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Jan Hus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel befasst sich mit dem christlichen Reformer Huss. Für das gleichnamige Unternehmen, siehe Huss Rides.
Jan Hus. Phantasieporträt eines unbekannten Meisters aus dem 16. Jahrhundert. Verlässliche zeitgenössische Porträts von Hus sind nicht bekannt.
Jan Hus. Phantasieporträt eines unbekannten Meisters aus dem 16. Jahrhundert. Verlässliche zeitgenössische Porträts von Hus sind nicht bekannt.

Jan Hus (* um 1369/1370/1371 wahrscheinlich in Husinec, Okres Prachatice; † 6. Juli 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen), auch Johannes Huss (nach seinem wahrscheinlichen Geburtsort Husinec), war ein christlicher Reformer und Märtyrer. Er war Priester und eine Zeitlang Rektor der Karls-Universität Prag. Die nach Jan Hus benannte Bewegung der Hussiten geht zum Teil auf sein Wirken zurück.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Wirken

[Bearbeiten] Bildungsweg

Jan Hus, dessen Vater Fuhrmann war, besuchte die Lateinschule in Prachatice und studierte ab 1386 in Prag. Nach dem Studium an der Prager Karlsuniversität erhielt er 1396 den akademischen Grad des Magister Artium.

Als Hochschullehrer führte Hus in die tschechische Schrift die diakritischen Zeichen Akut (für lange Vokale) und Hátschek (für weiche Konsonanten) ein.

Durch Hieronymus von Prag wurde er 1398 mit den Lehren des Oxforder Theologen John Wyclif vertraut, die er begeistert aufnahm. Tschechische Adelige, die seit der Vermählung der Schwester König Wenzels, Anne von Böhmen, mit Richard II. von England (1382) an der Universität Oxford studierten, brachten von dort Wyclifs Schriften nach Prag, zuerst die philosophischen, später auch die theologischen und kirchenpolitischen. Wyclif forderte aufgrund der sittlichen Verfallserscheinungen des Klerus in England die Abkehr der Kirche von Besitz und weltlicher Macht.

Jan Hus begann Theologie zu studieren und wurde 1400 zum Priester geweiht. 1401 wurde er zum Dekan der philosophischen Fakultät ernannt. 1402 wurde er Professor und übte das Amt des Rektors der Prager Universität von 1409 bis 1410 aus. Dort lehrte er Theologie und Philosophie. Er setzte bei König Wenzel das 1409 erlassene Kuttenberger Dekret durch, welches den Tschechen die Mehrheit in der Karlsuniversität bewilligte.

[Bearbeiten] Wirkung als Priester und Prediger

Ab 1402 predigte er in tschechischer Sprache in der in der Prager Altstadt befindlichen Bethlehemskapelle (gestiftet 1391) und führte das gemeinsame Singen während des Gottesdienstes ein. Hus, der zunächst unter Erzbischof Zbinko von Hasenburg großes Ansehen genoss, wurde von diesem mehrfach zum Synodalprediger bestimmt. Er wurde Beichtvater der Königin Sophie. Hus predigte eine strenge, tugendhafte Lebensweise und eiferte gegen Zeitgeist und Mode, so dass er gelegentlich auch das Volk, speziell die Schuster, Hutmacher, Goldschmiede, Weinhändler und Wirte, gegen sich aufbrachte.

Beeinflusst durch die Lehren Wyclifs kritisierte er den weltlichen Besitz der Kirche, die Habsucht des Klerus und dessen Lasterleben. Dabei soll er häufig die unwürdigsten Vertreter des Klerus als Beispiele herangezogen haben. Er kämpfte leidenschaftlich für eine Reform der verweltlichten Kirche, trat für die Gewissensfreiheit ein und sah in der Bibel die einzige Autorität in Glaubensfragen. Deshalb erkannte er das Unfehlbarkeitspostulat des Papstes nicht an. Von Wyclif übernahm Hus die Lehre der Prädestination und setzte sich für die Landessprache als Gottesdienstsprache ein.

