Börsengang
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Unter Initial Public Offering, kurz IPO oder Börsengang (früher auch Going Public genannt), versteht man das erstmalige Angebot der Aktien eines Unternehmens auf dem organisierten Kapitalmarkt. Die Abwicklung des Börsengangs wird in der Regel von einer oder mehreren Investmentbanken (sog. underwriters) vorgenommen.
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[Bearbeiten] Gründe
Ein Börsengang soll entweder dazu dienen, dem Unternehmen durch Ausgabe neuer Aktien neue finanzielle Mittel zuzuführen, ist damit also ein Finanzierungsmittel oder soll den vorhandenen Aktionären die Möglichkeit eröffnen, eigene Anteile zu einem besseren Preis verkaufen zu können, als dies bei Anteilen an einem nicht börsennotierten Unternehmen möglich ist. Häufig sind bei Börsengängen beide Motivationen gleichzeitig anzutreffen.
Neu ausgegebene Aktien bezeichnet man als Primäraktien, alte, das heißt schon unabhängig von diesem Anlass bestehende Aktien werden als Altaktien oder Sekundäraktien bezeichnet. Im Fall der Sekundäraktien fließt der Nettoerlös den verkaufenden Aktionären zu, im Fall der Primäraktien dem Emittenten. Häufig wird auch eine Mischung beider Aktienkategorien angeboten.
[Bearbeiten] Ablauf
Vor dem Börsengang werden von den Altaktionären in der Regel Gespräche mit verschiedenen Banken aufgenommen, bei denen sich diese anhand von Gesprächen mit dem Management, Firmenrundgängen und Analyse der in Form eines Businessplans von dem Unternehmen vorgelegten Zukunftspläne einen ersten Eindruck über das Unternehmen verschaffen. In der Folge geben die an diesen Gesprächen beteiligten Analysten der Banken eine indikative Bewertung des Unternehmens (siehe auch Unternehmensbewertung) ab, basierend auf ihrer Einschätzung über die voraussichtliche Marktkapitalisierung des Unternehmens, und empfehlen das nach ihrer Auffassung geeignetste Börsensegment für den Börsengang. Theoretisch urteilen die Analysten dabei unabhängig von den durch die Emissionsabteilung wahrgenommenen geschäftlichen Interessen der Bank, an der Emission beteiligt zu werden; man spricht dabei von der Chinese Wall, die Analyse- und Emissionsabteilungen trennt. Die Emissionsabteilungen der Banken geben im parallel stattfindenden sogenannten Beauty Contest wiederum ein Angebot über die Konditionen der Begleitung eines Börsenganges ab, die in der Regel zwischen vier und sechs Prozent des Emissionsvolumens betragen. Nach Abschluss der Konditionsverhandlungen beauftragen die Altaktionäre in der Regel eine Bank als Konsortialführer und beteiligen häufig weitere Banken ebenfalls an der geplanten Emission.
In der Folge lässt die Bank eine Due Diligence durchführen, die in der Regel in eine Legal Due Diligence und eine Financial Due Diligence aufgeteilt wird, um einerseits die rechtlichen, andererseits die wirtschaftlichen und organisatorischen Gegebenheiten des Unternehmens auf Risiken und Potentiale zu untersuchen. Die als (Legal-, Financial- oder Tax-) Due Diligence Report bezeichneten Prüfungsberichte sind in der Regel nicht öffentlich, bestimmen aber gemeinsam mit dem Businessplan wesentlich die Gestaltung der Equity Story, dem Argumentationskonzept, mit dem der Börsengang erfolgreich vermarktet werden soll. Dieses Konzept ist wiederum Grundlage für den sogenannten Börsenprospekt, in dem der Börsengang beworben wird. Bei der ausgewählten Börse wird die Zulassung für das gewünschte Börsensegment beantragt.
