Marienkirche (Brandenburg an der Havel)
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Die ehemalige Marienkirche bei den Städten Brandenburg an der Havel (Altstadt Brandenburg und Neustadt Brandenburg) befand sich bis 1722 auf der Kuppe des Harlunger Berges an der Stelle eines wendischen Haupttempels der slawischen Gottheit Triglaw (Triglaf).
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[Bearbeiten] Baugeschichte
Um das Jahr 1220 wurde unter Leitung von Bischof Gernand an Stelle eines unbedeutenden Vorgängerbaus, dessen Aussehen nicht näher belegt ist, die Marienkirche auf dem Grundriss eines gleichschenkligen (griechischen) Kreuzes aufgeführt, in dessen Ecken jeweils vier Türme aufragten.
Der ursprüngliche Kernbau füllte ein Quadrat von etwa 45m x 45m aus. Für die Höhe der zentralen Kuppel sind ungefähr 18m anzunehmen, die Türme erhoben sich circa 35m über dem Kirchenboden.
Nach Westen zu wurde später, ähnlich wie beim Aachener Dom, ein gotischer Chor angefügt.
Der Baustil des Hauptgebäudes kann als Übergang vom spätromanischen zum frühgotischen Stil angesehen werden, während die Kapelle alle stilistischen Merkmale der Hochgotik aufwies.
[Bearbeiten] Funktion
Offenbar wurde die Marienkirche von Anfang an als Wallfahrtskirche angelegt. Als solche genoss sie einen europäischen Ruf.
Des Weiteren diente das Sakralbauwerk als Mittelpunkt eines Prämonstratenser-Klosters, bzw. Chorherren-Stiftes.
In der Zeit der europäischen kirchenreformatorischen Bewegung (Johannes Hus) kam es zu erbitterten Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit und Vertretbarkeit der Wallfahrts-"Industrie". Im Zuge dieser Streitigkeiten büßte die Marienkirche erstmals große Einnahmesummen ein.
Mit der Einführung der Reformation in der Mark Brandenburg wurde das prämonstratensische Chorherrenstift aufgelöst und die Kirche mitsamt ihrem Besitz säkularisiert.
[Bearbeiten] weitere Geschichte
Mit dieser Maßnahme begann der Verfall des außerhalb der Stadtmauern gelegenen Bauwerkes.
Obschon die Städte Brandenburg, vornehmlich der Magistrat der Altstadt um den Erhalt des für Norddeutschland einmaligen Bauwerkes bemüht war - man stellte einige Personen zur Bewachung ab - wurde die Gesamtanlage mehr und mehr zum Schlupfwinkel lichtscheuer Gestalten. Als etwa 50 Jahre nach Auflassung des Gebäudes die Kuppeln der Schiffe und Türme einzustürzen begannen, wurde die Marienkirche und ihre angrenzenden Gebäude als Steinbruch von der ansässigen Bevölkerung ausgebeutet.
Um diesem Diebstahl an seinem Eigentum vorzubeugen und Steine für das Potsdamer Militärwaisenhaus zu gewinnen, befahl der preußische König Friedrich Wilhelm I. (Soldatenkönig) gegen den massiven Widerstand der städtischen Behörden Brandenburgs 1722 den Abriss der Ruine, mit dem am 20. April 1722 begonnen wurde.
Angeblich soll ein Oberst Pini den Anlass zum Abrissentscheid mit einer Geschichte über einen Prämonstratenser-Schatz unter der Kirche gegeben haben.
Der Kommandeur des in Brandenburg stationierten preußischen Infanterie-Regimentes Nr.1, Oberst Ewald Wedig von Massow, soll für seinen Neubau eines repräsentativen Stadthauses ebenfalls Steine aus der Abrissmasse bezogen haben. Allerdings wurden weder im Komplex des Potsdamer Militärwaisenhauses noch im Brandenburger "Frey-Hause" (heute Sitz des Stadtmuseums in der Ritterstraße) Steine gefunden, deren Herkunft sich eindeutig auf die Marienkirche zurückverfolgen ließe.