1408 erfuhr der Prager Erzbischof von Hus' Predigten und enthob ihn daraufhin seiner Stellung als Synodalprediger. Das Lesen der Messe und das Predigen wurden ihm verboten. Er hielt sich aber nicht an diese Verbote, predigte weiterhin gegen Päpste und Bischöfe und brachte in kurzer Zeit den größten Teil Böhmens auf seine Seite.

Um der Reformbestrebungen Herr zu werden, unterwarf sich der Prager Erzbischof dem Papst Alexander V, einem der damaligen drei Gegenpäpste, und erwirkte von ihm eine Bulle, welche die Auslieferung der Schriften Wyclifs und den Widerruf seiner Lehren forderte. Außerdem sollte das Predigen außerhalb der Kirchen verboten werden. Nachdem diese Bulle am 9. März 1410 veröffentlicht wurde, ließ der Erzbischof über 200 Handschriften Wyclifs öffentlich verbrennen und verklagte Jan Hus in Rom. Hus, der sich dort erfolglos durch Abgesandte vertreten ließ, wurde daraufhin im Juli 1410 mit dem Kirchenbann belegt. Gegenpapst Johannes XXIII. bannte ihn im Februar 1411. Hus wurde exkommuniziert und aus Prag verwiesen. Als Folge davon brachen in Prag Unruhen aus.

Aufgrund seiner Beliebtheit, die in Volksdemonstrationen gipfelte, lehrte er unter dem Schutz des Königs zunächst noch ein Jahr weiter. Er verurteilte nun die Kreuzzugs- und Ablassbullen von Papst Johannes XXIII. (Gegenpapst in Pisa). Danach musste er fliehen.

[Bearbeiten] Jan Hus und das tschechische Nationalbewusstsein

Böhmen befand sich in dieser Zeit in der ungewöhnlichen Situation, dass es als deutsches Territorium mit einem starken tschechischen Bevölkerungsanteil Hauptland des mittelalterlichen Deutschen Reiches war, mit Prag als kaiserlicher Residenzstadt. Viele Deutsche hatten hohe Kirchenämter inne. Da Hus in seinem Bestreben, nichts als die Sünde anzuprangern, häufig gegen diese hohen Kirchenämter wetterte, schien es, als ob seine Reden gezielt gegen alles Deutsche gingen. Vieles spricht bei Hus und seinen Anhängern von einem regelrechten Hass auf die Deutschen, zumindest scheint er nicht klar differenziert zu haben.

Als die Prager Karls-Universität zum Papstschisma Stellung nehmen sollte, war Hus Wortführer der Tschechen. Die Universität war nach den vier "Nationalitäten" Bayern, Sachsen, Polen und Böhmen gegliedert. Trotz der Mehrzahl an tschechischen Studenten in der größten "natio" Böhmen wurde die Universität von deutschen Lehrern geführt.

Entgegen der häufig vertretenen Meinung war Jan Hus nicht bedeutend an der Durchsetzung des Kuttenberger Dekret von 1409 beteiligt. Wesentlichen Einfluss hatte darauf Hieronymus von Prag, der kurz nach Hus auf dem Konstanzer Konzil als Ketzer verbrannt wurde. Im Streit um die Reform der Universitätsverfassung, die mit dem Dekret beschlossen wurde, ging es um die Frage der Anerkennung des Papstes, der auf dem Konzil von Pisa gewählt worden war. Mit einer Stimmmehrheit der deutschen Nationen wäre eine neutrale Position nicht durchzusetzen gewesen. König Wenzel von Luxemburg beugte sich dem Druck. Zum ersten Mal spielten bei einem Aufbegehren des tschechischen Volkes nationalistische Motive eine Rolle. Wenzel erteilte den Tschechen ("Böhmen") drei Stimmen, den Bayern, Polen und Sachsen zusammen dagegen nur eine. Die Tschechen erklärten sich zusammen mit König Wenzel für neutral, während die Deutschen zusammen mit Erzbischof Sbinko an Gregor XII. festhielten. Daraufhin verließen wenigstens 1000 deutsche Studenten mit ihren Professoren Prag und veranlassten die Gründung der Universität Leipzig. Die nationalen Spannungen an der Prager Universität wurden dadurch verringert, die Universität jedoch verlor viel von ihrer Bedeutung im damaligen Europa.

