Hochwasser
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Hochwasser wird der Zustand bei Gewässern genannt, bei dem der Wasserstand sich deutlich über dem normalen Pegelstand befindet. In Tidegewässern bezeichnet Hochwasser den Eintritt des höchsten Wasserstands einer Tide beim Übergang von der Flut zur Ebbe.
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Zwischen regelmäßig wiederkehrenden Hochwassern (Gezeiten, Frühjahrshochwasser) und unregelmäßigen oder einmaligen Ereignissen (Tsunami, Sturmfluten, Jahrhundertflut z.B. an der Elbe) wird unterschieden.
Länder mit geringen Reliefhöhen wie die Niederlande, Deutschland und Dänemark versuchen, sich durch massive Deichbaumaßnahmen und Sperrwerke (z.B. das Emssperrwerk bei Emden) vor (Meeres-)Hochwasser zu schützen. Wird kein intensiver Hochwasserschutz betrieben, kann es wie in Bangladesch am Mündungsdelta des Ganges häufiger zu humanitären Katastrophen und vielen tausend Toten kommen.
In Kriegssituationen kann eine vorsätzliche Überflutung sowohl als Verteidigungswaffe gegen Angreifer eingesetzt werden, als auch als Angriffswaffe. Unter anderem den Niederlanden hat diese Strategie oft Erfolg gegen Feinde gebracht. Siehe: Achtzigjähriger Krieg, Alkmaar, Inundierung. Von der letzteren Möglichkeit machte 1942 die britische Luftwaffe Gebrauch bei der Zerstörung deutscher Talsperren.
Hochwasser-Situationen entstehen auch im Landinneren durch das Anschwellen der Flüsse und Seen sowie durch die Gefahren des Wildbaches. Ebenso können durch Eisstau oder Windeinstau (z.B. Hamburger Sturmflut) Hochwassergefahren entstehen.
Grundsätzlich sind Hochwasser Bestandteile des natürlichen Geschehens. Zur Katastrophe (Flutkatastrophe) werden sie erst, wenn menschliche Werte betroffen sind. Im Zuge der fortschreitenden Landnutzung wurden immer größere Flächen, die Hochwassergefahren ausgesetzt sind, genutzt. Somit stieg die Bedrohung durch Hochwasser, obwohl über die Jahrhunderte der bauliche Hochwasserschutz ständig verbessert wurde. Heute sind im Vergleich zu früheren Jahrhunderten Überflutungen viel seltener, sind in ihren Auswirkungen dann aber oft katastrophal, oder bekommen deswegen mehr Aufmerksamkeit (Für einen geschichtlichen Abriss zum Umgangs des Menschen mit Hochwasser siehe Weblink Pretziener Wehr).
Zudem können die menschliche Flächennutzung (Versiegelung der Landschaft) und der nicht sachgerechte Ausbau der Gewässer (lineare Regulierung, Verminderung der Retentionsräume) verschärfend auf Hochwasserstände wirken. Ein üblicher, sorgfältig geplanter Ausbau von Gewässern sorgt aber für niedrigere Hochwasserstände (Erweiterung des Abflussquerschnitts, siehe Maßnahmen zum Hochwasserschutz unten). Weiters können bestehende Regulierungen durch mangelnde Instandhaltung (z.B. wegen Bewuchs, Anlandungen) ihre Leistung verlieren, wenn sich dadurch der Abflussquerschnitt verringert. Signifikante Änderungen des Abflussgeschehens durch die Bodenversiegelung sind vor allem in kleinen Einzugsgebieten zu erwarten.
Der Beitrag der globalen Erwärmung zum Hochwassergeschehen ist nicht klar zu benennen und von den örtlichen Verhältnissen abhängig (Steigerung von Extremereignissen, Verschiebung von Schnee zum Regen etc.). In manchen Regionen ist mit einer Steigerung des Jahresniederschlages, in anderen mit einer Verminderung oder einer anderen Verteilung zu rechnen.
Das Hochwasserrisiko lässt sich durch vier Komponenten beschreiben:
- (Stark-)Regenfälle in der historischen Vergangenheit und deren Dauer
- Geomorphologie des betroffenen Regengebiets
- Die Verwundbarkeit, das heißt die Empfindlichkeit der betroffenen Einrichtung oder Nutzung gegenüber Überflutungen und
- Das Ausmaß und die Häufigkeit der Überflutung.
Maßnahmen zum Hochwasserschutz können daher folgende Aspekte umfassen:
- Anpassung der Nutzung an die Hochwassergefährdung (Absiedelung, Änderung der landwirtschaftlichen Nutzung, sichere und schadensarme Gestaltung von Bauwerken)
- Schutz vor dem Hochwasser durch
- Rückhalt des Niederschlagswassers in der Fläche oder durch Rückhaltebecken
- Schutz betroffener Gebiete oder Objekte durch Deiche (in Österreich auch als Hochwasserschutzdämme bezeichnet)
- Erhöhung der Abfuhrkapazität der Gewässer durch Querschnittserweiterung und Flutmulden
- Rechtzeitige Warnungen und Alarmierung durch automatische Pegelmessstationen.
