Hermann Schmitz (Philosoph)
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Hermann Schmitz (* 1928 in Leipzig) ist ein deutscher Philosoph.
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[Bearbeiten] Leben
Hermann Schmitz ging in Leipzig und Bonn zur Schule. Er studierte an der Universität Bonn in den Jahren von 1949 bis 1953, wobei er vor allem von den Veranstaltungen Erich Rothackers beeinflusst wurde. Seine Dissertation wurde 1955 in Bonn angenommen. 1958 wurde er Assistent am Institut für Philosophie der Universität Kiel. Er wurde ordentlicher Professor am selben Institut im Jahr 1971 und verblieb in dieser Position bis zur Emeritierung 1993.
[Bearbeiten] Werk
Schmitz ist der Begründer einer neuen philosophischen Richtung, der Neuen Phänomenologie. Diese zielt darauf ab, das Feld der alltäglichen und unmittelbaren Erfahrungen zu erfassen - ganz getreu dem Motto von Edmund Husserl, dem Begründer der phänomenologischen Bewegung: Zu den Sachen! Allerdings weicht Schmitz, abgesehen vom phänomenologischen Grundimpuls, doch in beträchtlicher Weise von der klassischen Phänomenologie ab.
Theoretischer Kernbegriff der Philosophie von Schmitz ist der Begriff des Leibes. Hier greift Schmitz auf Vordenker wie Ludwig Klages, Max Scheler, Maurice Merleau-Ponty und andere zurück. Schmitz erläutert sein Verständnis von Leib wie folgt: „Wenn ich vom Leib spreche, denke ich nicht an den menschlichen oder tierischen Körper, den man besichtigen oder betasten kann, sondern an das, was man in dessen Gegend von sich spürt, ohne über ein 'Sinnesorgan' wie Auge oder Hand zu verfügen [...].“ [1] Damit ist der für die traditionelle Philosophie klassische Dualismus von Körper und Seele radikal in Frage gestellt. Schmitz' Neue Phänomenologie kann daher auch treffend als Leibphilosophie bezeichnet werden.
Von dem Leib als zentralem Gegenstand der Analyse aus gelangt Hermann Schmitz auf nahezu allen Gebieten der Philosophie zu neuen Einsichten. Seine jahrzehntelange Forschungsarbeit kulminiert in dem 5-bändigen, aus 10 Büchern sich zusammensetzenden "System der Philosophie"[2], welches in den Jahren von 1964 bis 1980 erschienen ist. Dieses Werk bildet den Grundstein für die Neue Phänomenologie. Eine kritische Retraktion bestimmter Aspekte des "Systems" hat Schmitz 1990 in seinem Werk "Der unerschöpfliche Gegenstand" vorgelegt.
Neben seinem umfangreichen systematischen Werk hat Schmitz zahlreiche philosophiehistorische Werke vorgelegt, die seine eigenen Gedanken in den Kontext der Geschichte stellen. Dabei hat sich Schmitz mit Vertretern nahezu aller Epochen der abendländischen Kultur beschäftigt, so unter anderem mit Anaximander, Parmenides, Platon, Aristoteles, Suarez, Kant,Fichte, Hegel, Goethe, Husserl und Heidegger.
[Bearbeiten] Wirkung
Die Neue Phänomenologie hat zahlreiche Anwendungsfelder mit ihrem Angebot an Begriffen beeinflusst, vor allem die Medizin und Psychologie [3] Aber auch auf anderen Gebieten wie etwa der Linguistik [4] konnte sie sich als anwendungsorientierte Philosophie erfolgreich behaupten.
[Bearbeiten] Schriften
Auswahl (vollständige Bibliographie)
- Hegel als Denker der Individualität, Meisenheim1957, 168 S.
- Goethes Altersdenken im problemgeschichtlichen Zusammenhang, Bonn 1959, 584 S.
- System der Philosophie
- Bd. I: Die Gegenwart, Bonn 1964, XII, 475 S.
- Bd. II: 1. Teil: Der Leib, Bonn 1965, XVI, 631 S.
- Bd. II: 2. Teil: Der Leib im Spiegel der Kunst, Bonn 1966, XI, 312 S.
- Bd. III: Der Raum, 1. Teil: Der leibliche Raum, Bonn 1967, XIX, 512 S.
- Bd. III: Der Raum, 2. Teil: Der Gefühlsraum, Bonn 1969, XIV, 560 S.
- Bd. III: Der Raum, 3. Teil: Der Rechtsraum. Praktische Philosophie, Bonn 1973, XIX, 742 S.
- Bd. III: Der Raum, 4. Teil: Das Göttliche und der Raum, Bonn 1977, XVIII, 721 S.
- Bd. III: Der Raum, 5. Teil: Die Wahrnehmung, Bonn 1978, XII, 272 S.
- Bd. IV: Die Person, Bonn 1980, XVI, 608 S.
- Bd. V: Die Aufhebung der Gegenwart, Bonn 1980, XIV, 230 S.
- Die Ideenlehre des Aristoteles
- Bd. 1: Aristoteles 1. Teil: Kommentar zum 7. Buch der Metaphysik, Bonn 1985, XXII, 324 S.
- Bd. 1: Aristoteles 2. Teil: Ontologie, Noologie, Theologie, Bonn 1985, XIX, 606 S.
- Bd. 2: Platon und Aristoteles, Bonn 1985, XXVI, 610 S.
- Der Ursprung des Gegenstandes. Von Parmenides bis Demokrit, Bonn 1988, XX, 425 S.
- Was wollte Kant?, Bonn 1989, 385 S.
- Der unerschöpfliche Gegenstand. Grundzüge der Philosophie, Bonn 1990, 528 S.
- Hegels Logik, Bonn 1992, 449 S.
- Die entfremdete Subjektivität. Von Fichte zu Hegel, Bonn 1992, 317 S.
- Die Liebe, Bonn 1993, 234 S.
- Neue Grundlagen der Erkenntnistheorie, Bonn 1994, XIV, 364 S.
- Selbstdarstellung als Philosophie. Metamorphosen der entfremdeten Subjektivität, Bonn 1995, XII, 439 S.
- Husserl und Heidegger, Bonn 1996, XIII, 584 S.
- Höhlengänge. Über die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie, Berlin 1997, 233 S.
- Adolf Hitler in der Geschichte. Bonn 1999, 418 S.
- Der Spielraum der Gegenwart, Bonn 1999, 319 S.
- Was ist Neue Phänomenologie? Rostock 2003, 435 S.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Schmitz, Hermann: Der unerschöpfliche Gegenstand. Bonn 1990, S. 115.
- ↑ Schmitz, Hermann: System der Philosophie. Bonn 1964ff.
- ↑ Vgl. etwa Dirk Schmoll/Andreas Kuhlmann (Hg.): Symptom und Phänomen. Phänomenologische Zugänge zum kranken Menschen. Freiburg, München 2005.
- ↑ Vgl. Stefan Volke: Sprachphysiognomik - Grundlagen einer leibphänomenologischen Beschreibung der Lautwahrnehmung. Freiburg 2007
[Bearbeiten] Weblinks
- Homepage der Gesellschaft für Neue Phänomenologie
- Literatur von und über Hermann Schmitz (Philosoph) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
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NAME | Schmitz, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph |
GEBURTSDATUM | 1928 |
GEBURTSORT | Leipzig |