Rundfunkrecht
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Rundfunkrecht ist ein Teilbereich des Medienrechtes, der sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Rundfunkveranstaltung befasst.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk liegt nach Art. 30 GG bei den Ländern (vgl. 1. Rundfunk-Urteil). Die Zuständigkeit des Bundes für die Telekommunikation aus Art. 73 Nr. 7 und Art. 78 lit f GG betrifft nur die Übertragungstechnik.
[Bearbeiten] Rundfunkfreiheit und Duale Rundfunkordnung
In Deutschland unterscheiden sich grundlegend die Bedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des privaten Rundfunks, die gemeinsam das duale Rundfunksystem bilden. Basis dafür sind die Rundfunkfreiheit aus Art.5 GG sowie die Rundfunk-Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, die die Rundfunkfreiheit präzisiert und konkretisiert haben.
Die Rundfunkfreiheit erlegt dem Gesetzgeber die Schaffung einer positiven Ordnung für den Rundfunk auf. Der Gesetzgeber muss per Gesetz alle wesentlichen Fragen der Rundfunkordnung regeln. Als wesentlich sieht das BVerfG die Anforderungen an die Meinungsvielfalt, an das Programm selbst, die Regelung des Marktzugangs für Rundfunkveranstalter und die Aufsicht an.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist besonders vom Verständnis der Rundfunkfreiheit als "dienender Freiheit" geprägt: Organisation und Finanzierung, Binnenverfassung und "föderative Verbundstruktur" (Paschke, Medienrecht 2. A., S. 93) entspringen den verfassungsrechtlichen Erfordernissen von Staats-, Partei- und Wirtschaftsferne. Dagegen wird von den privaten Rundfunkveranstaltern nur ein abgesenkter "Grundstandard" verlangt, der sich in der dualen Rundfunkordnung dadurch rechtfertigt, dass die Grundversorgnung durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten sichergestellt ist. Allerdings haben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die Privaten für Vielfalt Sorge zu tragen. "Als dienende Freiheit wird" die Rundfunkfreiheit "nicht primär im Interesse der Rundfunkveranstalter, sondern im Interesse freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung gewährleistet." (BVerfGE 83, 238, 315; Merke: Dienen statt Verdienen!)
[Bearbeiten] Rundfunkbegriff
Der Rundfunkbegriff des BVerfG ist dynamisch (vgl. 5. Rundfunk-Urteil-Baden-Württemberg) und entwicklungsoffen. Das heißt, anders als bei der Presse wird nicht nach dem Übertragungsmedium, bzw. der Übertragungstechnologie abgegrenzt. Dies bedeutet aber gerade angesichts der zunehmenden Medienkonvergenz eine gewisse begriffliche Unschärfe. In der Tat ist es kaum möglich, den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff scharf einzugrenzen, jedoch besteht inzwischen wohl Konsens darüber, dass z.B. Internetdienste wegen der Interaktions- und Auswahlmöglichkeit des Nutzers nicht mehr dem Rundfunk zugeordnet werden können. Die bereits 1961 im 1. Rundfunk-Urteil-Deutschland-Fernsehen-GmbH vorgenommene Abgrenzung zur Telekommunikation (damals noch Fernmeldewesen) hat dagegen nach wie vor Bestand: Der sendetechnische Bereich des Rundfunks wird vom Telekommunikationsrecht des Bundes mitumfasst.
[Bearbeiten] Gemeinsame Regelungen
Die §§ 1-10 des Rundfunkstaatsvertrages enthalten allgemeine Vorschriften, die für öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk gleichermaßen gelten.
[Bearbeiten] Programmgrundsätze
Für alle bundesweit verbreiteten Fernsehprogramme gelten die allgemeinen Programmgrundsätze aus § 3 RStV, insbesondere die Achtung der Menschenwürde. § 10 RStV regelt die Einhaltung der journalistischen Sorgfalt.
