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Obersalzberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Obersalzberg ist ein Berghang bei Berchtesgaden. Namensgebend sind die Salzvorkommen, die im Salzbergwerk Berchtesgaden ausgebeutet werden. Seit dem 19. Jahrhundert wird der Ortsteil Obersalzberg touristisch genutzt. Kern des Tourismus war die von Frl. Mauritia (genannt "Moritz") Mayer begründete Pension Moritz. Moritz Mayer wurde als Judit Platter von Richard Voß im Roman "Zwei Menschen" literarisch verewigt. Ab 1923 war er Feriendomizil Hitlers. Er wurde nach 1933 zum Führer-Sperrgebiet ausgebaut. Am Fuße des Berges wurde in der Stanggass ein zweiter Regierungssitz (Kleine Reichskanzlei neben der in Berlin) errichtet, der während der Anwesenheit Hitlers am Obersalzberg genutzt wurde.

Heute befindet sich in der Nähe des Berghofs, oft fälschlich Alpenfestung genannt, an der Stelle des damaligen Gästehauses das Dokumentationszentrum Obersalzberg über die nationalsozialistische Vertreibungspraxis, welches vom Institut für Zeitgeschichte in München im Auftrag des Freistaates Bayern unterhalten wird. Um wieder an die alte touristische Tradition anzuknüpfen, wurde 2005 ein 5-Sterne-Hotel eröffnet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Anfänge des Tourismus

Der Obersalzberg war bereits im 19. Jahrhundert eine der Wiegen des Berchtesgadener Tourismus. Obersalzberg war ein Teil der damals selbständigen Gemeinde Salzberg und hatte den Charakter eines kleinen Dorfes mit Laden, Post usw. sowie vielen verstreut stehenden Lehen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten sich auch bekannte Persönlichkeiten wie der Erfinder der Kältetechnik Prof. Dr. Carl von Linde am Obersalzberg niedergelassen. Adolf Hitler hatte durch Dietrich Eckart Berchtesgaden und den Obersalzberg kennen gelernt. Im Jahre 1928 mietete Hitler das Haus Wachenfeld für 100 Reichsmark im Monat von der Witwe eines Lederwarenfabrikanten aus Buxtehude. Im Sommer 1933 kaufte er das Haus aus den Tantiemen für sein Buch Mein Kampf und benannte es in „Berghof” um. Mehr und mehr Anhänger Hitlers strömten nach Berchtesgaden, um ihren Führer aus der Nähe zu sehen, von den Berchtesgadenern wurden sie auch spöttisch als „Wallfahrer” bezeichnet.

[Bearbeiten] Zeit des Nationalsozialismus

[Bearbeiten] Umgestaltung

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland erfuhr der Obersalzberg die größten baulichen Veränderungen seiner Geschichte. Anfangs noch ein schlichtes Haus im Stil einer Sommerfrische, entwickelte sich der Berghof bis 1945 durch mehrere Umbauten nach Plänen des Architekten Alois Degano und des Diktators selbst zu einem repräsentativen Wohnsitz. Das Zentrum des Gebäudes bildete die „Große Halle” mit einem versenkbaren Panoramafenster, das den Blick auf den Untersberg freigab.

Um den Berghof gruppierten sich die Häuser der NS-Politiker Martin Bormann, Hermann Göring und Albert Speer sowie Gästehaus, SS-Kaserne, Gutshof mit Gewächshaus und unterirdische Bunker. Beim Aufkauf unter der Leitung des Reichsleiters und Sekretärs Hitlers Martin Bormann wurden den Vorbesitzern zuerst Preise über dem Verkehrswert angeboten. Wenn sie nicht verkaufen wollten, wurden sie unter Druck zum Verkauf ihrer Grundstücke gezwungen. Der Fotograf Hans Brandner, der mit dem angebotenen Preis für sein Grundstück nicht zufrieden war, wurde noch in derselben Nacht für zwei Jahre in das Konzentrationslager Dachau verbracht. Insgesamt wurde Land von 57 Grundbesitzern, hauptsächlich Bergbauern mit ihren alten Lehen, angekauft oder enteignet. Der Großteil der vorhandenen Bebauung wurde abgetragen, der Charakter des Ortes völlig verändert.

In der Grundsubstanz verblieben das Hotel „Zum Türken”, das zum Quartier des Sicherheitsdienstes ausgebaut wurde, sowie Teile der Pension Moritz, die zum Platterhof erweitert wurde, und deren Dependance, das Gästehaus Hoher Göll.

