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Bürokratie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Bürokratie (frz. bureaucratie) leitet sich seit dem 17./18. Jahrhundert von Büro (v. frz. bureau = Arbeits-, Amtszimmer) ab. Dessen Ursprung ist das afrofrz. bure oder burel. Bure war ein grober Wollstoff zum Beziehen von Schreibtischen. Bürokratie ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus bureau (s.o.) und dem griechischen kratia = Herrschaft. Es bedeutet demnach „Büroherrschaft“.

Umgangssprachlich bezeichnet der Ausdruck „Bürokratie“ oft einen als übertrieben empfundenen Regelungswillen, welcher die Einhaltung von Verwaltungsregeln vor ihren Nutzen für die Bürger und Antragsteller stellt. Mit dem Terminus „Bürokratismus“ wird eine bürokratisch überzogene Handlungsorientierung kritisiert, die gegebene Vorschriften über den Menschen stellt, ihn weitgehend als Ding behandelt und funktionalisiert.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Bürokratie bei Max Weber

Der Soziologe Max Weber hat sie als die „rationale“ Form der legalen Herrschaft, auch für Unternehmen, bezeichnet und analysiert. Als Idealtypus der Bürokratie wird bei ihm die Behörde mit beruflichem Verwaltungsstab bezeichnet. Die Legitimation der bürokratischen (legalen) Herrschaft liegt in der rationalen Kompetenz des Vorgesetzten, nicht in ihrer traditionalen Kompetenz (wie z. B. bei Erbämtern in einer Monarchie). Sein dritter Typus, die „charismatische Herrschaft“, hat definitionsgemäß gar keine Verwaltung. Alle drei Herrschaftsformen sind jedoch Formen legitimer Macht.

Im Gegensatz zur traditionellen und charismatischen Herrschaft verhindert die Bürokratie Bevorzugung oder Benachteiligung Einzelner in Form von willkürlichen Entscheidungen, weil sich alle an die gleichen und rational begründeten Spielregeln, bzw. Gesetze (eine gesetzte Ordnung) halten müssen. Der Bürokratiebegriff Webers ist somit ein positiver.

Allerdings sieht Weber Wahlbeamte, wie sie in den meisten Bundesländern an der Spitze von Behörden wie Landratsämtern und Gemeindeverwaltungen stehen, nicht als kompatibel mit seinem Bürokratieverständnis an.

Im strengen Sinne ist also nach Weber eine nach z. B. rein politischen Zweckmäßigkeits-Erwägungen arbeitende Verwaltung (etwa die „Kaderverwaltung“ im ehemaligen Sowjetsystem) gar keine „Bürokratie“.

Siehe auch: Verwaltungskompetenz

[Bearbeiten] Geschichte

Den Anfang der Reformen der staatlichen Verwaltung kann man schwer festlegen. Eine erste Reform - damals noch nicht bürokratisch genannt - fand Anfang des 19. Jahrhunderts unter Stein und Hardenberg statt. Die besondere Effizienz der daraus hervorgehenden Verwaltung führte zu einer breiten Übernahme in vielen Staaten.

Grundlegende Änderungen in der Verwaltung waren erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zu beobachten. Im Zuge einer immer ausgereifteren Sozialforschung glaubte man, durch eine Vielzahl von Vorschriften das staatliche Handeln planen zu können. Es folgte in den 60er und 70er Jahren die so genannte „Planungseuphorie“. Sie führte zu einem starken Anschwellen der Verwaltung und Vorschriften. Erst in den 80er Jahren begann man gegenzusteuern, weit reichende Reformen wurden allerdings in Deutschland nicht durchgesetzt.

In England und den USA begann sich hingegen gegen Ende der 70er Jahre eine Reformbewegung zu entwickeln, die zum Teil auch als Neoliberalismus bekannt ist. Unter Margaret Thatcher und Ronald Reagan wurde das Konzept des schlanken Staates zum Teil umgesetzt. Der Staat wird hierbei in seinen Aufgaben beschränkt und viele Teile früherer staatlicher Leistungen werden privatisiert mit der Absicht, dass an Stelle des Staates der Markt die Regulierung der Gesellschaft übernimmt.

In Deutschland haben neuere Reformbewegungen in den 90ern begonnen. Neben einer Vielzahl von Privatisierungen - meist durch die Europäische Union initiiert - begann sich auf Grundlage des New Public Management das Neue Steuerungsmodell zu entwickeln. Hierin vereinen sich eine Vielzahl von Reformideen wie Verwaltungen als Dienstleister zu betrachten, bürokratische Verfahren als Produkte zu betrachten, eine neue Buchführung genauso wie Privatisierung von Einrichtungen, die von privater Hand getragen werden können.

Seit Ende der 90er Jahre wird zudem das e-Government immer stärker diskutiert. Mit Hilfe des Internets und elektronischer Datenverarbeitung soll vor allem der Aufwand durch bürokratische Regulierung für Unternehmen und Bürger reduziert werden. Parallel dazu nimmt auch eDemocracy eine immer stärkere Rolle ein, um Bürger stärker an Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen. Hier soll ein grundlegendes Problem der Gesetzgebung und damit der Bürokratie an sich gelöst werden. Durch Lobbyarbeit konnten bisher einzelne Interessengruppen Vorschriften und Gesetze durchsetzen, die für eine Mehrheit der Betroffenen nachteilig, für die kleine Gruppe der Lobbyarbeiter (z.B. die Wirtschaft, aber auch einzelne Teile der Verwaltung selber) jedoch positive Auswirkungen hatte. Der Wust an unnötigen Regelungen wird häufig hierauf zurückgeführt. Durch eine breitere Einbindung der Betroffenen erhofft man sich hier sinnvollere Regelungen.

