Vladimir Nabokov
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Vladimir Nabokov (vor allem in englischer Schreibweise bekannt, eigentlich russisch Владимир Владимирович Набоков/ Wladimir Wladimirowitsch Nabokow; * 11. April/23. April 1899 in Sankt Petersburg; † 2. Juli 1977 in Lausanne) war ein russisch-amerikanischer Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Schmetterlingsforscher.
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[Bearbeiten] Leben
Nabokov entstammte einer einflussreichen und wohlhabenden Aristokratenfamilie. Sein Großvater war russischer Justizminister, und sein Vater Wladimir Dmitrijewitsch Nabokow war als Politiker an der republikanischen Regierung nach dem Sturz des Zaren beteiligt, der die Revolution der Bolschewiki ein Ende setzte.
Nach einer Kindheit in materiellem Wohlstand veröffentlicht Nabokov 1916 seinen ersten Gedichtband. Um der russischen Revolution zu entgehen, flieht die Familie Nabokov 1917 nach Jalta auf die Halbinsel Krim. Während seine Familie von dort wie zahlreiche andere russische Exilanten nach Berlin geht, wo sie über zehn Jahre verbringt, schreibt Vladimir sich im Trinity College im englischen Cambridge ein. Dort studiert er von 1919 bis 1922 Naturwissenschaften, russische und französische Literatur. 1922 folgt er der Familie nach Berlin. Er arbeitet als Privatlehrer, Übersetzer, Gelegenheitsschauspieler und veröffentlicht unter dem Pseudonym W. Sirin erste Prosa. 1925 heiratet er Vera Slonim.
1937 flieht Vladimir Nabokov mit seiner Frau, die Jüdin ist, und dem gemeinsamen Sohn Dimitri (geboren 1934) nach Frankreich. 1940, in dem Jahr, in dem auch Nabokovs erster englischsprachiger Roman The Real Life of Sebastian Knight entsteht, zieht die Familie in die USA, wo Nabokov zunächst am Museum of Natural History in New York als Schmetterlingsexperte arbeitet. Bald beginnt er seine akademische Karriere, die ihn an die Stanford-Universität, an das Wellesley College, an die Harvard-Universität und schließlich 1948 an die Cornell Universität führt, die ihm eine Professur für europäische und russische Literatur anbietet. Seit 1945 ist Nabokov US-Staatsbürger.
Mit den Tantiemen, die ihm sein Roman Lolita (1955) einbringt, kann Nabokov sich 1959 von seiner Professur zurückziehen und sich allein aufs Schreiben konzentrieren. Diese skandalöse Geschichte einer amour fou zwischen einem alternden Mann und der minderjährigen Tochter seiner Vermieterin durfte erst 1958 in den USA erscheinen. Der Roman war Nabokovs größter Erfolg, er wurde zweimal verfilmt. Inspiriert wurde der Roman möglicherweise von einer 1916 veröffentlichten Kurzgeschichte des deutschen Journalisten Heinz von Lichberg, die starke Parallelen aufweist. Zudem wies Peter Hacks Einflüsse durch Curt Goetz nach (ders., Pasiphae. Was ist das hier?, Berlin: 2003, S. 60). Ein Einfluss Nabokovs wiederum findet sich u.a. in der Erzählung "Rudolfio" von Valentin Rasputin.
1961 zieht er mit seiner Frau in die Schweiz, nach Montreux am Genfersee. Er stirbt am 2. Juli 1977 in Lausanne und liegt in Clarens begraben.
[Bearbeiten] Schachkomposition
Nabokov beschäftigte sich ausgiebig mit Schachkompositionen. In seiner Autobiographie Erinnerung, sprich schildert er, dass ihn diese Tätigkeit sehr fasziniert, aber auch sehr viel Zeit gekostet habe. Er war der Meinung, dass an Problemkomponisten im Schach die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an Schöpfer anderer Kunstwerke. 1970 veröffentlichte er das Buch Poems and problems (ISBN 0-07-045724-7), das 53 Gedichte und 18 Schachprobleme von ihm enthält.
In diesem Zweizüger, dessen Komposition Nabokov nach eigener Aussage in eine "Ohnmacht konzentrierter Schachgrübelei" versetzte, liegt eine starke Verführung in der Bauernumwandlung 1.b7-b8S, die in den Varianten 1. ... d7-d6+ 2.Sb8-d7#, 1. ... d7xe6+ Sd8-f7#, 1. ... d7-d5+ Db6-c7#, 1. ... Ke5-d6 Db6-c5# und 1. ... Se2xf4 Db6-d4# zum Matt führt. Schwarz hat darauf jedoch die Parade 1. ... c3-c2. Diese muss Weiß durch den Schlüsselzug 1. Le4-c2 verhindern, um das Matt im nächsten Zug zu erreichen.