Im Bischofswieser Ortsteil Stangaß, nahe Berchtesgaden, wurde 1937 die Dienststelle Berchtesgaden der Reichskanzlei gebaut. Während der Aufenthalte Hitlers in Berchtesgaden konnten die Regierungsgeschäfte von hier aus geregelt werden. Dazu war es notwendig, dass viele Beamte von Berlin nach Berchtesgaden umsiedelten. Außerhalb des Tals in Ainring wurde der kleine Flugplatz für größere Maschinen ausgebaut. Nach dem Krieg entstand auf diesem Gelände dann ein Flüchtlingslager und später ein Ortsteil der Gemeinde Ainring.

Auf eine Anregung Hitlers hin ließ Martin Bormann auf dem Bergrücken des Kehlstein das heute alljährlich von ca. 500.000 Besuchern frequentierte Kehlsteinhaus, von dem Amerikanern "Eagle's Nest" (dt. Adlerhorst) genannt, errichten. Wo die Straße nach 1.700 m kurz vor dem Gipfel endet, führt ein Stollengang 124 m weit in den Fels hinein. Ein Aufzug im Berginneren bringt die Besucher in wenigen Sekunden 124 m hinauf, direkt in das Haus. Für diese Baumaßnahmen wurden keine Zwangsarbeiter, sondern italienische Spezialisten und deutsche Arbeiter angeheuert. Um ein Zusammenkommen dieser mit ortsansässigen Frauen zu vermeiden, wurde sogar ein Bordell eingerichtet. Das Kehlsteinhaus wurde Adolf Hitler zum 50. Geburtstag von der Partei geschenkt. Hitler selbst jedoch besuchte es relativ selten, da ihm die Ausflüge dorthin zu riskant waren. Vor allem kritisierte er, dass der Aufzugsschacht nicht sicher gegen Blitzeinschläge sei, und auch einem Überraschungsangriff der Alliierten mit Bombern wäre man schutzlos ausgeliefert. Das Projekt Kehlsteinhaus kostete nach heutigen Maßstäben ca. 150 Millionen Euro.

Erst die massiven Luftangriffe der alliierten Streitkräfte auf große Teile Deutschlands führten zu einem verstärkten Ausbau der Luftschutzanlagen am Obersalzberg. Es entstand ein tief im Fels gelegenes, weit verzweigtes Bunkersystem.

[Bearbeiten] Nutzung

(video)
Adolf Hitler in Berchtesgaden (info)
Adolf Hitler auf dem Obersalzberg.
Probleme, das Video anzusehen? Hilfe:Video.

David Lloyd George und Adolf Hitler bei dem Treffen auf dem Obersalzberg am 7. Juni 1936
David Lloyd George und Adolf Hitler bei dem Treffen auf dem Obersalzberg am 7. Juni 1936

Häufig verbrachte Hitler mehrere Monate im Jahr auf dem Obersalzberg, um von Berchtesgaden aus die Regierungsgeschäfte zu führen. So empfing er als Reichskanzler auch Staatsgäste auf dem Berghof, zum Beispiel David Lloyd George (britischer Premierminister), Marquez de Magaz (spanischer Botschafter), Arthur Neville Chamberlain (britischer Premierminister), André Francois-Poncet (französischer Botschafter), König Carol II. von Rumänien, u.v.a.

Das wichtigste Treffen auf dem Obersalzberg war sicher am 12. Februar 1938 mit dem österreichischen Bundeskanzler Kurt Schuschnigg, dem unter der Drohung eines Einmarschs mehrere Forderungen gestellt wurden. Für Hitler war das damit erzielte Berchtesgadener Abkommen der erste wichtige Schritt zum „Anschluss“ Österreichs einen Monat später. Es galt als besondere Auszeichnung für deutsche Politiker und Parteimitglieder, von Hitler auf dem Obersalzberg im „privaten Rahmen” empfangen zu werden. Hitler umgab sich hier mit einem Kreis aus Adjutanten, deren Frauen, Kindern und alten Parteifreunden. Eva Braun, die inoffizielle Hausherrin, lud dabei oft Verwandte und Freunde auf den „Berg”, häufig auch, wenn Hitler in Berlin, München oder während des Krieges in seinen Führerhauptquartieren lebte und arbeitete.

[Bearbeiten] Zerstörung

Der US-amerikanische General Dwight D. Eisenhower, der Oberkommandierende der Alliierten, strich seine Pläne zur Eroberung der Reichshauptstadt Berlin, da er befürchtete, dass sich die SS und andere Elitetruppen in der vermuteten „Alpenfestung” verschanzen könnten. So ließ er seine Truppen nach Süden schwenken, um deutschen Truppen den Rückzug in die vermeintliche Alpenfestung abzuschneiden.

