Bioprivatisierung
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Als Bioprivatisierung (engl. Bioprivateering) bezeichnet man die Möglichkeit für Jedermann, Teile der natürlichen Umwelt durch Patente für einen Zeitraum von maximal 20 Jahren dem Patentanmelder für den gewerblichen Gebrauch zu schützen. Der Begriff wurde von Richard M. Stallman geprägt, der darüber hinaus eine begriffliche Trennung von Biopiraterie (engl. Biopiracy) fordert.
Mit der Aneignung der genetischen Ressourcen geht oft eine Aneignung des damit assoziierten traditionellen Wissens indigener und lokaler Gemeinschaften einher. Die Biodiversitäts-Konvention fordert daher die angemessene Beteiligung dieser Gemeinschaften an den Gewinnen, die mit den genetischen Ressourcen und damit assoziiertem Wissen erzielt werden (benefit-sharing).
Sehr viele nichtstaatliche Organisationen kritisieren die Bioprivatisierung und unterstützen vor Ort den Widerstand. Zudem zeichnet sich eine Tendenz zur Konzentration der Patente in den Händen US-amerikanischer Konzerne, wie etwa Monsanto, Dow AgroSiences, Pioneer Hi-Bred und Cargill ab.
Bei der Diskussion um Bioprivatisierung und Biopiraterie muss unterschieden werden zwischen der Patentierung von neuen Produkten und Verfahren zu deren Herstellung und der Registrierung von Marken.
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[Bearbeiten] Beispiele
- Ein bekanntes Beispiel für Bioprivatisierung ist der zunächst gelungene Versuch des US-Unternehmens Rice Tec, im September 1997 ein Patent auf eine neue Reissorte anzumelden, und diese unter dem Namen Basmati als Marke zu registrieren. Obwohl Basmati eine gebräuchliche Bezeichnung für eine sehr hochwertige Reissorte ist, die seit Jahrhunderten durch indische und pakistanische Reisbauern gezüchtet wird, hätten diese Bauern durch den Markenschutz das Recht verloren, ihren Reis unter seinem traditionellen Namen zu vermarkten. Es folgte eine juristische Auseinandersetzung, die Indien damals gewann.
- Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung des Hoodia-Kaktus durch die Khoi-San. Die südafrikanische Regierung ließ den Kaktus untersuchen, da er von den Buschmännern traditioniell als Appetitzügler verwendet wird, und den Wirkstoff als P57 patentieren. Später wurde das Patent über eine britische Pharmafirma an den amerikanischen Pharmakonzern Pfizer verkauft, der daraus einen Appetitzügler entwickeln wollte, ohne die Khoi-San an den Erträgen zu beteiligen.
Den Khoi-San gelang es in einem Gerichtsverfahren, eine Gewinnbeteiligung an den aus dem Hoodia-Kaktus entwickelten Präparaten zu sichern. Pfizer hat das Patent inzwischen wieder zurückgegeben.
- Seit 1985 wurden von amerikanischen, japanischen und europäischen Firmen mehr als 90 Patente auf Wirkeigenschaften und Extraktionsverfahren des Niembaums angemeldet. Die amerikanische Firma W.R.Grace errichtete Produktionsstätten zur Niemverarbeitung in Indien und kaufte zudem indische Firmen auf. Dies führte zu Preissteigerung des Niemsamens von 11 auf über 100 $ je Tonne und hatte zur Folge, dass kleinere indische Firmen und arme Bauern nicht mehr in der Lage waren, Niemsamen anzukaufen. Wegen der zahlreichen Patente konnten unabhängige indische Firmen ihre Produkte auch nicht mehr nach Europa oder die USA exportieren, was zu bedeutenden Umsatzverlusten führte (vgl. Bödeker et. al, S. 32).
- Im Jahr 1993 wurde in Indien die Neem Campain gegründet um gegen mutmaßlich zu Unrecht erteilte Patente vorzugehen.
- Besonders das Patent EP 0 436 257 B1, das 1994 dem US-Landwirtschaftsministerium zusammen mit dem Unternehmen W.R.Grace vom Europäischen Patentamt in München erteilt wurde, hatte für Aufsehen gesorgt. Es betrifft ein "Verfahren zum Bekämpfen von Fungi an Pflanzen" (Patentanspruch 1) bzw. ein "Verfahren zum Schützen von Pflanzen vor Pilzbefall" (Patentanspruch 7), wobei beide Verfahren dadurch gekennzeichnet sind, "dass man die Fungi/ die Pflanze mit einer Neemölformulierung, enthaltend 0,1 bis 10% eines hydrophobisch extrahierten Neemöls, das im wesentlichen frei von Azadirachtin ist, 0,005 bis 5,0% emulgierendes Tensid und 0 bis 99% Wasser kontaktiert".
- U.a. die Gewinnerin des Alternativen Nobelpreises Vandana Shiva erhob Einspruch gegen die Erteilung des Patents. Im Mai 2000 wurde, nach zweitägigen Verhandlungen im Einspruchsbeschwerdeverfahren vor der technischen Beschwerdekammer des EPA das Patent aufgrund fehlender "erfinderischen Tätigkeit", neben der "Neuheit" die wichtigste Patentierungsvoraussetzung, widerrufen. Die Beschwerdekammer befand, dass das im Patent beschriebenes Verfahren zum Prioritätszeitpunkt (26. Dezember 1989) zwar neu sei, es aber angesichts der Tatsache, dass fungizide Wirkungen von Pflanzenölen vielfach bekannt seien, keiner erfinderischen Tätigkeit bedurfte, bekannte Rezepturen auch auf bislang ungenutze Pflanzen anzuwenden und so zu den patentierten Verfahren zu gelangen. Ein Votum gegen Patente auf Pflanzen an sich stellt diese Entscheidung jedoch nicht dar.
- Inzwischen ist noch ein weiteres Patent auf Niem-Produkte von europäischen Patentamt endgültig widerrufen wurden (Stand 2005).
- 1986 ließ sich eine US-Firma die für die Herstellung von Ayahuasca benötigte Lianenart Banisteriopsis caapi patentieren. 1999 dann wurde Ayahuasca, welches Banisteriopsis caapi als Hauptbestandteil enthält als geistiges Eigentum indigener Völker anerkannt und das Patent aufgehoben. Doch 2001 trat das Patent wieder in Kraft, was viele Proteste auslöste und als Beispiel für die Ausbeutung eingeborener Kulturen gilt.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Shiva, Vandana: Biopiraterie. Kolonialismus des 21. Jahrhunderts. Eine Einführung Münster, 2002, ISBN 3-897714-16-7
- Wullweber, Joscha: Das grüne Gold der Gene. Globale Konflikte und Biopiraterie Münster, 2004, ISBN 3-896915-94-0
- Jeffrey M. Smith: "Trojanische Saaten. GenManipulierte Nahrung - GenManipulierter Mensch. München, 2004, ISBN 3-570500-60-8
- BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie (Hg.): Grüne Beute Biopiraterie und Widerstand. Argumente, Hintergründe, Aktionen, Trotzdem-Verlag, 2005, ISBN 3-931786-40-4
- Sebastian Bödeker/ Oliver Moldenhauer / Benedikt Rubbel: Wissensallmende, Hamburg 2004, ISBN 3-89965-118-9 [1]
[Bearbeiten] Weblinks
- Biopiracy or Bioprivateering? von Richard Stallman (englischsprachig)
- Offizielle Website der BUKO Kampagne gegen Biopiraterie
- F. William Engdahl: Die Saat der Zerstörung (PDF)
- Kein Patent auf Leben