Schmetterlingsmine
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Schmetterlingsmine (auch "Green Parrot" engl. grüner Papagei in Afghanistan) ist der Trivialname für kleine Antipersonenminen, die von Flugzeugen, Raketen oder Artilleriegranaten aus abgeworfen werden. Die sowjetische Mine heißt PFM-1 bzw. PFM-1S (gleiches Modell mit Selbstzerstörungsmechanismus nach 24h) und das amerikanische Modell BLU-43/B "Dragontooth" (keine Selbstzerstörung, aber der Sprengstoff wird nach unbekannter Zeit inaktiv, Zünder und Detonator sind aber praktisch unbegrenzt aktiv). Die sowjetische Mine ist ein fast exakter Nachbau der amerikanischen BLU-43/B, welche zuletzt im Vietnamkrieg Verwendung fand.
Der Name dieser Waffe rührt von den seitlich angebrachten aerodynamischen Flächen her, die den Fall der Mine bremsen und ihre Ausbreitung über ein großes Gebiet begünstigen sollen. Der Sprengstoff in flüssiger Form ist in einem der beiden Flügel enthalten, der Zünder befindet sich in der Mitte.
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[Bearbeiten] Technische Daten PFM-1
(Dragontooth ist ein wenig größer und schwerer)
- Typ: Abwurfmunition, Antipersonenmine
- Material: Kunststoff mit wenig Metallteilen
- Gewicht: 75 g
- Sprengstoff: 37 g Flüssigsprengstoff
- Länge: 119 mm
- Breite: 64 mm
- Höhe: 20 mm
- Formen: viele verschiedene, unter anderem "Schmetterling", "Kugelschreiber" (gleiche Bauart ohne Flügel)
- Farben je nach Untergrund, über dem abgeworfen wird: Braun, Grün, Sandfarben, Weiß, teilweise auch bunt
- Zünder: kumulativer Druckzünder (5 kg)
- Wirkung: Sprengmine, keine primäre Splitterwirkung (Teile der Hülle fliegen bis zu 100 Meter weit), meist nicht-tödlich (verstümmelnd)
- die PFM-1S hat einen Selbstzerstörungsmechanismus 24 Stunden nach Abwurf
[Bearbeiten] Abwurf
Die Minen können von Flugzeugen, Hubschraubern (je 144 Minen pro Kanister, ein MI-8 z.B. trägt zwei Kanister), Artillerieraketen (je 312 pro 220-mm-Rakete) oder 240-mm-Mörsergranaten (20 Minen pro Granate) aus abgeworfen werden. Sie verteilen sich im Wind über eine große, nicht vorhersehbare Fläche. Die Minen sind zu je 20 Stück in einem nierenförmigen Metallbehälter in den Kanistern verpackt. Dieser findet sich nach dem Abwurf meist in dem verminten Gebiet. Nach dem Abwurf schärfen sich die Minen nach einer vorgegebenen Zeit oder nach dem Aufschlag selbst, eine spezielle Konstruktion verhindert die verfrühte Explosion beim Aufprall auf dem Boden. Beim Abwurf wird ein Sicherungsstift gezogen, der die Minen paarweise im Abwurfbehälter gehalten hat, und der Hebel für die Scharfschaltung bewegt sich durch eine zähe Silikonflüssigkeit. Die Zündverzögerung beträgt so 60-600 Sekunden und reicht vom Abwurf bis zum Liegenbleiben auf der Erdoberfläche aus.
[Bearbeiten] Zündung
Der gesamte Körper der Mine ist ein kumulativer Druckzünder, der bei 5 kg Druck die Mine detonieren lässt. Kumulativ meint hierbei, dass ein einziger Druck (z.B. beim Treten auf die Mine) von 5 kg oder viele kleine Drücke nacheinander (z.B. beim Hantieren mit der Mine), die eine Summe von 5 kg erreichen, die Mine zünden. Es ist also extrem gefährlich, die Mine zu berühren. Der Zünder löst eine kleine Metallkugel, die eine federgespannte Zündnadel freigibt, welche auf das Zündhütchen schlägt und so den Sprengstoff zündet.
[Bearbeiten] Räumung
Schmetterlingsminen liegen mehr oder minder sichtbar an der Erdoberfläche und sind so, auch wegen ihres Metallanteils, eventuell leichter als andere Minen zu finden. Allerdings sind die Minen in der Regel durch Vegetation oder Schlamm verdeckt, die Tarnfarbe und die unregelmäßige Form erschweren das Entdecken zusätzlich. Daher ist ein Metalldetektor zur Auffindung notwendig. Die Minen lassen sich durch den Überdruck einer militärischen Räumladung flächig zünden und so unschädlich machen. Eine anschließende manuelle Nachräumung ist allerdings immer noch nötig. Da die PFM-1S nach 24 Stunden detonieren, muss vor der Räumung eines Gebietes mindestens 24 Stunden gewartet werden, um die Minenräumer keiner unnötigen Gefahr auszusetzen. Dies verzögert natürlich die Räumung. Da es extrem gefährlich ist, mit den Minen zu hantieren, müssen diese vor Ort gesprengt werden.
[Bearbeiten] ähnliche Konstruktionen (Auswahl)
Von amerikanischer Seite sind Tretminen mit Textilhülle als Submunition bekannt, deren Sprengstoff bzw. Material nach der Verlegung chemisch instabil wird. Ein eigentlicher Zünder ist nicht vorhanden, die Mine nicht mit dem Suchgerät auffindbar.
Im Zweiten Weltkrieg gab es eine nicht identische deutsche Bombe mit gleichem Namen. Die Submunition mit Aufschlag-, Zeit- oder Berührungszünder konnte nicht geräumt werden, sie musste am Fundort gesprengt werden. Die Waffe wurde später auch von amerikanischer Seite nachgebaut.
[Bearbeiten] Humanitäre Aspekte
Schmetterlingsminen sind eine besonders perfide Art der Antipersonenminen. Die Waffen werden über große Gebiete verstreut und sehen auf den ersten Blick wie Abfall, harmloses Kinderspielzeug oder Kugelschreiber aus. Gerade Kinder heben die Minen in Unkenntnis der Gefahren auf und verlieren so Gehör (die Explosion schädigt in 5 Metern Umkreis das Gehör), Hände und Unterarme, Füße und Beine und erleiden oft schwerste Verbrennungen. Die Minenopfer benötigen oft ihr Leben lang medizinische Hilfe und belasten so die ohnehin schwachen Gesundheitssysteme der betroffenen Länder zusätzlich. Von den Minen sind auch meist die jungen, arbeitsfähigen Teile der Bevölkerung betroffen, und über Acker- bzw. Weideland großflächig abgeworfene Minen können eine Hungerkatastrophe auslösen.
Da die Minen sich je nach Wind und Abwurfhöhe über weite Flächen verteilen, ist eine Eingrenzung der von diesen Minen betroffenen Gebiete sehr schwierig.
Gebiete, in denen diese Minen abgeworfen wurden, sind unter anderem: Vietnam (durch die USA), Afghanistan, Armenien, Aserbaidschan (durch die Sowjetarmee), Irak (gegen die Kurden im Norden), Russland und Somalia.