Ruinaulta
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Die Ruinaulta oder Rheinschlucht ist eine bis zu 400 Meter tiefe Schlucht des Vorderrheins zwischen Ilanz und der Mündung des Hinterrheins bei Reichenau im Kanton Graubünden in der Schweiz. Die Ruinaulta entstand nach dem Flimser Bergsturz vor beinahe 10'000 Jahren. An den Seitenwänden der Schlucht sind dabei steile Kalksteinklippen und imposante Felsformationen entstanden.
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[Bearbeiten] Entstehung der Rheinschlucht
Begonnen hat die Geschichte der Rheinschlucht mit dem gewaltigen Flimser Bergsturz. Vor beinahe 10'000 Jahren brachen oberhalb von Flims, zwischen den Bergen Flimserstein und Piz Grisch, über 10'000 Mio. Kubikmeter Fels ab. Sie stürzten mehr als 1'000 Meter in die Tiefe und begruben das Tal des Vorderrheins zwischen den heutigen Dörfern Castrisch und Reichenau auf einer Fläche von über 50 km2 unter einer mehrere hundert Meter dicken Schuttmasse. Der Flimser Bergsturz war der grösste bekannte Bergsturz in den Alpen. Der Vorderrhein konnte nicht mehr in Richtung Bodensee abfliessen: es wurde ein See aufgestaut. Dieser Ilanzer See erstreckte sich ca. 25 km die Surselva hinauf. Der grösste Teil von ihm blieb wahrscheinlich etwa 1'000 Jahre bestehen. Mit der Zeit schnitt sich der Fluss allmählich tief in die Bergsturzmassen ein, der Ilanzer See floss ab und geformt wurde die Rheinschlucht – die Ruinaulta.
[Bearbeiten] Naturmonument Ruinaulta
[Bearbeiten] Steilwände
Die gewaltigen Steilwände der Rheinschlucht werden Ruinas genannt. Sie erreichen eine Höhe von bis zu 350 Metern und bestehen vorwiegend aus kleinen Gesteinsstückchen. Der Flimser Bergsturz häufte sie vor beinahe 10'000 Jahren auf. Ein feines, weissliches Pulver verbindet die Gesteinstrümmer lückenlos, so dass der ganze Komplex fast wie eine feste Felswand aussieht.
[Bearbeiten] Rhein
In der Tiefe der rund 14 km langen Schlucht windet sich der Vorderrhein. Er entstammt dem Tomasee am Oberalppass, der offiziellen Rheinquelle. Der etwas kürzere Hinterrhein entspringt dem Paradiesgletscher am Rheinwaldhorn in der Nähe des San Bernardino Passes. Bei Reichenau, am Ausgang der Ruinaulta, fliessen der Vorderrhein und der Hinterrhein zusammen.
[Bearbeiten] Seen
Mehrere Seen entstanden auf den Schuttmassen des Flimser Bergsturzes. Die grössten sind der Crestasee bei Trin Mulin, der Laaxersee und der Caumasee bei Flims Waldhaus mit seinem türkisfarbenen Wasser. Der Caumasee wird unterirdisch mit Wasser versorgt vom Tuleritgsee, der wiederum mit dem Prau Pulté See verbunden ist.
[Bearbeiten] Name
Der rätoromanische Name ‚Ruinaulta’ ist zusammengesetzt aus den beiden Wörtern ‚Ruina’ und ‚aulta’. ‚Ruina’ bedeutet ‚Geröllhalde/Steinbruch’ und ‚aulta’ bedeutet ‚hoch’.
[Bearbeiten] Verkehrswege
Der Vorderrhein wird auf seinem kurvenreichen Weg durch die Ruinaulta nur von den Geleisen der Rhätischen Bahn und des Glacier Express sowie streckenweise von einem Wanderweg begleitet. Die Strasse Ilanz-Versam-Bonaduz führt in der Höhe an der Rheinschlucht vorbei und bietet einige Aussichtspunkte. Von den bekannten Ferienorten Flims und Laax aus ist die Rheinschlucht nur zu Fuss oder mit dem Mountainbike erreichbar.
[Bearbeiten] Naturschutz in der Rheinschlucht
Die Ruinaulta wurde 1977 als eines der ersten Gebiete der Schweiz vom Bundesrat ins „Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung„ aufgenommen. Sie beherbergt gefährdete Lebensräume für eine Vielzahl seltener Tier- und Pflanzenarten.
[Bearbeiten] Auen
Direkt am Vorderrhein wächst Auenwald mit Weisserlen. Er ist typisch für das Ufer von Gebirgsflüssen und stets bedroht durch zerstörerische Hochwasser. Bleiben Überschwemmungen jedoch über längere Zeit aus, verdrängen bald Fichten, Buchen oder Tannen die typischen Auenwaldbäume. Zu den Auenlandschaften der Ruinaulta gehören auch offene Kiesbänke und Inseln. Sie werden bei jedem Hochwasser vom Vorderrhein neu geformt.
[Bearbeiten] Wald
An den Hängen der Rheinschlucht gedeiht Nadelwald mit Fichten, Föhren und Erika. Besonders attraktiv ist der in der Schweiz seltene Erika-Föhrenwald dank seines grossen Reichtums an Orchideen. Fast alle Orchideenarten sind auf der Roten Liste zu finden, d.h. sie sind gefährdet und deshalb geschützt. Die wohl bekannteste Orchidee der Ruinaulta ist der Frauenschuh. Er blüht im Mai und Juni, am häufigsten im Wald um Versam.
[Bearbeiten] Vögel
Die stark gefährdeten Vogelarten Flussregenpfeifer und Flussuferläufer sind in der Ruinaulta heimisch. In der Schweiz brüten nur noch je 80 bis 120 Paare der beiden Arten, die Hälfte davon im Kanton Graubünden. Von April bis Juli finden auf den Kiesbänken am Flussufer und auf den Inseln die Eiablage, Bebrütung und Führung der Jungen statt. Menschliche Störungen in dieser Zeit können die Brut gefährden. Nicht zuletzt deshalb wurden am Vorderrhein vier Naturschutzgebiete eingerichtet.
[Bearbeiten] Schmetterlinge
In der Ruinaulta leben ungefähr 350 Schmetterlingsarten, von denen die Mehrheit (ca. 300 Arten) zu den Nachtfaltern gehört. Das Vorhandensein von vielen Schmetterlingsarten deutet auf eine noch unberührte und saubere Umwelt hin.