Herman Wirth
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Herman Wirth (* 6. Mai 1885 in Utrecht, † 16. Februar 1981 in Kusel) war ein niederländischer Privatgelehrter und völkischer Pseudohistoriker.
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[Bearbeiten] Leben
Wirth studierte niederländische Philologie, Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaft und promovierte 1910 mit der Arbeit Der Untergang des niederländischen Volksliedes. Er unterrichte danach niederländische Philologie an der Universität Bern. Während des Ersten Weltkrieges unterstützte Wirth die flämischen Separatisten im deutsch besetzten Belgien und meldete sich freiwillig an die Front. Er wurde 1916 von Kaiser Wilhelm II. zum Titularprofessor ernannt. Nachdem er 1919 in den Niederlanden eine völkische Organisation gegründet hatte, ließ Wirth sich 1923 in Marburg nieder und trat 1925 der NSDAP bei, die er im nächsten Jahr zunächst wieder verließ, ohne sich vom Nationalsozialismus inhaltlich zu distanzieren, so propagierte er u.a. das Hakenkreuz als „arteigenes Heilszeichen”. [1]
Seine in dieser Zeit verfassten Arbeiten zur „Urgeschichte der atlantisch-nordischen Rasse” fanden in völkischen Kreisen lebhaften Anklang, die nationalsozialistische Landesregierung in Mecklenburg-Schwerin richtete 1932 für Wirth das Forschungsinstitut für Geistesurgeschichte in Bad Doberan ein, welches in der Fachwelt wie auch unter nationalsozialistischen Intellektuellen außerordentlich umstritten war. Nach der Machtübernahme der NSDAP trat er dieser (wie auch der SS, Mitgliedsnummer 258776) 1934 wieder bei, ihm wurde von Hitler seine alte Mitgliedsnummer (20151) wieder zuerkannt. [2]
1935 war er Mitbegründer des von Heinrich Himmler und Richard Walter Darré protegierten Projekts Ahnenerbe der SS, aus dem er auf Grund ideologischer Differenzen mit Himmler, der Wirths Matriarchatsvorstellungen nicht teilte, 1938 ausschied: Da sich Wirths nicht nur akademisch kaum anerkannte Forschungen selbst den immer noch ziemlich heterogenen NS-Organisationen nicht einfügten, wurde er 1938 aus dem Ahnenerbe verdrängt, erhielt aber bis 1944/45 Forschungsbeihilfen. (Eva-Maria Ziege) [3] Dies gab Wirth nach dem Ende des Nationalsozialismus teilweise als Verfolgung aus. 1945 zunächst von den US-amerikanischen Truppen für zwei Jahre interniert, siedelte er für einige Jahre nach Schweden über und kehrte 1954 nach Marburg zurück, wo er als Privatgelehrter lebte. Obwohl er weiterhin das Dritte Reich ideologisch verteidigte, fand sich für Wirths Lehren über „Urkulturen” in den 1970er Jahren in der sich entwickelnden Alternativszene und in Unterstützergruppen für die nordamerikanischen Ureinwohner eine nicht geringe Resonanz. Auf Vermittlung des Wirth-Schülers und SPD-Mitgliedes Roland Häke besuchte Willy Brandt 1979 Wirth in Marburg, die Rheinland-pfälzische Landesregierung unterstützte zeitweise ein Projekt, in Kusel ein Museum mit der ethnographischen Sammlung Wirths einzurichten, auch versuchten Wirth-Anhänger, ein Institut für Urgemeinschaftskunde zu gründen. [4]
Neben Otfried Eberz, Clauß und Bernhard Kummer wurde Herman Wirth einem der wichtigen Referenzautoren für die Mutterrechtsthematik in Schriften von Frauen, insbesondere völkischer Frauen der 20er und 30er Jahre (...), gelesen aber auch bis hin zur spirituellen Frauenbewegung heute [5] (Ziege).
