Leon de Winter
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Leon de Winter (* 24. Februar 1954 in 's-Hertogenbosch, Niederlande) ist ein niederländischer Schriftsteller.
Leon de Winter ist ein Sohn niederländisch-orthodoxer Juden, die den Holocaust in einem Versteck überlebten, das ihnen von katholischen Priestern und Nonnen zur Verfügung gestellt worden war.
Nach einer Ausbildung bei der Bavaria Filmakademie in München studierte de Winter an der Filmakademie in Amsterdam, die er jedoch ein Jahr vor dem Abschlussexamen verließ. Er veröffentlichte bereits im Alter von 24 Jahren seinen ersten Roman. Er lebt und arbeitet heute in Amsterdam und Los Angeles und ist mit der Schriftstellerin Jessica Durlacher verheiratet . Sein Werk umfasst Romane, Erzählungen und Drehbücher, die er teilweise selbst realisierte. Der Himmel von Hollywood wurde von Sönke Wortmann verfilmt.
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[Bearbeiten] Werk
Obwohl die Filmkunst seinen Hintergrund bildet, ist de Winter hauptsächlich als Romanautor bekannt geworden. Daneben erlangte er in der Vergangenheit zunehmend Bekanntheit als Blogger mit dezidiert islamkritischen und pro-israelischen Standpunkten (Siehe unten). Seine in Niederländisch geschriebenen Romane zeigen bei aller Verschiedenheit sich häufig wiederholende Motive und weisen zum Teil starke autobiographische Züge auf: So sind de Winters Hauptfiguren, welche häufig als Ich-Erzähler auftreten, durchweg männlich und jüdischer Herkunft und oft Niederländer. Alle setzen sich in unterschiedlicher Art und Weise mit ihrem Judentum auseinander, dies erreicht im Roman "Zionoco" absurd-komische Züge, in "Sokolovs Universum" führt es die Handlung nach Israel und führt zum Plädoyer für den jüdischen Staat. Ebenso setzt sich de Winter häufig mit der Beziehung zu einem übermächtigen, unerreichbaren, aber ungeliebten Vater auseinander, beispielhaft im Roman "Supertex". De Winter beleuchtet gerne das Spiel der Geschlechter und arbeitet oft mit den Problemen, die seinen Hauptfiguren aus dem Spannungsfeld von Ehe, Treue, Lust und Sex erwachsen. Leon de Winters Romane zeigen eine sehr lebendige, häufig der Alltagssprache entnommene Wortwahl, die, z.B. im Roman "Hoffmans Hunger" z.T. drastische Ausdrücke gebraucht. Daneben verwendet er häufig jiddische Einsprengsel.
[Bearbeiten] Kontroverse mit Theo van Gogh
Der Regisseur Theo van Gogh warf de Winter „Vermarktung seines Judentums“ vor und attackierte ihn heftig mit teilweise als antisemitisch empfundenen Äußerungen seit 1984.
In einem Interview mit der Welt äußerte Winter, er habe sich einmal vorgenommen, „ein gutes Glas Wein auf die Nachricht vom Tode Theo van Goghs zu trinken“. Für ihn sei er von jeher „ein widerlicher Mensch gewesen“. Van Gogh hatte in einem viel gelesenen Amsterdamer Studentenblatt geschrieben, de Winter könne „mit seiner Frau erst miteinander schlafen, wenn sie Stacheldraht um seinen Penis gewickelt hätte“. Er würde dann auf dem Höhepunkt ‚Auschwitz! Auschwitz!‘ rufen. Der Vater von de Winters Frau hatte Auschwitz überlebt.[1]
Faszinierend sei bei solchen Angriffen „das tiefe Schweigen im Umfeld“ gewesen. In der Redaktion des Studentenblatts sei niemandem aufgefallen, was van Gogh anrichtete. Beistand sei in all den Jahren praktisch nur von Juden gekommen; die Kollegen seien bis auf wenige Ausnahmen stumm geblieben.[1]
[Bearbeiten] Meinungen zu Islam und Islamismus
In einem Interview im Nachrichtenmagazin Der Spiegel mit Henryk M. Broder vertritt de Winter den Einsatz nicht rechtsstaatlicher Mittel im Umgang mit islamistischen Terroristen, wie etwa die Behandlung der Häftlinge in Guantanamo und unter bestimmten Umständen die symbolische Verhängung der Todesstrafe, die nicht zu vollziehen sei. Anlass ist unter anderem der Mord an dem Filmemacher Theo van Gogh. Im Sinne eines „neuen Totalitarismus“ äußert er im Interview: „Nach dem linken Faschismus der Sowjets, nach dem rechten Faschismus der Nazis, ist der Islamismus der Faschismus des 21. Jahrhunderts.“[2]
In einem Artikel in der Zeit urteilt er, dass selbst in den toleranten Niederlanden die islamischen Vorstellungen von Respekt, Ehre und Scham mit westlichen Werten nicht harmonieren können: Gerade die zunehmende „Selbstbefreiung“ der Frauen nordafrikanischer Herkunft in den Niederlanden werde als Machtverlust und Bedrohung der Ehre ihrer männlichen Verwandten empfunden. Es sei auch bemerkenswert, dass die meisten niederländischen Muslime den Mörder van Goghs nicht als frommen Muslim akzeptierten, sondern ihn als Häretiker brandmarkten, sich somit durch Distanzierung von jeder moralischen Verantwortung entledigten.[3]
Er führte zeitweise ein Blog auf welt.de mit dem Namen "The Free West", in dem er seine politische Meinungen und Darstellungen zu aktuellen und relevanten Themen der Poltik (Außenpolitik, Sicherheitspolitik, insbesondere das Thema Terrorismus und Islamismus) darstellte.
