Ludwig Hassenpflug
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Hans Daniel Ludwig Friedrich Hassenpflug (* 26. Februar 1794 in Hanau; † 10. Oktober 1862 in Marburg) war ein hessen-kasselischer Politiker des 19. Jahrhunderts. Zu unrühmlicher Bekanntheit gelangte der mehrmalige kurhessische Staatsminister durch seine jahrelangen politischen Auseinandersetzungen mit dem Landtag des Kurfürstentums Hessen.
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[Bearbeiten] Leben
Ludwig Hassenpflug wurde 1794 als einziger Sohn von fünf Kindern des Amtsvorstehers von Altenhaßlau und späteren Kasseler Regierungspräsidenten Johannes Hassenpflug im landgräflich-hessischen Hanau geboren. Bei ihm paarte sich eine antirevolutionär-nationalistische Haltung mit einem stark mystisch-pietistischen Gottesglauben und einer romantisch-organischen Staats- und Rechtsauffassung. Der Hochkonservative Hassenpflug bekämpfte den Liberalismus als Weltanschauung und trat für einen starken monarchischen Staat ein.
Nach seinem Göttinger Jurastudium 1812-1815 und freiwilligem Kriegsdienst trat Hassenpflug 1816 in die Kasseler Regierung ein und wurde 1821 bereits zum Assessor beim Kasseler Oberappellationsgericht befördert. 1832 berief ihn der Mitregent Kurprinz Friedrich Wilhelm zum Innen- und Justizminister. Hassenpflug ging gegen die relativ progressive Kurhessische Verfassung von 1831 vor und ließ es zu heftigen politischen Auseinandersetzungen mit dem mehrheitlich liberalen Kasseler Landtag kommen. Am Ende überstand er vier Ministeranklageverfahren, bis er nach persönlichem wie politischem Zwist mit dem Landesherrn Kassel verließ.
Nach Zwischenstationen als Geheimer Konferenzrat in Hohenzollern-Sigmaringen (1838/39) und Zivilgouverneur im Großherzogtum Luxemburg (1839/40) wurde er vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV 1841 als Obertribunalsrat nach Berlin berufen. 1846 übernahm er die Stellung eines Präsidenten des Oberappellationsgerichts in Greifswald. Noch einmal kehrte er nach Kassel zurück. Im Februar 1850 folgte er dem Ruf seines ehemaligen Landesherrn, des nunmehrigen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. Als kurhessischer Innen- und Justizminister ging er erneut unerbittlich gegen alle liberalen Regungen im Lande vor, löste den Landtag nach dessen Steuerverweigerung 1850 auf und ließ es nach der spektakulären Eidverweigerung des Offizierskorps sogar bis zur Bundesexekution mit dem Einmarsch preußischer und bayerischer Truppen kommen. Aber nach fünf Jahren einer zweiten Ministerperiode verließ er im Oktober 1855 wiederum im Streit mit dem Regenten sein Amt. Jetzt zog er sich ganz aus seinen Berufsgeschäften zurück und lebte noch rund sieben Jahre als angefeindeter Pensionär in seinem selbstgewählten „Exil“ in Marburg. Hier arbeitete er mit rastloser Energie an seinen Lebenserinnerungen. Mit 68 Jahren starb er im Oktober 1862.
Hassenpflug wurde seit den 1830er Jahren von der liberalen Publizistik (u.a. im Kladderadatsch) scharf angegriffen. Nach 1850 zählte er zu den berüchtigtsten deutschen Politikern. Der Historiker Heinrich von Sybel verkürzte seinen Vornamen in diffamierender Absicht zu „Hans Daniel“ und ließ den Rufnamen Ludwig ganz fortfallen, um dem Porträtierten ein bäurisch-jüdisches Wesen nachzusagen.
Hassenpflug war seit seiner Jugend mit den Brüdern Grimm befreundet und heiratete 1822 deren Schwester Charlotte (1793-1833), mit der zusammen er sechs Kinder hatte, von denen vier die Kleinkindzeit überlebten. Am bekanntesten von ihnen wurde der Bildhauer Carl Hassenpflug (1824-1890). In zweiter Ehe war Ludwig Hassenpflug seit 1837 mit Agnes von Münchhausen verheiratet. Aus dieser Ehe gingen acht Kinder hervor. Der bekannteste Nachfahre war Walter Hassenpflug (1855-1921), seit 1911 Kurator der Universität Marburg.
Sein Nachlass im Hessischen Staatsarchiv Marburg enthält Erinnerungsfragmente, Privatkorrespondenz und dienstliches Schriftgut. Darüber hinaus befinden sich zahlreiche Erinnerungsstücke im Brüder Grimm-Museum Kassel sowie im Privatbesitz seiner Nachfahren.