Zwischen den einzelnen Maßnahmen bestehen Abhängigkeiten. Z. B. können Regulierungen und Deichbaumaßnahmen zu einer Verschärfung der Hochwassergefahr für Unterlieger oder Anrainer führen. Die Errichtung von Hochwasserrückhaltebecken (Retentionsbecken) verringert das Risiko einer häufigen Überflutung zu Lasten eines seltenen, aber katastrophalen Dammbruchs durch ein Totalversagen des Rückhaltebeckens.
Eine umfassende Strategie zur Verminderung der Folgen eines Hochwassers gibt das Hochwassermanagement.
[Bearbeiten] Qualifikation von Hochwassern
Hochwasser werden zumeist als Ereignisse mit Wiederkehrsintervallen angegeben. Beispielhaft ist das 100-jährliche Hochwasser (HW100) ein Ereignis, das statistisch gesehen in 100 Jahren einmal auftritt. Das heißt nicht, dass nach einem Jahrhunderthochwasser hundert Jahre kein Ereignis dieser Größe folgt. Ein Ereignis kann durchaus einem anderen folgen. Zudem ist zu beachten, dass sich die Wahrscheinlichkeit, im Zuge der Nutzungsdauer eines Gebäudes von einem Ereignis getroffen zu werden, akkumuliert. Bei einer Nutzungsdauer von 30 Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit von einem HW100 getroffen zu werden circa 24 Prozent und sollte somit nicht vernachlässigt werden.
[Bearbeiten] Niederlande
Das Parlament der Niederlande hat nach der verheerenden Sturmflut von 1953, als große Teile des Landes unter Wasser standen, festgelegt, dass ein Schutz gegen ein 1.250-jährliches Hochwasser erreicht werden muss. Dieses Schutzniveau gilt sowohl für Flüsse als auch die Küste. Dem Beschluss folgten gründliche wissenschaftliche Untersuchungen und ein technisch und finanziell aufwendiges Sicherungsprogramm. Das festgelegte Schutzniveau wurde 30 Jahre später, mit dem Abschluss der großen Küstenbauwerke, überall erreicht. Zur Zeit prüfen die Niederlande, ob durch Klimawandel, nämlich Klimaerwärmung oder vermehrte Klimaextreme, die früheren Einschätzungen der Dimension der 1.250-jährlichen Hochwasser nach oben angepasst werden müssen. Dann soll der Schutz weiter verstärkt werden.
[Bearbeiten] USA
In den USA wurde der Hochwasserschutz vom dafür zuständigen US Army Corps of Engineers (http://www.usace.army.mil/) auf das Niveau eines 230-jährlichen Hochwassers festgelegt. Dieses Niveau ist auch gewährleistet, jedoch hat die Überflutung von New Orleans zu der Erkenntnis geführt, dass dieses Schutzniveau nicht ausreicht..
[Bearbeiten] Österreich
In Österreich werden folgende Schutzziele angestrebt:
- HQ30 Untergeordnete Objekte
- HQ100 Standardschutz
- HQ150 Ausbaugrad Wildbach
Darüber hinausgehende Schutzgrade werden bei besonderer Schutzerfordernis (z. B. für die Stadt Wien) angestrebt.
Bei allen Hochwasserschutzmaßnahmen ist jedoch zu beachten, dass stets ein Restrisiko besteht (Anlageversagen, Überschreitung des Bemessungshochwassers).
[Bearbeiten] Deutschland
In Deutschland schreibt das Wasserhaushaltsgesetz vor, Flächen, die statistisch gesehen einmal in hundert Jahren überschwemmt werden können, als Überschwemmungsgebiete in amtlichen Karten auszuweisen und in die Bauleitplanung zu übernehmen. In solchen Überschwemmungsgebieten werden nach den Landesgesetzen oder Gemeindesatzungen weitere Vorschriften erlassen. So ist zum Beispiel bei Eingriffen die zuständige Wasserbehörde zu konsultieren. Die Bauleitplanung oder die Wasserbehörde kann Maßnahmen, wie eine Gebäudeerweiterung oder eine Aufforstung, auch auf privaten Grundstücken verbieten. Hochwassergefährdete Flächen (HW > 100, z. B. Versagen eines Deiches) sind in Deutschland ebenfalls zu kennzeichnen. Die Kommune ist verpflichtet, die Bevölkerung auf diese Gefahren hinzuweisen, damit eine private Vorsorge ermöglicht wird.
