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Normalteiler - Wikipedia

Normalteiler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

In der Gruppentheorie, einem Teilgebiet, der Mathematik bezeichnet der Begriff Normalteiler oder normale Untergruppe eine Untergruppe die zusätzliche Eigenschaften hat. Jeder Gruppenhomomorphismus bildet Untergruppen der Urbildgruppe auf Untergruppen der Bildgruppe ab. Genau die Normalteiler sind es, die dabei auf die Eins-Untergruppe, die nur das neutrale Element enthält, abgebildet werden können. Daher lassen sich alle denkbaren Homomorphismen aus einer Gruppe (im wesentlichen) beschreiben, wenn deren Normalteiler bekannt sind. Mit Hilfe eines Normalteilers können Faktorgruppen gebildet werden, damit kann die Strukturuntersuchung von Gruppen absteigend auf weniger komplexe Gruppen zurückgeführt werden. Dadurch konnte das Klassifikationsproblem für endliche Gruppen im wesentlichen auf die Klassifikation der einfachen endlichen Gruppeneinfach sind Gruppen, die außer der Eins-Gruppe und sich selbst keine Normalteiler haben – zurückgeführt werden, die im 20. Jahrhundert vollständig gelungen ist.

Évariste Galois hat als erster die Wichtigkeit des Konzeptes „Normalteiler“ für die Untersuchung von nicht kommutativen Gruppen erkannt. Da in kommutativen Gruppen jede Untergruppe ein Normalteiler ist, ist dort dieses Konzept irrelevant und viele Aussagen über Normalteiler sind dort trivial.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Definitionen

Eine Untergruppe N einer Gruppe G wird als Normalteiler bezeichnet, wenn sie invariant unter Konjugation ist (Bedingung 2. unten). Das heißt, für beliebige Elemente n in N und beliebige Gruppenelemente g in G, gehört das Element gng − 1 stets immer noch zu N (Bedingung 1. unten). Man schreibt dann N\triangleleft G.

Die folgenden Bedingungen für eine Untergruppe N sind untereinander äquivalent und jede kann dazu verwendet werden, zu definieren, wann die Untergruppe N ein Normalteiler ist:

  1. Für jedes g in G gilt gNg^{-1}\subseteq N.
  2. Für jedes g in G gilt gNg − 1 = N.
  3. Die Menge der linken und rechten Nebenklassen von N stimmen überein.
  4. Für jedes g in G gilt gN = Ng.
  5. Die Menge N ist die Vereinigung von Konjugationsklassen der Gruppe G.
  6. Es existiert ein Gruppenhomomorphismus aus G, dessen Kern N ist.

Formal ist die Bedingung 1. schwächer als 2. und 3. schwächer als 4. Aus diesem Grund verwendet man oft die Bedingungen 1. oder 3. um zu beweisen, dass eine Untergruppe eine Normalteiler ist, die Bedingungen 2. und 4. dagegen, um Eigenschaften von Normalteilern zu beweisen.

[Bearbeiten] Normalteiler, Gruppenhomomorphismen und Faktorgruppe

Jeder Normalteiler N einer Gruppe G ist Kern eines Gruppenhomomorphismus π aus der Gruppe, d. h. das Bild von N unter π ist das neutrale Element. Als Homomorphismus π kann die kanonische surjektive Projektion

\begin{alignat}{2}    \pi:&\quad & G &\rightarrow G/N\\        &       & g &\mapsto g\cdot N     \end{alignat}

von G auf die Faktorgruppe G / N gewählt werden, die jedem Gruppenelement g jene Nebenklasse von N zuordnet, in der g liegt.

[Bearbeiten] Faktorgruppe

Die Nebenklassen von Normalteilern N bilden mit dem Komplexprodukt eine Gruppe, die Faktorgruppe G / N von G nach N.

Konkret heißt dies: Die Faktorgruppe besteht aus den Nebenklassen G/N=\{g\cdot N| g\in G\}. Deren Produkt ist durch das Komplexprodukt (gN)\cdot (hN)= \{x\cdot y|x\in gN, y\in hN\} definiert. Genau dann, wenn N ein Normalteiler der Gruppe ist, entsteht als Komplexprodukt von zwei beliebigen Nebenklassen wieder eine Nebenklasse von N und es gilt (gN)\cdot (hN)= (gh)N. Genau dann lässt sich dieses Komplexprodukt also stets durch Multiplikation zweier Repräsentanten der Nebenklassen und anschließende Nebenklassenbildung bestimmen.