Der Zorn der Tschechen richtete sich jedoch weiterhin gegen hohe Kirchenämter, die nach wie vor von Deutschen besetzt blieben, und vermischte sich mit einem allgemeinen Zorn auf Deutsche, von denen sich die Tschechen dominiert fühlten.

Nach seiner Flucht 1412 lebte Jan Hus bis 1414 auf der Ziegenburg in Südböhmen und auf der Burg Krakovec in Mittelböhmen. Dort verfasste er mehrere seiner Werke und schuf damit die tschechische Schriftsprache. In dieser Zeit setzte er seine Mitwirkung an der Bibelübersetzung in die Landessprache fort (eine neue vollständige Übersetzung des Alten Testaments und Überarbeitung von älteren Übersetzungen des Neuen Testaments entstand in seiner Umgebung). Erste Veröffentlichung der neuen Textteile erfolgte in seinem Werk Postila (1413).

Als der Gegenpapst (Johannes XXIII.) einen neuen Kreuzzug gegen den König von Neapel verkündete und jedem „Kreuzträger“ vollkommenen Ablass versprach, wetterte Hus auf öffentlichen Plätzen dagegen, wodurch er großen Zulauf erfuhr. In Prag brachen neue Unruhen aus.

Hus begab sich nun nach Husinec, seinem Geburtsort, wo er Streitschriften verfasste. Er erreichte, dass der mit der Kirche in Widerspruch liegende Teil des deutschen Adels ihn und seine Anhänger schützte. Einige hatten sich, für den Fall, seine Ideen seien erfolgreich, vermutlich auch Hoffnungen auf die Kirchenbesitztümer gemacht, weil der Klerus nach Wyclifs Lehren bei Unwürdigkeit zu enteignen sei.

Hus durchzog das Land als Wanderprediger. In Massen strömten ihm neue Anhänger zu.

[Bearbeiten] Das Konstanzer Konzil

Konstanzer Herberge von Jan Hus im Jahre 1414
Konstanzer Herberge von Jan Hus im Jahre 1414

1413 schrieb Hus De Ecclesia (Über die Kirche). Darin vertrat er die Ansicht, dass die Kirche eine nicht hierarchisierte Gemeinschaft sei, in der nur Christus das Oberhaupt sein könne. Dafür wurde er ein Jahr später vor das Konstanzer Konzil zitiert.

Der deutsche König Sigismund sicherte Hus freies Geleit (für Hin- und Rückreise und die Zeit des Aufenthalts) zu und stellte am 18. Oktober 1414 einen Geleitbrief aus. Hus machte sich aber schon vorher auf den Weg, um seine Ansichten vor dem Konzil darzustellen, und erreichte am 3. November Konstanz, wo er zunächst drei Wochen in einer Herberge predigte und danach festgenommen wurde. Um seine Flucht zu verhindern, setzte man ihn am 28. November in der Wohnung eines Domherrn und am 6. Dezember im Verlies eines Dominikanerklosters gefangen. Hier durchlebte er einige qualvolle Wochen. Bei Tage wurde er gefesselt und nachts in einen Verschlag gesperrt. Er war dem Gestank einer Kloake ausgesetzt, wurde schlecht ernährt und war von Krankheit gepeinigt. Da mit seinem Tode nicht gedient war – man wollte seinen Widerruf –, wurde er in ein etwas erträglicheres Gelass verlegt.

Als Sigismund am 24. Dezember 1414 eintraf, gab er sich über den Bruch des Geleitbriefes zornig, tat aber nichts, um Hus zu helfen, denn da er die böhmische Krone seines Bruders Wenzel beerben wollte, war ihm daran gelegen, dass Böhmen ruhig blieb und sich nicht zu einem Ketzerland entwickelte, als das es zu diesem Zeitpunkt schon verschrien war. Auch er wollte, dass Hus widerrief. Die Geleitzusage Sigismunds wurde für nichtig erklärt, da Hus seine „ketzerischen“ Ansichten nicht zurücknehmen wolle und deshalb nicht mehr die weltliche Ordnung für ihn zuständig sei, sondern die kirchliche.

