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Operation Condor

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

An der Operation Condor teilnehmende Staaten; in rosa Staaten, die sich nur teilweise beteiligten
An der Operation Condor teilnehmende Staaten; in rosa Staaten, die sich nur teilweise beteiligten

Unter dem Codenamen Operation Condor (auf spanisch: Operación Cóndor) operierten in den 70er und 80er Jahren die Sicherheitsdienste von sechs lateinamerikanischen Ländern – Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Bolivien und Brasilien – mit dem Ziel, linke politische und oppositionelle Kräfte weltweit zu verfolgen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ablauf

Nach dem bisherigen Kenntnisstand beschlossen die Vertreter der sechs Staaten auf Vorschlag des damaligen chilenischen Geheimdienstchefs Manuel Contreras am 25. November 1975 die grenzübergreifende Zusammenarbeit. Die Übereinkunft fiel mit dem 60. Geburtstag das damaligen chilenischen Diktators General Augusto Pinochet zusammen. Demnach kooperierten die Länder beim Informationsaustausch sowie der Verfolgung und Tötung von als Staatsfeinden eingestuften politischen Gegnern in den Nachbarstaaten sowie im Ausland. Eine gemeinsame Informationszentrale wurde im Hauptquartier der chilenischen Geheimpolizei, der DINA, eingerichtet.

Intern wurden die geheim gehaltenen Aktivitäten mit der Ausschaltung von Regimegegnern sowie als Kampf gegen internationale terroristische Elemente begründet. Dabei setzten die Geheimdienste ihre Agenten auf die Spur von Gegnern der Militärregime, linken Politikern, Priestern, Gewerkschaftern, Oppositionellen sowie Vertretern von Menschenrechtsorganisationen. Die Opfer wurden in der Regel ohne Begründung oder gerichtliche Grundlage verhaftet oder verschleppt. Weil sie auf diese Weise oft einfach „verschwanden" und nie mehr auftauchten, entstand in den betroffenen Ländern der Begriff Desaparecidos (span. Die Verschwundenen).

Mehrfach wurden auch im Ausland, u. a. in den USA, Italien, Frankreich und Portugal, Mordanschläge verübt. In mindestens zwei Fällen sollen westliche Geheimdienste im Exil lebende Oppositionelle vor den Condor-Agenten gewarnt und in Sicherheit gebracht haben. Unter anderem wird das tödliche Attentat auf den ehemaligen chilenischen Außenminister Orlando Letelier im September 1976 in Washington (Autobombenanschlag) mit Agenten der Operation Condor in Verbindung gebracht. DINA-Chef Manuel Contreras wurde für diese Tat vor einem US-Gericht angeklagt (siehe Rolle der USA). Im Jahr 2004 wurde er wegen „gewaltsamen Verschleppens von Personen“ in Chile zu 12 Jahren Haft verurteilt (siehe Juristische Aufarbeitung).

[Bearbeiten] Opfer

Nach dem bisherigen Stand der offiziellen Ermittlung sowie der Auswertung von Dokumenten fielen mindestens 200 Personen der Operation Condor zum Opfer. Menschenrechtsorganisation schätzen die Zahl jedoch sehr viel höher ein. Sie befürchten, dass den lateinamerikanischen Regimen möglicherweise bis zu 50.000 Menschen zum Opfer fielen und weitere 35.000 bis heute vermisst werden.