[Bearbeiten] Isomorphiesätze

Der Kern \operatorname{ker} (\varphi) eines beliebigen Gruppenhomomorphismus \varphi ist stets ein Normalteiler der abgebildeteten Gruppe. Es gilt der Satz:

Ist \varphi: G\rightarrow H ein Gruppenhomomorphismus, dann induziert \varphi einen Isomorphismus G/\operatorname{ker} (\varphi) \cong \varphi (G).

Diese Aussage wird oft als Erster Isomorphiesatz (für Gruppen) bezeichnet. Ist dabei der Homomorphismus \varphi surjektiv, dann ist die Faktorgruppe nach dem Kern isomorph zur Gruppe H, da H dann mit dem Bild \varphi(G) übereinstimmt.

Sind U und N Untergruppen der Gruppe G und ist N sogar ein Normalteiler von G, dann gilt
U/(U\cap N)\cong (N\cdot U)/N.

Diese Aussage wird häufig als Zweiter Isomorphiesatz (für Gruppen) bezeichnet.

Diese Isomorphiesätze werden im Artikel Isomorphiesatz ausführlicher dargestellt. Dort finden sich auch Hinweise auf Verallgemeinerungen.

[Bearbeiten] Normalteiler- und Untergruppenverband

Die Normalteiler einer Gruppe G bilden ein Mengensystem, das sogar ein Hüllensystem ist. Dieses Hüllensystem ist ein vollständiger Verband, der Normalteilerverband. Hier bedeutet dies konkret:

  1. Die Schnittmenge von Normalteilern von G ist ein Normalteiler,
  2. Zu jeder Teilmenge T von G existiert ein eindeutig bestimmter kleinster Normalteiler \mathcal{N}(T), der diese Menge enthält. (Diese Operation \mathcal N ist hier die Hüllenoperation). Spezialfälle: Der triviale Normalteiler {e}, der nur das neutrale Element e der Gruppe enthält, ist \mathcal{N}(\emptyset), \mathcal{N}(G)=G selbst ist Normalteiler. Hieraus folgt die Vollständigkeit des Verbandes.

Darüber hinaus ist der Normalteilerverband ein Unterverband des Untergruppenverbandes.

In den folgenden beiden Abschnitten muss bei den betrachteten Produktgruppen zwischen äußeren und inneren Produkten unterschieden werden, obwohl die beiden Versionen stets die gleiche algebraische Struktur haben (isomorph sind). Die formalen Unterschiede zwischen inneren und äußeren Produkten werden im Artikel über das Semidirekte Produkt und im vorliegenden Artikel am Ende des Abschnitts über das semidirekte Produkt erläutert.

[Bearbeiten] Komplementäre Normalteiler und inneres direktes Produkt

Im allgemeinen gibt es im Normalteilerverband keine Komplementärobjekte. Hat ein Normalteiler N1 jedoch ein Komplementärobjekt N2, das heißt, gilt für die Normalteiler N_1\cap N_2=\{e\} und \mathcal{N}(N_1\cup N_2)=G, dann ist die Gruppe G als (inneres) direktes Produkt dieser Normalteiler darstellbar: G\cong N_1\times N_2, das heißt, jedes Gruppenelement g\in G hat eine eindeutige Darstellung als Produkt g=n_1\cdot n_2 von Elementen n_1\in N_1 und n_2\in N_2. Umgekehrt ist jeder Faktor eines (äußeren) direkten Produktes (isomorph zu einem) Normalteiler der Produktgruppe und das Produkt aus den übrigen Faktoren ist isomorph zu einem dazu komplementären Normalteiler.

Eine Verallgemeinerung dieser Aussage: Für zwei Normalteiler, die eine triviale Schnittmenge haben, d. h. N_1\cap N_2=\{e\}, gilt:

  • Ihre Elemente kommutieren untereinander, ohne dass natürlich einer der beiden Normalteiler kommutativ sein müsste:
n_1\cdot n_2 = n_2\cdot n_1\quad \text{falls}\; n_1\in N_1,\, n_2\in N_2.
  • Ihr Supremum im Verband der Normalteiler stimmt mit ihrem Komplexprodukt überein, das wiederum zu ihrem (äußeren) direkten Produkt isomorph ist:
\mathcal{N}(N_1\cup N_2)=N_1\cdot N_2\cong N_1\times N_2

Beide Aussagen treffen im allgemeinen für Untergruppen, die keine Normalteiler sind, nicht zu. Zum Beispiel schneiden sich in der freien Gruppe über zwei Elementen F = < a,b > die beiden unendlichen zyklischen Untergruppen A = < a > und B = < b > in der Einsgruppe. Die Gruppe A\times B (äußeres direktes Produkt) ist aber zu keiner Untergruppe von F isomorph. Das Komplexprodukt A\cdot B ist keine Untergruppe von F, da z. B. ab\in A\cdot B ist, aber (ab)^2=abab\not\in A\cdot B.

