Kreisreform Sachsen 2008
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Die Kreisreform Sachsen 2008 (oder Verwaltungs- und Funktionalreform 2008 / Kreisgebietsreform 2008) soll voraussichtlich mit Wirkung vom 1. Juli 2008 in Kraft treten. Eingebunden ist die Reform in eine Verwaltungsreform der sächsischen Landesbehörden. So soll auf der Grundlage eines durch eine Expertenkommission erarbeiteten Vorschlages ein Teil der staatlichen Aufgaben auf Kreise und Kommunen übertragen werden. Damit verbunden ist die Einsparung staatlicher Behörden. Eine vorgeschlagene Abschaffung der Regierungspräsidien wird nicht umgesetzt.
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[Bearbeiten] Die Pläne des Innenministeriums
Die 22 Landkreise sollen auf zehn und die sieben kreisfreien Städte auf drei reduziert werden. Der Referentenentwurf des "Gesetzes zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen" vom 19. Dezember 2006[1] sieht die folgenden Kreisneubildungen vor:
[Bearbeiten] Landkreis Bautzen
Der bisherige Landkreis Bautzen wird um das Gebiet des Landkreises Kamenz und der kreisfreien Stadt Hoyerswerda vergrößert. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Bautzen sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 2.391 km² umfassen und somit der flächengrößte Landkreis Sachsens sein. Seine Einwohnerzahl beträgt 340.329 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 283.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Erzgebirgskreis
Der Erzgebirgskreis wird das Gebiet der Landkreise Annaberg, Aue-Schwarzenberg, Stollberg und des Mittleren Erzgebirgskreises umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Annaberg-Buchholz sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 1.827 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 390.715 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 327.000 Einwohner haben und somit der einwohnerreichste der sächsischen Landkreise sein.
[Bearbeiten] Landkreis Leipzig
Der Landkreis Leipzig wird das Gebiet des Landkreises Leipziger Land und des Muldentalkreises umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung soll nicht in Grimma, sondern in Borna sein, um dessen Strukturschwäche auszugleichen. Hiergegen gibt es starken Widerstand im Muldentalkreis sowie von Staatskanzleichef Hermann Winkler (Wahlkreis Grimma). Diskussionen erregte auch die Finanzplanung des Kreises Leipziger Land, wonach derzeit bestehende Schulden erst 2009/2010 - also vom fusionierten Kreis - getilgt werden sollen.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 1.646 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 278.063 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 234.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Landkreis Meißen
Der bisherige Landkreis Meißen wird um das Gebiet des Landkreises Riesa-Großenhain vergrößert. Der Sitz der Kreisverwaltung wird in Meißen sein. Diese Kreisfusion ist weitgehend unumstritten. Beide Landkreise haben bereits zum 1. Januar 2007 ihre Sparkassen fusioniert.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 1.453 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 263.052 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 219.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Landkreis Mittelsachsen
Der Landkreis Mittelsachsen wird das Gebiet der Landkreise Döbeln, Freiberg und Mittweida umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Freiberg sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 2.111 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 346.546 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 298.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Neißekreis
Der Neißekreis wird das Gebiet des Landkreises Löbau-Zittau, des Niederschlesischen Oberlausitzkreises und der kreisfreien Stadt Görlitz umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Görlitz sein. Die Namensgebung für den künftigen Kreis ist jedoch noch äußerst umstritten. Es gibt viele heiß diskutierte Varianten wie z.B. "Niederschlesischer Oberlausitzkreis", "Neißekreis", "Landkreis Görlitz", "Landkreis Ostsachsen", "Ostoberlausitzkreis" und viele andere.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 2.106 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 295.538 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 241.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Landkreis Nordsachsen
Der neue Landkreis Nordsachsen wird das Gebiet der Landkreise Delitzsch und Torgau-Oschatz umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung wird in Torgau sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 2.020 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 218.078 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 184.000 Einwohner haben und somit der einwohnerschwächste der sächsischen Landkreise sein.
