Eine industrielle Weiterverwendung von Harnstoff ist die Herstellung von Melamin, das z. B. mit Formaldehyd zu Kunstharzen verarbeitet wird, und von Harnstoff-Formaldehyd-Harzen (Harnstoffharz, so genannte UF-Harze), die z. B. zur Produktion von Spanplatten eingesetzt werden.