Schüßler-Salze
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Schüßler-Salze sind eine alternativmedizinische Therapieform, deren angenommener Wirkmechanismus mit dem allgemein anerkannten Wissensstand von Medizin und Physiologie nicht in Einklang zu bringen ist. Die Wirksamkeit der Schüßler-Salze wie auch die der Homöopathie ist nicht nachgewiesen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Übersicht
Der homöopathische Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler (1821–1898) veröffentlichte in der „Allgemeinen Homöopathischen Zeitung“ im Jahre 1873 einen Artikel mit der Bezeichnung „Eine abgekürzte Homöopathische Therapie“, in dem er eine Therapieform namens „Biochemische Heilweise“ vorstellte. Seine Abkürzung bestand darin, dass er statt der ca. 1000 Mittel in der Homöopathie nur 12 Salze, „Schüßler-Salze“ genannt, zur Therapie von fast allen Krankheiten für ausreichend hielt.
Schüßler ging davon aus, dass Krankheiten auf der Grundlage gestörter biochemischer Prozesse entstehen. Er nahm an, dass Krankheiten zu einem großen Teil auf der Grundlage eines „gestörten Mineralhaushaltes“ entstehen, wobei das Fehlen eines bestimmten Minerals den gesamten Stoffwechsel beeinträchtigt.
Schüßler erklärte, dass sein Heilverfahren „kein homöopathisches“ sei, weil es nicht auf dem von Samuel Hahnemann propagierten Simile-Prinzip (Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden) beruhe, sondern auf physiologisch-chemische Vorgänge im menschlichen Organismus zurückzuführen sei. Die Mittel werden aber nach homöopathischer Regel verdünnt: durch Schütteln, Reiben oder Zerkleinern, und haben entsprechende Verdünnungsbezeichnungen (D1 = 1:10, bzw. die meisten biochemischen Tabletten sind D6 = 1:1.000.000 oder D12 = 1:1.000.000.000.000 verdünnt). Die niedrigen Dosen sollen vom Körper leichter resorbiert werden können.
Die „Biochemie nach Schüßler“ ist hauptsächlich durch Heilpraktiker als Therapieform erhalten geblieben. Sie wird in Fachschulen gelehrt und viele Heilpraktiker arbeiten täglich in der Praxis mit diesen Mitteln. Vor der gesetzlichen Festschreibung der Berufsbezeichnung Heilpraktiker (1939) wurde Schüßlers Lehre wesentlich durch Laienbewegungen verbreitet. Einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Heilweise nach Schüßler leistete Kurt Hickethier, der zwei Kurhäuser zur Behandlung seiner Patienten errichtete.
Der erste „Biochemische Verein“ wurde 1885 in Oldenburg gegründet. 2004 gibt es allein in Deutschland etwa 70 Biochemische Vereine, weitere im Ausland. Auch heute werden die Schüßler-Salze von interessierten Menschen bei verschiedensten Krankheitsbildern angewendet.
[Bearbeiten] Die Biochemie nach Schüßler
Wilhelm Heinrich Schüßler distanzierte sich mit seiner Heilweise strikt von der Homöopathie. Es gab zu seinen Lebzeiten viele Auseinandersetzungen mit Homöopathen, die seine Heilweise schon allein wegen ihrer Einfachheit nicht akzeptierten und verächtlich von Düngemitteln sprachen. In seiner abgekürzten Therapie schreibt Schüßler selbst: „Die Grundlage meiner Forschung waren Histologie, die darauf bezügliche Chemie, die anorganischen Bestandteile der Gewebe und die physiologischen Wirkungen oder Funktionen dieser Bestandteile.“ Bei seiner Forschung fand er damals zwölf verschiedene Verbindungen, die im menschlichen Körper vorkommen, die so genannten Schüßler-Salze.
Nach Schüßlers Ansicht verursacht ein pathogener Reiz die Verstärkung der Funktion einer Zelle, da die Zelle bemüht ist, den Reiz abzustoßen. Aufgrund dieser Tätigkeit verliert sie einen Teil ihrer mineralischen Funktionsmittel. Diese Zellen sind dann pathogen verändert, was das Wesen einer Krankheit ist.