Im März des folgenden Jahres floh Papst Johannes XXIII., als dessen Gefangener Hus galt, aus Konstanz. Hus kam daraufhin in den Gewahrsam des Bischofs von Konstanz. Der Papst wurde wieder eingefangen, nach Konstanz zurückgebracht und eingekerkert. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass er einige Tage Wand an Wand mit Hus hauste, in der bischöflichen Burg Gottlieben am Rhein.

Am 4. Mai 1415 verdammte das Konzil Wyclif und seine Lehre, konnte seiner jedoch nicht mehr habhaft werden, da er bereits 30 Jahre zuvor eines natürlichen Todes gestorben war. (Dafür wurde die Verbrennung seiner Gebeine angeordnet und 10 Jahre später tatsächlich durchgeführt.)

Jan Hus auf dem Konzil zu Konstanz
Jan Hus auf dem Konzil zu Konstanz
Jan Hus auf dem Scheiterhaufen (Spiezer Chronik, 1485)
Jan Hus auf dem Scheiterhaufen (Spiezer Chronik, 1485)

Hus kam am 5. Juni in das Franziskanerkloster. Dort verbrachte er die letzten Wochen seines Lebens. Vom 5. – 8. Juni wurde Hus im Refektorium vor dem Konzil verhört. Eine ausführliche Rechtfertigung gestattete man ihm nicht, sondern verlangte von ihm den öffentlichen Widerruf und die Abschwörung seiner Lehren. Hus lehnte dies ab. Bis Ende Juni versuchte man noch mehrfach vergeblich, ihn zum Widerruf zu bewegen.

Am 6. Juli 1415 wurde er in feierlicher Vollversammlung des Konzils im Dom als Ketzer zum Feuertod verurteilt auf Grund seiner Lehre von der „Kirche als der unsichtbaren Gemeinde der Prädestinierten“.

Der tschechische Reformator Jan Hus wurde am 6. Juli 1415 auf dem Brühl, zwischen Stadtmauer und Graben, zusammen mit seinen Schriften verbrannt. Seine Asche wurde in den Rhein gestreut. Heute erinnert ein Gedenkstein am mittelalterlichen Richtplatz in der danach benannten Straße „Zum Hussenstein“ daran. Die Hinrichtung leitete Friedrich VI., der spätere Kurfürst von Brandenburg und Stammvater der preußischen Könige und deutschen Kaiser aus dem Hause Hohenzollern.

In seinem Abschiedsbrief hatte Hus an seine Freunde geschrieben:

„Das aber erfüllt mich mit Freude, daß sie meine Bücher doch haben lesen müssen, worin ihre Bosheit geoffenbart wird. Ich weiß auch, daß sie meine Schriften fleißiger gelesen haben als die Heilige Schrift, weil sie in ihnen Irrlehren zu finden wünschten.“

Die Hinrichtung löste den ersten Prager Fenstersturz und die Hussitenkriege (1419 bis 1436) aus. Fünf Kreuzzüge wurden gegen die aufständischen Taboriten entsandt. Die Kriege verwüsteten in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nicht nur Böhmen und Mähren, sie griffen auch auf die Nachbarländer über, bis die Hussiten zuerst durch Zugeständnisse, dann durch Zwist und Verrat in eigenen Reihen besiegt wurden.

[Bearbeiten] Die Lehre des Jan Hus

Hus war stark beeinflusst von den Lehren Wyclifs. In seinen überwiegend kompilatorischen Schriften sind Wyclifs Anschauungen zum Teil wörtlich wiedergegeben, was der Schriftstellermanier des Mittelalters durchaus entsprach. Einiges hat Hus von Wyclif auch nicht übernommen. So hielt er an der Messe, der Lehre von der Transsubstantiation, der Lehre vom Fegefeuer und an der Fürbitte der Maria und der Heiligen fest.

In seiner Grundhaltung war Hus, wie später der junge Luther, der Kirche gegenüber loyal gesinnt. Er bemühte sich, kein Ketzer zu sein und lehnte dieses Urteil über sich ab.