[Bearbeiten] Werke
[Bearbeiten] Romane
- 1926 Maschenka (auch: Sie kommt, kommt sie) (Mashenka; engl. Mary)
- 1928 König Dame Bube (Korol-dama-valet; King, Queen, Knave, 1968)
- 1930 Lushins Verteidigung (Zaščita Lužina; The Defense, 1964)
- 1930 Der Späher (engl. The Eye)
- 1932 Die Mutprobe (Podvig; engl. Glory (1971))
- 1933 Gelächter im Dunkel (Camera obscura; engl. Laughter in the Dark 1936)
- 1934 Verzweiflung (Otčajanie; engl. Despair, 1937, 1966 von Nabokov verändert und erweitert)
- 1937-1952 Die Gabe (Dar (unvollendet 1937-1938, vollendet 1952; engl. The Gift, 1963)
- 1938 Einladung zur Enthauptung (Priglašenie na kazn; engl. Invitation to a Beheading 1959)
- 1938 Der Späher (Sogliadatai; engl. The Eye 1978)
- 1939 Der Zauberer (Volšebnik, Erzählung; engl. The Enchanter 1986)
- 1941 Das wahre Leben des Sebastian Knight (The Real Life of Sebastian Knight)
- 1947 Das Bastardzeichen (Bend Sinister)
- 1955 Lolita
- 1957 Pnin
- 1962 Fahles Feuer (Pale Fire)
- 1969 Ada oder Das Verlangen. Aus den Annalen einer Familie. (Ada; or Ardor: A Family Chronicle)
- 1972 Durchsichtige Dinge (Transparent Things)
- 1974 Sieh doch die Harlekins! (Look at the Harlequins!)
[Bearbeiten] Anthologien
- 1962 Frühling in Fialta (später als Gesammelte Erzählungen)
- 1989 Erzählungen I - 1921-1934, ISBN 3-498-04651-9
- 1989 Erzählungen II - 1925-1951, ISBN 3-498-04652-7
- 1993 Deutliche Worte (Interviews, Leserbriefe, Essays), ISBN 3-498-04658-6
- 1995 Briefwechsel 1940-1971, ISBN 3-498-04660-8
- 2000 Dramen, ISBN 3-498-04653-5
- 2004 Eigensinnige Ansichten, ISBN 3-498-04662-4
[Bearbeiten] Autobiographisches
- 1951 Andere Ufer. Ein Buch der Erinnerung. (Conclusive Evidence)
- 1967 Erinnerung, sprich. Wiedersehen mit einer Autobiographie (Speak, Memory)
[Bearbeiten] Übersetzungen
Vom Russischen ins Englische:
- Eugene Onegin (von Alexander Puschkin) (4 Bände, mit ausführlichen Kommentaren)
- A Hero of our Time (von Michail Lermontow)
Vom Englischen ins Russische:
- Alice In Wonderland (Алиса в стране чудес) (von Lewis Carroll)
[Bearbeiten] Literaturwissenschaft
- 1984 Die Kunst des Lesens: Meisterwerke der russischen Literatur', ISBN 3-10-051503-X
- 1984 Die Kunst des Lesens: Meisterwerke der europäischen Literatur, ISBN 3-596-10495-5
- 1985 Die Kunst des Lesens: Cervantes Don Quijote, ISBN 3-10-051504-8
[Bearbeiten] Literatur
- Maria R. Kecht: Das Groteske im Prosawerk von Vladimir Nabokov. 1983, ISBN 3-416-01739-0
- Boris Nossik: Nabokov. 1999, ISBN 3-7466-1560-7
- Brian Boyd: Vladimir Nabokov - die russischen Jahre. 1999, ISBN 3-498-00564-2
- Sabine Baumann: Vladimir Nabokov: Haus der Erinnerung. 1999, ISBN 3-86109-148-8
- Donald E. Morton: Vladimir Nabokov. rororo Bildmonographien, 2001, ISBN 3-499-50328-X
- Dieter E. Zimmer: Nabokovs Berlin. 2001, ISBN 3-87584-095-X
- Tilo Richter (Hg.), Horst Tappe: Nabokov. Christoph Merian Verlag, Basel 2001, ISBN 3-85616-152-X (Fotografien Nabokovs von Horst Tappe mit Zitaten (e/d/f) von Nabokov)
- Brian Boyd: Vladimir Nabokov - die amerikanischen Jahre. 2005, ISBN 3-498-00565-0
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Vladimir Nabokov im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nabokov Library e-text Bibliothek (Russisch/Englisch)
- Zembla, liebevoll gestaltete und umfangreiche Nabokov-Seite, auf englisch
- Deutsche Seite mit Werken, Biographie und Linkliste
- Vladimir Nabokov auf Kermits Bücherseiten
- Zum Komplex um die Anleihen in "Lolita" bei Lichberg und Goetz vgl. hier.
Personendaten | |
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NAME | Nabokov, Vladimir |
ALTERNATIVNAMEN | Владимир Владимирович Набоков, Wladimir Wladimirowitsch Nabokow |
KURZBESCHREIBUNG | Russischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 23. April 1899 |
GEBURTSORT | Sankt Petersburg |
STERBEDATUM | 2. Juli 1977 |
STERBEORT | Lausanne |