Südwestsomalia
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Südwestsomalia ist eine besondere Region in Somalia. Im engeren Sinne umfasst sie das Land westlich des Flusses Juba/Jubba (Jubaland), im weiteren Sinne gehört auch das Land zwischen Jubba und Shabeelle dazu. Hier liegen bedeutende Städte wie Kismaayo und Baidoa. Das zuvor zur britischen Kolonie Kenia gehörende Land südwestlich des Juba war erst 1924/26 an Italienisch-Somaliland übergeben worden. Insofern spielt es eine vom übrigen Somalia getrennte historische Sonderrolle, die sich noch heute durch seine Positionierung im somalischen Bürgerkrieg bestätigt.
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[Bearbeiten] Bevölkerung
In Südwestsomalia sind die Somali-Clans der Darod, Rahanweyn, Hawiye und Dir sowie die ethnische Minderheit der Bantu in Somalia vertreten. Die Auseinandersetzungen zwischen den Clans um Wasser- und Weiderechte und politische Macht spielen im Bürgerkrieg eine wichtige Rolle. Im Unterschied zu anderen Landesteilen ist hier der Anteil von Ackerbauern bedeutend, während ansonsten die meisten Somali nomadische Viehzucht betreiben.
[Bearbeiten] Geschichte
Als einer der ersten Europäer erkundete der Italiener Vittorio Bottego 1892–93 und 1895–1897 das Land. Ab 1890 gehörte das von Somali bewohnte Gebiet westlich des Jubba als Teil des Sansibar-Protektorats zu Britisch-Ostafrika bzw. ab 1920 zur Kronkolonie Kenia. 1924/25 wurde ein Teil davon an Italien übertragen und bestand bis 1926 kurzzeitig als separate Kolonie Oltre Giuba mit Kismaayo als Hauptstadt, ehe es als Provinz an Italienisch-Somaliland angegliedert wurde. Italienisch-Somaliland vereinigte sich bei seiner Unabhängigkeit 1960 mit Britisch-Somaliland zu Somalia.
[Bearbeiten] Baidoa und Kismaayo im somalischen Bürgerkrieg
Nach Ausbruch des Bürgerkriegs 1991 wurde Südwestsomalia zum Epizentrum der Hungersnot, welche die humanitäre Intervention UNOSOM auslöste. 1998 riefen mit dem selbsternannten somalischen „Präsidenten“ Aidid jr. verbündete Kriegsherren mit äthiopischer Waffenhilfe in der Stadt Baidoa die unabhängige Republik Jubaland aus. Dominierende Macht in Baidoa und Südwestsomalia (1998–99 auch in Kismaayo) sind jedoch seit 1999 die bäuerlichen Rebellen der ursprünglich Aidid-feindlichen Rahanweyn Resistance Army (RRA) unter Hassan Mohammed Nur Shatigadud, der sich im April 2002 zum „Präsidenten“ von Südwestsomalia ausrief (Shatigudad war vor 1991 Oberst der somalischen Geheimpolizei). Seit 2001 residierte in Baidoa aber eine gemeinsame Gegenregierung von Nur Mohammed, Aidid und anderen, die somalische Übergangsregierung bekämpfenden Kriegsherren (Somalia Reconciliation and Restoration Council). Die RRA unterhält auch Kontakte zu US-Geheimdiensten.
Bewaffnete Kämpfe innerhalb der RRA nutzte die somalische Übergangsregierung aus, um 2002 kurzzeitig Baidoa zurückzuerobern. Mit Hilfe von Truppen aus Äthiopien aber errang Mohammed Nur erneut die Kontrolle. Er wurde allerdings nach erneuten erbitterten Kämpfen im Oktober 2003 von der gegnerischen RRA-Fraktion um seinen Stellvertreter Ibrahim Habsade abgelöst. Seit Mai 2005 setzte Habsade den Versuchen der neuen somalischen Übergangsregierung unter Präsident Abdullahi Yusuf Ahmed, Baidoa anstelle Mogadischus zur neuen Landeshauptstadt zu machen, bewaffneten Widerstand entgegen, da Mohammed Nur und Aidid sich inzwischen der Übergangsregierung unter Abdullahi Yusuf Ahmed angeschlossen haben.
Eigentliches Zentrum in Jubaland ist die Hafenstadt Kismaayo. Ihr Umland zählt etwa eine Viertelmillion, die Stadt selbst wegen der Kämpfe aber nur noch 70.000 Einwohner. Der einst bedeutende Umschlagsplatz steht seit 1999 unter Kontrolle verschiedener, zunächst mit Aidid, seit 2001 aber mit der Übergangsregierung verbündeter Clans der Juba Valley Alliance (JVA). Diese hatten den bisherigen Lokalmachthaber Mohamed Siad Hersi Morgan (einen General und Schwiegersohn des früheren Präsidenten Siad Barre) und dessen Rahanweyn-Verbündete vertrieben. Die Stadt wird seitdem faktisch von Morgan belagert und wurde 2001 von dessen Truppen kurzzeitig wieder besetzt, der dort seine eigene Republik Jubaland ausrief. 2004 kam es erneut zu schweren Kämpfen, da Morgan die Übergangsregierung nicht anerkennt.
Ebenfalls zu Südwestsomalia zählen die Städte Luuq und Gado (Gedo). Luuq war Hochburg der des Terrors verdächtigen islamistischen Bewegung Ittihad al-islami, ehe die äthiopische Armee sie schon 1996 dort vernichtete. Gado gilt heute als einer der Rückzugsräume ihrer seitdem zerschlagenen Reste. In der Region Gedo liegt die Ortschaft Ganane, die Geburtsstadt Barres. Aus Gedo stammt auch die Flagge Südwestsomalias.
[Bearbeiten] Literatur
- Der Fischer Weltalmanach 2006 – Zahlen, Daten, Fakten. Frankfurt 2005 (analog dazu die Bände 1991-2005)
- Harenberg-Jahrbuch: Aktuell 2006 – Fakten, Rankings, Analysen. Dortmund 2005 (analog dazu die Bände 1991-2005)
[Bearbeiten] Weblinks
- Universität Hamburg: Somalia-Krieg
- BBC: Somali warlords clash in Baidoa
- BBC: PM urges end to Somali fighting
- BBC: Southern Somali warlord flees after battle
- BBC: Militiamen fight for Somali town
- BBC: Ethiopian troops in Somalia
- BBC: Somali warlord named president
- IRIN (UNHCR): Violence erupts near Kismayo
- IRIN (UNHCR): Hundreds feeling Baidoa
- IRIN (UHNCR): Six reportedly killed in fighting near Baidoa
- IRIN (UHNCR): Freelance militias disarmed in Kismayo
- Washington Post: Ethiopian Faction Scores in Somalia
- New York Times: Gunmen Battle for Somali Town, Nine Reported Dead
- Flagge und Geschichte der selbsternannten Republik (englisch)
- Kurze Geschichte Jubalands bzw. Südwestsomalias (jeweils engl.)