Durch ihre Analysten lassen die Konsortialbanken nun Finanzstudien (Research-Reports) erstellen, die Marktstellung und Marktpotential des Unternehmens beschreiben. Nun beginnt das Bookbuilding-Verfahren. Unter Vorstellung der Equity Story und der Research Reports versuchen die Banken zunächst in der sogenannten Pre-Marketing-Phase institutionelle Anleger für die Abnahme von Aktien aus dem Emissionsvolumen zu interessieren. In der nun folgenden Bookbuilding-Phase werden diese Bemühungen, meist gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern des Unternehmens, dessen Aktien emittiert werden sollen, in sogenannten Road-Shows intensiviert und das Interesse möglicher Abnehmer ausgewertet. Als Ergebnis wird von den Banken dann die sogenannte Preisspanne verkündet, also die Bandbreite, innerhalb derer der Emissionspreis mutmaßlich festgelegt wird.
Alternativ kann auch ein sogenannter Festpreis bestimmt werden. Daraufhin werden die Aktien in der Zeichnungsphase öffentlich zur Zeichnung angeboten, wobei sich die interessierten Abnehmer verpflichtend dahingehend festlegen, wieviele Aktien sie erwerben wollen. Ist das Interesse größer als die Anzahl der angebotenen Aktien, so spricht man von einer Überzeichnung. In diesem Fall legen die Konsortialbanken fest, ob aus dem sogenannten Greenshoe, einem Reservepool, noch weitere Aktien ausgeben werden und legen die Zuteilung fest, mit der bestimmt wird, welcher Interessent mit welcher Zuteilungsquote der gezeichneten Aktien bedacht wird.
Nach der Zuteilung wird die Aktie erstmals an der Börse gehandelt, und zum ersten Mal ein Börsenkurs, die sogenannte Erstnotiz festgestellt. In der Folge übernimmt eine damit beauftragte Bank, oft der ursprüngliche Konsortialführer (Lead Manager), die Aufgabe des Designated Sponsors, womit sie sich verpflichtet, die Aktie immer handelbar zu halten. Häufig übernimmt der Designated Sponsor auch für einen bestimmten Zeitraum (z.B. einen Monat ab Erstnotiz) die Kurspflege der Aktie, wofür er auf den Greenshoe als Verfügungsmasse zurückgreifen kann. Finden in diesem Zusammenhang andauernd Aktienrückkäufe zur Kurspflege statt, so kann der Greenshoe im Ergebnis geringer ausfallen, als beim Börsengang ursprünglich geplant.
Da die Vornahme von Geschäften, die geeignet sind, ein künstliches Preisniveau herbeizuführen nach § 20a Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz eigentlich verboten sind, handelt es sich bei dieser Art der Kurspflege, sofern sie im Börsenprospekt angekündigt wird, um einen der Ausnahmetatbestände des § 20a Abs. 2 WpHG.
Das Gegenteil eines IPO ist das Going Private oder Delisting.
[Bearbeiten] Die größten Börsengänge
Datum | Unternehmen | Erlös in Mrd. US-Dollar |
---|---|---|
27. Okt. 2006 | Industrial and Commercial Bank of China | 22,0 [1] |
12. Okt. 1998 | NTT DoCoMo Inc. | 18,4[2] |
31. Okt. 1999 | Enel | 17,4[2] |
17. Nov. 1996 | Deutsche Telekom | 13,0[2] |
24. Mai 2006 | Bank of China | 11,2[3] |
26. April 2000 | AT&T Wireless Services | 10,6[2] |
19. Juli 2006 | Rosneft | 10,4[4] |
15. Nov. 1997 | Telstra Corp. | 10,0[2] |
20. Okt. 2005 | China Construction Bank | 9,2[2] |
18. Nov. 2005 | Électricité de France | 9,0[2] |
12. Juni 2001 | Kraft Foods | 8,7[2] |
12. Juni 2000 | Telia AB | 8,6[2] |
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Deutsche Börse AG: Informationen für Börsenaspiranten
- Artikel über den Gang an die Wiener Börse aus rechtlicher Sicht
- Ablauf des Börsengangs eines Unternehmens
- Übersicht Börsengänge in 2006/2007 und Vergleiche von Finanzen Markt & Meinungen
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_193612
- ↑ a b c d e f g h i Handelsblatt, 19. Juli 2006, http://www.handelsblatt.com/news/Boerse/Neuemissionen/_pv/grid_id/762907/_p/200034/_t/ft/_b/1110131/default.aspx/tabelle-die-groessten-boersengaenge-weltweit.html
- ↑ http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,417883,00.html
- ↑ http://biz.yahoo.com/ic/55/55399.html