[Bearbeiten] Der Begriff der Kirche

Nach Jan Hus ist die Kirche die Gesamtheit aller Prädestinierten (der Vorherbestimmten). Ihre Prädestination macht sie zu Mitgliedern der heiligen Kirche. Christus ist das Haupt – und kein Haupt außer ihm – der Kirche, das ihr selbst und jedem einzelnen Mitglied geistliches Leben vermittelt. Es gibt nach Hus von Anfang an nur eine Kirche, deren Mitglieder vorherbestimmt sind und nicht vor dem Tag des Gerichtes Gottes bekannt werden. Für Hus ist der Begriff Kirche vorwiegend ein geistlicher und weniger ein institutioneller.

Hus unterscheidet zwischen Kirchenmitgliedern der Sache und dem Namen nach. Ein Mitglied der Institution Kirche muss nicht zu den Prädestinierten gehören, genau so wie ein Nichtmitglied der Institution Kirche zur geistlichen Kirche der Prädestinierten gehören kann. Ein Mensch zeigt seine Prädestination an seinem Verhalten.

Die Kirche teilt Hus in drei Teile ein: Das Volk, die weltliche Herrschaft und den Klerus. Der weltlichen Herrschaft komme die Aufgabe zu, die Diener Gottes zu beschützen und das Gesetz Gottes zu verteidigen. Die Diener Gottes sollen "die Welt verbessern, die Kirche beleben als die Seele derselben und nach allen Seiten Christus am nächsten folgen"

[Bearbeiten] Die Geistlichen

Hus verlangt von einem Geistlichen ein wahrhaftiges und heiliges Leben mit dem Ziel, den Gläubigen zu dienen. Er beklagt, dass die Geistlichen seiner Zeit Gott verachteten und durch Gewinnsucht und Heuchelei die Kirche in Verruf brächten. Statt dem Volke zu helfen – so Hus –, berauben sie es, statt es zu verteidigen, unterdrücken sie es noch grausamer als die weltlichen Herren.

Die Geistlichkeit habe die Aufgabe das Evangelium zu verkünden und dem Volk mit den Sakramenten zu dienen. Auch hier sah Hus den Gegensatz zur damaligen Priesterschaft, welche nach seinen Worten nicht aus „göttlichem Trieb“ predige, sondern um des Gewinnes willen. Viele forderten Geschenke oder Geld für Salbung, Taufe, Kommunion, Ordination, Konsekration der Altäre und Begräbnisse. Hus kritisiert den Ablasshandel, erfundene Reliquien, Bilderdienst und erfundene Wunder. Die Gnade Gottes dürfe nicht käuflich sein.

„Die Priester predigen wohl gegen unsere Unzucht und unsere Laster“, so beklagt Hus, „aber von den ihrigen sagen sie nichts, also ist es entweder keine Sünde, oder sie wollen das Privilegium haben“. Die Geistlichen, die im Heer der Gläubigen in vorderster Linie stehen, müssen nach seiner Auffassung auch von allen übrigen Gläubigen ermahnt und bestraft werden können, wenn sie irren oder sündigen.

[Bearbeiten] Das Papsttum

Für Hus war der Begriff Papst genauso wenig ein institutioneller, wie sein Begriff der Kirche. Nicht das Amt sondern das Verhalten befähige einen Papst. Es könne nur derjenige ein Stellvertreter Christi genannt werden, der sich so verhält wie der, den er vertreten soll, also wie Christus. Er muss daher Christus in Wandel, Werk und Lehre nachfolgen. Ausgehend von Johannes 3, 34 argumentiert Hus, der sogenannte apostolische Stuhl müsse sich legitimieren, indem er die Lehre der Apostel lehrt und tut. Die Vollmachten eines Papstes beschränken sich auf das Lehren des Evangeliums nach der Schrift. Wo er der Schrift widerspricht – so Hus – ist ihm Widerstand zu leisten. („Einem irrenden Papst Widerstand leisten ist soviel wie dem Herrn Christus gehorchen.“)