Durch die Zufuhr dieser nun fehlenden Mineralstoffe will Schüßler die Krankheiten bekämpfen. Dazu ist die Potenzierung seiner Salze notwendig, um Mängel innerhalb einer Zelle aufzufüllen. Nach seiner Ansicht gelangen die hoch verdünnten „feinstofflichen“ Mineralstoffe, also die einzelnen Moleküle, direkt in das Zellinnere. Die Mängel außerhalb der Zellen sind durch eine nährstoff- und basenreiche Ernährung aufzufüllen, da ein gewisses Gleichgewicht zwischen Zellinnerem und Extrazellulärraum notwendig ist.
Merkmale im Gesicht ließen ihn die verschiedenen fehlenden Mineralstoffe feststellen und so eine entsprechende Dosierung der Salze vornehmen. Kurt Hickethier verbesserte die von Schüßler eingeführte Antlitzanalyse und nannte sie damals Sonnerschau. So ist nach Hickethier z. B. ein Mangel an der Nr. 3 (Ferrum Phosphoricum) u. a. an den inneren Augenwinkeln durch eine dunklere, blauschwarze bis schwarze Färbung zu erkennen. Durch die darauf folgende Einnahme des entsprechenden Mineralstoffs konnte Hickethier nach eigenen Angaben einen Rückgang der antlitzanalytischen Zeichen im Gesicht beobachten.
[Bearbeiten] Praktische Anwendung
Schüßler-Salze sollen als „homöopathisch aufbereitete“, d. h. potenzierte Mittel (hauptsächlich D 6 und D 12) in Tablettenform angewendet werden, die man dann im Mund langsam zergehen lässt. Die Mineralstoffe werden über die Mundschleimhaut vom Körper aufgenommen.
[Bearbeiten] Einnahmemenge
Zur Anzahl der Tabletten pro Tag gibt es verschiedene Ansätze. Ein Teil der Heilpraktiker empfiehlt eine Dosierung von ca. 3 bis 6 Stück pro Tag von nur 2 bis 3 verschiedenen Schüßler-Salzen, der andere Teil wiederum empfiehlt auch mehr verschiedene Salze und höhere Dosen bis insgesamt ca. 150 Tabletten pro Tag. Wahrscheinlich sind die Dosierungen deshalb so unterschiedlich, weil manche Anwender die Aussagen von Schüßler und Hickethier unterschiedlich interpretieren. Manche Heilpraktiker sehen die Heilweise auch als Reizheilweise, jedoch Schüßler selbst bezeichnete sie in seiner abgekürzten Therapie als Substitutionsheilweise.
Durch den Wandel der Zeit und einen möglichen vermehrten Bedarf an Mineralstoffen, durch Stress und falsche Ernährung sind nach der Meinung einiger heutiger Heilpraktiker größere Gaben von Mineralstoffen erforderlich. Hickethier schreibt, dass er um ca. 1910 bei seinen Patienten meist nur zwei bis drei verschiedene nennenswerte Salzmängel in einem Antlitz entdecken konnte. Manche Mangelanzeichen traten laut seinen Berichten sehr selten auf, da sie einen überaus starken, langjährigen Mangel eines Mineralstoffes voraussetzen. Heute seien diese von ihm beschriebenen, damals seltenen Anzeichen jedoch sehr häufig anzutreffen. Auch die Anzahl und Ausprägung der Mängel, die in einem Gesicht zu erkennen seien, sei viel größer geworden.
Hickethier selbst empfiehlt: „In schweren Fällen und bei großen Mängeln erscheint es gerechtfertigt, kurze Zeit hindurch alle Minuten eine Gabe der üblichen Verdünnung (laut Schüßler) zu geben.“
Schüßler war in seiner abgekürzten Therapie offen für unterschiedliche Dosierungen seiner Mittel und schrieb, dass jeder Arzt nach eigenem Ermessen die Dosis wählen solle.