[Bearbeiten] Werke
- Actenstücke, die landständischen Anklagen wider den kurfürstlich hessischen Staatsminister Hans Dan. Ludw. Friedr. Hassenpflug betreffend. Ein Beitrag zur Zeitgeschichte und zum neuern deutschen Staatsrechte. Die Vertheidigungsschriften von dem Angeklagten selbst und von Professor Dr. R.[obert] Mohl in Tübingen. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1836.
- Kleinere Schriften juristischen Inhalts. Bd. 1. Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1845.
- Die Superintendenten in der ersten Kammer der Landstände in Kurhessen. Zuerst als Manuscript gedruckt, nun mit einem Nachwort in Beziehung auf das Gutachten, die neuesten Vorgänge in der evangelischen Kirche des Kurfürstenthums Hessen betr. Cassel: Bertram, 1856. [erschien unter dem Namen Richter].
- Brüder Grimm. Briefwechsel mit Ludwig Hassenpflug (einschließlich der Briefwechsel zwischen Ludwig Hassenpflug und Dorothea Grimm, geb. Wild, Charlotte Hassenpflug, geb. Grimm, ihren Kindern und Amalie Hassenpflug). Hrsg. von Ewald Grothe. Kassel/Berlin: Brüder Grimm-Gesellschaft e.V., 2000 (= Brüder Grimm. Werke und Briefwechsel. Kasseler Ausgabe. Briefe, 2). [ISBN 3-929633-64-7]
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- E.[ckhart] G. Franz: Hassenpflug, Hans Daniel Ludwig Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. 8. Berlin: Duncker & Humblot, 1969, S. 46f.
- Robert Friderici: Ludwig Hassenpflug (1794–1862)/Kurhessischer Staatsminister. In: Ingeborg Schnack (Hrsg.): Lebensbilder aus Kurhessen und Waldeck 1830–1930. Bd. 5, Marburg: Elwert, 1955 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, 20,5), S. 101–121.
- Ewald Grothe: Hassenpflug und die Revolution. Zu Weltanschauung und Politik eines kurhessischen Hochkonservativen. In: Winfried Speitkamp (Hrsg.): Staat, Gesellschaft, Wissenschaft. Beiträge zur modernen hessischen Geschichte. Marburg: Elwert, 1994 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, 55), S. 53–72.
- Ewald Grothe: Sehnsucht nach Preußen. Der Berufsweg des kurhessischen Ministers Ludwig Hassenpflug nach seiner Entlassung 1837–1840. In: Jahrbuch der Brüder Grimm-Gesellschaft 4 (1994), S. 81–102.
- Ewald Grothe: Verfassungsgebung und Verfassungskonflikt. Das Kurfürstentum Hessen in der ersten Ära Hassenpflug 1830–1837. Berlin: Duncker & Humblot, 1996 (= Schriften zur Verfassungsgeschichte, 48). [ISBN 3-428-08509-4]
- Ewald Grothe: Persönliche Sympathie und politischer Dissens. Ludwig Hassenpflug und die Brüder Grimm. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 51 (2001), S. 149-167.
- Philipp Losch: Ludwig Hassenpflug, ein Staatsmann des 19. Jahrhunderts (Vom Romantiker zum Mystiker). In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 62 (1940), S. 59–159.
- Heinrich v. Sybel: Hans Daniel Hassenpflug. In: Historische Zeitschrift 71 (1893), S. 48–67.
- A.[ugust] F.[riedrich] C.[hristian] Vilmar: Hassenpflug, Hans Daniel Ludwig Friedrich. In: Herrmann Wagener (Hrsg.): Neues Conversations-Lexikon. Staats- und Gesellschafts-Lexikon. Bd. 9. Berlin: Heinicke, 1862, S. 157–162 [Neudruck u.d.T.: Ludwig Hassenpflug. Eine biographische Charakterskizze. In: Hessische Blätter 26 (1894), Nr. 2026 ff.].
- [Karl] Wippermann: Hassenpflug. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 11. Berlin: Duncker & Humblot, 1880, S. 1–9.
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Ludwig Hassenpflug im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Karl Wippermann: Hassenpflug, Hans Daniel Ludwig Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 11, S. 1–9.
Personendaten | |
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NAME | Hassenpflug, Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | hessischer Politiker im 19. Jahrhundert |
GEBURTSDATUM | 26. Februar 1794 |
GEBURTSORT | Hanau |
STERBEDATUM | 10. Oktober 1862 |
STERBEORT | Marburg |