[Bearbeiten] Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wird das Gebiet des Landkreises Sächsische Schweiz und des Weißeritzkreises umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Pirna sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 1.654 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 260.684 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 217.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Vogtlandkreis
Der Vogtlandkreis wird um die kreisfreie Stadt Plauen vergrößert. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Plauen sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 1.654 km² umfassen. Seine Einwohnerzahl beträgt 258.538 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 224.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Landkreis Zwickau
Der neue Landkreis Zwickau wird das Gebiet der Landkreise Chemnitzer Land, Zwickauer Land und der kreisfreien Stadt Zwickau umfassen. Der Sitz der Kreisverwaltung soll in Zwickau sein.
Der neue Landkreis wird eine Fläche von 949 km² umfassen und somit der flächenkleinste aller sächsischen Landkreise sein. Seine Einwohnerzahl beträgt 358.915 Einwohner (Stand: 30. Juni 2006). Im Jahr 2020 wird er ca. 299.000 Einwohner haben.
[Bearbeiten] Überblick über Einwohnerzahlen und Ausdehnung der geplanten Kreise
Landkreis | Einwohnerzahl am 31. Dezember 2005 | Einwohnerzahl Prognose 2020 | Fläche in km² |
---|---|---|---|
Bautzen (Bautzen, Kamenz, Hoyerswerda) | 342.712 | 282.800 | 2.391 |
Erzgebirgskreis (Stollberg, Annaberg-Buchholz, Aue-Schwarzenberg, Mittlerer Erzgebirgskreis) | 393.225 | 326.500 | 1.828 |
Leipzig (Leipziger Land, Muldentalkreis) | 279.458 | 233.500 | 1.646 |
Meißen (Riesa-Großenhain, Meißen) | 264.722 | 219.400 | 1.452 |
Mittelsachsen (Freiberg, Mittweida, Döbeln) | 348.725 | 297.500 | 2.111 |
Neißekreis (Niederschlesischer Oberlausitzkreis, Löbau-Zittau, Görlitz) | 297.785 | 241.400 | 2.106 |
Nordsachsen (Delitzsch, Torgau-Oschatz) | 219.415 | 184.100 | 2.020 |
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (Weißeritzkreis, Sächsische Schweiz) | 262.082 | 217.200 | 1.654 |
Vogtlandkreis (Vogtlandkreis, Plauen) | 260.210 | 224.100 | 1.412 |
Zwickau (Chemnitzer Land, Zwickauer Land, Zwickau) | 361.001 | 299.000 | 949 |
[Bearbeiten] Reaktionen auf die Pläne des Innenministeriums
[Bearbeiten] Alternativvorschläge
[Bearbeiten] Großkreisvariante
Die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag schlug vor, dass man die bisherige Kreiszahl auf 5 bis 6 reduziert. Dies geht nach Aussage der Fraktion nur, wenn man auch konsequent mehr Kompetenzen auf diese Ebene überträgt. Für den Großkreis hatte sich u. a. der Muldentalkreis und sein Landrat Dr. Gerhard Gey eingesetzt.
[Bearbeiten] Reaktionen der Kreise
Die meisten Reaktionen kommunaler Handlungsträger auf die Planungen des Innenministeriums bezogen sich in den meisten Fällen auf die Wahl der neu festzulegenden Kreissitze oder bestimmte Fusionsabsichten. In Zwickau und Plauen führte der Verlust der Kreisfreiheit zu einem Dissenz zwischen Innenministerium und den Oberbürgermeistern der Städte.
[Bearbeiten] Muldentalkreis
Im Muldentalkreis werden die Pläne des Innenministeriums skeptisch gesehen. Es wird besonders die Wahl von Borna als Kreisstadt kritisiert. Nachdem mit dem Innenminister eine sachliche Auseinandersetzung in dieser Frage vereinbart war, dieser sich jedoch erneut für Borna aussprach, warf der Bürgermeister von Grimma Matthias Berger dem sächsischen Innenminister undemokratisches Verhalten vor.