Für den Soldatenkönig erwies sich das Abbruchunternehmen als Zuschussgeschäft. Der von Pini beschworene Schatz wurde nicht gefunden, die Transportkosten überstiegen den Wert des gewonnenen Baumaterials.
Letzte Fundamentreste wurden bei der Neuanlage des städtischen Wasserkessels Anfang der Sechziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts entfernt.
[Bearbeiten] Ausstattung
Über die Innenausstattung der Marienkirche ist wenig bekannt. Einige liturgische Textilien, ein Grundbuch und andere gering umfängliche Archivalien, sowie mutmaßlich eine kleine Glocke sollen nach der Aufgabe des Bauwerkes ihren Weg in den Besitz des Brandenburger Domes gefunden haben, dessen angeschlossenes Kloster ebenfalls dem Prämonstratenserorden unterstand.
Eine Triglafstatue soll bis in das sechzehnte Jahrhundert hinein in der Marienkirche ausgestellt worden sein, bevor sie an den dänischen Königshof weggegeben wurde. Nachforschungen nach dem Verbleib dieses Götzenbildes erbrachten jedoch bislang noch keine greifbaren Ergebnisse.
[Bearbeiten] Bedeutung
Für die Städte Brandenburg hatte die Wallfahrtskirche auf dem Harlunger Berge eine enorme und überregionale Bedeutung. Zum ersten trugen die Pilgerströme Geld und merkantilen Umsatz in die Region und nahmen den Ruf der "Chur- und Hauptstadt der Mark" mit in ihre Heimat. Mit dem Versiegen dieser Quelle erlitten sowohl der Prämonstratenser-Orden als auch die Städte Brandenburg empfindliche Verluste.
Ein anderer Aspekt ist die Bedeutung als architektonische Ausnahmeerscheinung im norddeutschen Raum. Der Grundriss eines gleichschenkligen Kreuzes ist für diesen Raum nur sehr selten nachgewiesen. Die Schönheit und Ausgeglichenheit der Proportionen des Bauwerkes, von dem zwei Modelle (Stadtmuseum von Brandenburg an der Havel im "Frey-Haus" (Holz) und Schatzkammer des Domes St. Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel (Ton-Modell)) erhalten geblieben sind, wurden weit gerühmt.
[Bearbeiten] Nachwirkung
Der Romantiker auf dem preußischen Thron, König Friedrich Wilhelm IV. soll bisher noch nicht sicher belegten Aussagen zufolge mit dem Plan gespielt haben, die Marienkirche wieder aufzurichten. Allerdings kam es zu keiner auch nur ansatzweisen Umsetzung dieser Idee, da die verfügbaren finanziellen Mittel der Fertigstellung des Kölner Domes zugeleitet wurden.
Der Harlunger Berg, der seinen Namen einer ortsansässigen wendischen Bevölkerungsgruppe verdankt, wurde in der Bevölkerung nach dem ihn krönenden Bauwerk seit Jahrhunderten "Marienberg" genannt. Diese eingebürgerte Benennung fand zunehmend auch Einzug in die offizielle Sprachregelung, so dass die heute innerstädtische Erhebung nur noch selten mit ihrer ursprünglichen Bezeichnung belegt wird.
Ein großer Freizeitkomplex am Westhang des Harlunger Berges, etwa dreihundert Meter unterhalb des Standortes der Marienkirche, wurde in den Neunziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts von der Bevölkerung nach einer namensgebenden Umfrage "Marienbad" getauft.
[Bearbeiten] Literaturverweis
- Brandenburg die tausendjährige Stadt, Friedrich Grasow, Buch- und Kunstdruckerei J.Wiesicke, Brandenburg an der Havel, 1929
[Bearbeiten] Weblinks
Koordinaten: 52° 24′ 56" N, 12° 32′ 50" O