Am 25. April 1945 warfen Lancaster-Bomber der Royal Air Force fast 1.300 Bomben über dem Obersalzberg ab, verschonten aber das im Tal liegende Berchtesgaden zum Großteil. Nach diesem Angriff waren sämtliche Gebäude beschädigt. Abziehende SS-Wach-Truppen setzten die Ruinen in Brand. Die Gebäude wurden außer von den Besatzern auch von der einheimischen Bevölkerung geplündert.

[Bearbeiten] Nachkriegszeit – Die Amerikaner am Obersalzberg

Der Obersalzberg wurde, nach der kampflosen Übergabe des Landkreises Berchtesgaden, durch einen Verband aus US-Truppen und einigen Franzosen am 4. Mai 1945 besetzt. Die Schallplattensammlung Adolf Hitlers schaffte es sogar in das amerikanische Nationalarchiv. Um Plünderungen ein Ende zu bereiten, verhängte die US-Militärverwaltung bis 1949 ein Zugangsverbot für das ehemalige Sperrgebiet. Die NS-Grundstücke gingen 1947 offiziell in das Eigentum des Freistaates Bayern über, jedoch nutzten die Amerikaner einen Großteil des Obersalzbergs und der Gebäude, wie die Kleine Reichskanzlei, weiterhin.

Nach dem Krieg gab es auch Bestrebungen der ehemaligen Salzberger, in ihre alte Heimat zurückzukehren. Der Wiederaufbau des Dorfes am Obersalzberg konnte aber nicht umgesetzt werden. Lediglich der Inhaberfamilie des Hotels zum Türken gelang es, dieses wieder in ihr Eigentum zu bringen. Hier besteht, neben den später in die Dokumentationsstelle integrierten Bunkerteilen, die Möglichkeit, andere Teile der Bunkeranlage unter dem Obersalzberg zu besichtigen.

Verschiedene Gebäude wurden nach dem Krieg für die US-Streitkräfte instand gesetzt, wie der Platterhof („Hotel General Walker”), und dienten den amerikanischen Streitkräften als Erholungszentrum. Die Wohngebäude der Nazigrößen hingegen wurden, um jeglichen Kult zu verhindern, abgetragen oder gesprengt. Die Stelle des Berghofes ist heute bewaldet; Stützmauern sind noch erhalten.

[Bearbeiten] Steigenberger-Affäre

Die gesamten im Besitz des Freistaates Bayern befindlichen Hotels wurde in den 1950er Jahren an den Großhotelier Albert Steigenberger verkauft. Vom Engagement des aufstrebenden Hotelkonzerns versprach sich die Berchtesgadener Politik und Wirtschaft eine Belebung des Tourismus. Bis zur Freigabe durch die Amerikaner sollte Steigenberger die jährliche Ausgleichszahlung des Bundes erhalten, der Kaufpreis an den Freistaat konnte in Raten – die geringer waren als die jährliche Entschädigung – bezahlt werden. Es wurde vermutet, dass der Vertrag durch eine großzügige Spende Steigenbergers zum Wiederaufbau der Münchner Residenz begünstigt wurde. Beide Seiten waren aber bald unzufrieden, der Rechnungshof des Freistaates bemängelte den zu geringen Kaufpreis, Steigenberger beklagte die andauernde Belegung durch die Amerikaner. Dazu kam, dass der Bund die Ausgleichszahlungen einstellte, da sich die Rechtsauffassung geändert hatte. Die Hotelaffäre mündete nach Bekanntwerdung in der Presse 1964 in der Rückabwicklung des Vertrages.

[Bearbeiten] Obersalzbergbahn

Die Obersalzbergbahn wurde 1950 in Betrieb genommenen und ist eine Luftseilbahn . Sie führt von der auf 530 m Höhe gelegenen Talstation über die Mittelstation auf 770 m zu der auf 1020 m gelegenen Bergstation (47° 37' 17" N, 13° 1' 16" O). Von der Bergstation, die unterhalb der Scharitzkehlstraße liegt, erreicht man den Ausgangspunkt der Rodelbahn die im Tal nahe der Talstation der Bahn endet. Die Länge der Obersalzbergbahn, welche 1996 modernisiert wurde, beträgt 1.530 m. Die Obersalzbergbahn, deren Tragseil einen Durchmesser von 25 mm und deren Zugseil einen Durchmesser von 16 mm hat, führt über neun Stützen.

