Großbrand von Herborn
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Am 7. Juli 1987 kam es in der hessischen Stadt Herborn zu einem folgenschweren LKW-Unfall mit anschließendem Großbrand.
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[Bearbeiten] Unfallhergang
Am Abend des 7. Juli 1987 befuhr ein fünfachsiger Tanklastzug aus Koblenz die Bundesstraße 255 in Richtung Osten. Der LKW führte 28.000 Liter Benzin und 6.000 Liter Dieselkraftstoff mit sich. Ca. 10 km vor Herborn beginnt ein achtprozentiges Gefälle, das der 47-jährige Fahrer des Sattelzuges kannte. Er plante deshalb, Herborn über die Autobahn zu umfahren. Kurz vor Herborn versuchte er, die Geschwindigkeit zu verlangsamen, was jedoch misslang, da die Betriebsbremsanlage des LKW versagte. Der Sattelzug war mit einer damals neuartigen Elektropneumatischen Schaltung (EPS) ausgerüstet. Deshalb gelang es dem Fahrer nicht, die vorhandene und bewährte Motorbremse einzusetzen. Das Getriebe war dahingehend programmiert, dass das Einlegen eines zu niedrigen Ganges (was eine zu hohe Drehzahl des Motors zur Folge gehabt hätte) von der Elektronik verhindert wurde. Dieses System wurde dem routinierten Fahrer nun zum Verhängnis. Der LKW rollte weiter bergab, vorbei an der Autobahnauffahrt und in die Stadt hinein.
An der Kreuzung Westerwaldstraße/Hauptstraße in der Innenstadt befindet sich eine nahezu rechtwinklige Rechtskurve. Mit qualmenden und rotglühenden Bremsen versuchte der Fahrer, den Sattelschlepper noch um die Kurve zu manövrieren. Dies gelang aufgrund der hohen Geschwindigkeit nicht mehr. Der LKW streifte die Ecke eines Sportgeschäftes und prallte seitlich in ein Haus. Die darin befindliche Eisdiele war aufgrund des warmen Sommerabends sehr gut besucht, so dass einige der Gäste zu den Opfern zählten. Die im oberen Stockwerk liegende Pizzeria war glücklicherweise geschlossen. Mehrere tausend Liter Benzin liefen aus und entzündeten sich kurz darauf. Daraufhin erschütterten Explosionen die gesamte Altstadt. Mehrere Häuserfassaden stürzten ein, Kanaldeckel flogen durch die Luft, Autos wurden umgerissen und selbst die naheliegende Dill stand in Flammen. Insgesamt brannten zwölf Häuser vollständig aus. Der Fahrer des verunglückten Sattelzuges konnte sich leichtverletzt aus seiner Kabine retten und einige Passanten vor der drohenden Katastrophe warnen. Dennoch ging dieser Unfall als einer der schwersten in die Geschichte der Stadt Herborn ein.
[Bearbeiten] Rettungsmaßnahmen
Kurz nach dem Unglück trafen die ersten Rettungskräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst am Unglücksort ein. Sieben Brandopfer konnten sofort gerettet werden und wurden direkt in Kliniken gebracht. 38 Verletzte konnten gerettet werden. Sechs Menschen starben durch die Flammeneinwirkung oder unter den Trümmern. Eine Frau erlag in der Aufregung einem Herzinfarkt.
[Bearbeiten] Folgen
Die Katastrophe löste in der Bundesrepublik eine Debatte über Gefahrguttransporte aus. Der damalige Bundesverkehrsminister Jürgen Warnke kündigte verschärfte Sicherheitsbestimmungen und Kontrollen an. Bald danach wurde eine Notfallspur eingerichtet und ein Verbot für LKW verhängt. Trotzdem fahren jedes Jahr einige Lastwagen die verbotene Strecke und müssen aus dem Kiesbett der Notfallspur geborgen werden. (Bild der Notfallspur)
[Bearbeiten] Ursache
Schuld am Unglück war neben den defekten Bremsen auch die Elektronik im LKW, die "falsche" Schaltvorgänge und somit eine Motorbremse des Fahrers verhinderte. Fahrer und Inhaber der Spedition wurden später verurteilt.