Jürgen Dollase
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Jürgen Dollase (* 16. September 1948 in Oberhausen) ist ein ehemaliger Artrockmusiker, Maler und heute einer der einflussreichsten deutschen Gastronomie-Kritiker und -Journalisten. Er gilt als Nachfolger des bekanntesten deutschen Gastronomiekritikers Wolfram Siebeck.
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[Bearbeiten] Leben
Dollase studierte nach seinem Abitur in Viersen und dem Wehrdienst beim Bundesgrenzschutz Kunst, Musik und Philosophie an der Kunstakademie Düsseldorf und den Universitäten Köln und Düsseldorf. Er war Gründer, Produzent, Keyboarder und Bassist der bekannten ehemaligen Krautrock- bzw. Artrock-Gruppe Wallenstein, die von 1971 bis 1982 existierte. Anfang der 1980er erwachte sein Faible fürs Kochen und Genießen. Sein Erweckungserlebnis hatte er in dem berühmten Pariser Künstler-Restaurant La Coupole. Daneben widmete sich Dollase ab 1988 intensiv der Malerei, zeigte jedoch seine Ölgemälde keinem Galeristen. Seit etwa 1993 wächst auch sein Interesse am Kochen. Johannes Gross, der damalige Herausgeber von Capital, ermutigte ihn in den 1990er Jahren zu Publikationen auf dem Gebiet der Gastronomiekritik.[1] Bald darauf begann seine Popularität als Restaurantkritiker. Sein Urteil genießt auch bei Meisterköchen hohes Ansehen, so etwa arbeitete er zusammen mit Hans Stefan Steinheuser und Ingo Holland an jeweils einem Buch sowie 2007 mit Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler für eine Kochdokumentation beim ZDF-Kulturmagazin aspekte.
Dollase lebt in Mönchengladbach und ist mit Ehefrau Bärbel verheiratet, sie begleitet ihn auch zu seinen kulinarischen Testessen.
[Bearbeiten] Kulinaristik
Jürgen Dollase veröffentlicht seit 1999 regelmäßig gastrosophische Kolumnen und Artikel (u. a. „Hier spricht der Gast“) in der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) sowie in der FAS (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) und dem Feinschmecker (u. a. „Küchenpraxis“). Seine Sachbücher zur Kulinaristik und Gastrosophie erweitern das Verständnis über Geschmack und Kochkunst. Darin geht es ihm nicht in erster Linie um das Nachkochen von Rezepten, sondern um das Erlernen einer Geschmackskultur, der je eigene Geschmack soll systematisch sensibilisiert werden. Entgegen der vorherrschenden Orientierung an der Haute Cuisine plädiert Dollase für eine "demokratische Esskultur", da guter Geschmack schon mit einfachen Zutaten und damit von jedermann »erlernbar« wäre. Darüber hinaus kritisiert er die Einheitlichkeit der internationalen Gourmetküche mit gewissen Standardgerichten und fordert stattdessen einen stärkeren Bezug zur jeweils regionalen Küche.
Dollase versteht sich als Vermittler für ein möglichst großes Publikum, der für mehr Transparenz bei der Auswahl von Produkten und bei der Zubereitung von Gerichten sorgen möchte. Eine besondere Idee hierfür sind seine „Geschmacksgraphiken“, welche die subjektiv erlebte Intensität von Menübestandteilen anhand von Verlaufskurven in einem Diagramm nachzeichnet. Sein Zugang zur Welt der Kochkunst ist betont analytisch, gewissermaßen eine chemische Analyse der subjektiv erlebten Geschmackskomponenten. Zur Erläuterung der Geschmackserlebnisse verwendet er gern den Begriff der «Textur», womit er die physikalischen Aggregatzustände (kalt, warm, heiß, flüssig, trocken) meint. Diese chemophysikalischen Grundlagen des Essens wären von solch elementarer Natur, daß er die Sensorik als kulturell unverfälschbare und demokratische Möglichkeit der Rezeption einschätzt.