[Bearbeiten] Gegenwart

Mit der Freigabe durch die Amerikaner ging die Nutzung der ehemaligen NSDAP-Liegenschaften auf den Eigentümer, den Freistaat Bayern, über.

[Bearbeiten] Hotelneubau

Im Jahre 2000 wurde mit dem Platterhof (von den Amerikaner „General Walker” genannt) das größte noch erhaltene Gebäude aus der NS-Zeit – in Berchtesgaden nicht unumstritten (Bürgerbegehren) – abgerissen, um Platz für die Verlegung der Kehlstein-Abfahrtsstelle und damit die Voraussetzung für den Bau eines Luxushotels zu schaffen. Das 2005 eröffnete Fünfsterne Hotel "Interconti Resort Berchtesgaden" will an die touristische Tradition des Obersalzbergs vor dem Dritten Reich anknüpfen. Es verfügt über 126 Zimmer und 12 Suiten sowie 4 Restaurants. Unmittelbar am Hotel befindet sich ein Golfplatz und ein kleines Skigebiet. 2006 wurde der Wellnessbereich des Hotels mit dem "SPA Diamond" als bestes deutsches SPA ausgezeichnet. Seit 2007 trägt das Gourmet-Restaurant "Le Ciel" des Hotels einen Michelin-Stern.

[Bearbeiten] Dokumentation Obersalzberg

Der Eingangsbereich des Dokumentationszentrums
Der Eingangsbereich des Dokumentationszentrums

Die 1999 eröffnete Dokumentation Obersalzberg arbeitet die Geschichte des Obersalzbergs mit dem Schwerpunkt auf der NS-Zeit und die Auswirkungen der NS-Politik auf Deutschland und die Welt auf. Es steht auf den Grundmauern des früheren Gästehauses. Aussteller ist, im Auftrag des Freistaates Bayern, das Institut für Zeitgeschichte in München. In die Dokumentation einbezogen sind ein Teil der noch erhaltenen Bunkeranlagen. Das Dokumentationszentrum konnte 2005 knapp 170.000 Besucher anlocken.

Besucher vor Schautafeln
Besucher vor Schautafeln

Nach einer Vorstellung der Geschichte des alten Obersalzbergs, folgt die Zeit des Nationalsozialismus von den Anfängen als Feriendomizil Adolf Hitlers, über den mit der Vertreibung der angestammten Einwohner einhergehenden Ausbau des Führersperrgebietes, mit Berghof, den Bau des Kehlsteinhauses und der Bunkeranlagen bis zur Einnahme durch die Alliierten. Dann wird die Nachkriegsgeschichte mit der Besatzungszeit, während der der Obersalzberg den Amerikanern als Erholungszentrum diente, dargestellt.

Das obere Stockwerk
Das obere Stockwerk

Die Dokumentation verbindet den historischen Ort mit Dokumenten und Ausstellungsstücken. Das Konzept der Dokumentation bringt dabei auch die Blendung der Bevölkerung durch den Nationalsozialismus zum Ausdruck.

Im begehbaren Platterhofbunker
Im begehbaren Platterhofbunker

Von der „Vorzeigeseite”, die im hellen Gebäude zum Beispiel mit Bild- und Tondokumenten über begeisterte junge Mädchen, die zu Tausenden vor dem Berghof auf ihren „Führer” warteten, dargestellt wird, folgt schrittweise die Überleitung zu den Grauen des Regimes die im Dunkel und Kühl des Bunkers mit Dokumenten zur Judenvernichtung endet. Vielfach erfolgt die Verbindung des Weltgeschehens mit dem einfachen Bürger vor Ort, wie durch eine Tonbildschau mit Interviews früherer Bewohner.

[Bearbeiten] Literatur

  • Die tödliche Utopie. Bilder, Texte, Dokumente, Daten zum Dritten Reich. Herausgegeben von Horst Möller, Volker Dahm und Hartmut Mehringer unter Mitarbeit von Albert A. Feiber. 4. Auflage München März 2002. ISBN 3-9807890-0-4
  • Ulrich Chaussy: Nachbar Hitler - Führerkult und Heimatzerstörung am Obersalzberg. Ch. Links Verlag, Berlin. 1. Auflage 1995. ISBN 3-86153-100-3.
  • Florian Beierl: Hitlers Berg. Geschichte des Obersalzbergs und seiner geheimen Bunkeranlagen. Verlag Plenk, Berchtesgaden. 2. Auflage 2005. ISBN 3929825058.

[Bearbeiten] Weblinks


Koordinaten: 47° 37' 52" N, 13° 3' 21" O (Ort)

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