Leitstand
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Ein Leitstand oder Leitwarte ist eine technische Einrichtung (Leiteinrichtung), die den Menschen bei der Leitung eines Prozesses unterstützt. In diesem Zusammenhang ist "Leiten die Gesamtheit aller Maßnahmen, die einen im Sinne festgelegter Ziele erwünschten Ablauf eines Prozesses bewirken" (DIN 19222). Die Maßnahmen werden vorwiegend unter Mitwirkung des Menschen aufgrund der aus dem Prozess oder aus der Umgebung erhaltenen Daten mit Hilfe der Leiteinrichtung getroffen. Sollwerte, Sollzustände oder Gütekriterien können hierbei Ziele sein. Ein Leitstand verfügt daher über ein oder mehrere Geräte oder Verbindungen zu Geräten zum Messen, Regeln, Steuern, Anzeigen, Alarmieren, Registrieren, Schalten oder Rechnen. Es gibt weiterhin Leitstände für die Produktion, für die Leitung von Prozessen, Fertigungsleitstände für Linienfertigung oder Werkstattfertigung, Kraftwerks- , Netz- , Gebäude- und Verkehrsleitstände, Weltraumverkehr (Satelliten/Space shuttle), Umweltüberwachung und für militärische Einsätze.
[Bearbeiten] Bedeutung im Kraftwerk
Eine besondere Bedeutung kommt dem Leitstand im Kraftwerk zu. In ihm laufen als eine zentrale Sammelstelle sämtliche relevanten Anlagen- und verfahrenstechnische Informationen und Messwerte zusammen, die an den unterschiedlichsten Stellen im Kraftwerk gemessen werden. Im einzelnen sind das beispielsweise bei einem Kohlekraftwerk:
- Armaturen und Antriebe
- Stellung von Sicherheitsventilen
- Betrieb von elektrischen und pneumatischen Antrieben
- Dampfkessel
- Brennersteuerung
- Brennstoffüberwachung
- Temperatur und Druck des Dampfes
- Dampfmenge
- Generator
- Synchronsierung auf die Netzfrequenz
- Spannungsregelung
- Elektrische Erregung zur Regelung der Scheinleistung
- Dampfturbine und Kondensator
- Drehzahl
- Dampfdurchsatz
- Schwingungen der Turbinenwelle
- Temperatur des Abdampfes
- Ein- und Austrittstemperatur des Kühlwassers
- Rauchgasreinigung
- Kühlturm
- Außentemperatur
- Kühlwassermenge
- Wasserzustand
Die Übertragung der Messwerte in die Leitwarte erfolgt wegen der großen Entfernungen von den Messstellen auf elektrischem Wege. In der Leitwarte eines modernen Kraftwerkes werden heute beispielsweise mehrere tausend Antriebe an Armaturen und sonstigen Maschinen mit ihren zugehörigen Messstellen überwacht, gesteuert und geregelt. Im Kernkraftwerk kommt dem Leitstand als weitere Aufgabe der Schutz des Bedienpersonales vor übermäßiger Strahlung im Strahlenschutzbereich zu. Wegen der Komplexität der zu überwachenden Vorgänge muss ein Kraftwerks-Leitstand in einem besonderen Maße den Grundsätzen der Ergonomie entsprechen.
Die Tätigkeit des Bedienpersonals in der Leitwarte eines Kraftwerkes erfordert eine hohe Qualifikation. Sie wird in einer betrieblichen Berufsausbildung im Kraftwerk vermittelt, daneben gibt es für die Aus- und Weiterbildung eine Kraftwerksschule (für konventionelle Kraftwerke) und ein Simulatorzentrum (für Kernkraftwerke) in Essen-Kupferdreh, wo sich innerhalb originalgetreu nachgebauter Warten sämtliche Betriebszenarien eines Kraftwerkes vom Normalfall bis hin zum Störfall und GAU simulieren lassen.