[Bearbeiten] Unzulässige Sendungen
Laut § 4 RStV i. V. m. §§ 4, 5 Jugendmedienschutz-StV sind Sendungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen, kriegsverherrlichend oder jugendgefährdend sind, sowie Sendungen, die gegen Strafgesetze verstoßen, unzulässig. Sendungen, die die Entwicklung Jugendlicher beeinträchtigen könnten, dürfen nur zwischen 22, bzw. 23 und 6 Uhr ausgestrahlt werden.
[Bearbeiten] Rundfunkwerbung
Werbung wird in § 2 Abs.2 Nr.5 RStV definiert als Äußerung, die im Rundfunk gesendet wird, um den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Wird für eine Erwähnung oder Darstellung ein Entgelt gezahlt, gilt dies bereits als Werbung (insbesondere bei Schleichwerbung). Grundsätzlich muss zwischen den Sendungen als Block geworben werden, pro Stunde sind maximal 12 Minuten Werbung zulässig (§§ 14 Abs.2, 15 Abs. 3, 44 Abs. 2, 45 Abs.2 RStV).
Werbung darf nicht irreführen (§ 7 Abs.1 RStV) und den Interessen der Verbraucher, ihrer Gesundheit und Sicherheit nicht schaden. Politische, weltanschauliche oder religiöse Werbung ist unzulässig (§ 7 Abs.8 RStV).
Grundsätzlich müssen Werbung und Programm eindeutig voneinander getrennt werden um eine inhaltliche Beeinflussung des Programms durch Werbung auszuschließen, § 7 Abs. 2,3 RStV. Dadurch werden die Unabhängigkeit der Programmgestaltung, fairer Wettbewerb und die Interessen der Zuschauer gesichert. Aus demselben Grund müssen Dauerwerbesendungen gekennzeichnet werden (§ 7 Abs.5 RStV).
Schleichwerbung ist nach § 7 Abs. 6 RStV verboten. In Werbespots dürfen auch keine Nachrichtensprecher oder Moderatoren politischer Magazine auftreten (§ 7 Abs.7 RStV).
Sponsoring einzelner Sendungen oder Sendungsteile (z. B. Wetterbericht) ist erlaubt, wenn der Inhalt der Sendung durch den Sponsor nicht beeinflusst und zu Beginn oder am Ende der Sendung kurz auf den Sponsor hingewiesen wird (§ 8 RStV). Dabei darf jedoch nicht für den Kauf von Produkten o.ä. geworben werden.
[Bearbeiten] Kurzberichterstattungsrecht
Nach § 5 RStV steht jedem Fernsehveranstalter ein Kurzberichterstattungsrecht zu.
[Bearbeiten] Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
[Bearbeiten] Rechtsgrundlage
Die öffentlich-rechtlichen Sender haben ihre Rechtsgrundlage in den Staatsverträgen, wie z.B. ZDF-StV, NDR-StV.
[Bearbeiten] Programmgrundsätze
Die öffentlich-rechtlichen Sender sind an den Programmauftrag (vgl. § 11 RStV) gebunden. Insbesondere sind die Rundfunkanstalten zu Ausgewogenheit, Unparteilichkeit, Objektivität und zur Einhaltung der journalistischen Sorgfalt verpflichtet. Das Niveau des Programmes muss dem Grundversorgungsauftrag der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung dienen.
[Bearbeiten] Aufsicht
Intern werden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die binnenpluralistisch organisierten Rundfunkräte, das ZDF durch den Fernsehrat, kontrolliert. Durch die pluralistische Besetzung soll die Meinungsvielfalt innerhalb der Programme gesichert werden. Eine externe Kontrolle geschieht durch die staatliche Rechtsaufsicht, die jedoch nur eingeschränkt tätig werden darf, um die Staatsfreiheit des Rundfunks zu gewährleisten, die das Bundesverfassungsgericht aus der Rundfunkfreiheit ableitet. (Rechtsgrundlage z.B. § 31 ZDF-StV).
