Laurence-Moon-Biedl-Bardet-Syndrom
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Klassifikation nach ICD-10 | ||
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Q87.8 | Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungssyndrome, anderenorts nicht klassifiziert | |
ICD-10 online (WHO-Version 2006) |
Das Laurence-Moon-Biedl-Bardet-Syndrom (LMBBS) ist eine angeborene und nicht ursächlich heilbare Behinderung auf der Grundlage einer autosomal-rezessiv vererbbaren Genmutation, deren Ursache noch nicht geklärt werden konnte. Es werden zwei Syndromtypen unterschieden: Laurence-Moon-Syndrom und Biedl-Bardet-Syndrom.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Auftretenshäufigkeit und Entstehung
Das LMBB-Syndrom ist vergleichsweise selten. In Deutschland sind beispielsweise lediglich etwa zehn Personen mit der Diagnose des Syndroms Typ Biedl-Bardet bekannt, weltweit sind es wenige hundert. Die durchschnittliche Auftrittswahrscheinlichkeit des Biedl-Bardet-Typs beträgt zwischen 1:160.000 und 1: 15.000, der Laurence-Moon-Typ ist noch seltener.
Grundlage dieser Behinderung ist eine Genmutation, die relevanten Genorte für den Biedl-Bardet-Typ sind 16q21 und 11q13. Wodurch die Mutation hervorgerufen wird, ist bislang unklar; in Betracht kommen könnten eine Enzymopathie, eine Störung der hypothalamo-hypophysären Funktion oder ein Kinesin-Defekt. Etwa 50 % der Kinder mit dem Syndrom stammen aus inzestuösen Beziehungen (Verwandtenverbindungen).
[Bearbeiten] Geschichte
Das Syndrom wurde unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten erstmals zu verschiedenen Zeiten von George Bardet (Mitte 19. Jahrhundert, Fachgebiet Allgemeinmedizin), Artur Biedl (Mitte 19. Jahrhundert, Fachgebiet Endokrinologie), Robert Moon (1921/1922, Fachgebiet Augenheilkunde und John Laurence (1921/1922, Fachgebiet Diabetologie) beschrieben. 1925 wurden die Forschungen zur Symptomatik vorerst abgeschlossen und das Behinderungsbild bekam den Namen Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom, der später zu Bardet-Biedl-Syndrom verkürzt wurde.
[Bearbeiten] Merkmale
Im Bereich der klinischen Symptomatik wird unterschieden in das Laurence-Moon-Syndrom (ohne Polydaktylie und Adipositas, dafür aber mit Paraplegie und Muskelhypotonie) und das Bardet-Biedl-Syndrom (mit Polydaktylie, Adipositas und Besonderheiten der Nieren). Nicht alle Menschen mit dieser Besonderheit zeigen alle Merkmale und nicht alle Merkmale sind in gleich starker Ausprägung nachweisbar; es muss bei der Diagnose eine starke intrafamiliäre Expressivität beachtet werden. Gehäuft sind bei Menschen mit dieser Genmutation folgende Kennzeichen festzustellen:
- Gesicht, Augen und Ohren
- verbreiterte Nasenwurzel
- kurzer Hals
- unterdurchschnittliche Zahl der Zähne
- Retinitis pigmentosa, ggf. daraus resultierende Blindheit
- Hemeralopie
- nach unten außen abfallende Lidwinkel
- Schwerhörigkeit
- vergleichsweise tief liegende Ohren
- Extremitäten
- Polydaktylie, häufig der Zehen
- Körper
- Adipositas (Übergewicht)
- Diabetes mellitus
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Minderwuchs
- Muskelhypotonie (Muskelschwäche)
- Fehlbildungen der Eierstöcke bzw. Unterentwicklung von Penis und Hodensack, Gegeneration der Hoden-Tubuli, Leydig-Zell-Hypoplasie (Hyogenitalismus, Hypogonadismus)
- Fehlbildungen im Bereich der Leber und der Gallenwege
- Anfälligkeit für Erkrankungen der Nieren, häufig primäre Nierenhypoplasie mit Pyelonephritis und Urämie
- sonstiges
- kognitive Behinderung unterschiedlichen Schweregerades
- Störungen der Motorik
- Antriebsschwäche
- verzögerte oder ausbleibende Pubertät
[Bearbeiten] Behandlung und Differentialdiagnostik
Das Syndrom ist nicht ursächlich heilbar, lediglich die Symptome können behandelt werden. Als Differentialdiagnose kommen das Alström-Syndrom, das Börjeson-Forssman-Lehmann-Syndrom, das Prader-Willi-Syndrom, das Smith-Lemli-Opitz-Syndrom und das Cohen-Syndrom in Frage.
[Bearbeiten] Weblinks
- Kurzbeschreibung des BBS
- BBS-Typen
- Forschung
- Erfahrungsbericht Forian, *1995
- Erfahrungsbericht Olivia, *1989
- Leona e.V. - Verein von und für Eltern von Kindern mit seltenen Chromosomenbesonderheiten
[Bearbeiten] Literatur
- Gerhard Neuhäuser: Syndrome bei Menschen mit geistiger Behinderung. Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen, Lebenshilfe-Verlag, Marburg 2004, ISBN 3-88617-307-0
- Regine Witkowski u.a.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Ursachen, Genetik und Risiken, Springer Berlin 2003, ISBN 3-540-44305-3