[Bearbeiten] Inneres semidirektes Produkt

Ist nur N ein Normalteiler und H eine nicht notwendig normale Untergruppe der Gruppe G und schneiden sich die beiden in der Einsgruppe, gilt also N\cap H =\{e\}, dann gilt:

  • Das Komplexprodukt U=N\cdot H ist eine (nicht notwendig normale) Untergruppe von G.
  • Jedes Element von u\in U ist als Produkt u=n\cdot h von Elementen n\in N und h\in H eindeutig darstellbar.
  • Natürlich ist der Normatlteiler N von G stets normal in U. Die Untergruppe H < U ist genau dann normal in U, wenn die Elemente von N und H untereinander kommutieren (s. o.).

In der beschriebenen Situation (N\triangleleft G,\; H<G,\; N\cap H =\{e\}) bezeichnet man das Komplexprodukt U=N\cdot H als (inneres) semidirektes Produkt der Untergruppen N und H. Das äußere semidirekte Produkt besteht, wie in dem genannten Artikel ausgeführt, aus dem kartesischen Produkt zweier Gruppen (hier N und H) zusammen mit einem Homomorphismus \theta : H\rightarrow \operatorname{Aut}(N) von H in die Gruppe der Automorphismen von N. Das äußere semidirekte Produkt wird dann häufig als A=N\times_\theta H geschrieben. Von den technischen Details interessiert in unserem Zusammenhang nur, dass durch θ die Rechenregel (Relation):

(e_N,h)\cdot (n,e_H)=(\theta(h)(n),h)

auf dem kartesischen Prudukt N\times Heingeführt wird. ( θ(h)(n) bedeutet hier, der Automorphismus θ(h) wird auf n angewandt, es gilt hier wie im folgenden immer n\in N, h\in H). Diese Rechenregel ermöglicht es, alle Produkte (durch Durchschieben der Elemente von H nach rechts) auf die Standardform (n, e_H)\cdot (e_N, h) zu bringen. In unserem Fall eines inneren Produkts entspricht dem die Rechenregel

h\cdot n = h\cdot n\cdot (h^{-1}\cdot h)= (h\cdot n \cdot h^{-1})\cdot h =\theta(h)(n)\cdot h,

das heißt H operiert auf N durch Konjugation, \theta(h)\in \operatorname{Aut}(N) ist der durch diese Konjugation definierte Automorphismus des Normalteilers N. Im Sinne dieser Überlegungen ist das Komplexprodukt U (hier ein inneres semidirektes Produkt) isomorph zu dem äußeren semidirekten Produkt A=N\times_\theta H.

Jedes direkte Produkt ist auch ein spezielles semidirektes, U wie hier beschrieben ist genau dann das (innere) direkte Produkt von N und H, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen zutrifft:

  • H\triangleleft U,
  • \forall n\in N\, \forall h\in H:\; nh=hn,
  • \forall h\in H:\; \theta(h)=\operatorname{Id}_N.

[Bearbeiten] Bemerkungen

[Bearbeiten] Siehe auch

Normalteiler spielen eine tragende Rolle bei der Klassifikation der (endlichen) Gruppen, einen Überblick über die Methoden gibt der Artikel Reihe (Gruppentheorie). Besonders interessant sind Gruppen, deren Normalteilerverband bestimmte Besonderheiten aufweist. Dazu zählen z. B. die auflösbaren Gruppen und die nilpotenten Gruppen.

Für endliche Gruppen lässt sich oft anhand der Gruppenordnung entscheiden, ob gewisse Untergruppen, die p-Untergruppen und besonders die Sylowgruppen Normalteiler sind. Die wichtigsten Sätze hierzu sind die Sylow-Sätze.

Eine Verallgemeinerung des Begriffs Normalteiler ist der Subnormalteiler.

[Bearbeiten] Literatur

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