Enron
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Der Energiekonzern Enron gehörte zu den zehn größten Konzernen der USA und hatte seinen Firmensitz in Houston, Texas. Enron bezeichnete sich in Veröffentlichungen gerne als "The World's Greatest Company" (Beste Firma der Welt). Enron beschäftigte über 20.000 Mitarbeiter und verursachte aufgrund fortgesetzter Bilanzfälschung einen der größten Unternehmensskandale, welche die US-Wirtschaft bislang erlebte. Die Vorgänge hatten eine drastische Verschärfung der gesetzlichen Vorschriften zur Unternehmensberichterstattung zur Folge, den sogenannten Sarbanes-Oxley Act. Wegen ihrer nach dem Skandal vehement dementierten engen Verbindungen zum Enron-Gründer und CEO Kenneth Lay geriet auch die Regierung von George W. Bush in scharfe Kritik.
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[Bearbeiten] Chronik
Im Juli 1985 fusioniert das US-Unternehmen Houston Natural Gas mit Internorth, einem Erdgas-Konzern aus Omaha, zum Konzern Enron, der hauptsächlich als Betreiber von Gaspipelines tätig ist. Nach dem Einstieg in den Erdgashandel 1989 wird Enron innerhalb kurzer Zeit der größte Gashändler in den USA und Großbritannien.
Im Oktober 2000 bestätigt Enron, dass die US-Börsenaufsicht SEC eine Voruntersuchung begonnen hat, um mögliche Konflikte aufgrund der Beteiligungsverträge zu klären. Enron gesteht ein, dass Gewinne in den Jahren zuvor um 1,2 Mrd. US-Dollar zu hoch ausgewiesen wurden. Am 2. Dezember 2001 meldet das Unternehmen Insolvenz an, da eine Übernahme durch den Konkurrenten Dynegy am 28. November 2001 gescheitert war.
Im Januar 2002 wird die Aktie vom Handel ausgesetzt.
Im Februar 2002 wird bekannt, dass rund 500 Enron-Manager kurz vor der Pleite ihres Konzerns kräftige Bonuszahlungen erhalten hatten. So ließ sich Kenneth Lay († 5. Juli 2006) eine Abfindung in Höhe von 205 Mio. US-Dollar auszahlen.
Der in den Enron-Skandal verwickelte (und im Gefolge der Ermittlungen um Enron schließlich kollabierte) Wirtschaftsprüfungs-Konzern Arthur Andersen wird im Oktober 2002 wegen Behinderung der Justiz zu einer Geldbuße von 500.000 US-Dollar verurteilt.
Im Juli 2003 will Enron seine Interessen an der Transwestern Pipeline Company, an der Citrus Corp. und der Northern Plains Natural Gas Company in die neue Holdinggesellschaft Cross Country Energy Corporation einbringen. Außerdem plant das Unternehmen die Gründung einer internationalen Energiegesellschaft, die Prisma Energy International Inc. Beide Unternehmen sollen unabhängig voneinander geführt werden.
[Bearbeiten] Methoden der Bilanzfälschung
Enron frisierte seine Bilanz in der Hauptsache mit folgenden Methoden[1]:
- Verkäufe von Waren (z. B. Erdgas) als Termingeschäft (d. h. ein in der Gegenwart vereinbartes Geschäft wird erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt) wurden bereits von Anfang an als Erträge gebucht. Zudem wurden ähnliche Geschäfte zum Einkauf derartiger Waren nicht als Aufwand gebucht. Dadurch steigt der Gewinn (und damit auch das Eigenkapital) in der Berichtsperiode.
- Enron ging dazu über, solche Geschäfte mit in ausländischen Steuerparadiesen gegründeten anonymen „Offshore“-Gesellschaften abzuschließen, die unter der Kontrolle von Enron oder dessen Führungskräften standen, aber nicht in den Konsolidierungskreis des Konzernabschlusses des Enron-Konzerns einbezogen wurden. Enron machte praktisch Geschäfte mit sich selbst. Der Konzern wies die "Einnahmen" aus diesen Geschäften in der eigenen Bilanz aus.
- Weiterhin begann die Firma, die "Käufe" der Off-Shore-Gesellschaften von Banken vorfinanzieren zu lassen, sodass sich der Konzern über seine anonymen Tochtergesellschaften verschuldete, ohne dass dies in der Konzernbilanz offenbar wurde.
