Jahr ohne Sommer
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Als das Jahr ohne Sommer wird in Amerika und Europa das ungewöhnlich kalte Jahr 1816 bezeichnet. Bis heute ist es das kälteste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. In den USA bekam es auch den Spitznamen „Eighteen hundred and frozen to death“ (zu deutsch etwa „Achtzehnhundertundtotgefroren“).
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[Bearbeiten] Details
Während Januar und Februar des Jahres 1816 noch eher gemäßigt waren, begann es im März bereits spürbar kälter zu werden. Im April und Mai gab es ungewöhnlich viel Regen- und Graupelschauer. Im Juni und Juli gab es in den USA jede Nacht Frost. In New York und Neuengland fiel bis zu einem Meter Schnee. In Deutschland kam es zu schweren Unwettern; zahlreiche Flüsse (u. a. der Rhein) traten über die Ufer. In der Schweiz schneite es jeden Monat mindestens einmal bis auf 800 m Meereshöhe. Im August setzte auch in Europa der Frost ein, die Folge waren katastrophale Missernten. Im Frühjahr 1817 stiegen die Getreidepreise auf das Zehnfache, Hungersnöte brachen unter der Landbevölkerung aus. Tausende der zusätzlich noch unter den Folgen der Napoleonischen Kriege leidenden Europäer wanderten schließlich in die USA aus.
[Bearbeiten] Ursache
Erst 1920 fand der US-amerikanische Klimaforscher William Humphreys eine Erklärung für das „Jahr ohne Sommer“. Er führte die Klimaveränderung auf den Vulkanischen Winter in Folge des Ausbruchs des Vulkans Tambora auf Sumbawa im heutigen Indonesien zurück. Dieser war im April 1815 mit einer Stärke von 7 auf dem Vulkanexplosivitätsindex ausgebrochen und hatte ungefähr 150 km³ Staub und Asche in die Atmosphäre geschleudert, die sich in den oberen Luftschichten wie ein Schleier um den gesamten Erdball legten. Die Abkühlung des Weltklimas durch den Ausbruch hielt noch bis 1819 an.
[Bearbeiten] Sonstiges
Die britische Schriftstellerin Mary Shelley verbrachte jenen Sommer mit Freunden in der Villa Diodati in der Nähe des Genfer Sees. Aufgrund des extrem schlechten Wetters konnten die Anwesenden oft das Haus nicht verlassen. So beschlossen sie, jeweils eine Schauergeschichte zu schreiben und den anderen vorzutragen. Mary Shelley schrieb die Geschichte Frankenstein und Byrons Leibarzt John Polidori (1795–1821) verfasste Vampyr – eine Vampirgeschichte lange vor dem Entstehen von Bram Stokers Dracula.
[Bearbeiten] Literatur
- Jelle Zeilinga de Boer und Donald T. Sanders: Das Jahr ohne Sommer, Essen 2004. ISBN 3-88400-412-3
- Hans Peter Treichler: Als ob das Ende käme: Die Hungerjahre 1816/17. In: Hans Peter Treichler: Die bewegliche Wildnis. Biedermeier und ferner Westen. Schweizer Verlaghaus AG, Zürich 1990, Seiten 27 - 50. ISBN 3-7263-6523-0
- Keith Briffa: Influence of volcanic eruptions on Northern Hemisphere summer temperature over the past 600 years, in: Nature 393 (Juni 1998), 450-455. (engl.)
- Charles R. Harington (Hrsg.): The Year Without a Summer? World Climate in 1816, Ottawa 1992. ISBN 0-660-13063-7 (engl.)
- William J. Humphreys: Volcanic dust and other factors in the production of climatic changes, and their possible relation to ice gases, in: J Franklin Inst (August 1913), 131–172. (engl.)
- Henry und Elizabeth Stommel: Volcano Weather. The Story of 1816, the Year Without a Summer, Newport (R. I.) 1983. ISBN 0-915160-71-4 (engl.)
- R. B. Stothers: The great Tambora eruption in 1815 and its aftermath, in: Science 224 (1984), 1191–1198.
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.winterplanet.de/Sommer1816/Jos-Teil1.html
- SWR2 Wissen: Tambora - Ein Vulkan macht Weltgeschichte, Radio-Feature (mit Manuskript zum Nachlesen) zum Ausbruch des Tamboras und der Hungersnot in Europa