Hus hielt es für einen Missbrauch des Namens, wenn man die Aufgabe des Papstes darin sehe, Kirchensachen in letzter Instanz zu entscheiden und den Gläubigen vorzuschreiben, was dem Papst beliebt. Er wandte sich gegen Lehren, dass der Papst von unbegrenzter Macht sei, da er alles vermöge, was Christus nach seiner menschlichen Natur vermocht habe, dass er weder Gott noch Mensch sei, sondern ein gemischter Gott, ein irdischer Gott, dass der Papst einen Bischof ohne Grund absetzen dürfe, dass er von apostolischen Vorschriften in der Bibel abstandnehmen dürfe und dass ihn niemand hinterfragen dürfe, sondern sein Wille anstelle eines Grundes gelte und dass er somit sündfrei sei, dass er sich nicht irren könne, dass er zur Sünde unfähig sei, dass er auch den Engeln befehlen und die Menschen, die er wolle, retten oder verdammen könne und Ähnliches.

Des Weiteren bestritt Hus die Rechtmäßigkeit der Anwendung der Bezeichnung der heiligste Vater auf den Papst. Nach Hus ist der einzige heiligste Vater Gott, den keine Sünde erreicht. Mit der Einschränkung der heiligste Vater auf Erden könne nur jemand gemeint sein, der auf die heilige Weise lebt, Christus in der Armut, in der Demut, in der Friedfertigkeit, in der Keuschheit und in der Arbeit nachfolgt, nicht aber jemand, der in offenkundiger Habgier, in offenem Hochmut und in anderen Sünden lebt. Auch hier zeigt sich Jan Hus' Grundhaltung, dass sich Inhaber von kirchlichen Ämtern, inklusive des Papstamtes, an den Aussagen und Werten der Bibel messen lassen müssen.

[Bearbeiten] Die heilige Schrift

Hus sah die Bibel als „ganz wahr und hinreichend zur Seligkeit des Menschengeschlechts“ an. Sie sei der Maßstab, nach dem sich das Leben richten müsse. Alle religiöse Wahrheit sei in ihr enthalten. Die Schrift sei eine "Waffe" gegen den Teufel, die auch schon Christus gebraucht habe, indem er dem Teufel nicht befahl, sondern argumentierte. Er wandte sich gegen die Praxis, diejenigen, die auf die Schrift verweisen, als Ketzer abzustempeln, und gegen die Lehre, dass die Autorität der Kirche über der Bibel stehe. Die so lehrten, wollten sich selbst von Kritik freihalten und das Volk über die Heilige Schrift in Unkenntnis halten, damit es gefügig bliebe. Hus forderte, nichts zu glauben, festzuhalten, zu behaupten und zu predigen, was nicht durch die Aussagen der Bibel begründbar sei. Die Schrift, so Hus, müsse geglaubt werden, sie sei der Zugang zum Himmelreich.

Das war – in den Augen der Obrigkeiten – sein eigentlich ketzerischer Akt. Auch wenn man es so direkt schlecht sagen konnte, empfanden es die Autoritäten als unerhört, dem Volk – noch dazu in seiner Landessprache – Zugang zu einer Schrift zu schaffen, die man weder verbieten noch anzweifeln konnte. Das war Revolution.

[Bearbeiten] Das Abendmahl

Das Abendmahl gehörte für Hus zu den „tiefsten und geheimsten und höchsten Mysterien unseres Glaubens“. Es könne von einem Menschen nicht voll begriffen werden. Die geistliche Erfahrung müsse, als die wichtigere, der sakramentalen Erfahrung immer vorausgehen. Christus habe dieses Sakrament eingesetzt zum Gedächtnis seines Leidens, seines Lebens und Wirkens, seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Dies solle der Priester im Gedächtnis haben, wenn er das Sakrament spende. Entgegen der Vorherrschenden Lehre seiner Zeit betonte Hus, dass das Abendmahl in beiderlei Gestalt auch für Laien bestimmt sei. Er könne aus der Schrift eine Einschränkung nicht herauslesen. Das Ziel des Abendmahls sei, „In Christo bleiben und ihn bleibend in sich haben; in Ewigkeit nicht sterben; das ewige Leben haben“.