[Bearbeiten] Gerichtliche Aufarbeitung der Insolvenz
An die Insolvenz des Enron-Konzerns haben sich verschiedene Zivilklagen angeschlossen. Hierbei versuchten die durch die Insolvenz geschädigten Aktionäre (darunter viele ehemalige Enron-Angestellte, die durch den Zusammenbruch des Konzerns nahezu ihr gesamtes Vermögen einbüßten) sowie Inhaber von Enron-Anleihen, sich zumindest einen kleinen Teil ihrer Forderungen gerichtlich zusprechen zu lassen. Dabei kam es bislang zu folgenden gerichtlichen Vergleichen:
Verurteilende Partei | Zugesprochene Entschädigung (Mio. $) |
---|---|
Lehman Brothers | 222,5 |
Bank of America | 69 |
Arthur Andersen | 40 |
Enron-Verwaltungsrat | 168 |
Citigroup | 2000 |
JP Morgan Chase | 2200 |
CIBC-Bank (Kanada) | 2400 |
Summe: | 7100 |
Den im Rahmen der bisher erfolgten Vergleiche erzielten Entschädigungen in Höhe von 7,1 Mrd. US-Dollar steht ein durch die Insolvenz vernichteter Börsenwert von 60 Mrd. US-Dollar gegenüber.
Von Enron selbst haben die Gläubiger seit November 2004 etwa 5,8 Mrd. US-Dollar erhalten. Davon zahlte Enron Anfang April 2006 4,1 Mrd. US-Dollar in bar und 568 Mio. US-Dollar in Aktien der Portland General Electric Company (PGE). Nach eigenen Angaben verfügt Enron zur Erfüllung umstrittener Ansprüche noch über Reserven in Form von 4,7 Mrd. US-Dollar in bar und 745 Mio. US-Dollar PGE-Aktien.
Erwähnenswert ist, dass bei der im Januar 2005 erfolgten Verurteilung der Mitglieder des ehemaligen Enron-Verwaltungsrats (entspricht in etwa dem Aufsichtsrat einer deutschen Kapitalgesellschaft) zu einer Entschädigungssumme von insgesamt 168 Mio. US-Dollar von dieser Summe 13 Mio. US-Dollar unmittelbar durch die 10 betroffenen Verwaltungsräte aus ihrem Privatvermögen zu entrichten waren, während der Rest der Summe durch Haftpflichtversicherungen (D&O-Versicherungen) der Verurteilten abgedeckt wurde. Durch den unmittelbaren Zugriff auf das Privatvermögen der Verwaltungsräte versuchte das erkennende Gericht gezielt, die persönliche Verantwortung der Verwaltungsräte an dem Zusammenbruch des von ihnen zu beaufsichtigenden Unternehmens deutlich zu machen.
Neben den Zivilklagen sind zahlreiche Strafverfahren wegen Betrugs gegen die ehemaligen Angehörigen des Enron-Managements anhängig, die im Frühjahr 2005 zur Verhandlung anstehen. Zu den Beklagten zählen u. a.:
- Kenneth Ken Lay, CEO (Enron-Gründer)
- Jeffrey Skilling, CEO
- Andrew Fastow, CFO
Von diesen Angeklagten haben sich im Vorfeld der Prozesse mit Ausnahme von Fastow alle für „nicht schuldig“ erklärt. Fastow dagegen hat ein Schuldeingeständnis abgelegt und sich den Behörden als Belastungszeuge gegen die übrigen Angeklagten zur Verfügung gestellt.
Richard Causey, der frühere Chefbuchhalter, hat sich am 28. Dezember 2005 vor Gericht des Wertpapierbetrugs schuldig bekannt. Causey gab zu, öffentlich falsche Angaben gemacht zu haben, um Investoren bewusst zu betrügen. Er war wie auch seine Ex-Chefs des bankrotten Energiehändlers der Verschwörung angeklagt. Vor Causey hatten sich rund 20 frühere Enron-Manager in dem Pleiteskandal für schuldig bekannt. Im November 2006 wurde Causey zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
Am 25. Mai 2006 sprach ein Geschworenengericht den Gründer des Konzerns, Kenneth Lay, und den früheren Enron-Chef Jeffrey Skilling des Betruges schuldig. Jedoch starb Kenneth Lay im Juli 2006 an Herzversagen, noch bevor das Strafmaß verkündet werden konnte. Der ehemalige Finanzchef Andrew Fastow, der als Kronzeuge in dem Prozess auftrat und beide Chefs schwer belastete, erhielt im September 2006 eine sechsjährige Gefängnisstrafe. Jeffrey Skilling wurde im Oktober 2006 wegen Betrugs zu 24 Jahren Haft verurteilt.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Enronitis
- Finanzskandal
- Sarbanes-Oxley Act
- Chapter 11
- Long-Term Capital Management (LTCM) Beinahezusammenbruch des amerikanischen und internationalen Finanzsystems
[Bearbeiten] Filme
- Enron: The Smartest Guys in the Room (2005), Dokumentarfilm, siehe [1]
- 2005 nahm man im Film Dick und Jane: Zu allem bereit, zu nichts zu gebrauchen unmissverständlich Bezug auf die Selbstbereicherungspraxis der ehemaligen Enron-Manager
[Bearbeiten] Literatur
- Kurt Eichenwald: Verschwörung der Narren. Bertelsmann , München, 2006. ISBN 3-570-00910-6
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Joseph Stiglitz: The Roaring Nineties, Penguin Books 2003, S. 241 - 268