[Bearbeiten] Finanzierung
Grundsätzlich ist für die öffentlich-rechtlichen Sender eine Mischfinanzierung zulässig. Das heißt, neben den Rundfunkgebühren darf sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch aus Werbung, Sponsoring oder durch die Herstellung und Verwertung von Rundfunkproduktionen finanzieren, §§ 12,13 RStV (vgl. 6. Rundfunk-Urteil). Allerdings folgt aus der Runfunkfreiheit auch eine (staatliche) Finanzierungsgarantie, die die Grundversorgung sicherstellen muss (vgl. 7. Rundfunk-Urteil). Die Gebührenfinanzierung muss aber wie auch die Programmveranstaltung, von staatlichem Einfluss freigehalten werden, um der Rundfunkfreiheit gerecht zu werden (vgl. 8. Rundfunk-Urteil). Die Gebühren werden durch die KEF ermittelt und dann von der GEZ eingezogen. Zwischen den Anstalten findet ein Finanzausgleich statt.
[Bearbeiten] Werbung
Es darf nur im Ersten Fernsehprogramm der ARD und im ZDF geworben werden, in den anderen Programmen (z. B. Phoenix, Dritte Programme) findet keine Werbung statt (§16 Abs.2 RStV). Die Ausstrahlung von Werbung bei ARD und ZDF richtet sich nach deren Werberichtlinien, die auf § 16a RStV beruhen und die Durchführung der §§ 7,8,15,16 RStV konkretisieren. Teleshopping findet im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht statt (§ 18 RStV), Werbung darf nur an Werktagen und vor 20 Uhr gesendet werden und am Tag insgesamt nicht mehr als 20 Minuten betragen.
[Bearbeiten] Privatrundfunk
[Bearbeiten] Rechtsgrundlage, Zulassung
Die Veranstaltung von privatem Rundfunk bedarf nach § 20 RStV einer Zulassung. Dazu sind die Landesmedienanstalten der Länder zuständig, § 38 RStV. Im Zulassungsverfahren (§§ 20ff. RStV) müssen unter anderem der Gesellschaftsvertrag, mittelbare und unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, Kapital- und Stimmrechtsverhältnisse offengelegt werden.
Es muss außerdem nachgewiesen werden, dass der Rundfunkveranstalter durch das Fernsehprogramm keine vorherrschende Meinungsmacht ausübt. Um die Meinungsvielfalt zu sichern, werden den Veranstaltern die Zuschaueranteile von gesellschaftsrechtlich verflochtenen Sendern angerechnet (z. B. sind die Sender der RTL-Gruppe RTL, RTL II, Super RTL, Vox, n-tv miteinander verflochten). Erreichen diese Sender zusammen einen Zuschaueranteil von 30%, müssen Maßnahmen zur Vielfaltssicherung ergriffen werden. Dies kann durch die Ausstrahlung von Regionalfensterprogrammen, die Einräumung von Sendezeit an unabhängige Dritte (z.B. die dctp) oder die Abgabe von Beteiligungen geschehen. Die Zuschaueranteile werden von der KEK ermittelt, die auch die jeweiligen Maßnahmen vorschlägt und am Zulassungsverfahren zwingend beteiligt ist.
[Bearbeiten] Finanzierung
Zur Finanzierung können die privaten Rundfunkveranstalter auf Werbung, Teleshopping, sonstige Einnahmen (z. B. durch Merchandising), Entgelte (Pay-TV) oder eigene Mittel zurückgreifen.
[Bearbeiten] Aufsicht
Die privaten Rundfunkveranstalter werden von den jeweiligen staatsfrei organisierten Landesmedienanstalten überwacht, die die Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sowie der Landesmediengesetze kontrollieren. Bei Verstößen, z.B. gegen die Werberegelungen, können die Landesmedienanstalten Bußgelder nach § 49 RStV verhängen. Ähnlich wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollen Programmbeiräte zur Meinungsvielfalt innerhalb des Programmes beitragen. Sie haben vorwiegend jedoch lediglich beratende Funktion.