Auf einer Bürgerversammlung am 12. Dezember 2006 in Grimma, an der ca. 300 Bürgerinnen und Bürger teilnahmen, wurde beschlossen, in Form einer Demonstration den Unmut zu äußern.
Der Kabinettsbeschluss - geplant am 12. Dezember 2006 - zu dieser Frage, platzte, da es auch aufgrund der Kreissitze noch Unstimmigkeiten gab. Der Chef der Staatskanzlei, Hermann Winkler, dessen Wahlkreis Grimma ist, machte deutlich, dass er sich weiterhin für Grimma einsetzen werde. [2]
Mittlerweile wird im Muldentalkreis erwogen, gegen die Reform an sich zu klagen, da die Fehlbeträge von ca. 6 Mio. Euro im derzeitigen Haushaltsjahr des Landkreises Leipziger Land vom fusionieren Kreis getragen werden sollen.
[Bearbeiten] Torgau-Oschatz
Obwohl sich der Kreistag von Torgau-Oschatz einstimmig gegen die Fusion mit Delitzsch ausgesprochen hat, sieht das Sächsische Staatsministerium des Innern weiterhin die Fusion der beiden Landkreise vor. Von den Gegnern wird erstens angeführt, dass es zwischen den Randteilen des Kreises (z.B. Schkeuditz und Oschatz) keinerlei identitätsstiftende Merkmale oder Beziehungen gibt. Das geplante Gebilde ist rein künstlich. Befürchtet wird weiterhin im Landkreis Torgau-Oschatz, dass die schwache finanzielle Lage des Landkreises Delitzsch den neuen Kreis insgesamt nach hinten wirft und man quasi dessen Schulden mitbezahlen muss.
[Bearbeiten] Plauen
Plauen möchte seine Kreisfreiheit nicht verlieren und gab eine Alternative zur Fusion mit dem Vogtlandkreis bekannt. Der Plan sieht vor, die Kreisfreiheit zu behalten, aber die Ämter mit dem Vogtlandkreis zusammenzulegen. Auch die Stadt Zwickau hat an diesem Plan Interesse bekundet, weil auch sie befürchtet, weniger finanzielle Zuwendungen zu bekommen. Das sächsische Innenministerium hat auf den Vorstoß von Plauen noch keine Stellungnahme gegeben.
[Bearbeiten] Löbau-Zittau
In der südlichen Oberlausitz wird die Kreisreform skeptisch gesehen. Kritiker bemängeln das es zu einer Zweiteilung der Oberlausitz komme, was den Wünschen der meisten Bürger widerspräche. Außerdem sei ein Großkreis Oberlausitz die logische Konsequenz des dramatischen Bevölkerungsrückgangs. Weiterhin wird bemängelt das durch die Vereinigung der Kreise Löbau-Zittau, des Niederschlesischen Oberlausitzkreises und Görlitz ein struktur- und finanzschwacher Kreis entstünde der dauerhaft auf Beihilfen von außerhalb angewiesen sei. Konflikte bestehen zudem bei der Integration des schlesischen Erbes, welches der Kreis Löbau- Zittau nicht teilt. Während die Mehrheit der Bürger die geplante Kreisreform in Umfragen ablehnt und ein Zusammengehen mit Bautzen bevorzugt sendet die Politik widersprüchliche Signale. Sprachen sich einige Orte im Norden des Kreises für ein Zusammengehen mit Görlitz aus so votierten gerade Orte im Oberland für Bautzen. Die Stadt Zittau beschloss die Kreisreform abzulehnen, der Landrat des Kreies Löbau-Zittau allerdings begrüßt sie.
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ Gesetzentwurf Sächsisches Kreisgebietsneugliederungsgesetz
- ↑ Quelle: http://mephisto976.uni-leipzig.de/artikel,19061.html