Die Praxis des Abendmahles gehört auch heute noch zu den theologisch diskutierten Punkten innerhalb der Christenheit. Hus betonte zunächst die Notwendigkeit des Glaubens an die Worte Jesu, welcher sagte, das Brot sei sein Leib und der Wein sei sein Blut. Darüber hinaus würden Brot und Wein durch die vom Priester verlesenen Einsetzungsworte geweiht, so dass das Brot in den wahren Leib Christi und der Wein das wahre Blut Christi transsubstanziiert (verwandelt) würden.

[Bearbeiten] Das Ketzertum

Das Ketzertum habe drei Ursachen: Abkehr vom Gesetz Gottes, Lästerung und Ämterkauf. Eine Lästerung sei es, wenn ein Mensch Gott beschuldigt, wenn Gott hartnäckig in Gedanken beleidigt wird, indem man ihm seine Macht nicht zutraut, oder wenn man das, was Gott allein gebührt, einer menschlichen Kraft oder einer anderen Kreatur zuerkennt. In seiner Schrift über Ketzer und Simonie (Ämterkauf) wies Hus darauf hin, dass auch Jesus als Lästerer beschuldigt und hingerichtet wurde. Besonders heftig stritt Hus gegen den Verkauf kirchlicher Ämter, eine Ketzerei, die andere Ketzereien nach sich ziehe, nicht die Fähigsten auf die Posten bringe und die Menschen verderbe.

[Bearbeiten] Die Werke von Jan Hus

  • Výklad Viery, Desatera a Páteře, (1412, Auslegung des Glaubens, der Zehn Gebote und des Vaterunsers)
  • Výklad Viery, Desatera božieho přikazanie a modlitby páně, (1412, Auslegung des Glaubens, der Zehn Gebote und des Vaterunsers)
  • Katechetische Schrift, (1520 posthum erschienen, in südböhmischer Verbannung (Burg Kozí Hrádek) vollendet.)
  • Dcerka, (1412, Töchterchen)
  • Knížky o svatokupectví, (1413, Büchlein über die Simonie)
  • Postila aneb Vyloženie svatých čteni nedĕlních, (1413, Postille oder Auslegung der heiligen Lesungen zum Sonntag)
  • O šesti bludiech, (1413, Über die sechs Irrtümer)
  • De ecclesia (Über die Kirche, auf tschechisch O církvi)
  • De ortographia Bohemica (Über die tschechische, Rechtschreibung, auf tschechisch O českém pravopise) die Autorschaft dieser Schrift ist nicht sicher

[Bearbeiten] Würdigung und Gedenken

Zum Gedenken an den Reformator wurde 1915 das große Hus-Denkmal auf dem Altstädter Ring (an Stelle einer Mariensäule) in Prag an seinem 500. Todestag eingeweiht. Mit der Bildung einer Tschechoslowakischen Republik erklärte diese 1925 den 6. Juli zum Staatsfeiertag, worauf der Heilige Stuhl für drei Jahre seine diplomatischen Beziehungen mit dem „Ketzerstaat“ unterbrach.

In Konstanz erinnert ein imposanter, schwarzer, querliegender Findling mit der goldenen Inschrift Johannes Hus am vermuteten mittelalterlichen Richtplatz an sein Schicksal (in der heute danach benannten Straße "Zum Hussenstein", auf dem Brühl, westlich der Altstadt, nahe der Schweizer Grenze).

Das Hus-Museum in Konstanz in der nach Hus benannten Hussenstraße 64 beim Schnetztor mit Dokumenten zu Hus und der Hussitenbewegung ist einer der mutmaßlichen Aufenthaltsorte von Jan Hus zu Beginn des Konstanzer Konzils und wurde 1923 von der Prager Museumsgesellschaft zum Gedenken an den Reformator eingerichtet.


