Orlando Letelier
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Orlando Letelier del Solar (* 13. April 1932; † 21. September 1976 in Washington (District of Columbia), USA) war ein chilenischer Diplomat. Er wurde in Washington durch Agenten der chilenischen Geheimpolizei DINA ermordet, die für den Diktator Augusto Pinochet arbeiteten, zu dessen Regime Letelier in Widerspruch stand. Der Mord an ihm veranlasste die USA, ihre Unterstützung für die Operation Condor, nicht jedoch die komplette Unterstützung für das Pinochet-Regime einzustellen.
Orlando Letelier ist Vater des chilenischen Senators Juan Pablo Letelier.
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[Bearbeiten] Hintergrund
1971 berief der sozialistische chilenische Präsident Salvador Allende Orlando Letelier zum Botschafter seines Landes in den Vereinigten Staaten. 1973 wurde Letelier Außenminister und später Verteidigungsminister Chiles. Die Politik der US-Regierung von Präsident Richard Nixon und seines Außenministers Henry Kissinger, die im scharfen Widerspruch zu Allendes Politik der Verstaatlichung der chilenischen Kupferminen stand, beteiligte sich an der Destabilisierung des Landes durch Verweigerung von zugesagten Krediten, Anstiftung von Unruhen, Lieferung von Waffen sowie Vorbereitung und Durchführung des militärischen Putsches der demokratisch gewählten, chilenischen Regierung, die Augusto Pinochet an die Macht brachte. Die Nixon-Administration unterstützte Pinochets Militärdiktatur mit großer Festigkeit.
Nach dem Umsturz wurde Letelier in Chile festgenommen und gefoltert. Er wurde in ein Gefängnis für politische Gefangene auf der Insel Dawson im Feuerland-Archipel verschleppt. Nach seiner Freilassung 1974 begab er sich nach Washington, wo er am Institute for Policy Studies arbeitete.
Bereits im gleichen Jahr, 1974 wird der ehemalige Innenminister Allendes, der auch Pinochets Amtsvorgänger als Oberbefehlshaber der chilenischen Streitkräfte, General Carlos Prats im argentinischen Exil durch eine Autobombe getötet. Ein Jahr später, 1975 unternimmt ein Kommando des chilenischen Geheimdienstes DINA ein Attentat auf einen in Rom im Exil lebenden chilenischen Christdemokraten.
[Bearbeiten] Ermordung
Letelier wurde gemeinsam mit seiner amerikanischen Assistentin Ronni Karpen Moffitt durch eine Autobombe im Sheridan Circle am 21. September 1976 ermordet. Ihr Ehemann Michael Moffitt wurde dabei zwar verletzt, überlebte aber.
In einem Leserbrief vom 17. Dezember 2004 an die Los Angeles Times schrieb Leteliers Sohn Francisco, dass der Mord an seinem Vater Teil der Operation Condor gewesen sei, den er als geheimdienstliches Netzwerk von sechs südamerikanischen Diktaturen dieser Ära beschrieb, die ihre Dissidenten eliminierten. Darin hob er hervor, dass Pinochet niemals für seine Beteiligung an der Operation Condor angeklagt wurde. Francisco Letelier betonte: „Der Mörder meines Vaters war Teil der Operation Condor.“
[Bearbeiten] Strafverfolgung
Verschiedene Leute wurden des Mordes angeklagt und verurteilt. Unter ihnen befand sich Michael Townley, ein ehemaliger CIA-Agent und Auswanderer, der für die DINA arbeitete, General Manuel Contreras, früherer Chef der DINA und Brigadier Pedro Espinoza Bravo, der ebenfalls früher bei der DINA gearbeitet hatte. Townly wurde 1978 in den USA verurteilt, Contreras 1993 in Chile zu 12 Jahren Haft. Pinochet stand niemals vor Gericht für die für ihn befohlenen Morde, obwohl Townley ihn als Verantwortlichen belastet hatte.
Während seines Gerichtsverfahrens gestand Townley, dass er fünf antikommunistische Exilkubaner angeheuert hatte, um eine Sprengfalle an Leteliers Auto anzubringen. Der Aussagen von Jean-Guy Allard zufolge wählte nach Beratungen mit der Coordination of United Revolutionary Organizations deren Führung einschließlich Luis Psoada Carriles und Orlando Bosch diejenigen Exilkubaner aus, die den Mord ausführen sollten: José Dionisio „Blutbad“ Suárez, Virgilio Paz Romero, Alvin Ross Díaz und seine Brüder sowie Ignacio Novo Sampoll. Dem Miami Herald zufolge nahm Luis Posada Carriles an dem Treffen teil, dass entschied, Letelier zu ermorden und den Bombenanschlag gegen Flug 455 der Luftfahrtgesellschaft Cubana zwei Wochen später, am 6. Oktober 1976 plante.
