Erbausschlagung
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Bei der Erbausschlagung handelt es sich um eine ausdrückliche Erklärung, eine Erbschaft und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten nicht anzunehmen.
Anders als bei Verträgen kommt die Erbschaft nach deutschem Recht (auch) durch stillschweigende Zustimmung zustande. Das heißt, man wird Erbe, auch ohne dass man es ausdrücklich irgendwo erklärt. In diesem Fall erhält man nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern muss auch für die Schulden aufkommen.
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[Bearbeiten] Überschuldung des Nachlasses
Zu dem Vermögen gehören alle Gegenstände, Wertpapiere, Konten, die auf den Namen des Erblassers lauten. Es gibt zwar Möglichkeiten, die Haftung auf die Höhe des Nachlasses zu beschränken (zum Beispiel Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz), war der Erblasser aber deutlich überschuldet, ist eine Erbausschlagung die klare Alternative.
Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen die Bestattungskosten, aber auch alle sonstigen Schulden, die der Erblasser an seinem Todestag hat (Kredite, Unterhaltsrückstände, Kontoüberziehung usw.)
Zwar ist die Überschuldung des Nachlasses in der Regel der Grund für eine Ausschlagung. Erforderlich ist dies jedoch nicht. Z.T. erfolgen Ausschlagungen auch aus rein persönlichen Motiven, weil man mit dem Verstorbenen und seinen Angelegenheiten nichts zu tun haben will. Für Vormund und Betreuer gelten dabei aber Einschränkungen (siehe unten).
[Bearbeiten] Form der Ausschlagung
Will man die Erbschaft nicht antreten, muss man dies ausdrücklich beim Nachlassgericht zu Protokoll geben; die Erklärung ist also formbedürftig, sie wird von der Urkundsperson des Nachlassgerichtes öffentlich beglaubigt (§ 1945 BGB). Eine weitere Möglichkeit ist die Erklärung zur Niederschrift eines Notars, der diese ebenfalls an das Nachlassgericht weiterleitet. Zuständiges Nachlassgericht ist dasjenige, an dem der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte; z.T. gelten abweichende Zuständigkeiten; siehe § 73 FGG.
[Bearbeiten] Frist der Ausschlagung
Eine Erbausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen (ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft) abgegeben werden (§ 19444 BGB). Hatte der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland oder hält sich der Erbe zum Zeitpunkt des Todes im Ausland auf, ist die Frist abweichend sechs Monate.
Handelt es sich um eine Erbschaft aufgrund gewillkürter Erbfolge (Testament, Erbvertrag), beginnt die Frist nicht vor der Eröffnung der letztwilligen Verfügung durch das Nachlassgericht.
Die fristhemmenden Bestimmungen § 206 BGB (höhere Gewalt) und § 210 BGB (Geschäftsunfähigkeit) gelten auch bei der Erbausschlagung.
[Bearbeiten] Ausschlagung für Kinder
Eine Person, die das Sorgerecht für minderjährige Kinder hat, kann die Ausschlagung auch für diese Kinder erklären. Unter bestimmten Umständen ist dazu eine Genehmigung des Familiengerichtes nötig (§ 1643 Abs. 2 BGB).
[Bearbeiten] Vormund und Betreuer
Ein Vormund oder Betreuer benötigt die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung (§ 1822 BGB). Die Zeit, die das Gericht benötigt, um über den Antrag auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu entscheiden, wird der Sechs-Wochen-Frist nicht zugerechnet. Vielmehr ist der Fristablauf während dieser Zeit gehemmt (§ 206 BGB; allgemeine Meinung, vgl. zuletzt BayObLG BtPrax 1998, 76. Die Hemmung der Frist beginnt mit dem Eingang des Antrags bei Gericht und endet mit der Zustellung des Genehmigungsbeschlusses (§ 69a Absatz 3 FGG).
Rechtsprechung: OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. Juni 2001 – 8 W 494/99, NJW 2001, 3484: Zur Ausschlagung einer Erbschaft: Die Ausschlagung eines Erbteils, der einem Betreuten angefallen ist, durch den Betreuer kann vom Vormundschaftsgericht in der Regel nicht genehmigt werden (§§ 1908i, 1822 Nr. 2, 1942 ff BGB). Dies gilt insbesondere, wenn dadurch ein Zugriff des Sozialhilfeträgers verhindert wird.
[Bearbeiten] Anfechtung der Ausschlagung
Tauchen nach der Erbausschlagung noch bisher unbekannte Vermögenswerte auf, dann kann die Erbausschlagung innerhalb von sechs Wochen ab Bekannt werden der Gründe angefochten und somit die Erbschaft angetreten werden (§ 1954 BGB). Für die Form der Anfechtung gilt das gleiche wie oben.
[Bearbeiten] Literatur
- Matthias Kiunke: Die Begrenzbarkeit der Ausschlagung auf die gewillkürte Erbschaft gem. § 1948 Abs. 1 BGB Shaker, Aachen 2006, ISBN 3-8322-4728-9
[Bearbeiten] Weblinks
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