Über eine Rehabilitierung in der römisch-katholischen Kirche wird derzeit diskutiert. 1996 äußerte Kardinal Miloslav Vlk die Meinung, dass das Urteil gegen Hus widerrufen werden müsse. 1999 erklärte Papst Johannes Paul II. anlässlich eines Historikerkongresses über den Reformator:

„Heute [...] fühle ich mich verpflichtet, mein tiefes Bedauern auszusprechen für den grausamen Tod von Jan Hus und für die daraus folgende Wunde, Quelle von Konflikten und Spaltungen, die dadurch in den Geist und die Herzen des böhmischen Volkes gerissen wurde“.

Bis heute ist die Rehabilitierung aber noch nicht erfolgt.

In den protestantischen Kirchen genießt Jan Hus hohes Ansehen als Vorläufer des Reformators Martin Luther, der im folgenden Jahrhundert seine Ideen und Ideale aufgreifen sollte. Vor seiner Hinrichtung soll Hus gesagt haben: „Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen“ (Hus bedeutet tschechisch Gans). Später brachte man dies mit Luther in Zusammenhang und machte deshalb den Schwan zu dessen Symbol.

Geistes- bzw. Ideengeschichtlich gebührt Jan Hus die Ehre, ein Wegbereiter der uns heute so selbstverständlichen Gewissensfreiheit zu sein.

[Bearbeiten] Berühmte Schüler

[Bearbeiten] Zitate von Jan Hus

  • „Die Bibel ist ganz wahr und hinreichend zur Seligkeit des Menschengeschlechts ... der Spiegel, durch den wir unser ganzes Leben regulieren müssen ... das Maß, nach dem jeder geistliche Richter zu richten und zu messen habe ... alle religiöse Wahrheit ist in der Schrift enthalten ... Wir können den Teufel nur mit den Waffen überwinden, die auch Christus zu seinem Siege gebrauchte, nämlich mit der hl. Schrift. Und das müssen wir vor allem bedenken, daß Christus zum Teufel nicht etwa sagte: ich bin dein Herr, oder ich bin dein Gott, sondern er bekämpfte und besiegte ihn allein mit der Schrift.“ (Quelle: www.glaubensstimme.de)
  • „Die Gans ist noch nicht gebraten.“ (Brief an seine Freunde vom Konzil zu Konstanz, als er noch optimistisch war. Das Wort „Hus“ bedeutet im Tschechischen „Gans“.)

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Karl A. Fink: Die nationalen Irrlehren. Wyclif und Hus. In: Hans-Georg Beck u.a.: Vom kirchlichen Hochmittelalter bis zum Vorabend der Reformation (Handbuch der Kirchengeschichte; Bd. 3,2). Herder, Freiburg 1985, ISBN 3-451-20454-1, S. 539–544.
  • Josef Kalousek: O potřebě prohloubiti vědomosti o Husovi a jeho době. 1915
  • Jan Karafiát: Mistr Jan Hus 1872
  • Zdeněk Nejedlý: Mistr Jan Hus a jeho pravda, 1919
  • Richard Friedenthal: Jan Hus. Der Ketzer und das Jahrhundert der Revolutionskriege. 2. Auflage 1987, ISBN 3492103316
  • Miloslav Ransdorf: Mistr Jan Hus, Praha 1993
  • Ferdinand Seibt (Hrsg.): Jan Hus zwischen Zeiten, Völkern, Konfessionen. Vorträge des internationalen Symposions in Bayreuth vom 22. bis 26. September 1993. Oldenbourg, München 1997, ISBN 3-486-56149-9
  • André Vauchez: Protest- und Häresiebewegungen in der römischen Kirche. In: Bernhard Schimmelpfennig (Hrsg.): Mittelalter, die Zeit der Zerreißproben (Die Geschichte des Christentums; Bd. 6). Herder, Freiburg 1991, ISBN 3-451-22256-6, S. 315–348
  • Jarold K. Zeman: The Hussite Movement and the Reformation in Bohemia, Moravia and Slovakia (1350–1650). A Bibliographic Study Guide with Particular Reference to Resources in North America. Michigan Slavic Publications, Ann Arbor, Mich. 1977, ISBN 0-930042-00-X
  • Frantisek Smahel: Die Hussitische Revolution (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 43), Bd. 1-3, Hannover 2002.

[Bearbeiten] Weblinks

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