[Bearbeiten] Nachteile

In einem Rechtsstaat darf die Verwaltung nur auf Grund eines Gesetzes tätig werden (Gesetzesvorbehalt und den Vorrang des Gesetzes). Handeln ohne gesetzliche Grundlage ist rechtswidrig. Dies bedeutet zum einen, dass die Grenzen relativ starr sind. Da sich die Vielfalt an möglichen Gegebenheiten nicht in einem Gesetz vollständig abbilden lässt, führt dies dazu, dass diese in vielen Fällen ihrem eigentlichen Zweck zuwiderlaufen und das System starr machen.

Um dennoch eine möglichst hohe Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, finden sich oftmals viele Ausnahmen und Sonderregeln. Durch die innerorganisatorische Einbindung von 'Bürokraten' (ein Gegenstand der Organisationssoziologie) zur möglichst genauen Regulierung wird dieser Prozess institutionalisiert und unter Umständen zum Selbstzweck.

Dies hat vielerorts ein 'wucherndes System' von Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Anweisungen entstehen lassen, das dazu führt, dass in vielen bürokratisch organisierten Systemen der Aufwand an Kosten und Zeit für Verwaltung höher geworden ist als der Aufwand für den Organisationszweck.

Da viele Bürger nicht das notwendige Wissen haben, führt die angestrebte Einzelfallgerechtigkeit zu einer neuen Ungerechtigkeit zwischen denen, die sich im System auskennen und denen, die dies nicht tun (als Beispiel sei die Steuergesetzgebung genannt).

Im Gesetzgebungsverfahren spielen darüber hinaus oft taktische Überlegungen eine Rolle. Als Folge daraus entstehen Gesetze, die vielfach machtbestimmt sind. Da das Verwaltungshandeln aber nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen darf, ist es daher genauso unvernünftig und machtbestimmt wie die zustande gekommenen Gesetze.

Das widerspricht dem Verständnis moderner Demokratie, in der alle Macht vom Bürger ausgehen soll, dem der Staat als rational konzipiertes Werkzeug dienen sollte. Es widerspricht aber auch der Notwendigkeit rationaler Kosten- und Leistungskontrolle, die Wirtschaftsunternehmen dazu imstande setzen sollten, sich mit Dienstleistungen und Produkten im Markt-Wettbewerb zu behaupten.

[Bearbeiten] Entbürokratisierung

Das Schlagwort Bürokratieabbau findet sich häufiger in Politik und Wirtschaft. Gemeint ist in der Regel ein Abbau von Vorschriften und Gesetzen, aber auch eine erhöhte Transparenz behördlichen Handelns.

[Bearbeiten] Abbau von Vorschriften

Von der Entbürokratisierung erhofft man sich eine höhere Flexibilität. In Unternehmen (und teilweise auch in Behörden) wird zunehmend versucht, Ziele an die Stelle von Regeln zu setzen. Ein Unternehmensteil wird somit nicht mehr über die Vorgabe von Prozessen gesteuert, sondern durch die Vorgabe von Zielen. Der Weg zur Zielerreichung ist dem Tochterunternehmen freigestellt.

In der Politik ist dies allerdings weitaus schwerer umsetzbar. Hinzu kommt, dass das Ziel der Entbürokratisierung zwar überwiegend geteilt wird, im Einzelfall aber meist umstritten ist. So wäre zum Beispiel der Abbau von Sicherheitsvorschriften in der Chemie zum Vorteil der Wirtschaft, könnte für die Bevölkerung jedoch gesundheitliche Nachteile haben.

Ein entgegengesetztes Ziel wird teilweise in Ländern der so genannten Dritten Welt verfolgt. Da hier bisher fehlende gesetzliche Regelungen eine fehlende Rechtssicherheit zur Folge haben, wird hier eine „Bürokratisierung“ gefordert (die natürlich niemand so nennt).

[Bearbeiten] Transparenz behördlichen Handelns

Ein erhebliches Problem für Bürger ist es oft, rechtliche Grundlagen behördlicher Entscheidungen nachvollziehbar erfassen zu können. Diese werden oft in behördlichen Entscheidungen nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit genannt. Dabei handelt es sich z.T. nicht nur um individuelle Bearbeitungsfehler, sondern auch in Formularen sind derlei Defizite feststellbar. Rechtliche Bestimmungen werden in solchen Fällen nur abgekürzt wiedergegeben (BauGB statt Baugesetzbuch etc.), es fehlt die Fundstelle (z.B. Gesetz- und Verordnungsblatt Jahrgang Seitenzahl etc.) oder ein sogenanntes Ermessen, also eine Entscheidung, die nicht auf festen Zahlenvorgaben (z.B. Mindestalter für den Erwerb der Fahrerlaubnis), sondern auf einer fachlichen Beurteilung beruht, ist nicht weitergehend begründet.

Dies alles sind im Grunde Verstöße gegen die Begründungspflicht, die in §39 Verwaltungsverfahrensgesetz vorgeschrieben ist.

Der Ansatz, solche Defizite zu reduzieren, findet keine erhebliche Unterstützung. Dies kann daran liegen, dass die Verantwortung für das anzugehende behördliche Handeln, gerade auf der Verwaltungsebene der Kreise und Städte, von allen maßgeblichen Parteien in Deutschland mitzuverantworten ist, also deren gemeinsamer Wille zur Selbstkritik gegeben sein müsste.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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