[Bearbeiten] Anzeichen für Kenntnis der USA
Später veröffentlichte CIA-Dokumente bestätigen, dass die CIA eng mit Contreras bis zu und selbst nach Leteliers Ermordung verbunden war. Armando Fernández, der ebenfalls in den Mord verwickelt war, wurden Visa durch Robert White, den Botschafter der USA in Paraguay, auf Drängen der Regierung Paraguays erteilt, obwohl er gefälschte paraguayische Pässe vorlegte.
Den 1999 und 2000 von John Dinges veröffentlichten Dokumenten zufolge belegen, „dass die CIA über geheimdienstliche Insider-Informationen zum Mord-Komplott zwei Monate vor dem Mord an Letelier verfügte, aber unternahmen nichts zur Verhinderung der Pläne“. Sie wusste ebenfalls von einem uruguayischen Mordversuch an dem US-Kongressabgeordneten Edward Koch, den der spätere CIA-Direktor George H. W. Bush erst nach dem Mord an Orlando Letelier.
Kenneth Maxwell betonte, dass die US-Politiker nicht nur allgemein über die Operation Condor informiert waren, sondern auch speziell auch „... dass ein chilenisches Mordteam plante, in die Vereinigten Staaten einzureisen.“ Einen Monat vor dem Mord an Letelier befahl Kissinger: „... dass die beteiligten lateinamerikanischen Herrscher zu informiert seien, dass der Mord an Subversiven, Politikern und prominenten Persönlichkeiten sowohl innerhalb der nationalen Grenzen gewisser Südamerikanischer Staaten, als auch im Ausland ernste moralische und politische Probleme bereiten würde.“ Maxwell schrieb in seiner Rezension von Peter Kornbluhs Buch: „Diese Demarche wurde scheinbar nicht überbracht: Die US-Botschaft in Santiago de Chile zauderte, weil die Überbringung eines solch harschen Rüffels den Diktatur aus der Fassung bringen könnte“ und dass am 20. September 1976, dem Vortag des Mordes an Letelier und seiner Assistentin Ronni Moffitt „instruierte das State Departement die Botschafter ‚nichts weiter zu unternehmen’ in Bezug auf das Condor-Schema.“
[Bearbeiten] siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Der Spiegel 27/1993: Lateinamerikanische Geheimdienste: Schatten des “Condor”, 05.07.1993
- Dinges, John; Landau, Saul: Assassiantion on Embassy Row; McGraw-Hill, London 1981, ISBN 0-07-016998-5
- Dinges, John: The Condor Years; The New Press 2004 ISBN 1-56584-764-4
- Hitchens, Christopher: The Trial of Henry Kissinger, Verso 2001 ISBN 1-85984-631-9
- Branch, Taylor; Propper, Eugene M: Labyrinth; Viking Press 1983, Penguin Books 1983 ISBN 0-14-006683-7
[Bearbeiten] Weblinks
- Orlando Letelier Dossier des Transnational Institute (in Englisch)
- MIPT Terrorismus Kenntnis – Neun Dokumente aus den Prozessen gegen Leteliers Mörder (in Englisch)
- Homepage des Institue for Policy Studies, an dem Letelier und Moffitt gearbeitet haben, gibt die Umstände des Bombenattentats wieder
- John Dinges war Korrespondent der Washington Post in Südamerika von 1975 bis 1983, Autor des Buchs The Condor Years: How Pinochet and his Allies Brougth Terrorism to three Continents; The New Press 2004 und zusammen mit Saul Landau: Assassination on Embassy Row; Pantheon 1980, Asesinato en Washington; Lasser 1980, Planeta 1990
Personendaten | |
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NAME | Letelier, Orlando |
ALTERNATIVNAMEN | Letelier del Solar, Orlando |
KURZBESCHREIBUNG | chilenischer Diplomat |
GEBURTSDATUM | 13. April 1932 |
STERBEDATUM | 21. September 1976 |
STERBEORT | Washington (District of Columbia), USA |