Den deutschen Intellektuellen wirft Dollase ein „Versagen“ und einen „vollständigen Rückzug“ gegenüber der Eßkultur vor. Diese nähmen den gesellschaftlichen Stellenwert des Essens überhaupt nicht ernst.[2] Im Gegensatz zu Frankreich, wo die Wertschätzung guten Essens allgemein verbreitet ist, hätte Deutschland den Bezug zu seiner kulinarischen Tradition verloren, vermutlich infolge der Weltkriege und der darauffolgenden allgemeinen Modernisierung.[3] Die Haltung, aus der heraus er selbst seine Profession als Gastronomiekritiker verrichtet, wird demgegenüber als ungewöhnlich sachlich, wertfrei und kulturhistorisch belesen wahrgenommen.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ juergen-dollase.de
- ↑ „Was ist kulinarische Intelligenz? Von der Ernährung zum Genuss“, ZDF, nachtstudio, 11. März 2007
- ↑ „Die kulinarische Reportage: Der Guru mit der feinen Zunge“, WDR, 2. Januar 2006
[Bearbeiten] Mitgliedschaften
- Vorstandsmitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik
[Bearbeiten] TV-Sendungen (Auswahl)
- sonntags - ZDF, 3. Oktober 2004
- Fröhlicher Weinberg - SWR, 18. Februar 2005
- Hier und Heute – Die kulinarische Reportage: Der Guru mit der feinen Zunge. WDR, 2. Januar 2006, Inhaltsangabe vom WDR
- nachtstudio. Thema: „Was ist kulinarische Intelligenz? Von der Ernährung zum Genuss.“ Gäste: Jürgen Dollase, Gunther Hirschfelder und Thomas Vilgis. ZDF, 1. März 2007, Video, 59 Min.
- Meisterwerke der modernen Kochkunst. Dokumentationsreihe 2007, Produktion: ZDF, aspekte, 1. Teil, 2. Teil
[Bearbeiten] Literatur
- Aufsätze in: Cotta's Kulinarischer Almanach. Hrsg. von Vincent Klink, Klett-Cotta, Stuttgart 1. Jg. (1993) ff.
- Geschmacksschule. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-937963-20-0, ausgezeichnet mit dem Gourmand World Cookbook Award 2005, (Rezension der FAZ und von aspekte)
- Kulinarische Intelligenz. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2006, 160 S., Gebunden, ISBN 3-937963-33-2
- Gewürze. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3937963324 (Dollase ist hier Koautor von Michelin-Stern-Koch Ingo Holland)
- Die Kochuniversität: Tomaten. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2006, 136 S., zahlr. farb. Fotos, Gebunden, ISBN 978-3-937963-42-6
- Die Kochuniversität. Band 2. Pasta. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2007, 144 S., zahlr. farb. Fotos, Gebunden, ISBN 978-3-937963-43-3
- Die Kochuniversität. Band 3. Schwein. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2007, 144 S., zahlr. farb. Fotos, Gebunden, ISBN 978-3-937963-44-0
- Die F.A.Z. Goumetvision. Tre Torri Verlag, Wiesbaden 2007, 276 S., zahlr. farb. Abb., Gebunden, ISBN 978-3-937963-59-4 („15 Deutsche Spitzenköche, ihre Kreationen und ihre Visionen“)
[Bearbeiten] Weblinks
- „Offizielle Website von Jürgen Dollase“ - Tre Torri Verlag
- „Jürgen Dollase. Geschmacksphilosoph und Genusspapst. Der Zustand der reinen Degustation“, buchSzene, Nr. 3, 2006, Interview mit Jörg Steinleitner
- Wallenstein. "Charline", Bayern 3
- Artikel von Dollase
- „Friedrich-Karl Sandmann: Herr der Löffel“, FAZ, 2. Dezember 2003
- „Deutschlands Spitzenköche: Neue Sterne braucht das Land“, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28. November 2004
- Videos
- „Lecker!“, ZDF, aspekte, 2. Dezember 2005, 5:01 Min.
- „Die kulinarische Reportage: Der Guru mit der feinen Zunge“, WDR, 2. Januar 2006, Reportage, 45 Min.
- Gespräch zu "Durch Wissenschaft zum Genuss", 3sat, 12. Januar 2006, Diskussion, 13:40 Min. und Bios
- „Was ist kulinarische Intelligenz? Von der Ernährung zum Genuss“, ZDF, nachtstudio, 11. März 2007, Diskussion, 59 Min.
Personendaten | |
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NAME | Dollase, Jürgen |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Gastronomie-Kritiker und Journalist |
GEBURTSDATUM | 16. September 1948 |
Kategorien: Mann | Deutscher | Rockmusiker | Journalist | Autor | Koch | Geboren 1948