[Bearbeiten] Juristische Aufarbeitung

Die Geheimdienstoperation wurde durch Zufall bekannt, als bei Recherchen des paraguayischen Anwalts Martin Almada (Universitätsprofessor für Menschenrechte und Opfer der Diktatur Alfredo Stroessners) im Dezember 1992 in einer Polizeistation im Vorort der Hauptstadt Asunción, Dokumente über die Operation Condor entdeckt wurden. Diese so genannten Terrorarchive führten zu intensiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in den inzwischen demokratisch regierten Ländern. Derzeit müssen drei der ehemaligen Militärmachthaber sich Anklagen erwehren. Paraguays ehemaliger Diktator Alfredo Stroessner wurde in mehreren Fällen im Rahmen der Operation Condor angeklagt – er starb jedoch im brasilianischen Exil geschützt vor einer Strafverfolgung. Am 13. Dezember 2004 erhob ein chilenisches Gericht ebenfalls Anklage gegen den chilenischen Ex-Diktator Pinochet. Argentiniens Ex-Staatschef Jorge Rafael Videla steht in seinem Land bereits wegen einiger anderer Anklagen unter Hausarrest. Die angeklagten Politiker, die sich bisher zu den Vorwürfen geäußert haben, lehnen jede Verantwortung für die Operation Condor ab und beschuldigen die nationalen Polizeidienste. Bisher wurden nur wenige Beteiligte rechtskräftig verurteilt, unter anderem der chilenische DINA-Chef Manuel Contreras sowie einer seiner Offiziere. Ein juristischer Nachweis der Beteiligung der Militärmachthaber selbst gelang bisher nicht. Manuel Contreras wurde am 16. April 2003 von einem chilenischen Gericht zu 15 Jahren Haft verurteilt. Im Januar 2004 bestätigte ein Berufungsgericht den Schuldspruch, setzte seine Strafe aber auf 12 Jahre herab. Es handelte sich dabei um die erste Verurteilung wegen gewaltsamen Verschleppens von Personen während der Militärdiktatur in Chile.

[Bearbeiten] Rolle der USA und Frankreichs

Die Rolle der USA ihre Beteiligung der damaligen US-Regierung sowie ihrer Nachrichtendienste bei der Operation Condor ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt. In den Jahren 2000 und 2001 veröffentlichte US-Geheimdienstdokumente [1] legen den Schluss nahe, dass das FBI und der amerikanischen Geheimdienst CIA von den Aktivitäten Kenntnis hatten, sie duldeten und sie logistisch und technisch unterstützten. Den Dokumenten zufolge lieferten sie technische Hilfsmittel und gaben Ausbildungskurse für die Agenten. Eine wichtige Rolle spielte dabei das militärische Ausbildungszentrum School of the Americas in der Kanalzone Panamas.

Bezeichnend ist auch, dass Frankreich Veteranen aus dem Algerienkrieg zur Verfügung stellte. Diese haben ihre Erfahrung mit in Algerien erprobten Foltermethoden ( siehe Französische Doktrin) weitergegeben.

Laut eines internen CIA-Untersuchungsberichts hielt die Behörde von 1974 bis 1977 enge Kontakte zum Leiter der Operation Condor, Manuel Contreras[2]. Die CIA bestätigte auch, zu mindestens einem Zeitpunkt Zahlungen an Contreras geleistet zu haben, die Summe wurde nicht veröffentlicht. Als Contreras 1976 wegen des Mordes an Orlando Letelier in Washington von einem US-Bundesschöffengericht (federal grand jury) angeklagt wurde, hatte die CIA diese Information zurückgehalten, sie kam erst im Jahr 2000 an die Öffentlichkeit.

Unter den im Jahr 2000 freigegebenen US-Dokumenten befand sich auch ein Telegramm [3] des damaligen US-Botschafters in Panama an den US-Außenminister aus dem Jahr 1978. Darin berichtet der Absender, dass eine US-Nachrichtenzentrale in Panama für den Informationsaustausch der Condor-Agenten diene. Er drückte die Befürchtung aus, dass das Bekanntwerden dieser Tatsache ein schlechtes Licht auf die Rolle von US-Behörden bei der Ermordung von Orlando Letelier werfen könnte, die zu dieser Zeit Gegenstand eines Strafprozesses in den USA war.

Vor allem dem US-Sicherheitsberater Henry Kissinger wird aufgrund von Dokumenten vorgeworfen, dass er während der Präsidentschaft von Richard Nixon die Aktion aktiv unterstützt habe, da er in den lateinamerikanischen Ländern eine marxistische Revolution fürchtete (Domino-Theorie) und die diktatorischen Machthaber als Verbündete der USA im Kampf gegen den Kommunismus ansah. Deshalb forderte der Anwalt eines Opfers der Militärdiktatur in Uruguay die Auslieferung des ehemaligen US-Außenministers und Friedensnobelpreisträgers an das südamerikanische Land.

Siehe auch: Französische Doktrin

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Referenzen

  1. National Security Archive: Chile: 16,000 Secret Documents Declassified. CIA Forced to Release Hundreds of Records of Covert Operations, 13. November 2000
  2. Christopher Hitchens: The Case against Henry Kissinger. Harper's Magazine, Februar 2001, S. 37
  3. Telegramm des US-Botschafters in Panama zur Nutzung von US-Einrichtungen durch Condor-Agenten, 20. Oktober 1978, Quelle: George Washington University
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