Mircea Eliade
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Mircea Eliade [ˈmirtʃa eliˈade] (* 28. Februar/13. März 1907[1] in Bukarest; † 22. April 1986 in Chicago) war ein rumänischer Religionswissenschaftler, Philosoph, Essayist und Romancier.
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[Bearbeiten] Leben
Er lehrte zuerst in Bukarest, dann in Paris und schließlich in Chicago.
Sein literarisches Werk umfasst Romane (Das Mädchen Maitreyi), fantastische Erzählungen (Nächte in Serampore, Das Geheimnis des Doktor Honigberger) und Reisebeschreibungen (Indisches Tagebuch).
In den Jahren 1935 bis 1941 sympathisierte er mit der faschistischen Eisernen Garde (Legion des Erzengels Michael) in Rumänien (s. Mueller 2004, Turcanu 2006). Hier wurde er – genauso wie bei vielen Grundzügen seiner Arbeiten – durch seinen rumänischen Doktorvater Nae Ionescu beeinflusst. 1937 unterstützte er die Garde aktiv beim Wahlkampf für die Parlamentswahlen. Während des Zweiten Weltkriegs stand Eliade, ein überzeugter Antikommunist, auf der Seite der Achsenmächte, und empfand ihre Niederlage als seine eigene (wie aus seinem eigenen "Portugiesischen Tagebuch" ersichtlich wird).
[Bearbeiten] Wissenschaftliche Arbeit
Eliade gehörte zu den Phänomenologen der Religionswissenschaft. Es ging ihm darum, die tiefere Bedeutung religiöser Phänomene zu begreifen und er vertrat die Ansicht, dies sei nur durch ein Verstehen von „innen heraus“ möglich: durch ein Erfassen des Glaubens auf der Gefühlsebene. Er führte damit eine im Wesentlichen von Rudolf Otto gegründete und von Gustav Mensching weiter differenzierte Richtung der Religionswissenschaft fort, in der das Vergleichen und Verstehen religiöser Erfahrung in den Vordergrund gerückt wurde. Eliade erachtete zwar auch den systematischen Aspekt der Religionswissenschaft als durchaus wichtig, aber „sobald es sich um spirituelle Werte handelt, vermag er den Reichtum des Gegenstandes nicht zu erschöpfen“. Zugunsten dieser phänomenologischen Forschung verzichtete er meistens darauf, historische Kontexte genauer zu betrachten – es ging ihm um die übergeschichtliche Bedeutung religiöser Phänomene, darum, religiöse Archetypen festzustellen. In seinen Betrachtungen ging Eliade stets von der Wirklichkeit der religiösen Phänomene aus. Ob er tatsächlich an sie glaubte, lässt er weitgehend offen, als Methode aber steht sie für ihn fest.
Philosophisch setzte er sich für eine Aufwertung von Mythos und Religion ein und suchte noch in einer für ihn entzauberten modernen Welt nach Überbleibseln religiösen Verhaltens. Er stellte fest, dass das mythische Denken keineswegs nur eine Erscheinung vergangener Zeiten ist, sondern dass auch das Weltbild des modernen Menschen von mythischen Denkstrukturen geprägt ist. Sie werden zwar nicht mehr als solche erkannt, funktionieren aber in gleicher Weise wie bei unseren archaischen Vorfahren. Eliade erkannte, dass die ganze moderne Welt mit „verkappten Mythologien“ durchflochten ist (Das Heilige und das Profane). Er betonte, dass die Überlegenheit des modernen Menschen gegenüber dem „Primitiven“ nur scheinbar, ja dass in vielen Teilen sogar das Gegenteil der Fall sei. Er beschreibt die tiefe, metaphysische Bedeutung mythischer Ontologie und ihre Vorteile gegenüber dem entsakralisierten Bewusstsein.
[Bearbeiten] Bedeutung für den modernen Schamanismus
Für den modernen sowie esoterischen Schamanismus ist Eliade eine Art Übervater, auf den sich praktisch jeder Autor beruft. Eliade hatte als einer der ersten Europäer konstatiert, dass der Schamane in seiner Trance den Körper (tatsächlich oder scheinbar) verlässt und eine außerkörperliche Erfahrung macht. Mit seinem Werk über den Schamanismus wirkt Eliade der in Fachkreisen weit verbreiteten Meinung entgegen, es handele sich bei schamanischen Erfahrungen um pathologische Zustände.
[Bearbeiten] Werke
- Geschichte der Religiösen Ideen (4 Bände und 1 Quellenband)
- Yoga. Unsterblichkeit und Freiheit
- Die Schöpfungsmythen
- Schamanismus und archaische Ekstasetechnik
- Schamanen, Götter und Mysterien
- Das Heilige und das Profane – vom Wesen des Religiösen
- Die Religionen und das Heilige – Elemente der Religionsgeschichte
- Das Mysterium der Wiedergeburt – Versuch über einige Initiationstypen
- Ewige Bilder und Sinnbilder – Über die magisch-religiöse Symbolik
- Kosmos und Geschichte
- Das Handbuch der Religionen
- Die Sehnsucht nach dem Ursprung – von den Quellen der Humanität
- Von Zalmoxis zu Dschingis-Khan: Religion und Volkskultur in Südosteuropa
- Das Okkulte und die moderne Welt. Zeitströmungen in der Sicht der Religionsgeschichte
- Schmiede und Alchimisten
- Der Mythos der ewigen Wiederkehr
- Im Mittelpunkt – Bruchstücke eines Tagebuchs
[Bearbeiten] Literatur
- Hannelore Mueller: Der frühe Mircea Eliade. Münster 2004. ISBN 3-8258-7525-3
- Richard Reschika: Mircea Eliade zur Einführung. Hamburg: Junius, 1997. ISBN 3885069601
- Mihail Sebastian: Voller Entsetzen, aber nicht verzweifelt. Tagebücher 1935–1944. München: Claassen 2005
- Florin Turcanu: Mircea Eliade. Le prisonier de l'histoire Paris: La Découverte, 2003 (in Französisch. Auch in Rumänisch erhältlich) ISBN 2707129542
- Florin Turcanu: Mircea Eliade. Der Philosoph des Heiligen oder Im Gefängnis der Geschichte. Eine Biographie. Schnellroda: Edition Antaios 2006. ISBN 978-3-935063-27-2 (Turcanus Standardwerk auf Deutsch)
- Bryan Rennie: Reconstructing Eliade. Making Sense of Religion. State University of New York Press, 1996. ISBN 0791427641
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Mircea Eliade im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Jubiläumsseite: Hundert Jahre Eliade
- Bryan Rennie: Biographical and bibliographical data about Eliade
- Beitrag in dradio.de (9. 3. 2007)
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Anmerkung: Doppelte Daten sind erstens gemäß julianischem Kalender angegeben, zweitens gemäß gregorianischem Kalender. Der Wechsel des Kalenders fand, je nach Staat, zwischen 1582 und 1812 statt, in einigen Staaten Osteuropas erst Anfang des 20. Jahrhunderts (beispielsweise in Russland zur Oktoberrevolution 1917).
Personendaten | |
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NAME | Eliade, Mircea |
KURZBESCHREIBUNG | rumänischer Religionshistoriker, Essayist und Romancier |
GEBURTSDATUM | 13. März 1907 |
GEBURTSORT | Bukarest |
STERBEDATUM | 22. April 1986 |
STERBEORT | Chicago |