Milan Machovec
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Milan Machovec (* 23. August 1925 in Prag; † 15. Januar 2003 ebenda) war ein Tschechischer Philosoph.
Als reformorientierter Professor für Marxismus wurde er Vordenker des Prager Frühlings und nach dessen Sturz vom Staat verfolgt. Machovec war ein prominenter Vertreter des Dialogs zwischen Marxismus und Christentum. Nach dem Sturz des Kommunismus erfuhr er eine vollständige Rehabilitation und wurde zur verehrten Integrationsfigur der Neuorientierung.
[Bearbeiten] Biografie
Nach katholischer Jugend wandte sich Milan Machovec dem Marxismus zu. Er begann 1945 das Studium der Philosophie und klassischen Philologie, habilitierte und erhielt 1953 die Professur für Dialektischen Materialismus und Marxismus-Leninismus an der Karlsuniversität in Prag. In dieser Position erlangte er großes internationales Ansehen. Er war regelmäßiger Diskussionspartner für Philosophen und Theologen auf der ganzen Welt, vor allem aber in Deutschland, wohl auch weil er deutsch fließend beherrschte. Schließlich wurde Machovec einer der Vordenker des sogenannten Prager Frühlings. Nach dessen Niederschlagung 1968 wurde er von der Prager Universität religiert, unter staatliche Beobachtung gestellt und vielfältigen Repressionen ausgesetzt. Trotzdem unterzeichnete er die Charta 77 und wurde dafür mit einem totalen Berufsverbot belegt. Damit wurde ihm jede materielle Lebensgrundlage entzogen. Er solle, so ein Verhöroffizier, sich aus Abfallkübeln ernähren. Sein gesamtes soziales Umfeld wurde unter Druck gesetzt und bedroht, seine Arbeiten beschlagnahmt und vernichtet. Um seine Frau und seine Kinder nicht mit ins Elend zu reißen, trennte er sich von diesen und lebte fortan in einer erbärmlichen 1 Zimmer Wohnung. Für seinen Lebensunterhalt war er auf geheime Unterstützung angewiesen, die er auch an andere Dissidenten weiter verteilte. Unter anderem erfuhr er aus Westdeutschland von Theologen um den Professor H. G. Pöhlmann Unterstützung, vor allem aber durch den Priester einer katholischen prager Gemeinde.
Nach der Wende in der Tschechoslowakei 1989 wurde er rehabilitiert und wieder in einen Lehrstuhl an der Karlsuniversität eingesetzt. Während seiner Verfolgung wurde ihm auch sachgemäße ärztliche Versorgung vorenthalten, so dass seine Gesundheit eigentlich größtmögliche Schonung erfordert hätte. Trotzdem trat er wieder aktiv in die akademische Arbeit ein und beteiligte sich vielfältig an den Auseinandersetzungen des sich neu organisierenden Staatswesens. Als stets kritischer Geist blieben dabei auch Konflikte mit der neuen Obrigkeit nicht aus. Er starb hoch geehrt, vor allem auch von der jungen Generation. Auf seiner Beerdigung sprach der Prager Weihbischof (auf seinen Wunsch) das Vaterunser.
[Bearbeiten] Werk
Zeit seines Lebens suchte er nach den Möglichkeiten einer Humanisierung der Welt, von daher wurde er auch zu einem scharfen Kritiker des real existierenden Sozialismus. Neben Marx waren es vor allem Aristoteles, Kant und die christliche Botschaft die ihn immer wieder anregten. Er suchte immer den Dialog mit Philosophien und Religionen. Seine Präsenz auf dem 1986 von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und dem Vatikan in Budapest veranstalteten Symposium "Gesellschaft und ethische Werte" förderte den christlich-marxistischen Dialog ganz wesentlich. Er stand dem Christentum als Marxist immer wohlwollend aber auch fordernd gegenüber. In Gott sah er "die Summe der tiefsten menschlichen Erfahrungen und Sehnsüchte" und fühlte sich gläubigen Christen näher als Atheisten, die keine Transzendenz kennen. Machovec warf Teilen der zeitgenössischen christlichen Theologie dabei vor, ihr eigentliches, wertvolles Anliegen Preis zu geben, in dem Versuch sich der Moderne anzubiedern.
In seinem zunächst auf Deutsch erschienenen wahrscheinlich bekanntesten Buch "Jesus für Atheisten" kommt er zu der Aussage "Die Lehre Jesu setzte die Welt in Brand nicht wegen irgendeiner Überlegenheit des theoretischen Programms, sondern weil er selbst identisch war mit diesem Programm" und dies wurde für den atheistischen Marxisten anscheinden zum Vorbild. Damit dass er gerade christliche Tugenden wie Wahrhaftigkeit, Einfachheit und Mitmenschlichkeit beispielhaft vorlebte wurde Milan Machovec geradezu zur positiven Herausforderung für Christen.
Am Ende seines Lebens wendete er sich den Bedrohungen durch die ökologischen Konsequenzen menschlichen Handelns zu.
[Bearbeiten] Wichtige Publikationen (deutsch)
- Marxismus und dialektische Theologie; Zürich 1965
- Thomas Garrigue Masaryk; Graz und Wien 1969
- Vom Sinn des menschlichen Lebens; Freiburg i. Br. 1971
- Jesus für Atheisten; Stuttgart 1972
- Marxisten und Christen - Brüder oder Gegner?; Gütersloh 1978
- Die Rückkehr zur Weisheit, Philosophie angesichts des Abgrunds; Stuttgart 1988
- Heimat Indoeuropa. Das Leben unserer Vorfahren aufgrund eines Vergleiches einzelner Sprachen; Linz 2002
- Der Sinn menschlicher Existenz; Hg. v. Gerhard Loettel u. Wilhelm Zauner; Innsbruck und Wien 2004
Personendaten | |
---|---|
NAME | Machovec, Milan |
KURZBESCHREIBUNG | Tschechischer Philosoph |
GEBURTSDATUM | 23. August 1925 |
GEBURTSORT | Prag |
STERBEDATUM | 15. Januar 2003 |
STERBEORT | Prag |