[Bearbeiten] Werbung
Pro Tag darf maximal 20% der Sendezeit aus Werbung bestehen. Grundsätzlich soll auch hier die Werbung stets als Block und zwischen einzelnen Sendungen stattfinden. Innerhalb einer Sendung sollen zwischen zwei Werbeblocks 20 Minuten Abstand eingehalten werden. Für Nachrichten, Gottesdienste und Sportsendungen gelten Sonderregelungen. Pro Tag sind acht Teleshopping-Fenster zulässig mit einer Sendezeit von insgesamt nicht mehr als 3 Stunden (Kanäle, die ausschließlich Teleshopping senden sind keine Rundfunksender sondern Mediendienste!)
[Bearbeiten] Pay-TV
Bezahlfernsehen oder Pay-TV ist in verschiedenen Formen zulässig. Grundsätzlich gelten dieselben Regelungen wie für das frei empfangbare Fernsehen. Einzig für die Übertragung von Großereignissen, wie z.B. Olympische Spiele, Endspiele von Fußball-Meisterschaften, sowie Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft schreibt § 5a RStV vor, dass diese Großereignisse zumindest in einem frei empfangbaren Programm, das zwei Drittel aller deutschen Haushalte erreicht, ausgestrahlt werden müssen. Das heißt, es ist verboten, solche Ereignisse ausschließlich im Pay-TV zu übertragen.
[Bearbeiten] Digitaler Rundfunk
Die Umstellung von der bisherigen analogen Sendetechnik auf digitalen Rundfunk, die bis zum Jahr 2010 in Europa vollzogen sein soll, erfordert neue Regelungen, die einen chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang der verschiedenen Sender zur digitalen Technik garantieren. Problematisch sind dabei insbesondere sog. bottle necks (Flaschenhälse) oder gatekeeper (Torhüter), d.h. Stellen, an denen über den Zugang zu einer Übertragungstechnik, die Reihenfolge der Darstellung in Navigatoren und über die Kompatibilität von Verschlüsselungstechniken entschieden wird.
[Bearbeiten] Regionaler Rundfunk
Für Rundfunk, der nicht bundesweit verbreitet wird, kann das jeweilige Bundesland im Landesmediengesetz eigene Regelungen treffen, sofern nicht der Rundfunkstaatsvertrag einschlägig ist.
[Bearbeiten] Aktuelle Probleme
- Bezüglich der Rundfunkgebühren wird derzeit der Umfang des Prüfungsrechts der Länder diskutiert. Die ARD erwägt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Gebührenfestsetzung durch die Länder im April 2005, die vom Vorschlag der KEF nach unten abweicht.
- Der Umfang des dynamischen Rundfunkbegriffs (vgl. 6. Rundfunk-Urteil) ist umstritten: gehören auch ein "Medienpark" (ZDF) und umfangreiche Online-Auftritte zur zulässigen Randnutzung? Die EU-Kommission vermutet hier wie auch die Privatwirtschaft eine unzulässige wirtschaftliche Betätigung der Öffentlich-Rechtlichen.
- Entspricht die Gebührenfinanzierung dem Europarecht oder handelt es sich um eine unzulässige Subvention?
- Ist das Internet ein Übertragungsweg für Rundfunk? Müssen für internettaugliche Computer Rundfunkgebühren bezahlt werden?
- Wem gehören die "Radiorechte" an Sportveranstaltungen, d. h., darf der Veranstalter für eine Radioreportage über Sportveranstaltungen Geld verlangen? (s. Rundfunkübertragungsrechte)
[Bearbeiten] Literatur
- Kai Thum: Einfachgesetzliche Präzisierung des verfassungsrechtlichen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. 2007, 978-3-631-56385-4 (umfassend zu den aktuellen Fragestellungen, Stand: März 2007).
[Bearbeiten] Weblinks
- Institut für Rundfunkrecht, Köln
- Vorlesungsscript zum Rundfunkrecht
- Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, Köln
- Hans Bredow Institut für Medienforschung, Hamburg
- Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
- Kommission zur Ermittlung der Medienkonzentration (KEK), Potsdam
- Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), Mainz
- Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM), Erfurt