[Bearbeiten] Werke in deutscher Übersetzung (Auswahl)
- Die (Ver)Bildung des jüngeren Dürer (1979). Roman. Diogenes, Zürich 1986 (dt.) ; Neuausgabe unter dem Titel Nur weg hier! Die Abenteuer eines neuen Taugenichts. Diogenes, Zürich 1992. ISBN 3-7466-1471-6
- Place de la Bastille (1981). Roman. Diogenes, Zürich 2005 (dt.). ISBN 3-257-06496-9
- Leo Kaplan (1986). Roman. Diogenes, Zürich 2001 (dt.). ISBN 3-257-23317-5
- Hoffmanns Hunger (1990). Roman. Diogenes, Zürich 1994 (dt.). ISBN 3-257-22831-7
- SuperTex (1991). Roman. Diogenes, Zürich 1994 (dt.). ISBN 3-257-22872-4
- Sokolows Universum (1992). Roman. Diogenes, Zürich 2001 (dt.). ISBN 3-257-23288-8
- Serenade (1995). Roman. Diogenes, Zürich 1996 (dt.). ISBN 3-257-22972-0
- Zionoco (1995). Roman. Diogenes, Zürich 1997 (dt.). ISBN 3-257-23017-6
- Der Himmel von Hollywood (1997). Roman. Diogenes, Zürich 1998 (dt.). ISBN 3-257-23143-1
- Malibu (2002). Roman. Diogenes, Zürich 2003 (dt.). ISBN 3-257-23434-1
[Bearbeiten] Filmografie
Drehbuch
- 1991 - Das Zeichen (De Johnsons) – Regie: Rudolf van den Berg
- 1993 - Hoffmans Hunger (Hoffman’s honger) - auch Regie
- 2001 - Der Himmel von Hollywood – Regie: Sönke Wortmann
Literarische Vorlage
- 2003 - Supertex - Eine Stunde im Paradies – Regie: Jan Schütte
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1973 Ontmoetingsprijs Stichting Literaire Dagen
- 1979 Reina Prinsen Geerligsprijs
- 2002 WELT-Literaturpreis
- 2006 Buber-Rosenzweig-Medaille
[Bearbeiten] Quellenangaben
- ↑ a b Leon de Winter: Ein Glas Wein auf Theo van Gogh. in: Die Welt. Springer, Berlin 27. November 2004.
- ↑ Henryk M. Broder: Manchmal haben wir nur die Wahl zwischen Desaster und Katastrophe. Interview mit L. de Winter. in: Der Spiegel. Hamburg 1. August 2005. ISSN 0038-7452 Artikel im Spiegelarchiv
- ↑ Leon de Winter: Vor den Trümmern des großen Traums. in: Die Zeit. Hamburg 18. November 2004. ISSN 0044-2070
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Leon de Winter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bibliographie der Sekundärliteratur, Universität Wien, Institut für Niederlandistik
- Poetenfest Erlangen 2001
- Officiële website van de roman God's Gym van Leon de Winter (niederländisch)
[Bearbeiten] Artikel
- Holländisches Tagebuch - nach van Goghs Ermordung für Die Welt geführt
- deutsche Presseartikel zu De Winter, Universität Wien, Institut für Niederlandistik
- Leon de Winter über Theo van Gogh: 'Die Toleranz verteidigen' - Hagalil.com, November 2004
- Robert Misik: Einer, der lieber übertreibt. In: die tageszeitung. Berlin 6. März 2006. ISSN 0931-9085
- Eberhard Seidel: Gesundes Volksempfinden 2006 In: die tageszeitung. Berlin 7. Oktober 2006. ISSN 0931-9085
Personendaten | |
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NAME | Winter, Leon de |
KURZBESCHREIBUNG | niederländischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 26. Februar 1954 |
GEBURTSORT | Herzogenbusch, Niederlande |