Petitionsausschuss
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Der Petitionsausschuss ist ein Ausschuss vom Bundestag oder von Landtagen, der sich mit Eingaben von Bürgern befasst, die sich von einer Bundes- oder Landesbehörde ungerecht behandelt fühlen. Er bildet daher eine wichtige Schnittstelle zwischen Parlament und Bevölkerung.
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[Bearbeiten] Rechtliche Grundlage
Das Petitionsrecht ist in Artikel 17 des Grundgesetzes verankert: Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Für die Inanspruchnahme dieses außergerichtlichen Rechtsbehelfs ist weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch Volljährigkeit erforderlich. Auch Petitionen zugunsten Dritter sind möglich.
Ein Petitionsausschuss hat besondere gesetzliche Befugnisse nach dem Gesetz nach Artikel 45c des Grundgesetzes, um für seine Tätigkeit relevante Sachverhalte aufklären zu können, zum Beispiel das Recht auf Aktenvorlage, Auskunftserteilung und Zutritt zu Behörden. Dies kann nur verweigert werden, wenn der Vorgang aufgrund eines Gesetzes geheimgehalten werden muss oder sonstige zwingende Geheimhaltungsgründe bestehen. Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Amtshilfe verpflichtet.
Der Petitionsausschuss kann sowohl den Petenten als auch Zeugen und Sachverständige vorladen und anhören.
Der entsprechende Bundestagsausschuss ist vom Grundgesetz in Artikel 45c vorgeschrieben. Er kümmert sich um Petitionen, die an den Bundestag gerichtet werden. Der Ausschuss setzt sich aus 25 Mitgliedern zusammen.
[Bearbeiten] Statistik
Im Jahr 2004 gingen 17.999 Eingaben ein. 2005 gingen 22.144 Eingaben ein. Das ist 23% mehr als im Jahr 2004. Zurückgegangen sind die Massenpetitionen, also die Eingaben in größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im wesentlichen übereinstimmt (z.B. Postkartenaktionen). Im Jahr 2005 sind noch 67.204 Massenpetitionen eingegangen. Die Zahl der Sammelpetitionen, also Petitionen, die mit Unterschriftenliste eingereicht werden, ist ebenfalls gesunken und zwar auf 795. Die meisten Anfragen kamen 2005 wie in den früheren Jahren aus Berlin (im Verhältnis zur Bevölkerung).
[Bearbeiten] Öffentliche Petition
Seit 2005 ist es möglich, eine sogenannte öffentliche Petition einzureichen. [1] Hierbei wird der Petitionstext zunächst für sechs Wochen online gestellt (es kann aber von dem Petenten auch ein abweichender Zeitraum gewählt werden) und kann in diesem Zeitraum von beliebig vielen anderen Menschen durch Angabe ihres Namens "unterschrieben" werden. Je mehr Unterschriften eine öffentliche Petition erhält, desto größeres Gewicht soll ihr dadurch im folgenden Verfahren verschafft werden können.
Die Öffentlichen Petitionen werfen diverse Probleme auf:
- Die Petitionen werden auf einem Server des International Teledemocracy Centre an der Napier Universität, Edinburgh unter einer englischen Webadresse betrieben ("itc.napier.ac.uk"). Viele potentielle Unterzeichner, die eine Petition des Deutschen Bundestages eher auf bundestag.de vermuten würden, glauben daher, dass es sich um eine Phishing-Seite handelt. Viele Petitionen enthalten auch Unterschriften wie "Vorsicht, nicht ausfüllen, Adress-Sammler!". Die Konsequenz ist, dass Aufrufe zum Unterschreiben von Öffentliche Petitionen immer mit einer Rechtfertigung der englischen Adresse beginnen müssen.
- Die Software ist nicht in der Lage eine Unterschriftenliste mit mehr als 24.500 Einträgen anzuzeigen.[2] Dies läuft dem Prinzip einer öffentlichen Petition zuwider. Das Problem ist seit Juni 2006 bekannt[3], als Lösung werden jeweils Ersatz-Petitionen eingerichtet.
- Wie bei jeder Online-Petition ist umstritten, ob die Eingabe wegen der fehlenden Schriftlichkeit durch das Petitionsrecht gem. Art. 17 Grundgesetz geschützt wird. Wenn es das Anliegen erlaubt, sollte deshalb weiterhin zur Papierform gegriffen werden.[4]
[Bearbeiten] Mitglieder des Petitionsausschusses in der 16. Legislaturperiode
- CDU/CSU-Fraktion: Günter Baumann (Obmann), Andreas Jung, Siegfried Kauder, Maximilian Lehmer, Paul Lehrieder, Carsten Müller, Karl Richard Maria Schiewerling, Gero Storjohann, Kai Wegner
- SPD-Fraktion: Gregor Amann, Clemens Bollen, Gabriele Frechen, Klaus Hagemann, Gabriele Lösekrug-Möller (Obfrau), Marlene Rupprecht, Ewald Schurer, Andreas Steppuhn, Lydia Westrich
- FDP-Fraktion: Jens Ackermann (Obmann), Gudrun Kopp, Florian Toncar
- Linke.-Fraktion: Kersten Naumann, Heidrun Bluhm (Obfrau)
- GRÜNE-Fraktion: Monika Lazar, Josef Philip Winkler (Obmann)
[Bearbeiten] Vorsitzende des Petitionsausschusses
- 1949-1959: Luise Albertz (SPD)
- 1959-1965: Helene Wessel (SPD)
- 1965-1972: Maria Jacobi (CDU)
- 1972-1987: Lieselotte Berger (CDU)
- 1987-1994: Gero Pfennig (CDU)
- 1994-1998: Christa Nickels (Grüne)
- 1998-2002: Heidimarie Lüth (PDS)
- 2002-2005: Karlheinz Guttmacher (FDP)
- seit 2005: Kersten Naumann, (Linke.)
stv. Ausschussvorsitzende
- 1949: Karl Kahn (CSU)
- 1949-1953: Hans Tichi (WAV)
- 1953-1957: Karl Kahn (CSU)
- 1957-1963: Friedrich Funk (CDU)
- 1963-1965: Josef Spies (CSU)
- 1965-1969: Helene Wessel (SPD)
- 1969-1972: Walter Fritsch (SPD)
- 1972-1976: Karl-Heinz Hansen (SPD)
- 1976-1983: Richard Müller (SPD)
- 1983-1987: Alfred Meininghaus (SPD)
- 1987-1990: Eugen von der Wiesche (SPD)
- 1990-1994: Bernd Reuter (SPD)
- 1994-2002: Jutta Müller (SPD)
- 2002-2005: Klaus Hagemann (SPD)
- seit 2005: Gero Storjohann (CDU)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Willkommen auf der Seite "Öffentliche Petitionen"
- ↑ Beispielpetition: Streichung des § 35 Bundeswahlgesetz
- ↑ Petition: Förderung der beruflichen Weiterbildung/Praktikum
- ↑ M. Keller, Die E-Petition zum Bundestag, Neue Justiz 2007, S. 56-59.
[Bearbeiten] Weblinks
- Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
- Tätigkeitsberichte des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (jeweils als PDF): BT-Drs. 16/2500 (2005), BT-Drs. 15/5570 (2004), BT-Drs. 15/3150 (2003), BT-Drs. 15/920 (2002), BT-Drs. 14/9146 (2001), BT-Drs. 14/5882 (2000), BT-Drs. 14/3456 (1999).