[Bearbeiten] „Lehren”
Herman Wirth vertrat die Ansicht, dass in der Jungsteinzeit die germanischen Völker im Zustand des Matriarchats im Einklang mit der Natur lebten, zu diesem Zustand, der die „Reinrassigkeit” der Arier voraussetze, gelte es laut Wirth zurückzukehren. Durch die Durchsetzung des patriarchalen Heerkönigs- und Priestertums und verstärkt mit dem Auftreten des (für Wirth jüdischen und „artfremden”) Christentums sei dieser paradiesische Urzustand zerstört wurden. Der Nationalsozialismus sei laut Wirth ein Versuch gewesen, die „volks- und arteigene, bodenständige Dauerüberlieferung” wieder hervorzubringen. In seinen Theorien argumentierte Wirth in aller Regel offen antisemitisch und sozialdarwinistisch und forderte die Vernichtung von ihm als „lebensunwert” und „erbrassig minderwertig” angesehener Menschen. [6]
Wirths historische und ethnographische Thesen wurden und werden von der wissenschaftlichen Fachwelt einhellig abgelehnt und sind durch keinerlei Quellen belegbar. Bei der von Wirth für seine Thesen als Beleg herangezogenen, erstmals 1872 veröffentlichten Ura-Linda-Chronik - einer angeblich in altfriesischer Sprache verfassten Chronik - handelt es sich nicht um einen uralten Text, sondern um eine zeitgenössische Fälschung. [7]
[Bearbeiten] Werke
- Der Aufgang der Menschheit, 1928
- Die Heilige Urschrift der Menschheit, 1931-1936
- Die Ura Linda Chronik, Hrsg., 1933
- Was heißt deutsch? Ein urgeistesgeschichtlicher Rückblick zur Selbstbesinnung und Selbstbestimmung. 1. Aufl., Jena 1931, 2. Aufl. 1934
[Bearbeiten] Literatur
- Uwe Puschner (Hg.): Handbuch zur völkischen Bewegung 1871-1918, K.G. Saur Verlag, München, 1996
- Ingo Wiwjorra: "Herman Wirth – Ein gescheiterter Ideologe zwischen 'Ahnenerbe' und Atlantis". In: Danckwortt, Barbara u.a. (Hg.), Historische Rassismusforschung. Ideologen, Täter, Opfer, Hamburg u. Berlin 1995
- Julia Zernack: "Germanin im Hauskleid". Bemerkungen zu einem Frauenideal deutscher Gelehrter, in: Faber, Richard u. Lanwerd, Susanne (Hg.), Kybele – Prophetin – Hexe. Religiöse Frauenbilder und Weiblichkeitskonzeptionen, Würzburg 1997
- Hellmuth Auerbach: "Ahnenerbe e.V.". In: Benz, Wolfgang (Hg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 1997
- Ekkehard Hieronimus: "Zur Religiosität der völkischen Bewegung", in: Cancik, Hubert (Hg.), Religions- und Geistesgeschichte der Weimarer Republik, Düsseldorf 1982
- Eva-Maria Ziege: Die Bedeutung des Antisemitismus in der Rezeption der Mutterrechtstheorie. In: A.G. GENDER-KILLER (Hg.): Antisemitismus und Geschlecht. Von „effeminierten Juden“, „maskulinisierten Jüdinnen“ und anderen Geschlechterbildern. ISBN 3-89771-439-6. Münster 2005
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Herman Wirth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dr. Luitgard Löw über die „Sehnsüchte der Weimarer Republik am Beispiel Herman Wirth“
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ vgl. Literatur: Ziege, Wiwjorra, Hieronimus
- ↑ vgl. Literatur: Ziege, Wiwjorra, Hieronimus
- ↑ Eva-Maria Ziege: Die Bedeutung des Antisemitismus in der Rezeption der Mutterrechtstheorie. In: A.G. GENDER-KILLER (Hg.): Antisemitismus und Geschlecht. Von „effeminierten Juden“, „maskulinisierten Jüdinnen“ und anderen Geschlechterbildern
- ↑ vgl. Literatur: Ziege, Wiwjorra, Hieronimus
- ↑ Eva-Maria Ziege, a.a.O.
- ↑ vgl. Literatur: Ziege, Wiwjorra
- ↑ vgl. Literatur: Ziege, Wiwjorra
Personendaten | |
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NAME | Wirth, Herman |
KURZBESCHREIBUNG | niederländischer Privatgelehrter |
GEBURTSDATUM | 6. Mai 1885 |
GEBURTSORT | Utrecht |
STERBEDATUM | 16. Februar 1981 |
STERBEORT | Kusel |