Unbefleckte Empfängnis
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Die Unbefleckte Empfängnis (lateinisch: immaculata conceptio) ist ein römisch-katholisches Glaubensdogma, das nicht mit der Jungfrauengeburt verwechselt werden darf. Nach der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis wurde die Gottesmutter Maria von jedem Makel der Erbsünde unversehrt (jedoch auf natürliche Weise) von ihrer Mutter empfangen und geboren. Damit errettete Gott Maria vom allerersten Augenblick ihres Lebens an vor der Macht der Sünde. Anders als die Lehre von der Jungfrauengeburt wird die Lehre von der unbefleckten Empfängnis im Allgemeinen weder von Protestanten noch von orthodoxen und altkatholischen Christen geteilt.
Papst Pius IX. verkündete am 8. Dezember 1854 in seiner dogmatischen Bulle (auch Päpstliche Bulle) Ineffabilis Deus („Der unbegreifliche Gott“):
- Zu Ehren der Heiligen und Ungeteilten Dreifaltigkeit, zu Schmuck und Zierde der jungfräulichen Gottesmutter, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zur Mehrung der christlichen Religion, in der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklären, verkünden und definieren Wir: Die Lehre, dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erretters des Menschengeschlechtes, von jedem Schaden der Erbsünde unversehrt bewahrt wurde, ist von Gott geoffenbart und darum von allen Gläubigen fest und beständig zu glauben.
Ein eigenes kirchliches Fest, das der Erwählung Marias im Mutterleib gedenkt, lässt sich bereits im 9. Jahrhundert nachweisen. Auch Muslime verehren Maria als vorbildlichen Menschen, der bereits im Mutterleib von Gott auserwählt und unter seinen besonderen Schutz genommen worden ist (Koran, Sure 3). Die 19. Sure ist nach Maryam benannt.
Die Immaculata Conceptio war wegen der ungeklärten dogmatischen Situation Gegenstand eines theologischen Streites im Spätmittelalter, der aus der Lehre über die Erbsünde entstand. Ein Problem bereitete die Frage, wie Maria am Erlösungswerk teilnehmen konnte, da sie doch wie alle anderen Menschen unter den Bedingungen der Erbsünde lebte. Um diese Konsequenz auszuschließen, kann man entweder eine göttliche Reinigung (Heiligung) Marias, „Sanctificatio Mariae“, von der Erbsünde annehmen, wie dies von den Dominikanern bis ins 19. Jahrhundert vertreten wurde, oder man muss davon ausgehen, dass Maria „ohne Sünde“ empfangen worden ist, wie dies von den Franziskanern gelehrt wurde. Besonders heftig wurde der Streit im 15. Jahrhundert ausgetragen, involviert waren hier v.a. die Universität Paris, das Konzil von Basel und die Könige von Aragón. Die theologische Lösung für das Problem wurde von Johannes Duns Scotus, „doctor subtilis“, ausgearbeitet. Nach seiner Theorie wurde Maria von Empfängnis an von der Erbsünde befreit, aber durch die Verdienste Jesu – nur im Voraus. Er beglaubigt seine Doktrin mit dem Spruch von Pseudo-Anselmus: „Decuit, potuit, ergo fecit“ (Es ziemte sich, er [Gott] konnte es, daher machte er [es]). Die gültige Lehre, die davon abgeleitet ist, definierte erst die Bulle Ineffabilis Deus des seligen Papstes Pius IX.
Prominente Gegner der Immaculata-Lehre waren im Mittelalter Bernhard von Clairvaux, Albertus Magnus und vor allem der stark an der augustinischen Gnadenlehre orientierte Dominikaner Thomas von Aquin, der Franziskaner Bonaventura sowie die Päpste Johannes XXII. und Benedikt XII.; die meisten Päpste verhielten sich in dieser Frage neutral, was noch im Spätmittelalter von den Immakulisten beklagt wurde, bis mit Sixtus IV. ein Franziskaner auf den Papstthron gelangte, der zwar in den Auseinandersetzungen um den „Libellus de veritate conceptionis Beatae Virginis Gloriosae“ von 1476/1477 die Position der Dominikaner zurück wies, zugleich jedoch eine eindeutige Stellungnahme zugunsten der franziskanischen Position in der Konstitution „Cum praeexcelsa“ vermied. Dagegen bekannte Martin Luther zumindest in den ersten Jahren der Reformation, der Immaculata-Lehre anzuhängen.
Die römisch-katholische Kirche begeht in der Adventszeit am 8. Dezember ein Fest, das diese Glaubensaussage feiert. Der vollständige Titel des Festes lautet: Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Der deutsche Festkalender spricht auch von „Mariä Erwählung“. Das Fest ging aus dem ursprünglichen Fest Mariä Empfängnis hervor, das als solches noch von der anglikanischen Kirche gefeiert wird. Die orthodoxe Kirche feiert Mariä Empfängnis am 9. Dezember, hat aber wegen ihres nicht-augustinischen Verständnisse der Erbsünde keine speziellen Lehren darüber.
Das Fest der Unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember bezieht sich also nicht auf die Glaubenslehre, dass Jesus durch Maria jungfräulich empfangen und geboren worden sei. Maria selbst hatte einen leiblichen Vater, Joachim (bzw. Jojakim), verheiratet mit Anna bzw. Hannah.
Eine weiterer Konnex dieser Glaubensaussage besteht damit, dass Maria – im Unterschied zu allen anderen Menschen – am Ende ihres Lebens keiner Läuterung mehr bedarf, da diese bereits im Moment ihrer Empfängnis stattgefunden hat und Maria auch sonst während ihres Lebens keine persönlichen Sünden beging. Dies wurde 1950 im Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel mitausgesagt.
[Bearbeiten] Mariä Empfängnis als gesetzlicher Feiertag
In Österreich, Liechtenstein und den katholisch geprägten Kantonen der Schweiz (siehe Feiertage in der Schweiz) sowie in Argentinien, Spanien, Portugal und Italien ist Mariä Empfängnis ein gesetzlicher Feiertag.