Gesetzliche Vorschriften über das Schutzniveau gibt es nicht. Es gibt lediglich ein Urteil des BGH, dass Hauseigentümer bei Flutschäden einen Amtshaftungsanspruch gegen den Träger des Hochwasserschutzes haben, wenn der Schutz nicht wenigsten gegen ein 50-jährliches Hochwasser gewährleistet ist. Dieser Mindestschutz ist (auch wegen dieser Rechtsprechung) weitgehend erreicht. Am Oberrhein von Basel bis Iffezheim besteht, bedingt duch den Ausbau des Oberrheins, ein Schutz gegen ein 1000-jährliches Hochwasser. Im Oberrheingraben, nördlich von Iffezheim bestand früher ein Schutz gegen ein 200-jährliches Hochwasser. Durch den Ausbau des Oberrheins durch Frankreich gingen aber riesige Auen entlang des früheren natürlichen Flußlaufes verloren. Außerdem benötigt eine Flutwelle von Basel bis Mannheim zur Mündung des Neckars statt ca. 72 nur ca. 36 Stunden, so dass die Überlagerung mit der Flutwelle aus dem Neckar bei großflächigen schweren Regenfällen möglich ist. Das Schutzniveau ist abgesunken auf ein 100-jährliches Hochwasser, das 1999 beinahe erreicht wurde. Es wurde daher beschlossen das Schutzniveau wieder durch Deicherhöhungen, Deichverstärkungen und Bau von Poldern auf ein 200-jährliches Hochwasser anzuheben. Das Programm soll bis 2015 abgeschlossen sein, stockt aber teilweise aus rechtlichen, teilweise aus finanziellen Gründen. Zuständig für die Koordination der Forschung und Ort für die Absprachen der Rheinanlieger zum Hochwasserschutz ist die "Internationale Kommission zum Schutz des Rheins", die sich ursprünglich vor allem mit der Verwirklichung des Umweltschutzes am Rhein beschäftigte. Die IKSR hat auch einen Hochwasseratlas Rhein herausgegeben, der die wesentlichen Erkenntnisse enthält und bisher angestrebten Schutzziele definiert. Der Atlas kennzeichnet alle Gebiete, die bei einem 200-jährlichen Hochwasser überflutet werden.
Vor dem Hintergrund der jüngsten Hochwasser wird auch z.B. in Sachsen inzwischen angestrebt, Durchflussmengen von „HQ 200“ schadlos ableiten zu können.
[Bearbeiten] Organisation des Hochwasserschutzes
Deutschland:
Der Katastrophenschutz fällt in die Zuständigkeit der jeweiligen Ordnungsämter, die für Rettungsmaßnahmen auf die Feuerwehren, das THW, die Bundeswehr u. a. zurückgreifen. In Deutschland arbeiten derzeit diverse Wasserrettungsorganisationen: z.B. die DLRG, die Wasserwacht, wobei letztere sich um den Aufbau eines schlagkräftigen, überregional einsetzbaren Hochwasserrettungszuges bemüht.
Für Österreich gilt:
Die unmittelbare Hilfe und Abwehr im Hochwasserfall erfolgt durch die örtliche Feuerwehr. Langfristigere Hilfe erfolgt durch den Katastrophenhilfsdienst der Feuerwehr und Assistenzeinsätze des Bundesheeres.
Das meist benutzte Hilfsmittel beim Hochwasserschutz ist der Sandsack.
Die Errichtung, Erhaltung und Betrieb von Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgt durch die individuell Betroffenen, Wassergenossenschaften, Kommunen und Wasserverbände.
[Bearbeiten] Sonstiges
Kurzzeitiges Hochwasser kann auch durch Rohrbrüche (Frisch-/Brauchwasser) entstehen, dies ist mit zusätzlichen Problemen verbunden, wenn diese unterirdisch verlaufen.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Wiener Donauregulierung
- Portal:Hilfsorganisationen/Feuerwehr
- Hochwassereinsatz
- Technisches Hilfswerk
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Category:Floods – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
BRD - Hochwasserschutz
- Portal der Hochwasserzentralen in Deutschland
- Integriertes Rheinprogramm ( I R P )-Hochwasserschutz am Rhein
- Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) Koblenz
- Hochwasservorsorge in Baden-Württemberg
- Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg
- Hochwassernachrichtendienst Bayern Aktuelle Pegelstände in Bayern und umliegenden Bundesländern
- Hochwassermeldedienst der Wasserwirtschaftsverwaltung Rheinland-Pfalz Aktuelle Hochwassermeldungen durch den von der Wasserwirtschaftsverwaltung Rheinland-Pfalz eingerichteten Hochwassermeldedienst
- Pretziener Wehr an der Elbe bei Magedeburg Historischer Hochwasserschutz
- Landeshochwasserzentrum Sachsen (LHWZ)
ch + at - Hochwasserschutz
- Schweizerisches Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG)
- Hochwasser und Hochwasserschutz
- Hydrographischer Dienst Kärnten - Hochwasserwarndienst Kärnten
- Dossier Hochwasser (CH, A, D)
Österreich - Hochwasser
andere
- Sachgeschichte Hochwasser von Sendung mit der Maus (Real Video-Format)
- Seiten des THW zum Thema Deichverteidigung und Hochwasserschutz
- Hochwasser: Aktuelles, Hintergrund, Daten/Statistiken, Unterrichtsmaterialien "Agenda 21 Treffpunkt" im Bildungsserver learn:line NRW
- Schmittner Karl-Erich und Giresse Pierre, 1996. Modelling und application of the geomorphic and environmental controls on flash flood flow. Geomorphology 16/4:337-347. [1]
- Internationales Lehrmodul "Integrated Flood Risk Management of Extreme Events" (FLOODmaster)
- Links zum Thema „Hochwasser“ im Open Directory Project