Die Behandlungskostenübernahme durch einige deutsche Krankenkassen ändert nichts daran, dass diese "Therapie" als eine nicht wirksam bewertete Behandlung einzustufen ist.[1]
[Bearbeiten] Einnahmearten
Die Schüßler-Pastillen werden einzeln, können aber auch bis zu ca. fünf Stück gleichzeitig im Mund gelutscht werden. Die Salze sollen dabei über die Mundschleimhaut resorbiert werden. Da die Pastillen fast nur aus Milchzucker bestehen, ist bei einer Lactoseintoleranz Vorsicht geboten. Die Pastillen können in Leitungswasser aufgelöst werden, wobei nicht umgerührt wird und damit der Milchzucker am Boden der Tasse verworfen wird. Das Wasser wird schluckweise getrunken. Hierbei wird nur eine relativ geringe Menge von Lactose eingenommen. Auch gibt es inzwischen in Alkohol aufgelöste Schüßler-Salze, die lactosefrei sind.
Sehr bekannt ist die Einnahme des Salzes Nr. 7, Magnesium phosphoricum, als „Heiße Sieben“. Bei akuten Schmerzzuständen sollen zehn Tabletten in einer Kaffeetasse in kochend heißem Wasser aufgelöst werden.Es sollte darauf geachtet werden das die Lösung nicht mit einem Metallgegenstand umgerührt wird. Die Milchzuckerlösung wird so warm wie möglich getrunken, wobei jeder Schluck lange im Mund behalten werden soll, um die Resorption durch die Mundschleimhäute zu verbessern. Auch die Einnahme der anderen Schüßler-Salze ist sowohl als heiße Lösung wie auch durch Auflösen in einem Glas Leitungswasser möglich.
Eine Anwendung ist auch in Salbenform möglich (z. B. Ferrum phosphoricum „biochemisch“ für Entzündungen).
Es darf dabei nicht vergessen werden, dass die Tabletten keinerlei wissenschaftlich nachgewiesene Wirkung haben, deshalb sollte bei schwerwiegenden akuten oder chronischen Beschwerden auch unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
[Bearbeiten] Die 12 „Funktionsmittel“
- Calcium fluoratum D12 (Calciumfluorid)
- Calcium phosphoricum D6 (Calciumphosphat)
- Ferrum phosphoricum D12 (Eisenphosphat)
- Kalium chloratum D6 (Kaliumchlorid)
- Kalium phosphoricum D6 (Kaliumphosphat)
- Kalium sulfuricum D6 (Kaliumsulfat)
- Magnesium phosphoricum D6 (Magnesiumphosphat)
- Natrium chloratum D6 (Natriumchlorid - Kochsalz)
- Natrium phosphoricum D6 (Natriumphosphat)
- Natrium sulfuricum D6 (Natriumsulfat)
- Silicea D12 (Kieselsäure)
- Calcium sulfuricum D6 (Calciumsulfat)
Diese zwölf ursprünglichen Schüßler-Salze hat Schüßler im Jahr 1895 auf elf reduziert; er schrieb: „Da der schwefelsaure Kalk nicht in die konstante Zusammensetzung des Organismus eingeht, so muss er von der biochemischen Bildfläche verschwinden. Statt seiner kommt Natrium phosphoricum resp. Silicea in Betracht.“
Später wurden von verschiedenen Autoren weitere Mineralstoffe eingeführt, welche heute unter der Bezeichnung „12 Ergänzungsmittel“ zusammengefasst werden.
[Bearbeiten] Literatur
- Thomas Feichtinger, Elisabeth Mandl, Susana Niedan-Feichtinger: Handbuch der Biochemie nach Dr. Schüßler. Haug, 2005, ISBN 3830471785
- Thomas Feichtinger, Susana Niedan-Feichtinger: Praxis der Biochemie nach Dr. Schüßler. Haug, 2004, ISBN 3830472110
- Angelika Gräfin Wolffskeel von Reichenberg: Die 12 Salze des Lebens - Biochemie nach Dr. Schüßler. Mankau, 2006, ISBN 3980956539
- Karl Kirchmann: "Biochemie Lexikon nach Dr. Schüßler, Ein Lehr- und Verordnungsbuch der biochemischen Heilmethode". Kirchmann 1995, ISBN 3980192822
- Richard Kellenberger, Friedrich Kopsche: Mineralstoffe nach Dr. Schüssler. Ein Tor zu körperlicher und seelischer Gesundheit. Weltbild, 2004, ISBN 3-8289-1909-X
- ↑ Edzard Ernst: Falsch verstandene "Patientenfreunlichkeit".In: MMW - Fortschritte der Medizin, 8(2007), S. 55
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen! |